Titel: | Untersuchungen über den Einfluss der Erde bei der drahtlosen Telegraphie. |
Autor: | J. S. Sachs |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 492 |
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Untersuchungen über den Einfluss der Erde bei der
drahtlosen Telegraphie.
Von Dr. J. S. Sachs,
Frankfurt a. M.
(Schluss von S. 478 d. Bd.)
Untersuchungen über den Einfluss der Erde bei der drahtlosen
Telegraphie.
Wenden wir uns nun dem unter 3 erwähnten Ergebnis zu. Hebt man nur den
Empfänger, Fig. 4, Versuch 3, in die Höhe, so steigt
die Uebertragung schwächer als wenn man beide Apparate gleichmässig hebt; geht man
nur mit dem Geber in die Höhe, Fig. 4, Versuch 4, so
ist überhaupt keine Steigerung des Effektes zu verzeichnen. Es scheint also, als ob
der nämliche Vorgang beim Empfänger und Geber auf die Uebertragung nicht
gleichmässig einwirkt. Diese Annahme wird durch folgenden Versuch schlagend
bewiesen.
Drei Personen, wovon die eine hoch gewachsen, stellten sich abwechselnd an den Geber
und Empfänger. Das Mittel aus drei bis vier Ablesungen lieferte die Ergebnisse Tab.
8.
Tabelle 8.
Keine Person in der Nähe
398
Standard wurde am Anfang,
zwi-schendurch einmal und am Schlussbeobachtet und ergab einen
ziem-lich konstanten Ausschlag.
3 Personen am Geber
389
3 Personen am Empfänger
338
2 Personen am Empfänger; die grösste ab
366
Keine Person
391
2 Personen am Empfänger
361
Keine Person
397
Ich glaube, dass die Ursache dieses verschiedenen Verhaltens in der ganz anderen
Verteilung der elektrischen und magnetischen Kraft in der Nähe des Empfängers als
des Gebers zu suchen ist. Die gemachten Versuche scheinen darauf zu deuten, dass die
gleiche schirmende resp. dämpfende Ursache sich stärker bemerkbar macht, wenn sie
auf den Empfänger wirkt.
Die Schirmwirkung eines Drahtes wurde durch folgende
Versuche geprüft (s. Tab. 9). Ein etwa 8 m langer Draht von 2 mm Durchmesser wurde
in 0,85 m Entfernung vor bezw. hinter dem Geber resp. Empfänger parallel zu den
Antennen ausgespannt. Oben war der Draht an einer trockenen Holzlatte, die schräg
über dem Gestell befestigt wurde, angebracht, so dass er als gänzlich vom Gestell
isoliert angesehen werden konnte. Der Draht wurde nun einmal nur in die Erde
gesteckt resp. an eine auf der Erde liegende Platte befestigt und in die Erde
gesteckt, das andere Mal frei mit etwa 10 cm Abstand von der Erde hängen gelassen.
Es wurde darauf geachtet, dass der ausgespannte Draht möglichst in einer Ebene mit
den beiden Antennen zu hängen kam.
Ein für die Praxis wichtiges Ergebnis ist hier zunächst festzustellen, nämlich: ein
von der Erde isolierter Draht übt nur sehr geringen dämpfenden Einfluss.Wenn der Draht in Resonanz steht, so verhält
sich die Sache natürlich anders. Dies kann u.a. bei
Schiffsinstallationen von Wichtigkeit sein.
Der grössere Einfluss des geerdeten DrahtesDie
starke Schirmwirkung geerdeter Leiter scheint nach den Andeutungen, die ich
bei Prasch,
„Fortschritte auf dem Gebiete der drahtlosen Telegraphie“, gefunden
habe, bereits Tissot festgestellt zu haben.
Leider ist bei dem Mangel jeglichen Literaturhinweises in diesem Buche eine
sichere Feststellung dieser Tatsache mir unmöglich gewesen. J. Zenneck macht mich nachträglich darauf
aufmerksam, dass er bereits im Jahre 1900 unter Zugrundelegung der
Schirmwirkung von Drähten Versuche zur Erzielung gerichteter Telegraphie
gemacht habe. Phys. Ztschr. 4, S. 363, 1903. J.
Zenneck, Elektromagnetische Schwingungen, S. 858.
gegenüber dem ungeerdeten resp. des gut geerdeten gegenüber dem weniger gut
geerdeten ist wohl darauf zurückzuführen, dass durch die Erdverbindung die
Eigenschwingung des Drahtes langsamer wird und so der Resonanz mit dem Geber
genähert wird. Im übrigen aber kann auch aus diesem Versuch
die Vieldeutigkeit des Begriffes „Erdung“ entnommen werden. Die
einzelnen Spalten der Tab. 9 enthalten Mittelwerte aus mehreren hintereinander
gemachten Versuchsreihen.
Dabei hat sich gezeigt, dass bei geerdetem Draht Ablesungsunterschiede bis zu 100 v.
H. festzustellen waren, während bei freihängendem Draht die einzelnen Ablesungen nur
um 3 v. H. abwichen.
Welch grosser Unterschied ist ferner zwischen den Ablesungen in der Horizontalreihe 3
und 4 der Spalte l! Derselben Ursache dürfte wohl auch der geringe Unterschied
zwischen den Reihen 2 und 4 der Spalte IV zuzuschreiben sein.
Wurden nun die bisherigen Versuche so gemacht, dass Geber und Empfänger parallel zum
Gebäude verliefen, so sollte auch durch einen Versuch festgestellt werden, welche
Schirmwirkung bezw. Reflexion das Gebäude selbst
ausübt. Dies wurde auf die aus der Skizze, Tab. 10, ersichtliche Weise gemacht.
Tabelle 9.
Textabbildung Bd. 320, S. 493
Geber und Empfänger 3 Meter über
Erde; Entfernung 30 Meter; Vorgeschaltet vor Empfänger 150 Ohm, vor Standard 20
Ohm; Vor dem Geber; Standard; Empfäng. E/St.; Hinter dem Geber; Vor dem
Empfänger; Hinter der Empfänger; Ohne Draht; Mit Draht freihäng.; Mit einfachem
geerdeten Draht; Mit Draht an Platte und Erde
Die Versuche sind bei andauerndem sehr starken Regen ausgeführt worden.
Aus diesem Versuch ist der störende Einfluss von Gebäuden deutlich erkennbar.
Aus den bisher besprochenen Versuchen ist jedenfalls das Eine mit Sicherheit zu
entnehmen! Die Erde ist
Tabelle 10.
Textabbildung Bd. 320, S. 493
Geber und Empfänger 3 m über Erde;
Vorgeschaltet 20 Ohm; Standard; Empfäng.; E/St.
unter den früher geschilderten Verhältnissen nicht der Träger der
elektrischen Wellen, im Gegenteil wirkt sie sowie alle mit ihr in Verbindung
stehenden Leiter und Halbleiter auf die Uebertragung mehr oder weniger
ungünstig.
Etwas anders können die Verhältnisse liegen bei der Ozeantelegraphie, obwohl auch
hier Beugung jedenfalls eine Rolle spielen kann, wenn die Orte, zwischen denen
telegraphiert wird, nicht allzu weit voneinander entfernt sind.
Die Beugung habe ich im folgenden (Fig. 6)
untersucht.
Textabbildung Bd. 320, S. 494
Fig. 6.
Beobachtete Punkte; Beobachtete
Ausschläge; Masstab für Entfernungen; Masstab für Ausschläge Ausschlag bei 20
Ohne Vorschaltwiderstand
Der Geber blieb während der Versuche ständig auf demselben Platze und mit dem
Empfänger ging ich um das Institutsgebäude in einem Kreise vom Radius 41 m herum.
Diejenigen Stellen, an denen der Empfänger bei dem Versuch Aufstellung fand, sind
mit den Zahlen 1 bis 6 bezeichnet. Die Grösse der jeweiligen Ausschläge ist auf der
Verlängerung desjenigen Halbmessers, der durch den untersuchten Punkt gezogen ist,
vom Kreise ab aufgetragen. Die entsprechenden Ausschläge sind also 1 – 1', 2 – 2'
usw. Der Punkt 5 konnte nicht genau auf dem Kreisumfange genommen werden, die Grösse
des Ausschlages in diesem Punkte zählt aber auch vom Kreisumfange an.
Es ist bemerkenswert, wie die Ausschläge sich an der Schattengrenze verhalten und
dass es mir gelungen war, selbst durch die ganze Breite des Gebäudes hindurch zu
telegraphieren.
Um übrigens sicher zu gehen, dass die Verbindungsleitungen zum Induktor einerseits
und dem Empfänger anderseits nicht etwa die Träger der Energie waren, wurden auch
mehrere Ablesungen mit der dicht am Geber stehenden Batterie unter Weglassung des
zum Induktor führenden Drahtes gemacht und sie ergaben fast identische Ablesungen
wie bei Anwendung des Drahtes.
Zu erwähnen wäre hier noch, dass, als ich einen der Apparate im Zimmer aufgestellt
und den anderen im Freien gelassen hatte, ich einen Ausschlag am Empfänger überhaupt
nicht feststellen konnte.
Zum Schluss sei noch eine Reihe von Versuchen erwähnt, aus welcher der Einfluss der Entfernung ersichtlich ist. Bei diesem
Versuch blieb der Geber stets auf seinem Platz stehen und nur der Empfänger wurde
verstellt, da aber Bäume noch auf dem Platze standen, so können die Versuche nicht
als durchaus rein gelten.
Tab. 11.
Textabbildung Bd. 320, S. 494
Empfänger und Geber in etwa 60 cm
Höhe; Vorgeschaltet 20 Ohm; Meter; Stand.; Empf.; Empfänger dividiert durch
Standard; Empfänger/Standard
Die Versuchsreihe der Tab. 11 deutet darauf, dass der Integral-Effekt der
Uebertragung ziemlich genau mit dem Quadrate der Entfernung abnimmt. Auch andere
ähnliche Versuche ergaben das gleiche Resultat, trotzdem sind sie nur mit Vorsicht
zu gebrauchen, da bei den relativ geringen Entfernungen, die zur Verfügung standen,
absolut reine Versuche nicht auszuführen waren.
Wie ich bereits anfangs erwähnt habe, erheben die von mir hier beschriebenen
Versuche nicht den Anspruch die Frage, welche Rolle die Erde bei der drahtlosen
Telegraphie spielt, endgültig gelöst zu haben. Ich habe einige sehr wichtige Fragen
gar nicht berührt, z.B. ob die Ergebnisse von der Wellenlänge unabhängig sind,
wie sie sich gestalten würden auf einer Süss- und Seewasserfläche usw. Erst wenn
über diese und noch viele andere Punkte Versuche in grösserer Anzahl vorliegen, wird
man sich der Lösung dieser Frage nähern.