Titel: | Kommutator-Motore für einphasigen Wechselstrom. |
Autor: | Albert Hoerburger |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 759 |
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Kommutator-Motore für einphasigen
Wechselstrom.
Von Dr. Albert Hoerburger,
Berlin.
(Fortsetzung von S. 741 d. Bd.)
Kommutator-Motore für einphasigen Wechselstrom.
3. Der kompensierte Serienmotor. Der kompensierte
Serienmotor ist aus der Ueberlegung entstanden, dass das Querfeld des Ankers nicht
allein für das Verhalten des Motors schädlich ist, sondern auch zu einem richtigen
fabelten nicht notwendig ist. Anstatt es nun wie bei den bisher betrachteten Motoren
in seiner Entstehung durch mechanische Mittel zu behindern, kann man es auch sich
unbehindert entwickeln lassen, nachträglich aber durch eine geeignete Vorrichtung
wieder aufheben, oder kompensieren. Zu diesem Zwecke nun dient eine Wicklung, die
ausser der Feldwicklung noch auf dem Stator eines gewöhnlichen Serienmotors
aufgebracht wird und ein magnetisches Feld erzeugt, welches dem Ankerfelde grade
entgegengesetzt ist, und darum seine Wirkung aufhebt. Ein solches Feld muss also
gegenüber dem Erregerfeld um eine halbe Polteilung verschoben sein. Wenn nun das
Kompensationsfeld seine Aufgabe bei allen Belastungen des Motors erfüllen soll, so
muss es mit dem Ankerfeld seine Grösse entsprechend ändern. Am einfachsten wird
das erreicht, wenn es von dem gleichen Strom wie das Ankerfeld erzeugt wird. Man
erhält so eine schematische Leitungsskizze nach Fig.
9, wie sie zuerst von Steinmetz-Eickemeyer
angegeben wurde. Der gleiche Strom durchfliesst nacheinander die Feldwindungen, den
Anker und die Kompensationswindungen.
Textabbildung Bd. 320, S. 759
Fig. 9. Kompensierter Serienmotor.
Da nun die Wechselstrommotore stets mit einer grossen Polzahl ausgestattet sind, wird
die Unterbringung dieser zweiten Wicklung Schwierigkeiten machen, falls das Gehäuse
mit ausgebildeten Polansätzen ausgestattet ist. Während es für den Serienmotor nach
Heubach trotz der etwas höheren Streuung günstiger ist,
ausgebildete Pole zu verwenden, weil dadurch eine grössere neutrale Zone für die
Kommutierung des Ankers vorhanden ist, tritt für die kompensierten Motore das
Umgekehrte ein und dieselben werden, wie die meisten ausgeführten Motore beweisen,
fast ausschliesslich mit verteiltem Feld gebaut. Der Stator gleicht in diesem Falle
ganz dem Gehäuse eines gewöhnlichen Induktionsmotors. Will man nun die
Kompensationswicklung unterbringen, so wird man statt der einphasigen Wicklung eine
zweiphasige Wicklung verwenden, davon die eine als Feld, die andere als
Kompensationsspule benutzen. Fig. 10 gibt die
schematische Leitungsskizze. Beide Wicklungen können dabei ineinander
übergreifen.
Textabbildung Bd. 320, S. 760
Fig. 10. Kompensierter Serienmotor mit verteilter Statorwicklung.
Textabbildung Bd. 320, S. 760
Fig. 11. Kompensierter Serienmotor mit kurzgeschlossener
Kompensationsspule.
Beim Serienmotor war der Verkleinerung des induktiven Spannungsabfalles im Feld durch
die schädliche Einwirkung des Ankerquerfeldes eine Grenze gesetzt. Beim
kompensierten Motor, wo das Ankerfeld aufgehoben ist, hindert nichts, das Feld noch
mehr zu verkleinern und so den Leistungsfaktor des Motors günstiger zu gestalten,
als er durch das Fehlen der Querfeldspannung schon geworden ist. Ein motorisch
wirkendes Feld muss allerdings unter allen Umständen vorhanden sein. Auch gelingt es
niemals genau das Ankerfeld vollständig zu kompensieren; die beiden Spulen stehen
nämlich im Verhältnis von primärer zu sekundärer Spule eines Transformators und
müssen daher auf getrennten Maschinenteilen angebracht sein. Infolge des trennenden
Luftspaltes sind immer Streulinien vorhanden.
Anstatt Anker und Kompensationsspule elektrisch zu verbinden, d.h. in Serie schalten,
kann man dieselben auch magnetisch kuppeln, d.h. die eine von der anderen induzieren
lassen. Man erhält so die in Fig. 11 schematisch
dargestellte Einrichtung, wo die Kompensationsspule durch eine in sich geschlossene
Windung dargestellt ist Auf diese Einrichtung erhielten Stanley und Kelly im Jahre 1892 das
amerikanische Patent 479675, das sich auf kurzgeschlossene Spulen, deren Achse mit
der Bürstenachse zusammenfällt, bezieht.
Der kompensierte Serienmotor wird neuerdings von der General
Electric Co. in Schenectady zum Betrieb einer Einphasenbahn verwendet, und
zwar wird dieser Motor dabei gleichzeitig für Wechselstrom und für Gleichstrom
gebraucht. Der Anker dieser Motore gleicht mit seiner Schleifenwicklung wieder
völlig den gebräuchlichen Gleichstromankern, das Feld ist vierpolig und wie der
Stator eines zweiphasigen Induktionsmotors, bei dem die Wicklung gleichmässig in den
Nuten verteilt ist, gebaut. Der Luftzwischenraum zwischen Stator und Anker beträgt
auf jeder 2 mm. Die Betriebsspannung am Fahrdraht ist für Wechselstrom 2200 Volt bei
25 Perioden, bei Gleichstrom 600 Volt. Die einzelnen Wagen sind mit zwei
Stromabnehmervorrichtungen ausgerüstet, und zwar ist die Stange mit der Rolle für
den einphasigen Wechselstrom viel länger als die für Gleichstrom. Der Fahrdraht mit
der Hochspannung ist derartig hoch aufgehangen, dass ihn die kurze Gleichstromstange
niemals berühren kann. Es ist dadurch eine Sicherheit gegeben, dass die
Hochspannung niemals an die Motore gelangen kann, sondern nur in die
Hochspannungswicklung des Transformators. Die Motore sind für eine Leistung von 50
PS gebaut, für eine Wechselspannung von 200 Volt und eine Gleichstromspannung von
250 Volt. In beiden Fällen wird die Serienparallelschaltung verwendet und der
gleiche normal gebaute Fahrschalter benutzt. Die Motore unterscheiden sich in ihrem
äusseren Aussehen in nichts von dem der gewöhnlichen Bahnmotore für Gleichstrom. Die
Betriebskurven eines solchen kompensierten Serienmotors sind in der Fig. 12 zur Abbildung gelangt. Man kann aus ihnen das
in jeder Beziehung bessere Verhalten eines kompensierten Motors gegenüber einem
einfachen Serienmotor ersehen.
Textabbildung Bd. 320, S. 760
Fig. 12. Kurven des kompensierten Serienmotors.
Textabbildung Bd. 320, S. 760
Fig. 13 Kompensierter Serienmotor System Winter-Eichberg-Latour.
Textabbildung Bd. 320, S. 760
Fig. 14. Verteilung- der Felder im Winter-Eichberg-Latour-Motor.
Bei einem kompensierten Motor kann man nun immer drei verschiedene Windungen und drei
verschiedene Felder unterscheiden, nämlich das Erregerfeld F, das Ankerfeld A und das Kompensationsfeld
C. Bei dem bisher behandelten Motor waren diese
drei Felder so verteilt, dass Erreger- und Kompensationsfeld auf dem Stator, das
Ankerfeld auf dem Rotor angebracht war, und das Kompensationsfeld konnte dabei von
dem Ankerfeld in einer kurzgeschlossenen Windung induziert werden (Fig. 11). Man kann nun diese Verhältnisse einfach
umkehren und das Ankerfeld auf dem Stator, das Erregerfeld auf dem Rotor anbringen
und beide von demselben Strom in Serie erzeugen, das Kompensationsfeld im Rotor in
einer kurzgeschlossenen Windung vom Ankerfeld induzieren lassen. Es ist dazu nicht
nötig, zwei verschiedene Wicklungen auf dem Rotor anzubringen, man kann ein und
dieselbe Wicklung für beide Zwecke benutzen und hat nur Sorge zu tragen, dass der
Rotor in der Achse des Ankerfeldes kurzgeschlossen ist, was durch einen weiteren
unter sich verbundenen Bürstensatz geschehen kann. Man erhält so eine Anordnung, die
schematisch durch die Fig. 13 wiedergegeben werden
kann. Von dem gewöhnlichen Serienmotor unterscheidet sich der so erhaltene Motor nur
durch einen zweiten Bürstensatz, der gegenüber dem ersten um eine halbe Polteilung verschoben
ist und die einzelnen Bürsten leitend verbunden hat. Die Statorwindung induziert
durch ihr Feld BA in
dem laufenden Rotor einen Strom Jc, der sich durch die kurzgeschlossenen Bürsten
ausgleicht, und ein Feld erzeugt BC, das dem Ankerfeld gerade entgegengesetzt ist.
Durch den dem Rotor zugeleiteten Strom J wird ein
drittes Feld BF
erzeugt, das senkrecht auf den beiden vorigen steht. Diese Schaltungsweise ist wohl
zuerst von Latour angegeben worden.
Anscheinend hat man durch eine derartige Einrichtung nur den Nachteil eines weiteren
Bürstensatzes und damit neue Schwierigkeiten durch Feuern am Kommutator und neue
Verluste durch die kurzgeschlossenen Windungen in den Kauf genommen. In Wirklichkeit
ist aber durch eine derartige Einrichtung ein grosser und sehr wichtiger Vorteil
erreicht worden, der darin besteht, dass bei Rotation mit synchroner Geschwindigkeit
einmal ein vollkommenes Drehfeld entsteht und damit die Schwierigkeiten am
Kommutator vollkommen wegfallen, und zweitens, dass eine Kompensierung der
Phasenverschiebung erreicht werden kann, so dass man mit einem solchen Motor ohne
Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung, d.h. mit einem Leistungsfaktor
gleich der Einheit arbeiten kann. Um dies näher zu erklären, soll die Fig. 13 nochmals wiederholt und in ihr die einzelnen
Felder eingezeichnet werden (Fig. 14). Die
nachstehende theoretische Abhandlung soll in der gleichen einfachen Weise
durchgeführt werden wie beim gewöhnlichen Serienmotor, indem angenommen wird, dass
die Phasenverschiebung der verschiedenen Spannungen immer entweder 0 oder 90°
beträgt.
Der Wicklung A steht auf dem Rotor eine durch die
Bürsten c d kurz geschlossene Wicklung C gegenüber. In dieser Wicklung wird durch das Feld BA ein Strom Jc induziert. Da der
Strom nur Wärmearbeit leistet, so ist er in Phase mit der induzierten Spannung.
Diese Spannung, deren Grösse
eCi =
C4 . v . z . BA
ist und mit ihr der Strom Jc, sind gegenüber dem induzierenden Feld BA um 90° in der Phase
zurück. Der Hauptstrom J, der in der Wicklung A das Feld BA erzeugt hat, wird dem Rotor durch die Bürsten a b zugeleitet und erzeugt in ihm das Feld BF in der Richtung der
Bürstenachse a b, also senkrecht zu den bisher
betrachteten Feldern BA
und Bc. Das Feld Bf ist demnach in Phase
mit dem Strom Jc und
mit der induzierten Spannung eCi (Fig. 15). Wenn
der Rotor sich dreht, so entsteht dadurch, dass die Ankerdrähte dabei von dem Felde
BF geschnitten
werden, an den Bürsten c d eine elektromotorische
Gegenkraft, die mit dem Felde BF, also auch mit eCi in Phase ist. Die Grösse dieser
elektromotorischen Gegenkraft ist gegeben durch
eCg =
C5 . n . z. Bf,
wenn mit n die Zahl der
Umdrehungen, mit z die Zahl der Ankerdrähte bezeichnet
wird. Diese Spannung verhält sich wie eine Wattspannung. Der Anker rotiert aber auch
in dem Felde BA
= BC und durch die
Rotation in diesem Felde entsteht an den Bürsten a b
eine elektromotorische Gegenkraft
eFg =
C6 . n . z . BA,
die in Phase mit dem Felde BA ist. Dieses Feld eilt aber dem Felde BF um 90° voraus,
demnach ist auch die Spannung eFg gegenüber der Spannung eCg um 90° voraus und sie verhält sich
dieser Spannung gegenüber wie eine Kondensatorspannung. Endlich wird in der Wicklung
F an den Bürsten a b
durch den Strom J noch eine Spannung induziert,
eFi =
C7 . v . z . BF,
welche gegenüber dem Felde BF in der Phase um 90° zurück ist. Dieser schädlichen Spannung wirkt nun, wie man aus dem
Diagramm Fig. 15 sieht, die Spannung eFg entgegen, sie wird
zum Teil oder ganz aufgehoben. In letzterem Falle ist die Spannung am Motor E gegeben durch die Summe E = eCg + eCi, und der Motor hat
keine Phasenverschiebung, da die Gesamtspannung E mit
dem Strom J zusammenfällt. Die gesamte induzierte
Spannung Ei ist gegeben
durch die Summe der beiden gegenüber dem Strom J um 90°
verschobenen Spannungen, also durch Ei
= CFg + eFi, oder durch
Einsetzen der oben gegebenen Werte
Ei= z .(n . B'A– v . B'F),
wenn man die Konstanten durch die veränderte Bezeichnung des
Feldes ausdrückt. Damit die Phasenverschiebung 0 und so der Leistungsfaktor des
Motors gleich 1 wird, muss die Summe der um 90° verschobenen Spannungen 0 sein,
also
Textabbildung Bd. 320, S. 761
Fig. 15. Vereinfachtes Diagramm des Winter-Eichberg Latour-Motors.
Ei =
z . (n . B'A
– v . B'F) = 0.
Das tritt aber ein, wenn
n . B'A– v B'f = 0.
Diese Bedingung anders geschrieben gibt das Verhältnis
\frac{n}{v}=\frac{B'_F}{B'_A}.
Bei synchronem Lauf ist n = v, in
diesem Falle arbeitet der Motor ohne Phasenverschiebung, wenn die beiden Felder
gleich sind, also B'F =
B'A.
Um das günstige Verhalten des Motors beim Lauf noch mehr erkennen zu lassen, soll
auch sein Verhalten gegenüber den Kurzschlussverlusten am Kommutator näher
beleuchtet werden. Bei den bisher betrachteten Motoren traten stets grosse
Schwierigkeiten auf, den Motor beim Lauf funkenfrei zu bekommen, ferner entstanden
in den kurzgeschlossenen Windungen unter den Bürsten grosse Energieverluste und
starke Erwärmung. Bei diesem Motor entstehen bei Stillstand wohl auch Verluste durch
die kurzgeschlossenen Windungen. Doch ändern sich diese Verhältnisse im günstigen
Sinne, sobald der Motor läuft.
Durch das Feld BF wird
in den durch die Bürsten c d kurzgeschlossenen
Windungen eine Spannung
εi =
C8 . v . ξ . BF
induziert, wenn man die Zahl der in Serie geschalteten durch
die Bürsten kurz geschlossenen Windungen mit ξ
bezeichnet. Die Spannung ist als induziert, gegen das Feld BF um 90° in der Phase zurück. Wenn nun
der Motor sich mit der Geschwindigkeit n bewegt, so
entsteht in denselben kurzgeschlossenen Windungen, dadurch dass sie die Kraftlinien
des Feldes BA
schneiden, eine gegenelektromotorische Kraft von der Grösse
εg =
C9 . n . ξ . BA.
Textabbildung Bd. 320, S. 761
Fig. 16. Diagramm der Kurzschlusspannung im Winter-Eichberg-Motor.
Diese elektromotorische Kraft ist, Wie alle durch die Bewegung
erzeugten Spannungen in Phase mit dem erzeugenden Felde BA, dieses eilt aber dem Felde BF nm 90° in der Phase
vor, demnach ist, wie Fig. 16 zeigt, εg um 180° gegen εi
verschoben. Bei irgend einer Geschwindigkeit n entsteht in den
kurzgeschlossenen Windungen unter den Bürsten c b eine
Spannung ε = εg – εi, welche für die verlorene Kurzschlussenergie massgebend ist. Die Spannung
und damit die verlorene Energie wird 0, wenn εg =
εi oder wenn v.
B'F
= n . B'A. Auch in
diesem Falle tritt kein Verlust ein bei synchronen Lauf, d.h. n = v, wenn die beiden Felder B'A und B'F einander gleich sind; dieselbe Bedingung bestand
für Phasengleichheit am Motor. Sind die beiden aufeinander senkrechtstehenden in der
Phase um 90° verschobenen Felder einander gleich, so entsteht ein vollkommenes
Drehfeld. Die günstige Wirkung auf die Bürsten tritt auch schon ein bei einem nicht
völlig kreisförmigen Feld, so dass innerhalb ziemlich weiter Grenzen die
Kurzschlussenergie nicht ins Gewicht fällt.
Die Ausbildung der Theorie dieses Motors stammt von Eichberg, der die wichtigen Eigenschaften des Motors in bezug auf
Phasenverschiebung und Kurzschlussverluste zuerst erkannt haben. Von ihm zusammen
mit Winter stammt auch eine konstruktive Einrichtung,
welche die Eigentümlichkeiten des Motors noch viel besser zur Geltung bringt.
Bei den gewöhnlichen Serienmotoren erfolgt die Regulierung von einem
Spannungsregulator aus, durch den dem Motor verschiedene Spannungen zugeführt
werden. Das Drehmoment des Motors ist nämlich abhängig vom Strom im Anker, der Zahl
der Ankerdrähte und dem Feld. Da die Wechselstrommotore mit sehr geringer Sättigung
arbeiten, kann man das Feld proportional dem Strom setzen und erhält so die
ungefähre Formel, dass das Drehmoment mit dem Quadrate der Spannung sich ändert. Bei
dem Winter-Eichberg-Motor kann man nun die beiden
Faktoren in der Gleichung für das Drehmoment
D = C10 . zA
J . BF,
in ein bestimmtes Verhältnis setzen, d.h. man erhält das
gleiche Drehmoment, wenn man J um ebensoviel
verkleinert, als man BF
vergrössert.
Bei einem Wechselstrommotor steigt nun anderseits die Schwierigkeit der Kommutierung
mit der Geschwindigkeit, da die für das Feuern massgebende Reaktanzspannung mit der
Geschwindigkeit wächst; natürlich wachsen die Schwierigkeiten auch mit der Grösse
des zu kommutierenden Stromes. Diese Beziehungen gelten für die Bürsten a b. Für die Bürsten c d
erkannten wir umgekehrt die Abnahme der Schwierigkeiten mit der Geschwindigkeit und
Abhängigkeit vom Felde BF.
Man kann nun die günstigen Eigenschaften der beiden Bürstensätze zusammen erhalten
und trotzdem das gleiche Drehmoment erreichen, wenn man für kleine Geschwindigkeit
grossen Strom nimmt, der wegen der kleinen Reaktanzspannung in den Bürsten a b immer noch leicht zu kommutieren ist, dafür aber
kleines Feld BF, damit
die Kurzschlussenergie in den Bürsten c d klein wird;
bei nahezu synchronem Lauf aber wählt man einen kleinen Strom J, der trotz der grossen Reaktanzspannung leicht zu
kommutieren ist, dagegen grosses Feld BF, da ja in den Bürsten c
d die Kurzschlussverluste doch verschwinden. Damit diese Eigentümlichkeit
zur Geltung kommt, verwenden Winter-Eichberg den Stator
in einer Schaltung, die in Fig. 17 angegeben ist.
Die Hochspannung E wird durch einen regelbaren
Transformator mit Sparschaltung vermindert, und so gleichzeitig dem Motor
verschiedene Spannung zugeführt. Der Ankerstrom durchfliesst noch einen
Serientransformator ST,
dessen sekundäres Feld ebenfalls regelbar ist und durch einen Umschalter den Bürsten
zugeleitet wird. Infolgedessen kann der im Motor liegende Erregerkreis durch
Aenderung der Spannung reguliert werden, einfach durch Aenderung des
Uebersetzungsverhältnisses. Feld und Ankerstrom stehen daher im Verhältnis der
Uebersetzung des Transformators \frac{J_F}{J_A}=\frac{1}{ü}, wenn man mit ü das Verhältnis der primären Windungszahl im Kreise A zur sekundären Windungszahl im Kreise F bezeichnet. JF ist proportional BF; man kann also auch, da \frac{B_F}{J_A}=\frac{1}{ü} das Verhältnis
vom Erregerfeld zum Ankerstrom durch das Uebersetzungsverhältnis beeinflussen, und
hat es so in der Hand für jede Geschwindigkeit, die für die Kommutierung günstigsten
Verhältnisse einzustellen.
Textabbildung Bd. 320, S. 762
Fig. 17. Schaltung nach Winter-Eichberg.
Textabbildung Bd. 320, S. 762
Fig. 18. Kurven des Winter-Eichberg-Motors bei verschiedenen
Uebersetzungsverhältnissen.
1) 32 : 64. 2) 40 : 64. 25
Perioden, 215 Volt. 2 mm Luftspalt.
Welchen Einfluss die Aenderung des Uebersetzungsverhältnisses auf die sonstigen
Eigenschaften des Motors haben, zeigen die Kurven der Fig.
18 und 19.
Der Winter-Eichberg-Motor wird als sogenannter WE-Motor von der Union
Elektrizitätsgesellschaft gebaut. Er ist auf der Einphasenbahn
Niederschöneweide Spindlersfeld angewandt, und hat sich in dem mehr als ein Jahr
dauernden Betrieb für den schwierigsten Bahndienst als geeignet erwiesen. Er ist
neuerdings auch für die Hamburger Vollbahn gewählt worden. Die Motore haben eine
einphasige Ständerwicklung und einen normalen Gleichstromanker, mit einem zweiten
Bürstensatz (vergl. D. p. J. S. 335 d. Bds.). Als praktische Vorteile des Winter-Eichberg-Motors werden noch angegeben: Die
Ständerwicklung ist vom Läufer völlig unabhängig, der Motor kann also direckt mit
hochgespanntem Wechselstrom gespeist werden, die Drehrichtung des Motors lässt sich
in einfachster Weise umkehren, indem die Stromzuführung zum Motor, also das Feld BF durch einen
Umschalter U umgekehrt wird; der Motor kann
stillgesetzt werden, ohne dass der Motor von der Hochspannung abgeschaltet wird,
indem man die Stromzuführung zum Motor unterbricht.
Textabbildung Bd. 320, S. 763
Fig. 19. Kurven des Winter-Eichberg-Motors bei verschiedenen
Uebersetzungsverhältnissen.
1) 24 : 1. 2) 19,2 : 1. 3) 14,8 :
1. 4) 12,8 : 1. 5) 9,6 : 1. 6) 8,3 : 1. 25 Perioden, 6000 Volt.
Zahnradübersetzung 1 : 4,26. Raddurchmesser 1000 mm.
Es sollen nun noch einige weitere Schaltungsmöglichkeiten angegeben werden, die keine
besondere Anwendung in der Praxis gefunden haben. Aus Fig.
11 ist eine Schaltung bekannt geworden, in der die in sich kurz
geschlossenen Kompensationsspule auf dem Ständer angebracht ist und vom Ankerstrom
im Rotor induziert wird. Man kann nun bei dieser Anordnung die Stellung von
Anker und Kompensationsspule vertauschen, ohne sonstige Aenderungen
vorzunehmen. Man erhält so die Schaltung nach Fig.
20. Auf dem Motor sind zwei getrennte Wicklungen, die beide vom gleichen
Strom durchflössen werden. Der Rotor ist in der Achse der einen Spule kurz
geschlossen und in ihr wird ein Strom von dieser Spule induziert. Man erreicht auf
diese Weise den Vorteil, dass zum Anker keine direkte Stromzuführung nötig ist, dass
also der Motor mit Hochspannung betrieben werden kann. Diese Schaltung ist von Atkinson angegeben worden. In einer weiteren Anordnung
ist der Rotor und eine Feldwicklung in Serie geschaltet und bildet einen
geschlossenen Kreis; beide sind also von dem gleichen Strom durchflössen. Man erhält
so die Anordnung von Fig. 21. Die zweite Feldspule
ist an das Netz angeschlossen; diese induziert den Anker, der über die zweite Spulen
geschlossen ist. Dieser Motor wird ein gutes Drehmoment besitzen, da Anker und Feld
stets in Phase sind. Eine derartige Schaltung ist ebenfalls von Atkinson angegeben worden und im deutschen Patent
108539, Kl. 21, enthalten.
Textabbildung Bd. 320, S. 763
Fig. 20. Kompensierter Motor. Umkehrung von Fig. 11.
Textabbildung Bd. 320, S. 763
Fig. 21. Kompensierter Motor. Umkehrung von Fig. 20.
(Fortsetzung folgt.)