Titel: | Die Kraftmaschinen und Dampfkessel auf der Weltausstellung in Lüttich 1905. |
Autor: | Fr. Freytag |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 801 |
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Die Kraftmaschinen und Dampfkessel auf der
Weltausstellung in Lüttich 1905.
Von Fr. Freytag,
Chemnitz.
(Fortsetzung von S. 788 d. Bd.)
Die Kraftmaschinen und Dampfkessel auf der Weltausstellung in
Lüttich 1905.
18. Société anonyme Maison Beer
in Jemeppe bei Lüttich.
Die liegende Einzylinder-Dampfmaschine mit Kondensation
von 375 mm Zylinderdurchmesser und 750 mm Hub (Fig. 80–81)
erinnert betreffs der Dampfverteilungsorgane an die von der Firma in Brüssel 1897
ausgestellte Dampfmaschine; sie läuft mit 110 minutlichen Umdrehungen und ist für
eine Spannung des Einströmdampfes von 10 Atm. gebaut.
Textabbildung Bd. 320, S. 801
Liegende Einzylinder-Dampfmaschine der Société anonyme Maison Beer in Jemeppe
bei Lüttich.
Zur Steuerung dienen vier entlastete Kolbenschieber, die zu je zwei in den
Zylinderdeckeln untergebracht sind und deren Stangen – zur Verminderung von
Abnutzungen – mit ihren rückwärtigen Verlängerungen in besonderen Führungen gleiten.
Die Schieber werden von Exzentern einer längs des Zylinders gelagerten
Steuerwelle bewegt. Behufs möglichst gedrängter Anordnung der äus-seren
Steuerungsorgane sind die Einströmschieber, wie Fig. 81 erkennen
lässt, in schräger Richtung in die Zylinderdeckel eingebaut; sie werden durch
Klinken betätigt, deren Wirkungsdauer vom jeweiligen Regulatorstande abhängig ist.
Das Abschneiden der Dampfzufuhr nach erfolgtem Auslösen der Klinken erfolgt durch
Luftpuffer.
Der Plunger der einfachwirkenden Luftpumpe wird von der verlängerten Kolbenstange der
Dampfmaschine aus bewegt. Die Maschine dient mittels Riemens zum Betreiben einer
Gleichstromdynamo von 70 KW bei 440 Volt.
Die ausgestellte stehende Verbundmaschine mit
Kondensation dient zum unmittelbaren Antrieb einer Gleichstromdynamo von 160 KW bei 440 Volt;
sie hat ummantelte Zylinder von 450 bezw. 775 mm Durchmesser, 500 mm Kolbenhub und
läuft normal mit 150 minutlichen Umdrehungen. Die Spannung des Einströmdampfes
beträgt 8 Atm.
Die Dampfverteilung des Hochdruckzylinders wird durch eine Rider-Steuerung mit ineinander liegenden Kolben Schiebern geregelt, deren
innerer vom Regulator beeinflusst wird.
Textabbildung Bd. 320, S. 802
Fig. 82 und Fig. 83. Transportable elektrische Lichtanlage der Firma Maison
Beer in Jemeppe bei Lüttich; a. Wasserbehälter. b. Ausströmung. c.
Dampfeinströmung.
Der Niederdruckzylinder hat Flachschiebersteuerung, System Meyer.
Die Luftpumpe des unter Maschinenflur stehenden Einspritzkondensators wird mittels
Schwinghebels vom Kreuzkopfzapfen der Niederdruckseite aus betrieben.
Bemerkenswert ist auch die von der Firma ausgestellte, auf einem bei Unfällen
benutzten Spezialwagen der belgischen Staatsbahn montierte kleine elektrische Lichtanlage – aus einer stehenden
Dampfmaschine mit zugehörigem Kessel und einer Dynamo für Strom von 55 Amp. bei 70
Volt bestehend.
Wie Fig. 82
und 83
erkennen lassen, sind Kessel, Dampfmaschine und Dynamo im Gesamtgewicht von etwa
2000 kg auf einer gemeisamen gusseisernen Grundplatte befestigt.
Die Aufstellung der mittels Riemen betriebenen Dynamo auf einem am Kopf des
Maschinenständers angegossenen Konsol ist als eine glückliche Lösung in bezug auf
Ausnutzung des nur geringen zur Verfügung stehenden Raumes von 2 × 0,9 m Grundfläche
und 1,6 m Höhe zu betrachten.
19. Société anonyme des ateliers de
construction de la Meuse in Sclessin bei Lüttich.
Die ausgestellte Tandem-Verbundmaschine mit Kondensation
stimmt in der Anordnung der hauptsächlichsten Einzelteile mit den vorbesprochenen
Tandemmaschinen der Firmen Carels frères, van den
Kerchove u.a. mit vorn liegenden Niederdruckzylindern überein. Die
durch eine in der senkrechten Ebene geteilte Laterne miteinander verbundenen
Zylinder haben 550 bezw. 900 mm Durchmesser für 1100 Hub.
Die Verteilungsventile sind in den Zylinderdeckeln untergebracht; jene für die
Einströmung des Arbeitsdampfes werden von freifallenden Ausklinksteuerungen
betätigt, die bei beiden Zylindern unter dem Einflüsse
des Regulators stehen. Die Bewegung der Ausströmventile erfolgt durch Wälzhebel.
Die Maschine läuft mit 110 Umdrehungen in der Minute und dient zum Betreiben einer
auf der Schwungradwelle sitzenden Dynamo von 450 KW; sie soll nach angestellten
Versuchen etwa 4,5 kg Dampf von 350° C für 1 PSi/Std. erfordern.
Die ausgestellte Zwillings-Fördermaschine (Fig. 84) stimmt in der Anordnung der äusseren
Steuerung mit der von der Société J. J. Gilain in
Tirlemont zur Ausstellung gebrachten Fördermaschine überein (siehe 625 dieses
Bandes). Die Steuerung der vier entlasteten Doppelsitzventile jedes Zylinders
erfolgt mittels Hebel und Stangen von Schwingscheiben aus, die ihre Bewegung unter
Zwischenschaltung je einer Goochschen Kulisse von
Exzentern der Kurbelwelle ableiten.
Textabbildung Bd. 320, S. 802
Fig. 84. Fördermaschine der Firma de la Meuse in Sclessin bei Lüttich.
Die Ausklinksteuerung, System Timmermans, der
Einlassventile jedes Zylinders wird vom Regulator beeinflusst; dieser stellt für
jedes Einlassventil eine in dem Ventilrahmen drehbar gelagerte Klinke entsprechend
ein. Zu dem Zwecke steht jede Klinke durch eine angeschlossene Stange mit einer noch
mit Oelbremse versehenen, zwischen den Einlassventilen jedes Zylinders sitzenden
Doppelplatte in Verbindung, die mittels Winkelhebels vom Regulator derart verstellt
wird, dass die Klinken mehr oder weniger um ihren Aufhängepunkt gedreht und damit
durch früheres oder späteres Abschnappen der von der Schwingscheibe bewegten, mit
den Klinken zusammentreffenden Einlasshebel veränderliche Füllungen erreicht
werden.
Die Zylinder und deren Deckel sind von Mänteln umgeben, die mit Dampf von
höherer Spannung als diejenige des Arbeitsdampfes beträgt, geheizt werden.
Die Maschine hat Bobinen von je 8 m Durchmesser und eine inmitten derselben sitzende
Gegengewichtsbremse; sie ist auch im übrigen mit allen erforderlichen
Sicherheitsvorrichtungen ausgerüstet und fördert mit 1,6 m Kolbenhub eine Nutzlast
von 4000 kg mit einer mittleren Geschwindigkeit von 15 bis 20 m/Sek. aus 1200 m
Teufe. Bei Anwendung von Kondensation soll die Maschine an Dampf höchstens 14 kg für
1 PS/Std.,
gemessen in gehobener Kohle gebrauchen – eine Ziffer, die nach Angabe der Erbauerin
bei irgend welchen elektrischen Fördermaschinen zur Zeit noch nicht unterschritten
ist.
Textabbildung Bd. 320, S. 803
Fig. 85. Verbund-Kompressor der Firma de la Meuse in Sclessin bei
Lüttich.
Besonderes Interesse bietet auch der von der Société de la
Meuse ausgestellte, von den durchgehenden Kolbenstangen der Dampfzylinder
angetriebene Verbund-Kompressor (Fig. 85). Die Hauptabmessungen desselben sind
folgende:
Durchmesser der beiden Windzylinder
2,150 m
Kolbenhub
1,500 „
Dampfspannung auf die Hochdruckkolben
4–9 Atm.
Minutliche Umlaufzahl
20–42
Leistung bei jeder Umdrehung
21,5 cbm
Windpressung in cm Quecksilbersäule
bis 76
Die Dampfverteilung der gleichwie die zugehörigen Deckel von Heizmänteln umgebenen
Zylinder erfolgt durch Doppelsitzventile, die mittels einer einfachen, der Firma
geschützten Steuerung bewegt werden. Kondensator und Luftpumpe sind unter
Maschinenflur aufgestellt.
Die Kolben der Windzylinder haben Blechwandungen; ihre Stangen sind hohl
hergestellt.
Saug- und Druckklappen bestehen aus leicht zugänglichen kleinen Metallscheiben von
geringer Dicke, die in den Deckeln der Windzylinder derart untergebracht sind, dass
die schädlichen Räume äusserst gering ausfallen.
Bei den von der Firma ausgestellten Petroleummotoren
erfolgt die Zündung des aus Luft und Petroleumdampf bestehenden Gemisches im
normalen Betriebe – gleichwie bei den von der Gasmotorenfabrik Deutz gebauten neueren Petroleummotoren – jeweils durch
die von den vorhergehenden Verpuffungen herrührende Verbrennungswärme, vermehrt um
die bei der Verdichtung des Gemisches frei werdende Wärme. Die Motoren arbeiten ohne
Verteilungsschieber und ohne Glührohr, elektrische Zündvorrichtung oder dergleichen.
Eine Lampe ist nur beim Ingangsetzen des Motors notwendig; sobald die
Zylinderverwandungen usw. durch die Verpuffungen genügend heiss geworden sind, kann
dieselbe entfernt werden.
Der Petroleumverbrauch eines 5 PS-Motors soll etwa 400 gr für 1 PSn/Std.
betragen.
20. Moonens & Gaucet in Brüssel.
Die Firma hat als Vertreterin der Dudbridge Iron Works
Limited (vorm. Humpidge, Holborow & Co.)
in Stroud (England) mehrere kleinere Gas- und Petroleummotoren ausgestellt, die insbesondere wegen
der kräftigen Durchbildung ihrer Einzelteile beachtenswert sind.
Textabbildung Bd. 320, S. 803
Fig. 86. Gasmotor von 16,5 PSn der Dudbridge
Iron Works in Stroud (England).
An dem ohne Grundplatte unmittelbar auf dem Fundament aufliegenden Maschinenrahmen
des Fig. 86 ersichtlichen Gasmotors von 16,5 PSn ist das von einem
Kühlmantel umgebene Gehäuse des Arbeitszylinders mit eingesetzter Laufbüchse
befestigt; es bildet mit seinem hinteren Teile die Verbrennungskammer, an der Gas-,
Luft- und Auspuffventil angebracht sind. Sämtliche Ventile werden durch Rollenhebel,
die mit Nockenscheiben der Steuerwelle zusammentreffen, zwangläufig bewegt und zwar
sitzt jedes Ventil
in einem besonderen Gehäuse, das nach erfolgtem Lösen zweier Schraubenmuttern vom
Zylinder, an dem es befestigt ist, abgenommen werden kann, so dass die Ventile
leicht zugänglich werden.
Textabbildung Bd. 320, S. 804
Fig. 87. Petroleummotor der Dudbridge Iron Works in Stroud (England).
Zur Entzündung der verdichteten Ladung dient ein mittels einfachen Ringbrenners
erhitztes, aus einer geeigneten Legierung gefertigtes, schnell auswechselbares
Glührohr, das mit dem Verbrennungsraume des Zylinders in offener Verbindung steht.
Grössere Motoren erhalten ein besonderes Zündventil. Die Geschwindigkeit des Motors
wird durch Aussetzer geregelt. Der von der Steuerwelle aus mittels Zahnräder
betriebene Kugelregulator wirkt zu dem Zwecke in entsprechender Weise auf das
Gasventil.
Die zur Gemischbildung dienende Luft wird einem unter dem Arbeitszylinder stehenden
Topf entnommen.
Einen mit der zugehörigen Dynamo auf gleicher Grundplatte befestigten Petroleummotor zeigt Fig.
87. Letzterer unterscheidet sich von dem vorbesprochenen Gasmotor im
wesentlichen nur durch Hinzufügung zweier der Eigenart des Betriebsmittels
entsprechender Vorrichtungen – eines Verdampfers und einer Oelpumpe. Zum Erhitzen
des Verdampfers und des Zündrohres dient eine mit Oel aus einem besonderen Behälter
gespeiste Lampe. Die aus Kanonenmetall gefertigte Oelpumpe hat je zwei Saug- und
Druckventile aus Stahl.
Der Regulator wirkt auf die Oelpumpe und gleichzeitig auch auf das Einlassventil für
das vergaste Petroleum.
21. Ateliers de construction. J.
Preud'homme-Prion in Huy (Belgien).
Die Firma hatte in der Maschinenhalle eine Tandem-Verbundmaschine mit Kondension von
600 PS zum unmittelbaren Betreiben einer Gleichstromdynamo der Jaspar Elektrizitätswerke in Lüttich ausgestellt.
Die Hauptabmessungen sind folgende:
Durchmesser des Hochdruckzylinders
525 mm
„ „ Niederdruckzylinders
910 „
Kolbenhub
1000 „
Minutliche Umdrehungszahl
110
Normale Füllung
18 v. H.
Durchmesser des Schwungrades
4,5 m
Gewicht „ „
10 t
Durchmesser der einfachwirkenden Luftpumpe
775 mm
Hub des zugehörigen Plungerkolbens
245 „
Bei dem gleichwie das Aussenlager mit dem Fundament durch kräftige Schraubenbolzen
verbundenen Maschinenrahmen sind die untere Kreuzkopfführung und auch die
Kurbellager mit Wasserkühlung ausgeführt. Die aus Stahl hergestellten,
nachstellbaren Schalen der letzteren haben Weissmetallfutter und Ringschmierung. Der
aus Schmiedestahl gefertigte Kreuzkopf trägt gusseiserne Gleitschuhe. Der
Niederdruckzylinder ist einerseits mit dem Maschinenrahmen, anderseits durch ein
behufs Zugänglichkeit des zugehörigen Kolbens in der Vertikalebene geteiltes Zwischenstück mit dem hinteren
Hochdruckzylinder verbunden. Beide Zylinder sind, um durch Temperaturänderungen
hervorgerufene Längsdehnungen zu ermöglichen, auf gusseisernen, mit dem Fundament
verbundenen Grundplattenfrei beweglich; sie sind von je einem Dampfmantel umgeben,
der beim Hochdruckzylinder mit Frischdampf – bevor dieser im Zylinder Arbeit
verrichtet–gespeist wird, während der Mantel des Niederdruckzylinders gleichzeitig
als Receiver dient. Als Zylindermaterial diente englisches Roheisen mit 2000 kg/qcm Zug- und
8000 kg/qcm
Bruchfestigkeit. Die Kolben sind aus einem weichen Gusseisen hefgestellt und von je
drei Liderungsringen umgeben. Die mit den zugehörigen Sitzen gleichzeitig und aus
demselben Material gegossenen Doppelsitzventile werden von einer in gewöhnlicher
Weise mittels Kegelräder von der Kurbelwelle aus betriebenen Steuerwelle bewegt.
Textabbildung Bd. 320, S. 804
Fig. 88. Steuerung zur Tandem-Verbundmaschine von Preud'homme-Prion.
Die zu dem Zwecke für die Einlassventile des Hochdruckzylinders vorgesehene
auslösende Steuerung ist in Fig. 88 dargestellt.
Die Exzenterstange ist mit dem Zapfen l eines
Schwinghebels verbunden und auf demselben Zapfen noch eine zweiarmige Klinke drehbar
befestigt, deren einer Schenkel mittels Feder k auf das
obere Ende n des Verbindungsgliedes p drückt, so dass er mit diesem letzterem d.h. nach der
einen Richtung hin, in starrer Verbindung steht, nach der anderen Richtung hin aber
ausweichen kann. Der andere Schenkel m der Klinke
überträgt die Exzenterbewegung auf den Ventilhebel r.
Die ununterbrochene Bewegung von l und demzufolge von
p nach abwärts bringt die ein Kniegelenk bildenden
Teile u und v der
Steuerung in eine vom Regulatorstande abhängige entsprechende Bewegung und
verursacht eine leichte Drehung der Klinke um den Bolzen l, so dass der Schenkel m derselben im
geeigneten Augenblicke vom Ende des Ventilhebels r
abschnappt und das Ventil plötzlich geschlossen wird. Das Wiederzusammentreffen von
m und r erfolgt bei
der Aufwärtsbewegung von l durch Wirkung der Feder k; der Schenkel m der
Klinke gleitet dann so lange über das mit einer Stahlplatte ausgerüstete Ende des
Hebels r hinweg, bis die Auslösung von neuem eintritt;
hierbei entfällt jeglicher Rückdruck auf den Regulator.
Die Auslassventile werden durch Daumen bewegt, welche die Ventilhebel unmittelbar in
der gewöhnlichen Weise betätigen.
Die Dampfverteilung des Niederdruckzylinders erfolgt in ähnlicher Weise wie beim
Hochdruckzylinder, nur dass die Füllungen hier von Hand eingestellt werden.
Zur Milderung der bei der Schlussbewegung der Ventile auftretenden Stösse dienen
Oelpuffer der in Fig. 88 ersichtlichen Bauart.
Dieselben unterscheiden sich von den bekannten Collmannschen Flüssigkeitspuffern dadurch, dass die Grosse der
Durchgangsöffnungen für die Flüssigkeit stets dieselbe bleibt, das in Betracht
kommende Volumen der letzteren aber veränderlich gemacht wird und zu dem Zwecke auch
beim Gange der Maschine geregelt werden kann.
Textabbildung Bd. 320, S. 805
Fig. 89 und 90. Wasserrohrkessel der Firma de Naeyer & Cie. in.
Willebroeck bei Brüssel.
Wenn das Ventil sich von seinem Sitze erhebt, so folgt ihm der in der Ventilhaube
eingeschlossene Kolben a, indem er hierbei den Zylinder
b c d e verlässt. Sobald die Aufwärtsbewegung
beginnt, sind die Oeffnungen o freigelegt und dem
Ventil setzt sich nirgends irgendwelcher grösserer Widerstand entgegen. Die
Flüssigkeit (Oel) fliesst ungehindert vom oberen nach dem unteren Teil des
Zylinders. Sobald die Auslösung der äusseren Steuerung erfolgt ist, beginnt das
Ventil unter Wirkung der vordem zusammengepressten Feder i seine Abwärtsbewegung. Dem Kolben setzt sich hierbei, da das Oel
seitlich ausfliessen kann, während des ersten Teiles seines Hubes nur ein geringer
Widerstand entgegen; wenn aber das Ventil seinen Sitz nahezu erreicht hat, schliesst
der Kolben den Zylinder bcde vollständig ab und es wird
die Bewegung des Ventiles von diesem Augenblicke an durch das nur noch allmählich
durch die Oeffnungen o fliessende, gewissermassen als
Bremse wirkende Oel verzögert. Das Ventil gelangt infolgedessen unter Wirkung der
Feder f langsam auf seinen Sitz zurück.
Durch Drehen der Mutter j lässt sich eine
Ortsveränderung des Kolbens a bewirken und damit der
Augenblick der Bremswirkung für jeden beliebigen Zeitpunkt einstellen.
Nach Schluss der Ausstellung soll die Maschine in der elektrischen Zentrale der
Belgischen Staatsbahnen zu Malines Aufstellung finden.
Dampfkessel.
1. Vve. Louis de Naeyer & Cie
in Willebroeck bei Brüssel.
Wie schon im Eingange dieses Berichtes hervorgehoben, hat die Firma zwei
Grosswasserraumkessel mit Galloway- Rohren und drei
Wasserrohrkessel mit Speisewasservorwärmer (Ekonomiser) und Dampfüberhitzer –
sämtliche fünf Kessel im Betrieb – ausserdem noch einen vierten Wasserrohrkessel
in offen gelegtem Zustande zur Ausstellung gebracht; dieser letztere Kessel wird
ohne Speisewasservorwärmer vorgeführt.
Die Bauart eines der ausgestellten de Naeyerschen
Wasserrohrkessels zeigen Fig. 89–92;
seine Hauptabmessungen sind die folgenden:
Heizfläche
260 qm
Rostfläche
3,73 „
Dampfspannung
10 Atm.
Wasserinhalt
11,428 cbm
Dampfinhalt
3,538 „
Länge der Wasserrohre
5 m
Innerer Durchmesser der Wasserrohre
92 mm
Aeusserer „ „ „
100 mm
Länge des zylindrischen Oberkessels
6,2 m
Durchm. „ „ „
1,2 m
Durchmesser des Dampfdomes
650 mm
Höhe „ „
700 „
Stärke der Kesselbleche
14 „
„ des Dombleches
12 „
Der Kessel besteht aus je 12 einzelnen, von einander unabhängigen Wasserkammern
aus Stahlblech mit je acht zwischenliegenden Rohren. Die vorderen Wasserkammern
w1 stehen durch
einen zylindrischen Sammler d und von diesem
ausgehende Rohre b (Fig. 91), die
hinteren Wasserkammern w2 durch zwei bewegliche Umleitungsrohre a
von je 190 mm inneren Durchmesser und einem zwischengeschalteten Schlammsammler
s mit dem Dampf- bezw. Wasserraum des
Oberkessels in Verbindung. Dadurch ist den Wasserrohren, die durch Umlaufplatten
in drei Abteilungen geteilt sind, freie Ausdehnung in der Längsrichtung
ermöglicht.
Textabbildung Bd. 320, S. 806
Fig. 91 und 92. Wasserrohrkessel der Firma de Naeyer & Cie. in
Willebroeck bei Brüssel.
Das in den Oberkessel gespeiste Wasser gelangt durch die Umleitungsrohre a in den Schlammsammler s am unteren Ende der hinteren Wasserkammer w2, von hier in die letztere selbst,
sodann, behufs Verdampfung, in das Rohrsystem. Der mit Wasser gemengte Dampf
strömt durch die vordere Wasserkammer w1, den darüber liegenden Sammler d und die beiden anschliessenden Rohre b in den Oberkessel, wo eine Abscheidung des
Wassers vom Dampf stattfindet.
Bei Anordnung eines Dampfüberhitzers – der in Fig. 89–92
ersichtliche Kessel ist ohne einen solchen dargestellt – wird derselbe in den
ersten Zug eingebaut; er besteht zumeist aus einem Bündel geschweister, ⊂-förmiger Stahlrohre von 40 mm Durchmesser, die
von einer gemeinsamen Kammer ausmünden. Durch entsprechende Stellung einer
Klappe lässt sich der Ueberhitzer in bekannter Weise ein- und ausschalten.
Der zwischen Kessel und Schornstein liegende Speisewasservorwärmer wird von den
abziehenden Heizgasen erwärmt; er besteht aus 120 gusseisernen Rohren von je 2,4
m Länge, 120 mm äusserem Durchmesser und 10 mm Wandstärke, die in der auf den
Abbildungen ersichtlichen Weise mit dem Oberkessel in Verbindung stehen. Das
Wasser fliesst den Rohren des Vorwärmers von unten zu.
Zwei Verdampfungsversuche, die an einem de
Naeyerschen Wasserrohrkessel mit Ueberhitzer und Speisewasservorwärmer der
besprochenen Bauart von der Belgischen
Dampfkessel-Versicherungs-Gesellschaft angestellt wurden, ergaben einen
Wirkungsgrad der gesamten Anlage von 80,8 bezw. 76,4 v. H.; hiervon entfallen
auf den Kessel selbst 73 bezw. 77 v. H., auf den Ueberhitzer 19 bezw. 14 v. H.
und auf den Speisewasservorwärmer 9 bezw. 8 v. H. Die Verdampfungsziffer wurde
zu 10,59 bezw. 9,945 ermittelt.
Die von de Naeyer ausgestellten beiden Grosswasserraumkessel haben jeder zwei gewellte und
hieran anschliessend glatte Flammenrohre, deren Versteifung durch je 12 Galloway-Rohre erfolgt.
Als hauptsächlichste Abmessungen werden angegeben:
Wasserinhalt
24,364 cbm
Dampfinhalt
11,502 „
Länge des Kessels
11,600 m
Durchmesser des Kessels
2,400 „
„ „ Dampfdomes
800 mm
Höhe „ „ „
600 „
Heizfläche
120 qm
Rostfläche
3,96 „
Dampfspannung
10 Atm.
Stärke der Kesselwandungen
19 mm
„ des Dombleches
14 „
Wandstärke der Galloway-Rohre
12 „
Stärke der Flammrohrbleche
18 u. 12 mm
Die von der Firma de Naeyer zur Ausstellung
gebrachten Grosswasserraum- und Wasserrohrkessel sollen ungefähr 35 t
wiegen.
2. Babcock & Wilcox in
Bussel.
Der ausgestellte Wasserrohrkessel (Landtype von
besonderer Bauart) hat 375 qm Heiz- und 9,47 qm Rostfläche; er besteht, wie Fig. 93
und 94
erkennen lassen, aus 24 einzelnen Abteilungen mit je 8 Rohren von 101,6 mm
Durchmesser und etwa 5,5 m Länge in Verbindung mit drei Oberkesseln von je 1066
mm Durchmesser und 7,310 m Länge, die wiederum durch zwei Querkessel von je 510
mm Durchmesser und 3,960 m Länge miteinander verbunden sind. Der Kessel ist mit
einem aus doppelten Rohrschleifen gebildeten Ueberhitzer versehen, der insgesamt
128 nahtlos gezogene Stahlrohre von je 38 mm Durchmesser und 10,66 m Länge –
entsprechend einer Heizfläche von etwa 163 qm aufweist; er ist im übrigen für
Handbeschickung und für eine Kohle mittlerer Güte, wie sie in Belgien gewöhnlich
zur Kesselfeuerung Verwendung findet, gebaut. Der Wasserinhalt des Kessels
beträgt 19,0, der Dampfinhalt 1,04 cbm. Die Spannung des Kesseldampfes ist 10
Atm.
Der Kessel kann stündlich 8000 kg überhitzten Dampf von 350° C – bei einer
Temperatur des Speisewassers von 110° C – erzeugen.
Ein Rohr von 76 mm Durchmesser ist vorgesehen, um, wenn erforderlich, die
Mischung einer geringen Menge gesättigten Dampfes mit überhitztem Dampf bewirken
zu können.
Zur Schonung des Ueberhitzers sowie zur möglichst vollkommenen Ausnutzung
desselben sind seitens der Babcock & Wilcox-Gesellschaft besondere Einrichtungen
getroffen worden.
Der im Kessel erzeugte Nassdampf tritt durch die hoch im Dampfraum des
Querkessels d ausmündenden Verbindungsrohre a in den oberen Ueberhitzerkasten m, durchströmt die schleifenförmig gebogenen Rohre
und wird aus dem unteren Ueberhitzerkasten n durch
seitliche Rohre s nach dem Stutzen eines
Sammelrohres geführt, an den die Ueberhitzungsdampfleitung unmittelbar
anschliesst.
Die Leitung g, von der Firma als
„Wassereinspritzleitung bezeichnet, soll das Ausglühen des
Ueberhitzers verhindern; sie steht, um den letzteren während des Anheizens
mit Wasser gefüllt zu halten, durch Leitung h mit
dem Wasserraum der Oberkessel in Verbindung.
Textabbildung Bd. 320, S. 807
Fig. 93 und 94. Wasserrohrkessel der Firma Babcock & Wilcox in
Brüssel.
Der Ueberhitzer dient dann gewissermassen als Hilfsdampfkessel und unterstützt
durch direkte Verdampfung den Hauptkessel, erleichtert also das Anheizen. Das
Füllen des Ueberhitzers mit Wasser ist auch dann zu empfehlen, wenn er als
solcher eine Zeit lang nicht benutzt werden soll. Ein Schauglas lässt erkennen,
ob – nach vorherigem Oeffnen eines Ablasshahnes – alles Wasser aus dem
Ueberhitzer herausgelaufen ist, wenn er seinem eigentlichen Zwecke – der
Ueberhitzung des Kesseldampfes wieder dienen soll.
(Schluss folgt.)