Titel: | Ueber neuere Riemengetriebe. |
Autor: | Rudolf Hundhausen |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 356 |
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Ueber neuere Riemengetriebe.
Von Rudolf Hundhausen,
Berlin-Halensee.
(Fortsetzung von S. 344 d. Bd.)
Ueber neuere Riemengetriebe.
Die bisher erwähnten Anordnungen stellen nun alle einfache Riemengetriebe dar, wobei die Beweglichkeit des Elektromotors
dazu benutzt wurde, besondere Spannrollen (Fig. 1
und 2) entbehrlich zu machen; sie sind deutlich zu
unterscheiden in zwei Klassen, nämlich einerseits in die durch Fig. 3 und 11
verkörperte, wobei die Nachspannung des Riemens von Hand geschehen muss, anderseits
in die durch die Fig. 4 bis 10 versinnlichten Anordnungen, wobei die Nachstellung
selbsttätig durch das Gewicht des Motors bezw. durch Federn erfolgt.
Textabbildung Bd. 320, S. 356
Fig. 13. Richter-Hoffmannsche Anordnung eines doppelten Riemen- und
Reibräder-Vorgeleges zum elektrischen Antriebe einer
Papierschneidemaschine.
Ein wesentlicher Fortschritt in der weiteren Entwicklung derartiger Getriebe wurde
herbeigeführt durch die in Fig. 13 dargestellte
Anordnung des elektrischen Antriebes einer Papierschneidemaschine. Hierbei wird die
„Wippe“ aus den vorigen Fig. 4 bis 10 nicht mehr durch den Motor allein gebildet,
sondern durch ein zusammengesetztes Getriebe, von dem der Motor nur einen Teil
bildet; man könnte sagen durch eine Wippe zweiter
Ordnung: der Motor wirkt nämlich vermöge seines Gewichtes und seiner
gelenkigen Aufstellung primär auf die Anpressung der beiden Treibscheiben eines
Reibrädergetriebes, und letzteres wiederum wirkt vermöge seines und des
Motorgewichtes zusammengenommen und vermöge seiner gelenkigen Aufstellung sekundär
auf die Anspannung des Riemens, welcher zur Arbeitsmaschine führt.
Wir haben es hier also mit einer interessanten Weiterbildung des den früheren
Anordnungen zugrunde liegenden Gedankens zu tun. Derselbe stellt eine Erfindung dar,
welche der Firma Siemens & Halske durch das
deutsche Patent No. 66984 vom 31. Mai 1892 geschützt und von ihren beiden
Oberingenieuren Richter und Hoffmann gemeinschaftlich ausgebildet wurde.
Textabbildung Bd. 320, S. 357
Fig. 14. Stosswerk mit elektrischem Antrieb von Siemens & Halske.
Interessante praktische Beispiele sind noch in den folgenden Figuren dargestellt
worden; so zeigt Fig. 14 zunächst ein Stosswerk mit
elektrischem Antriebe, wobei umgekehrt wie im vorigen Falle die primäre
Uebertragung vom Motor zum Vorgelege vermittels eines Riemens, die sekundäre
Uebertragung dagegen vermittels eines Reibrädergetriebes
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Fig. 15. Radial-Bohrmaschine mit elektrischem Antrieb von Siemens &
Halske.
Textabbildung Bd. 320, S. 357
Fig. 16. Umlegen des Riemens zwischen den Stufenscheiben einer grossen
Leitspindeldrehbank mit elektrischem Antriebe durch „Motor auf Wippe“ mit
„pendelndem Vorgelege“.
erfolgt. Das letztere ist übrigens insofern interessant,
als dabei ein durch ein leichtes Gewicht straff gespannter Gummiriemen die
Reibungsübertragung zwischen den beiden Stufenscheiben vermittelt; nach Anheben des
Vorgeleges kann dieses Zwischenband auf eine andere Stufe der unteren Scheiben
verlegt werden, um dann von der gegenüberstehenden Stufe der oberen Scheibe nach
Niedersenkung des Vorgeleges mit entsprechend veränderter Geschwindigkeit
angetrieben zu werden. Der pendelnd gelagerte Motor wird hierbei, in seinem Riemen
hängend, leicht angehoben und wieder herabgelassen.
Eine ähnliche Anordnung zeigt der in Fig. 15
dargestellte Antrieb einer Radialbohrmaschine, wobei jedoch primäre und sekundäre Riemenübertragung erfolgt. Bemerkenswert
ist auch hier die Anordnung zum Wechseln des Riemens zwischen den beiden
Stufenscheiben. Der Motor wird durch einen unten an ihm befestigten Handgriff
gehoben, und diese Bewegung wird durch eine Koppelstange, die an ihrem oberen Ende
mit einem länglichen Auge versehen ist, auf das Vorgelege übertragen, so dass der
von letzterem zur Antriebsachse der Bohrmaschine führende Riemen entspannt und
leicht an eine andere Stelle der Stufenscheiben verlegt werden kann.
Textabbildung Bd. 320, S. 358
Fig. 17. Siemens & Halskesche Anordnung des elektrischen Antriebes einer
freistehenden Bohrmaschine.
Textabbildung Bd. 320, S. 358
Fig. 18. v. Pittlersche Patent-Metallbearbeitungsmaschine mit doppeltem
Vorgelege und Treibschnüren-Antrieb für Rechts- und Linksgang vom Elektromotor
aus.
Wie dies geschieht, ist sehr anschaulich in Fig. 16
dargestellt, welche eine ähnliche Vorgelegeanordnung zurrt elektrischen Antriebe
einer grossen Drehbank zeigt; mit der rechten Hand greift der Arbeiter an einen
Hebel und zieht so vermittels einer Koppelstange den Vorgelegeträger heran, wobei
gleichzeitig der Motor mit angehoben wird; mit der linken Hand erfasst der Arbeiter
den kurzen Antriebsriemen, um ihn im entspannten Zustande für eine andere
Arbeitsgeschwindigkeit der Drehbank einzustellen, worauf nach Loslassen des
Handhebels die Spannung des Riemens durch das Gewicht des Motors und des Vorgeleges
sogleich selbsttätig wieder hergestellt wird.
Textabbildung Bd. 320, S. 359
Fig. 19. Elektrischer Antrieb einer Drehbank mit doppeltem Riemenvorgelege,
Stufenscheiben, Zahnräderübersetzung und Riemenwendegetriebe für verdoppelte
Rücklaufgeschwindigkeit.
Ein anderes Beispiel zeigt noch die in Fig. 17
dargestellte elektrisch betriebene freistehende Bohrmaschine, wobei der
Riemenwechsel zwischen den Stufenscheiben in ähnlicher Weise erfolgt unter Anhebung
des Vorgeleges und des Motors, was hier vermittels des unten an der Maschine
angebrachten Trethebels mit dem Fusse geschieht, während der Arbeiter nötigenfalls
mit beiden Händen den in diesem Falle sehr hoch liegenden Riemen erfassen kann, um
ihn auf ein anderes Scheibenpaar hinüberzulegen.
Fig. 18 zeigt ferner eine ähnliche Vorgelegeanordnung
zum Betriebe einer W. v. Pittlerschen
Patent-Metallbearbeitungsmaschine. Dieser Fall ist insofern besonders interessant,
als von dem unten am Gestell pendelnd gelagerten Elektromotor zwei Treibschnüre zum Vorgelege hinaufführen, von denen
die eine offen und die andere gekreuzt bei entsprechender Kupplung Rechts- oder
Linksgang der Arbeitsspindel bewirkt. Das Gewicht des Motors dient im vorliegenden
Falle also zum Anspannen zweier Riemen, die beide
ungefähr die gleiche Kraft zu übertragen haben, so dass also die Lager der
Motorachse mit dem zweifachen Riemenzuge beansprucht werden, was unter Umständen
wohl bedenklich erscheinen kann.
So zeigt auch Fig. 19 eine ähnliche Anordnung des
elektrischen Antriebes einer Leitspindeldrehbank, wobei die Verlängerung der
Motorachse noch einmal besonders gelagert ist, um von einer sehr langen kleinen
Riemscheibe aus mit einem offenen und einem gekreuzten Riemen, welche beide durch
Riemengabeln hin- und hergeführt werden können, die Vorgelegeachse mit
entsprechenden Los- und Festscheiben anzutreiben, und zwar mit verdoppelter
Rücklaufgeschwindigkeit. Bemerkenswert ist diese Figur noch insofern, als von
der ersten Vorgelegeachse aus eine Zahnradübersetzung (links) die Bewegung
verlangsamend auf eine zweite Vorgelegeachse überträgt, die mit ihr in einem und
demselben gusseisernen Armgestelle gelagert ist und von deren Stufenscheibe aus
mittels eines zweiten Riementriebes die Bewegung auf die Hauptspindel der Drehbank
übertragen wird. Auch hier ist eine ähnliche Anordnung wie bei Fig. 17 angewandt, um mittels eines Fusstritthebels
und einer Koppelstange das pendelnde Vorgelege in die Höhe heben zu können, wobei
der Motor nebst Grundplatte und äusserem Lager durch die beiden Riemen mit angehoben
wird.
Eine ganz ähnliche Anordnung zeigt auch die Fräsmaschine nach Fig. 20, wobei jedoch nur ein Riemen vom Motor zum Vorgelege hinaufführt. Zu beachten ist an den bei
den letzten Figuren noch die Schraubenfeder, welche unterhalb des Motors auf einem
Bolzen geführt angebracht und mit einer Mutter derart einzustellen ist, dass die
Riemen gerade mit der nötigen Kraft angespannt werden, um gut durchzuziehen, ohne
indes übermässig und unnötig straff angespannt zu sein.
Textabbildung Bd. 320, S. 359
Fig. 20. Universal-Fräsmaschine mit Vorgelegeanordnung, wie bei Fig. 19, aber
ohne Wendegetriebe; Elektromotor auf Wippe, durch einstellbare Feder
unterstützt.
Das pendelnde Vorgelege ist bei den sämtlichen hier besprochenen elektrischen
Antrieben nach den Fig. 15 bis 20 derart angeordnet, dass die Vorgelegeachse (– oder
bei Fig. 19 und 20 eine
entsprechend zwischen den beiden Vorgelegeachsen liegende ideelle Achse –) gegenüber
dem Drehbolzen des Vorgelegekörpers um etwa 45 ° aufwärts gerichtet liegt, wie dies
auch bei dem Motor nach Fig. 10 zutrifft und oben
besprochen wurde.
Es zeigt sich hier nämlich, dass die Riemen vom Vorgelege aus einerseits zur
Arbeitsmaschine hin wagerecht und anderseits zum Motor hin senkrecht verlaufend,
annähernd gleich stark gespannt werden. Der erstere muss im allgemeinen etwas
stärker gespannt werden, was schon durch das auf ihn wirkende Gewicht des Vorgeleges
erzielt wird und was im übrigen je nach Bedarf durch entsprechende Aenderung des
vorher mit 45 ° angenommenen Winkels nach der einen oder andern hin sich leicht
erreichen und in jedem einzelnen Falle vorher durch Berechnung und Konstruktion
festzustellen ist.
Textabbildung Bd. 320, S. 360
Fig. 21. Räder- und Radreifen-Drehbank mit doppeltem Riemenvorgelege und
Stufenscheibenantrieb mittels pendelnd aufgehängtem Drehstrom-Motors (Siemens
& Halskesche Anordnung).
Fig. 21 schliesslich zeigt, dass die namentlich für
kleinere Werkzeugmaschinen ausserordentlich zahlreich und vielseitig in Anwendung
gebrachte Siemens & Halskesche Vorgelegeanordnung
auch für schwerere Betriebe nicht minder geeignet ist. Sie dient hier zum Antriebe
einer grossen Räder- und Radreifendrehbank mittels eines Drehstrommotors von etwa
fünf Pferdestärken. Der schwere Vorgelegekörper ist hier mittels zweier an seinen
Armen angreifenden Schraubspindeln anzuheben, wenn der Antriebsriemen zwischen den
beiden Stufenscheiben umgewechselt werden soll.
Diese Anordnung ist in den Staatseisenbahnwerkstätten zu Dresden im Betriebe.
(Fortsetzung folgt.)