Titel: | Das neue Geschäftshaus der „New York Times“ in New-York City. |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 226 |
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Das neue Geschäftshaus der „New York
Times“ in New-York City.
Das neue Geschäftshaus der „New York Times“ in New-York
City.
Anfang dieses Jahres ist in New-York ein neues Turmgebäude vollendet worden, das
in vieler Hinsicht beachtenswert ist, das neue Geschäftshaus der „New York Times“, einer der grossen Zeitungen
Amerikas.
Die Zeitung besass bereits ein eigenes Heim in der Nähe der City Hall, am Park Row, das jedoch mit nur
rund 2000 qm Grundfläche bald nicht mehr genug Platz bot. Die Gesellschaft
entschloss sich daher vor nicht ganz drei Jahren, ein grösseres Haus zu bauen, sie
wählte als Platz einen ausgezeichneten Punkt verhältnismässig weit in der oberen
Stadt, am Schnittpunkt des Broadway mit der 7. Avenue, zwischen der 42. und 43. Strasse.
Diese Gegend gehört heute noch nicht zu dem eigentlichen Geschäftsviertel, indes
nimmt die Zeitung an, und das wohl mit Recht, dass in nicht allzuferner Zeit sich
der Geschäftsverkehr mehr dahin wenden wird; schon jetzt spielt die Entfernung von
City Hall nach der 42. Strasse (4,8 km) kaum noch
eine Rolle, da sie mit der im November 1904 eröffneten Tiefbahn, der Rapid Transit Subway, in acht Minuten zurückgelegt
wird. Auch die Nachbarschaft der grössten Bahnhöfe, der schon bestehenden Grand Central Station (42. Strasse) und der
voraussichtlich in wenigen Jahren vollendeten Pennsylvania
Station in der 33. Strasse, so wie die Nähe der neuen Brücken nach Brooklyn wird den Verkehr mehr und mehr nach der Gegend
des Times Square, wie der Platz des neuen Gebäudes
benannt worden ist, lenken.
Massgebend für die Wahl des Platzes mag auch der Umstand gewesen sein, dass der Block
zwischen den genannten vier Strassen nur für ein einziges Gebäude Platz bietet, er
ist nämlich nur 500 qm gross, so dass das Gebäude allseitig frei ist und nach allen
Richtungen ausgezeichnet als Reklamebau wirkt, und schliesslich ist die unmittelbare
Berührung mit der viergleisigen Tiefbahn, auf der das Gebäude zum Teil steht, und
der eigene Bahnhof im ersten Untergeschoss eine Auszeichnung, die kein anderes
Gebäude in New-York weiter aufzuweisen hat.
Die geringe Grundfläche machte natürlich den Bau eines vielstöckigen Gebäudes zur
Bedingung, ebenso verlangte die Reklame ein besonders hohes Bauwerk. Somit
entstand ein Turm, dessen Dach gegenwärtig absolut genommen den höchsten Punkt in
einem Umkreis von 20 km darstellt, wenn auch das Gebäude selbst vom Erdboden an nur
das zweithöchste in New-York ist (s. Fig. 1).
Textabbildung Bd. 320, S. 225
Fig. 1. Times Building.
Es sind drei Untergeschosse und fünfundzwanzig Geschosse über der Erde ausgeführt
worden, die eine Tiefe von 17,44 m bezw. eine Höhe von 110,22 m, zusammen also eine
Höhe von 127,66 m aufweisen. Das bisher absolut, relativ auch jetzt noch höchste
Gebäude in New-York, das Park Row Building, hat 9,6 m
Tiefe, 115,4 m Höhe vom Erdboden an, zusammen also 125,0 m und wenn schliesslich
noch die Höhe über dem Meeresspiegel verglichen wird, so ergibt sich das Times Building mit 125,80 m noch um 26 cm höher als das
Park Row Building mit 125,54 m, für die Zeitung
natürlich ein grosser Triumph. Die äusserste Spitze des Flaggenknopfes auf dem Times Gebäude ist 144,8 m über dem Meer.
Wie fast alle grossen Geschäftshäuser in Amerika, hat auch das Times Building erweiterte Untergeschosse, die auf drei
Seiten unter die Fusswege der Strassen greifen. In Fig.
2 sind die Flächenräume eines Obergeschosses (Schnitt) und der
Untergeschosse (gestrichelt umgrenzt) zu sehen, das Verhältnis ist 1 : 3,26 (oben
500 qm, unten 1635 qm), es ist also ein ganz erheblicher Raumgewinn erzielt worden.
Die Nutzfläche des ganzen Gebäudes stellt sich auf 10750 qm, von denen 4600 qm durch
die Zeitung in Anspruch genommen sind, während der Rest, und zwar sind dies die
Stockwerke 2–12, an andere Geschäfte vermietet wird. Die Teilung des
Geschäftsbetriebes der Zeitung in zwei Gruppen, Druckerei usw. im Keller, Redaktion,
Setzersaal usw. in den höchsten Stockwerken, bildet bei den vorzüglichen Verkehrs-
und Transportmitteln im Gebäude kein Hindernis.
Die Bedingungen für den Entwurf des Gebäudes stellten an Ingenieure und Architekten erhebliche
Anforderungen. Die grössten Schwierigkeiten ergaben sich aus dem Eindringen der
Tiefbahn in die Fundamente des Gebäudes, was nicht zu vermeiden war, da die
Bahngesellschaft unbeschränkte Verfügung über die Linienführung hatte und natürlich
auf ihrem Rechte bestand. Die Fundamentpfeiler des Gebäudes mussten sich der Bahn
anpassen, und in den unter der Bahn befindlichen Räumen mussten Stützpfeiler für
diese geduldet werden. Insbesondere war auf volle Betriebssicherheit der Bahn zu
sehen, anderseits mussten die Fundamente des Gebäudes möglichst vor den
Erschütterungen des Bahnbetriebes bewahrt bleiben. Die Lösung der Aufgabe ist
schliesslich so erfolgt, dass zwar die Fundamentkonstruktionen der beiden Bauwerke
sich vollständig durchdringen, dass sie sich aber an keiner Stelle berühren.
Ein zweiter schwieriger Punkt war die Berücksichtigung des Winddruckes, der bei der
Höhe des Gebäudes und dessen freier Stellung einen erheblichen Wert annimmt.
Für die Beanspruchung durch Wind sind 147 kg/qm. zugrunde gelegt, alles ist so steif ausgeführt,
dass Schwingungen bei Windstössen nicht zu erwarten sind.
Textabbildung Bd. 320, S. 226
Fig. 2. Grundriss des Times Building.
Ein weiterer Hauptgesichtspunkt für alle Konstruktionen und Einrichtungen war die
Feuersicherheit.
Textabbildung Bd. 320, S. 226
Fig. 3. Fundierung des Times Building und der Rapid Transit Subray.
Für den Architekten lag die Aufgabe vor, aus schmalen langen Wänden ein gefälliges
Ganzes zusammenzusetzen. Inwieweit die verschiedenen Bedingungen und Aufgaben
erfüllt sind, wird sich aus dem Studium der einzelnen Bauteile ergeben.
Unüberwindlich waren die Schwierigkeiten keineswegs, zumal bei dem Bau keine falsche Sparsamkeit
geübt wurde. Der „Vereinigung von Eisen, Stein und Mathematik“ ist sogar eine
sehr gute Lösung möglich gewesen.
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Die ausgedehnten Räume in den drei Untergeschossen erforderten 28500 cbm
Ausschachtung, davon dreiviertel im Gneisfelsen der Manhattanhalbinsel. Der Baugrund
war insofern sehr günstig, die Eisenkonstruktion konnte unter Vermittlung einiger
Granitblöcke ohne weiteres auf den natürlichen Boden gestellt werden.
Der Felsen erwies sich als senkrecht geschichtet, Schichtebenen von Norden nach
Süden, mit einer kleinen Neigung nach Osten. Um vorgekommene Abstürze fernerhin zu
vermeiden, wurde deshalb in die Ostwand der Grube eine Eisenkonstruktion gelegt,
senkrecht stehende 60 cm I-Träger, die unten im Felsen
mit Beton eingemauert sind und sich oben gegen die mit der Gegenwand in Verbindung
stehenden Gebäudeträger stützen. In Fig. 3, die
einen Querschnitt durch das Gebäude und die Tiefbahn wiedergibt, ist diese I-Eisenkonstruktion nicht besonders angegeben, wohl aber
ist die Felsenneigung zu erkennen, ebenso das Füllmauerwerk und eine Betonschicht,
die noch ausserhalb der eigentlichen Mauern liegt. In diese äussere Betonschicht ist
ein Entwässerungsrohrsystem eingelegt, das sich bei der grossen Tiefe als notwendig
erwies. Ein gewöhnlicher wasserdichter Abschluss der Wände nach aussen würde zur
Folge gehabt haben, dass sich das Wasser hinter den Mauern ansammelte, unter einem
Druck, der bei der Tiefe von 17 m 1 atm überschreiten konnte. Dem hätten die ebenen
Wände nur schwer standhalten können, man zog daher vor, die Wasseransammlungen
unmöglich zu machen, indem man ein Netz aus 150 mm starken, durchlöcherten Röhren in
Abständen von 3 m aussen einbaute. Die Rohre münden in einen unter der tiefsten
Sohle stehenden Behälter, in dem zugleich das Abwasser aller Untergeschosse
gesammelt wird. Drei Kreiselpumpen sorgen für die dauernde Entleerung. Die von
aussen kommende Wassermenge beträgt etwa 14 cbm täglich und kann nötigenfalls in
sieben Minuten von den Pumpen entfernt werden. Eine wasserdichte Schicht ist
natürlich ausserdem vorgesehen.
Die Eisenkonstruktion ist noch besonders gegen Feuchtigkeit und elektrolytische
Wirkungen geschützt, alle Teile sind im Keller 2 cm dick mit Zement umkleidet, die
Tragsäulen stehen auf Kupferplatten.
Textabbildung Bd. 320, S. 227
Fig. 4. Grundriss der Fundamente von Gebäude und Tiefbahn.
Wie schon erwähnt, sind die Fundamente der Tiefbahn und des Gebäudes vollständig
getrennt durchgeführt. Aus Fig. 3 sowie aus dem
Grundriss Fig. 4 ist zu ersehen, in welcher Weise
die Unterstützung vorgenommen ist. Die Stützen für die Tiefbahn sind so weit wie
möglich in die Wände und Mauern des Gebäudes gelegt, aber ohne Berührung, stets mit
etwa 5 cm Zwischenraum. Die ganz frei stehenden Säulen, s. Fig. 3, ruhen auf einem Betonklotz, der nicht unmittelbar auf dem Felsen,
sondern auf einer Sandschicht steht, die die Erschütterungen so gut wie garnicht auf
den Felsen und die Gebäudefundamente überleiten soll. Diese den
Dampfhammerfundamenten nachgebildete Unterstützung soll ihren Zweck ganz
ausserordentlich gut erfüllen. Versuche mit Lichtreflexen auf Wasserspiegeln zeigten
grössere Erschütterungen, wenn ein Strassenbahnwagen vorüberfuhr, als bei den Zügen
der Tiefbahn. Aus Fig. 4 ist zu erkennen, dass nur
fünf Säulen der Tiefbahn im freien Raum stehen, und dass sich die Gleisquerträger
ohne Mühe mit Rücksicht auf die Hauptträger des Gebäudes unterbringen liessen.
Die Hauptunterstützungssäulen für das Gebäude konnten nur in den Mittellinien
zwischen den Gleisen aufgestellt werden (Fig. 4),
sie rücken infolgedessen fast alle aus der Gebäudegrenze heraus, d.h. die oberen Gebäudesäulen mussten auf Querträger gestellt
werden, zum Teil ausserhalb der Stützweite, also auf Ausleger. Bei den bedeutenden
Gewichten, die das an dieser Stelle allerdings nur fünfzehn Stock hohe Gebäude
aufweist (das ganze Mauerwerk wird von der Eisenkonstruktion getragen, das Gesamtgewicht des
Gebäudes ist 37500 t), ergaben sich dadurch ganz ausserordentlich schwere Träger.
Der nördlichste (Fig. 4), als überhängender Balken
ausgebildete Querträger z.B. wiegt allein 27 t, er ist 1,5 m hoch und besteht aus
drei Einzel-I-Trägern von zusammen 90 cm Breite. Die Last
auf ihm ist rd. 1450 t. Die innere Tragsäule unter diesem Träger kann bei
ungünstigem Wind eine bedeutende Ueberlast bekommen, für gewöhnlich ist sie mit 1360
t belastet, wobei die Druckspannung 800 kg/qcm beträgt. Das Gewicht dieser Säule ist etwa 18 t.
Sie ist mit ihrer Nachbarsäule überdies durch sehr kräftige Querstreben versteift,
und diese ist ihrerseits wieder mit 50 cm-I-Eisen im
Felsen gehalten, da hier infolge des Winddruckes Zugspannungen auftreten können.
Die übrige Eisenkonstruktion des Gebäudes ist die gewöhnliche, sie ist relativ
schwer, da auf 1 t Eisen nur 19 cbm Gebäude kommen, während sonst der Durchschnitt
24 cbm ist, bei sehr grossen Flächen sogar 38 cbm. Die Windversteifung innerhalb des
Eisenfachwerks ist mit Diagonalen, Kopfbändern und Eckblechen bewirkt, sehr
reichlich, um möglichste Steifigkeit des Ganzen herbeizuführen. Die (645) Fenster im
ganzen Gebäude konnten verhältnismässig klein gehalten werden, da jeder Raum
unmittelbar an der Aussenfront liegt (Fig. 2),
Windverbände waren also bequem anzubringen.
Die gesamte Eisenkonstruktion im Gewicht von 3360 t ist von der American Bridge Co. geliefert, in deren Werkstätten zu
Wissahickon bei Philadelphia, Ambridge bei Pittsburg und Elmira ständig Aufseher der
Baufirma, Geo. A. Fuller Co., zur Ueberwachung der
richtigen und guten Ausführung tätig waren. Für die Montage war sehr günstig, dass
Tiefbahn und Gebäude zu gleicher Zeit entstanden, sehr hinderlich war die von der
Stadt vorgeschriebene Ueberbrückung der Baugrube im Zuge des Broadway.
Das Mauerwerk ist zum Teil sehr kostbar, es sind allein 285 t Marmor verwendet. Im
allgemeinen besteht es aus gewöhnlichen Ziegeln mit einer gelblich-weissen, angenehm
abgetönten Verblenderschicht, nur die unteren drei Stockwerke sind mit Kalkstein
bekleidet.
In architektonischer Beziehung ist das Times Building
wohl nicht besonders hervorragend, immerhin bietet es wenigstens etwas Abwechslung.
Die unteren zwölf Stockwerke sind sehr monoton gehalten, der Turmaufbau gibt trotz
seiner unregelmässigen Form infolge der Längsgliederung ein ansprechenderes Bild.
Von einem bestimmten Stil kann nicht gesprochen werden.
(Schluss folgt.)