Titel: | Der Wärmedurchgangskoeffizient für Gasmotoren nach Diagrammen von Prof. Dr. Slaby. |
Autor: | Kurt Bräuer |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 305 |
Download: | XML |
Der Wärmedurchgangskoeffizient für Gasmotoren
nach Diagrammen von Prof. Dr. Slaby.
Von Kurt Bräuer, Ingenieur,
Mittweida.
Der Wärmedurchgangskoeffizient für Gasmotoren nach Diagrammen von
Prof. Dr. Slaby.
Ein wesentlicher Verlustfaktor der Verbrennungskraftmaschinen liegt in der –
wegen der hohen Gastemperaturen – notwendigen Wasserkühlung. Die Höhe dieses
Verlustes kann man nach neuesten Messungen zu rund 35 v. H. der in den
Arbeitsprozess eintretenden Wärme ansetzen. Ueber den Charakter der Wärmeübertragung
hat nach meinem Wissen bisher nur Prof. Dr. SlabyKalorimetrische
Untersuchungen des Kreisprozesses der
Gasmaschinen. erschöpfende und genaue Angaben
gemacht. Diese Angaben habe ich benutzt, um die Grösse des
Wärmedurchgangskoeffizienten und seine Veränderlichkeit mit der Temperaturdifferenz
– Gastemperatur und mittlere Temperatur des Kühlmantels – zu studieren.
Veranlassung zu dieser Studie gab ein Versuch aus dem theoretischen Diagramm einer
Verbrennungskraftmaschine das durch die Kühlwasserverluste herabgesetzte wirkliche
Diagramm zu ermitteln.
Dem eigentlichen Thema vorangehend mögen hier noch einige Erörterungen hinsichtlich
der spezifischen Wärmen Platz finden, die in nachstehendem Verwendung gefunden
haben.
Slaby hat in seinen Rechnungen die spezifischen Wärmen
von Mallard und Lechatelier benutzt. Neuere Forschungen haben aber zweifellos dargetan,
dass die von diesen Forschern angegebenen Gleichungen zur Berechnung der
Molekülarwärmen von CO2, H2O und einfachen Gasen für hohe Temperaturen zu hohe
Werte ergeben. Wohl steigt die Molekülarwärme mit der Temperatur, aber nicht so
stark, wie Mallard und Lechatelier angeben. Zu diesem Ergebnis kommt auch Prof. Eng. Meyer in seinen Untersuchungen an einem
Gasmotor.Mitteilungen über
Forschungsarbeiten, Heft 8. Mir schien deshalb die Anwendung der
von Mallard und Lechatelier gegebenen Molekülarwärmen bedenklich.
Mit den praktischen Erfahrungen besser in Einklang stehen die von Dr. A. Langen;Mitteilungen über Forschungsarbeiten, Heft
8. gefundenen Molekülarwärmen, die für CO2 und H2O bei höheren
Temperaturen wesentlich kleiner sind, als die von Mallard und Lechatelier angegebenen.
In folgendem sind die von Dr. Langen gefundenen
Molekülarwärmen benutzt worden.
Es sei:
C
die mittlere Molekülarwärme zwischen 0° undt° C,
C_{\overline{t_1-t_2}}
die mittlere Molekülarwärme zwischen t1° undt2° C,
C
t
die wahre Molekülarwärme bei t°C,
C
o
die wahre Molekülarwärme bei 0° C.
Ist:
C = α +
βt, so ist:
C_{\overline{t_1-t_2}}=\frac{(\alpha+\beta\,t_2)\,t_2-(\alpha+\beta\,t_1)\,t_1}{t_2-t_1}
oder
\underline{C_{\overline{t_1-t_2}}=\alpha+\beta\,(t_1+t_2)} . . . . . 1)
oder
\begin{array}{rcl}\underline{C_{\overline{T_1-T_2}}}&=&\alpha+\beta\,(T_1+T_2)-2\cdot 273\,\beta \\ &=& \underline{\alpha'+\beta\,(T_1+T_2)}
\end{array} . . . . 1a)
Ferner ist:
C=\frac{C_o+C_t}{2} oder
\underline{C_t=2\,C}-C_o=\underline{\alpha+2\,\beta\,t} . . 2)
Ist μ die Molekühlzahl, dann ist:
\underline{c_{T_1}-T_1=\frac{C_{T_1}-T_2}{\mu}} . . . . . 3)
die mittlere spezifische Wärme zwischen T1 und T2°.
Nach Dr. Langen ist die mittlere Molekülarwärme zwischen
T1 und T2°.
für
H2O:
C_{T_1-T_2}=4,726+0,00213\,(T_1+T_2),
„
CO2:
C_{T_1-T_2}=5,28+0,0026\,(T_1+T_2),
„
zweiatomige Gase:
C_{T_1-T_2}=4,47-0,0006\,(T_1+T_2).
Für die in Betracht kommenden Gase ergeben sich darnach die spezifischen Wärmen (f.
d. 1 kg):
für„„„„
Stickstoff μ = 28;c_{T_1-T_2}=0,1589+0,000021\,(T_1+T_2)Sauerstoff μ = 32;c_{T_1-T_2}=0,1396+0,000019\,(T_1+T_2)Kohlenoxyd μ = 28;c_{T_1-T_2}=0,1589+0,000021\,(T_1+T_2)Kohlensäure μ = 44;c_{T_1-T_2}=0,1185+0,00006\,(T_1+T_2)Wasserdampf μ = 18;c_{T_1-T_2}=0,2623+0,00012\,(T_1+T_2)
für gleichbleibendeVolumen.
Das Untersuchungsmaterial.
Das gesamte Material für die nachstehende Studie ist der Abhandlung von Prof. Dr. Slaby über die kalorimetrischen Untersuchungen des
Kreisprozesses einer Gasmaschine entnommen.Verhandlungen des „Vereins zur Förderung des Gewerbefleisses“,
Jahrgänge 1890–1892.
Die durchschnittliche Zusammensetzung des Leuchtgases ist in Tab. 1
angegeben.
Tabelle 1.
cbm
Gewichtvon 1 cbm
Gewicht
Heizwertvon 1 cbm
Heizwert
C
n
H
2n
CH
4
H
CO
CO
2
O
N
0,0400,2960,5060,0990,0220,0020,035
1,7200,7150,0901,2511,9661,4301,255
0,0690,2120,0450,1240,0430,0030,044
19000 8500 2573 3037–––
76425161302 301–––
Σ
1,000
–
0,540
–
4883
Zur vollständigen Verbrennung dieses Gases sind für 1 cbm desselben
0,069\cdot \frac{24}{7}+0,212\cdot 4+0,045\cdot 8+0,124\cdot \frac{4}{7}=1,515 kg Sauerstoff
oder \frac{1,515}{0,2358}=6,425\mbox{ kg }=4,965 cbm Luft nötig.
Die in den Kreis der Betrachtungen gezogenen Versuchsreihen umfassen die Nummern 283,
298, 290, 285 und 305.
Für diese ergibt sich ein mittleres Mischungsverhältnis \frac{\mbox{Luft}}{\mbox{Gas}}=6,2 und daraus die
Verbrennungsrückstände:
im Gesamtwert
CO
2
= 1,035
kg
= 0,526
cbm
12,09
v. H.
H
2
O
= 0,973
„
= 1,209
„
11,36
N
= 6,175
„
= 4,916
„
72,11
O
= 0,380
„
= 0,266
„
4,44
–––––––––––––––––
––––––––––––
––––––––––––
Σ
= 8,563
kg
= 6,917
cbm
100,00
v. H.
Das Volumen der frischen Ladung ist 7,2 cbm, so dass durch die Verbrennung eine
Volumenkontraktion von
\varphi=\left(1-\frac{6,917}{7,2}\right)\,100=4 v. H. entsteht.
Die mittlere Molekülarwärme der Verbrennungsprodukte berechnet sich wie folgt:
C'_{T_2-T_1}=\left\{4,47+0,0006\,(T_1+T_2)\right\}\,0,7655+\left\{4,726+0,000215\,(T_1+T_2)\right\}\,0,1136+\left\{5,28+0,0026\,(T_1+T_2)\right\}\,0,1209
\underline{C'_{T_2-T_1}=4,597+0,00102\,(T_1+T_2)}
(für konstantes Volumen).
Das scheinbare Molekülargewicht der Rückstände ist:
μ' = 0,1209 . 44 + 0,1136 . 18 +
0,7211 . 28 + 0,0444 . 32
μ' = 28,976
und die Gaskonstante
R' = 0,1209 . 19,20 + 0,1 136 .
46,95
+ 0,721 1 . 30,13 + 0,0444 . 26,47
R' = 30,46.
Die mittleren spezifischen Wärmen für 1 kg und zwischen T1 und T2 sind für konstantes Volumen
c_{v\,T_2-T_1}=\underline{0,1586+0,0000352\,(T_1+T_2)}
für konstanten Druck
c_{p\,T_2-T_1}=\underline{0,2277+0,0000352\,(T_1+T_2)}
Die sonstigen für die Rechnungen notwendigen Angaben sind in Tab. 2 angegeben.
Es bedeuten:
pc
die absolute Gasspannung nach Beendigung der Kompression,
Tc
die entsprechende absolute Temperatur,
vc
das Kompressionsvolumen in cdm,
pz
die absolute Gasspannung nach Beendigung der Entzündung,
Tz
die entsprechende absolute Temperatur,
ve
das Gasvolumen nach beendeter Entflammung,
n die minutliche
Umdrehungszahl,
Gg
das Gewicht des f. d. Hub angesaugten Gases,
Gl
das f. d. Hub angesaugte Luftgewicht in gr,
Gr
das Gewicht der im Zylinder verbliebenen Rückstände in gr,
Tm
die mittlere absolute Temperatur des Kühlmantels,
pa
die absolute Atmosphärenspannung,
τe
die Expansionsdauer in Stunden.
Die Berechnung der Zündtemperatur Tz ist in folgender Weise geschehen: Denkt man sich
das vollständig verbrannte Gemisch auf die Anfangstemperatur Tc abgekühlt, so wird die Spannung infolge
der bei der Verbrennung entstandenen Volumenkontraktion nicht pe, sondern:
p'_o=p_c\,\left(1-\frac{\varphi}{100}\right)=\varepsilon\,p_c in diesem Fall
p'c= εpc = 0,96 pc . . . . ,
4)
Wird nun bei konstantem Volumen Wärme zugeführt, bis die Spannung auf pc gestiegen ist, so
erhält man als Anfangstemperatur der Wärmezufuhr – die der Entzündung entspricht –
die Temperatur
\underline{T'_c=\frac{T_c}{\varepsilon}=1,041\,T_c} . . . . 5)
Die Zündtemperatur ergibt sich dann aus der Beziehung:
\frac{p_c\,v_c}{T'_c}=\frac{p_z\cdot v_z}{T_z} zu
\underline{T_z=\frac{p_z\cdot v_z}{p_c\cdot v_c}\cdot 1,041\,T_c} . . . 6)
Sind T2 und T1 die
Grenztemperaturen für ein beliebiges Volumenintervall der Expansion, Z die geleistete äussere Arbeit in WE, so ist die Abnahme der inneren Energie
N=G_{c_v\,T_2-T_1}\,(T_2-T_1) . . . . 7)
und die an die Wandung abgegebene Wärme
Qw= N – Z . . . . . 8)
Tabelle 2.
Versuch-No.
n
p
c
T
c
v
c
p
z
T
z
v
z
p
a
T
m
G
g
G
l
G
r
G
τe . 10–7
283298290285305
100,6111,2143,1157,3174,0
3,4953,4283,3093,2413,166
511517522538547
4,82
10,186 9,821 9,513 8,594 8,925
18081807185718531865
5,6305,6635,7776,0556,636
1,0271,0221,0301,0271,022
289292292290293
0,490,440,470,450,39
7,297,016,556,155,83
2,732,712,602,632,64
10,5110,16 9,62 9,23 8,86
828749582530479
Die Temperaturen sind für Volumenintervallle =\frac{1}{10} Hubvolumen berechnet.
Die entsprechenden Spannungen sind aus den Ordinaten der Diagramme (Fig. 1–5) berechnet
worden.
Textabbildung Bd. 320, S. 307
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 320, S. 307
Fig. 2.
Textabbildung Bd. 320, S. 307
Fig. 3.
Textabbildung Bd. 320, S. 307
Fig. 4.
Textabbildung Bd. 320, S. 307
Fig. 5.
Das Kompressionsvolumen ist
vc =
4,82 cdm,
das Hubvolumen
vH =
7,91 cdm.
Die zusammengehörigen Werte der Temperaturen, Spannungen und Volumina sind in Tab. 3
zusammengestellt. Die an die Wandungen abgegebenen Wärmemengen sind nach Gleichung
8) berechnet und in Tab. 4 zusammengestellt worden. Die zusammengehörigen Werte von
U, Qw und L sind in den Fig.
6–10 als Ordinaten zu den entsprechenden
Volumenintervallen als Abszissen aufgetragen worden.
Textabbildung Bd. 320, S. 307
Fig. 6.
Textabbildung Bd. 320, S. 307
Fig. 7.
Ist
Q die stündlich abgegebene
Wärmemenge,
F die die Wärme aufnehmende
Oberfläche in qm,
K der Wärmedurchgangskoeffizient,
d.h. die von 1 qm bei 1° C Temperaturdifferenz i. d. Stunde aufgenommene
Wärmemenge, t die Temperaturdifferenz in ° C, so
ist bekanntlich
Q = K . F . t oder
\underline{K=\frac{Q}{F\cdot t}} . . . . . . . . . 9)
Tabelle 3.
Textabbildung Bd. 320, S. 307
Versuch-No.
Tabelle 4.Das Intervall
zwischen der Zündordinate und der Ordinate 2
ist nicht mit in den Kreis der Betrachtungen gezogen Worden, weil es nicht
unmöglich ist, dass noch ein geringes Nachbrennen erfolgt. Dadurch würde
aber ein richtiges Aus-Kitteln der abgegebenen Wärme unmöglich
werden.
Textabbildung Bd. 320, S. 307
Intervall; Versuch-No.
Textabbildung Bd. 320, S. 308
Fig. 8.
Textabbildung Bd. 320, S. 308
Fig. 9.
Textabbildung Bd. 320, S. 308
Fig. 10.
Tabelle 5.
Textabbildung Bd. 320, S. 308
Intervall; Versuch-No.
Zur Bestimmung der stündlich für ein bestimmtes vom Kolben durchlaufenes Volumen
abgegebenen Wärme ist zunächst die Zeit zu berechnen, in welcher das Volumen
durchlaufen wird.
Da die Gleichförmigkeit des Maschinenganges eine sehr hohe ist, so kann man die
Zeiten proportional den Kurbelwinkeln setzen.
Die Zeiten τ für ein Volumenintervall, die Werte für Q und t sind in Tab. 5
zusammengestellt.
Q ist aus der Gleichung zu bestimmen:
\underline{Q=\frac{Q_w}{\tau}} . . . . . . 10)
Dreht sich die Kurbel um den Winkel α, während der
Kolben ein Volumenintervall durchläuft, so ist die Zeit zu berechnen aus der
Beziehung:
\underline{\tau=\frac{\alpha}{180}\cdot \tau_o} . . . . . 11)
(Schluss folgt.)