Titel: | Ueber die Bestimmung der variablen Stabkräfte von Fach werken mit bewegten Lasten. |
Autor: | A. Böttcher |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 696 |
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Ueber die Bestimmung der variablen Stabkräfte von
Fach werken mit bewegten Lasten.
Von A. Böttcher, Ingenieur in
Hamburg.
(Schluss von S. 681 d. Bd.)
Ueber die Bestimmung der variablen Stabkräfte von Fach werken mit
bewegten Lasten.
Beispiel 1: Halbparabelträger eines Laufkrans von
26 t Tragfähigkeit und 21,1 m Spannweite (Fig.
8–10).
Der Kran ist vom Eisenwerk vorm. Nagel & Kaemp,
A.-G., für das Elektrizitätswerk an der Bille erbaut.
Textabbildung Bd. 320, S. 696
Fig. 8.
Das System des Fachwerks entspricht der Fig. 2
Aa.
Den Diagrammen ist die Beanspruchung durch das in den Knotenpunkten konzentriert
gedachte Eigengewicht beigefügt.
Beide Raddrücke sind einander gleich, der Radstand der Katze stimmt mit der Feldweite
des Fachwerks überein.
Bei dem Aufzeichnen der Kräftepläne, Fig. 8, welche
hiernach für alle Knotenpunkte einer Trägerhälfte ausgeführt sind, fand sich
trotz genannter Kontrolle zum Schluss
Textabbildung Bd. 320, S. 696
Fig. 9.
Textabbildung Bd. 320, S. 697
Fig. 10. Stabkraft-Diagramme.
Textabbildung Bd. 320, S. 697
Fig. 11.
immer ein Winkelfehler bei fast allen Plänen der Fig. 8. Dieselben sind belassen und absichtlich nicht
künstlich herauskorrigiert. Solche Fehler geben, wenn man sie in den im übrigen
genau gezeichneten Plänen stehen lässt, ein sehr gutes Bild über Verschiebungen in
den Stabspannungen, welche eintreten, falls beim Zusammenlegen der Konstruktion in
der Werkstatt Winkelfehler entstehen, die sich dort noch weniger vermeiden lassen,
als in der Zeichnung. Es ist hierbei zu berücksichtigen, dass Winkelfehler sich von
Feld zu Feld potenzieren.
Die Zahlenbeträge der Höchstwerte der Stabkräfte sind in die Diagramme
eingetragen.
Textabbildung Bd. 320, S. 698
Belastungs-Schema für Eigengewicht und Systemplan.
Beispiel 2: Träger mit polygonalem Untergurt für einen
Laufkran von 80 t und 14 m Spannweite. (Fig.
11).
(Erbauer: Duisburger Maschinenbau-Aktien-Gesellschaft vorm.
Bechem & Keetman).
Der Radstand der Laufkatze weicht von der Feldweite des Fachwerks ab. Das System des
Fachwerks entspricht der Fig. 2 Ac.
Beispiel 3: Parallträger für einen 10 t-Kran von 14 m
Spannweite. (Fig. 12 und 13.)
(Erbauer: wie vor.)
Der Radstand der Katze ist grösser als die doppelte Feldweite. Das System des
Fachwerks entspricht der Fig. 2 Ac.
Beispiel 4: Träger eines fahrbaren Drehkrans, erbaut von
Ludwig Stuckenholz für die Reiherstieg-Schiffswerft in Hamburg. Nutzlast 3 t, grösste Ausladung 13,5
m von der Schwenkachse (Fig. 14–16).
Wegen des sehr geringen Radstandes der Laufkatze (ca. 1/16 der Ausladung) ist die bewegte Last
als Einzellast angenommen. Die Nullachse für die Stabkräfte durch bewegte Last ist
gestrichelt, die Diagramme berücksichtigen das Eigengewicht des Trägers.
Beispiel 5: Laufbahnträger in der Kesselschmiede der Reiherstieg-Schiffswerft u. Maschinenfabrik Hamburg.Veröffentlicht mit besonderer Genehmigung
des Herrn Direktors O.
Cornehls. Auf der Kranbahn lief bis vor kurzem nur ein 40
t-Kran, der jedoch nicht mehr genügte. Es wurde ein zweiter 40 t-Kran auf dieselbe
Bahn gesetzt in der Voraussicht, dass beide Krane zusammen mit 80 t arbeiten
sollten. Zuvor musste die Unterstützung der Kranbahnen untersucht werden; die
Entwicklung der Stabkraftdiagramme ist in Fig.
17–20 wiedergegeben. Das Belastungsschema
(Fig. 17) entspricht den beiden, dicht
hintereinander fahrenden Kranen, mit je 40 t bei einseitig stehender Laufkatze
belastet. Der vorhandene Kran (früherer Seilkran, in einen Einmotorenkran umgebaut)
hat einen kleineren Radstand als der neue Dreimotorenkran. Das Fachwerkssystem des
durch eiserne Säulen in Abständen von etwa 6,5 m gestützten Kranbahnträgers ist in
Fig. 18 dargestellt. Für die Entwicklung der
Stabkraftdiagramme waren nur zwei Kraftpläne erforderlich (Fig. 19).
Textabbildung Bd. 320, S. 699
Fig. 14.
Textabbildung Bd. 320, S. 699
Fig. 15.
Textabbildung Bd. 320, S. 699
Fig. 16.
Textabbildung Bd. 320, S. 699
Fig. 17.
Textabbildung Bd. 320, S. 699
Fig. 18.
Die Diagramme stellen die Stabkräfte für die Stäbe des in Fig. 20 stark ausgezogenen Trägerteiles, und zwar in Abhängigkeit von der
Stellung des äussersten linken Rades (Rad I) dar.
Für den Stab 0 (Säule) sagt dasselbe z.B. aus: Wenn der
Kran von links nach rechts fährt, so erhält die Säule 0
bereits Druck, wenn das linke Rad
Textabbildung Bd. 320, S. 700
Fig. 19. Stabkräfte, hervorgerufen durch Einzellast von 10000 kg.
Textabbildung Bd. 320, S. 700
Fig. 20.
gerade in das zweite Feld vor der Säule 0 eintritt, der Druck steigt solange an, bis das Rad
ungefähr in der Mitte der Spannweite des Feldes links von der Säule 0 steht, nimmt dann allmählich ab und wird Null in dem
Moment, in dem das linke Rad gerade das Feld rechts von der Säule 0 verlässt.
Durch diese Diagramme besonders ist der Wert der vorliegenden Behandlungsmethode
scharf beleuchtet. Ohne dass verwickelte und zeitraubende Untersuchungen
hinsichtlich der gefährlichsten Laststellung für die einzelnen Systemstäbe
erforderlich werden, entsteht das Bild mit ganz einfachen, elementaren Mitteln aus
sich selbst, die Maximalwerte treten aus der Entwicklung heraus, ohne dass es nötig
ist, irgend welche Probierverfahren einzuschlagen. Die den einzelnen Diagrammen
entnommenen Höchstwerte der Stabbeanspruchungen können dann durch die Methoden von
Ritter und Cullmann
rechnerisch auf ihre Richtigkeit geprüft werden.