Titel: | Das Trocknen der Gebläseluft bei Hochöfen. |
Autor: | Haedicke |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 239 |
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Das Trocknen der Gebläseluft bei
Hochöfen.
Das Trocknen der Gebläseluft bei Hochöfen.
Der Präsident des American Institute of Mining Engineers und
Vizepräsident der Carnegie-Werke in Pittsburg, Gayley, berichtete in der Sitzung des Iron and
Steel Institute vom 26. Oktober v. J. über die Verwendung der getrockneten Gebläseluft bei einem Hochofen der
Isabellawerke bei Pittsburg (Carnegie), wodurch sich eine Ersparnis von nahezu 20 v.
H. Koks und eine Mehrerzeugung von etwa 25 v. H. herausgestellt habe.Revue de Métallique, 1904, S.
651.
Gayley führt dies zurück auf die Ersparnis, welche durch
den Entfall der Verdampfung eines Teiles des in der Luft enthaltenen Wassers
stattfinden müsse. Letzterer stellt sich auf Grund sorgfältiger Beobachtungen auf
etwa 9 g für das Kubikmeter, während etwa 4000 cbm Luft für die Tonne Eisen
verbraucht werden. Die Grundlage hierzu waren Versuche, welche in der Zeit vom 25.
August bis 9. September und 17. August bis 30. September v. J. angestellt worden
sind und nunmehr dort zu einem dauernden Betrieb geführt haben. Die Trocknung wird
erzielt durch starke Abkühlung der Gebläseluft mit Hilfe gewaltiger
Ammoniakeismaschinen.
Diese ganz überraschenden Resultate sind an verschiedenen Orten Gegenstand
eingehender Debatten geworden und haben stellenweise grösseren Widerspruch
hervorgerufen.
In der Versammlung des Deutschen Eisenhütten-Vereins am 15. November v. J.Stahl und Eisen, 1905, 1, S. 3.
wies bereits Dr. Ing. Lürmann, Berlin, die
Unwahrscheinlichkeit zahlenmässig nach. Auch Professor Osann, Clausthal,Stahl und Eisen,
1905, 2, S. 73. beweist durch genaue Nachrechnung der zum Betrieb
des Hochofens erforderlichen Wärmemengen, dass anstatt der von Gayley beobachteten Koksmenge von 77,7 kg auf 100 kg
Roheisen mindestens 83,5 kg gesetzt werden müsse. Er führt die Zahlen Gayleys zurück auf den Umstand, dass ein bis dahin
schlecht gehender Ofen durch die bei den Versuchen vorgenommenen Aenderungen, bei
denen wahrscheinlich auch die grössere Gewichtsmenge des eingeblasenen Windes eine
grosse Rolle spiele, eine günstigere Durchsatzzeit erhalten worden sei. Auch wurde
in den Debatten des Deutschen Eisenhütten-Vereins darauf hingewiesen, dass bei der
vorhandenen Verbindung mehrerer Hochöfen es leicht möglich sei, dass Fehler in den
Leitungen mitgespielt hätten.
Diesem von Osann angegebenen Umstand ist gewiss grosse
Beachtung zu schenken. Indessen ist es doch nicht recht wahrscheinlich, dass die
berühmte Anlage in Etna (Carnegie) jahrelang so unvorteilhaft gearbeitet habe, dass
die mit der Einrichtung der Trockenanstalt verbundenen Umänderungen an sich die
ausserordentliche Wirkung hervorgebracht haben sollten, welche die hüttenmännische
Welt in Staunen versetzt hat.
In diesem Sinne verdient vielleicht die Auffassung von Schmidthammer, Karpfenberg, eine grössere Beachtung, als ihr bisher
geworden ist.
SchmidthammerStahl
und Eisen, 1904, S. 1372. berechnet zunächst die durch das
Trocknen der Gebläseluft hervorgebrachte Ersparnis auf 2,2 v. H. bei 31 kg Wasser
für die Tonne erzeugten Roheisens und folgert daraus ebenfalls, dass hierin ein
besonderer Vorteil nicht zu finden sei. Er findet aber die Erklärung in der höheren
pyrometrischen Wirkung der Verbrennung vor den Formen. Die Temperatur im Hochofen
berechnet sich bei feuchter Luft – 12,66 kg Luft mit 0,126 kg Wasser auf 1 kg Koks –
zu 2294 Grad, während unter sonst gleichen Umständen die trockene Luft 2465 Grad,
also 171 Grad mehr liefere. Diese Temperaturerhöhung vergrössere den Fokus, was auf
die Regelmässigkeit des Ofenganges von günstigstem Einfluss sein müsse.
Schmidthammer schliesst daraus, dass die Anwendung trockener Luft auch
für andere Prozesse, wie bei der Birne und dem Simens-Martin-Ofen von günstigem Einfluss sein könne.
Auch Le ChatelierRevue
de Métallique, 1904, S. 653. kann sich nicht entschliessen, die
Erfolge des Amerikanischen Hochofens als einen allgemeinen Fortschritt anzuerkennen.
Er stellt drei Fragen: Sind die angegebenen Resultate richtig? – Lassen sie sich in
irgend einer Weise für unser Land (Frankreich) nutzbar machen? und: Wodurch sind
diese Resultate erreicht worden?
An der Richtigkeit der vorgelegten Zahlen sei nicht zu zweifeln, aber ein Hochofen
kann sehr verschiedene Resultate zeitigen je nach der Möllerung und den
verschiedenen den Prozess beherrschenden Umständen. Er sagt also in dieser Beziehung
dasselbe, was auch in den Verhandlungen der Deutschen Eisenhüttenleute zum Ausdruck
gelangt ist. Insbesondere macht Le Chatelier auf die
Aenderung der Temperatur der Gebläseluft von 385 Grad auf 465 aufmerksam, für die
eine stichhaltige Erklärung nicht vorliege. Er betont, dass die künstliche Trocknung
der Luft durch Herabminderung des Wassergehaltes auf 4 g kaum einen anderen Erfolg
haben könne, als die natürliche Herabziehung des Wassergehaltes der Luft im Winter,
welcher oft zu 5 g beobachtet würde.
Die Verhältnisse in Frankreich lägen in bezug auf die Luftfeuchtigkeit ähnlich wie in
den Vereinigten Staaten, nämlich 10 g Wasser auf den Kubikmeter im Mittel. Die
anderen diesbezüglichen Verhältnisse seien jedoch derart, dass ein Vergleich kaum
zulässig sei. Aber eine Begründung der in Amerika erhaltenen Resultate kann auch Le Chatelier nicht geben und hält es für das beste,
wenn der Versuch im grossen in der erforderlichen Weise wiederholt würde.
Es mag daher gestattet sein, der Frage noch von anderer näher zu treten.
Zunächst erscheint es nicht richtig, aus dem durch die feuchte Luft entstandenen
Wärmeverlust die Wärme zu rechnen, welche erforderlich ist, das Wasser zu zerlegen;
denn das Wasser tritt wieder als solches aus dem Hochofen und braucht zu seiner
Rückbildung genau dieselbe Wärmemenge. Ebenso dürfte es nicht zutreffen, wenn als
Wärmeverlust die zum Verdampfen des in der Luft enthaltenen Wassergewichts
erforderlichen Wärme gerechnet wird, denn das Wasser hat in der Luft bereits
Dampfform. Es ist also nur diejenige Wärme zu rechnen, die der Wasserdampf der Luft
braucht, um von der Temperatur beim Eintritt auf die der austretenden Gichtgase
erwärmt zu werden. Das wäre also noch weit weniger, als von Gayley angenommen.
Dagegen können die Störungen, welche das Wasser bei seinem Eintritt in den Hochofen
anrichtet, doch vielleicht ernstlicher Natur sein. Der mit der Gebläseluft
eintretende Wasserdampf findet herabtropfendes Eisen und Schlacke vor und es
ist zu erwarten, dass ein ähnlicher Vorgang stattfindet wie beim Puddeln: der Sauerstoff geht an den Kohlenstoff des
Eisens – unmittelbar oder, nach List, mit Hilfe der
Schlacke – und bewirkt ein regelrechtes Frischen. Hier haben wir es mit dem
Unterschied zwischen dem Sauerstoff der Luft und dem im Augenblicke des Entstehens
zu tun: der erstere geht unbekümmert weiter und verbindet sich mit dem Kohlenstoff;
er besorgt die Heizung, während der frisch aus dem Wasserdampf entstandene,
wesentlich energischere seine unheilvolle Tätigkeit des Entkohlens ausübt. Diese
muss ausgeglichen werden durch vorherige höhere Kohlung.
Wenn also eine bestimmte Eisensorte wieder erzielt werden soll, so muss offenbar der
Feuchtigkeitszustand der Luft derselbe sein.
Hiernach würde man sich also doch mit dem Gedanken zu befreunden haben, dass die
Erfolge Gayleys einen wissenschaftlichen Hintergrund
haben und dass vielleicht nicht alles auf Irrtümer bezw. Täuschungen zurückzuführen
sei. – Fälle der Art, dass praktische Resultate mit der gewohnten theoretischen
Auffassung im Widerspruch stehen, kommen öfter vor und zeigen eben nur, dass
letztere noch der Vertiefung bedarf. Ein Beispiel hierfür ist die
Wasserstaubschmiede,Technologie des
Eisens, S. 10. Stahl und Eisen, 1897, S. 18. bei welcher
lediglich durch Einblasen von Wasserstaub durch die Form ein ganz erheblich besserer
Erfolg erreicht wird. Auch hier könnte der Einwand erhoben werden, dass die zur
Zersetzung des Wassers erforderliche Energie nicht überholt werden könne von der
Wirkung der Bestandteile, wenn eben wieder das Wasser als solches mit den
Verbrennungsprodukten abgeht. Aber die Wirkungen des Sauerstoffes sind, wie das
bekannte Experiment im elementaren Chemieunterricht lehrt, eben andere,
energischere, wenn er im Augenblick des Entstehens auftritt, als wenn er nur als
Bestandteil der Luft an die Kohle tritt. Mit anderen Worten: die von der Theorie zu
errechnende höchste Wirkung wird vollständiger erreicht, wenn die Körper unter
günstigen Umständen aufeinander einwirken, als im anderen Falle. –
Le Chatelier macht, wie oben bemerkt, darauf aufmerksam,
dass die Trocknung der Gebläseluft im Winter oft genug denselben Grad erreiche, der
durch die künstliche Abkühlung gezeitigt wird. Hiernach wäre der Lösung des von Gayley vorgelegten Problems leicht durch Beobachtung
der Hochöfen im Winter näher zu treten. Wenn die amerikanischen Zahlen richtig sind,
muss sich ein ähnlicher Unterschied in dem Gange der Oefen bei feuchter und bei
trockener Luft bezw. im feuchten Sommer und im trockenen Winter herausstellen.
Haedicke,Siegen.