Titel: | Das Eisenbahn- und Verkehrswesen auf der Weltausstellung in St Louis 1904. |
Autor: | M. Buhle, W. Pfitzner |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 807 |
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Das Eisenbahn- und Verkehrswesen auf der
Weltausstellung in St Louis 1904.
Von Professor M. Buhle und Dipl.-Ing. W.
Pfitzner,
Dresden.
(Fortsetzung und Schluss von S. 794 d.
Bd.)
Das Eisenbahn- und Verkehrswesen auf der Weltausstellung in St.
Louis 1904.
D. Einzelteile.
Die ausgestellten Einzelerzeugnisse der Hüttenwerke seien getrennt in:
1.Betriebsmittelelemente, wie Räder, Achsbuchsen,
Kupplungen usw.,
2.Mechanische Einrichtungen, wie Drehscheiben,
Prellböcke u.a.
1. Betriebsmittelelemente.
Unter Bezugnahme auf das über Griffinhartgussräder
in dem mehrfach angezogenen Bericht über das Verkehrswesen auf der Düsseldorfer
Ausstellung in der „Z. d. V. d. I.“ 1902, S. 1218 u. f. Gesagte sowie
unter Hinweis auf das über Hartguss- und Stahlräder in der
„Railroad-Gazette“ vom 19. MaiS. 417 u. f. und vom 14. JuliS. 764 u. f. 1905
AusgeführteVergl. auch
„Z. d. V. d. I.“ 1905, S. 1728 u. f., sei
hier kurz mitgeteilt, dass die Frage der gusseisernen Eisenbahnräder gerade
jetzt in Nordamerika lebhaft erörtert wird, nachdem dieselben seit Einführung
der schweren Güterwagen (s. oben)Siehe auch „Z. d. V. d. I.“ 1905, S. 1780 u. f.
mehrfach schadhaft geworden sind. Die Fabrikanten der Stahlräder versuchen, das
Hartgussrad als den Ansprüchen nicht mehr gewachsen hinzustellen, während die
Vertreter des Gussrades die entstandenen Schäden auf andere Ursachen
zurückführen.
Auf der letzten amerikanischen Weltausstellung war die Gusseisenpartei
vornehmlich durch die American Car & Foundry Co., St. Louis, Mo., vertreten, wohingegen
von den
Stahlräderfabrikanten, vor allem die Standard Steel
Works, Philadelphia, Pa., genannt seien.
Textabbildung Bd. 320, S. 808
Fig. 137. Undichter Verschluss der älteren Normal-Achsbuchse.Fig. 138
a–c. Achsbuchse der Mc. Cord Co., Chicago.
Von den ausgestellten Achsbuchsen sei besonders
erwähnt die Bauart von Mc. Cord, Chicago. Während
bei der sogenannten „Standard-“ (d.h. Normal-) Konstruktion (Fig.
137) einerseits bei a viel Oel verloren
geht, was ausser einem Verlust an sich noch eine Gleisverschmutzung bedeutet,
anderseits bei b und c
Staub usw. einzudringen vermag, sind diese Uebelstände bei den Mc. Cord-Achsbuchsen (Fig. 138a – c)
vermieden durch entsprechende Leisten bezw. Ausschnitte (d, e, f
Fig.
138c), deren Wirksamkeit ohne Weiteres hervorgeht aus den
verschiedenen Deckelstellungen usw.
„Automatische“WagenkupplungenVergl. D. p. J. 1903, 318, S.
129. hatten u.a. ausgestellt die Buckeye
Malleable Iron & Coupler Co. („Major“-Kupplung) und die National Malleable Castings Co. („Tower“ – Kupplung). – So interessant und
auch bemerkenswert diese Konstruktionen an sich sind, so bedeuten sie doch für
uns kaum vorbildliche Leistungen; sie sind wie fast alle Selbstkuppler überaus
kompliziert, haben viele bewegliche Teile, die trotz ihrer massigen Bauart sich
abnutzen und brechen. Es sei darum hier auf ihre Wiedergabe in Wort und Bild
verzichtet und übergegangen zu den
Rohrkupplungen der Westinghouse
Air & Stearn Coupler Co.
Bekanntlich spielen bei den Zugbildungen auch die Vorrichtungen zur Verbindung
(und Lösung) der Brems- und Heizrohrleitungen (Luft, Dampf) eine grosse Rolle im
Eisenbahnbetriebe (auch die Lichtleitungen [Elektrizität] müssen neuerdings
bedacht werden).
Auch für diese Verbindungsstellen bestehen die Hauptforderungen in der
Beseitigung der Gefahren für die Angestellten, in der Rücksichtnahme auf Zeit-
und Kostenersparnis im Betriebe (Dampf- und Pressluftverluste) wie auf Material-
und Kostenersparnis in der Anlage insbesondere im Hinblick auf die grosse Zahl
dieser Elemente. Eine grosse Reihe namhafter Eisenbahngesellschaften hat die
durch zahllose Versuche erprobten Verbindungen der Westinghouse Coupler Co. eingeführt, und sie sollen sich im Betriebe
bestens bewährt haben. Die Ausstellung beschränkte sich im wesentlichen auf
ein mit Pressluft betriebenes Modell, das die Enden eines Personen- und eines
Güterwagens darstellte. Diese Wagenenden waren gegeneinander sowohl in der Höhe
als im Winkel (Kurvenfahrten) verstellbar. Die Figuren 139 und
140 lassen in Gemeinschaft mit den beigefügten Zeichenerklärungen
erkennen, dass es sich hier um die Lösung recht verwickelter und zugleich
überaus wichtiger Fragen handelt, welche die grösste Beachtung verdienen.
2. Mechanische Einrichtungen.
Von den bei Eisenbahnbetrieben gebräuchlichen, in den Vereinigten Staaten im
allgemeinen zum Teil recht einfach gestalteten mechanischen Einrichtungen seien
hier nur zwei eigenartige Ausstellungsstücke besprochen:
a. Die Drehscheibe der Big Four Co.
Textabbildung Bd. 320, S. 808
Fig. 139 und 140. Rohrkupplungen der Westinghouse Automatic Air &
Steam Coupler Co.
a Platlformträger, b
Bremsleitung, c Dampfleitung, d Signalleitung, e Kupplung für b, f Kupplung
für d, g Kupplungskopf, h Feder, i Hängeeisen
Der Entwurf und die Ausführung der 21,336 m langen Drehscheibe (Fig. 141–143),Vergl. auch Fig. 70, S. 340 d. Bd., sowie
„Engineering 1904, S. 394 u. f. auf welcher die
von der Big Four Route zur Schau gestellte
Lokomotive (No. 21 der Zusammenstellung S. 258 d. Bd.) stand, stammte von den
Bridge & Iron
Works, Chicago. Damit die Konstruktion den Besuchern besser vor Augen
geführt würde, war die Drehscheibe nicht – wie für die praktische Verwendung –
versenkt, vielmehr auf einem etwas
Textabbildung Bd. 320, S. 809
Drehscheibe der „Big Four“-Eisenbahn-Gesellschaft.
Textabbildung Bd. 320, S. 809
Einzelheiten der Drehscheibe (Fig. 141–143).
über 1 m hohen Betonpfeiler montiert, so dass die Lokomotive auf den
Schienen der Drehscheibe rd. 3 m über Werksohle stand.
Die Drehscheibe, welche im allgemeinen nicht erheblich von den in Amerika
konstruierten abweicht,Büte und von
Bories, Die Nordamerikanischen Eisenbahnen in technischer
Beziehung. Wiesbaden, 1892. S. 268 und Taf. LV. ist
bemerkenswert durch die Bauart der mittleren Stützung. Zwei hohle durch die
Hauptträger gehende Zapfen A (Fig. 144–148)
ruhen in Lagern, die an einem mittleren Stahlgusstück angegossen sind, das auf
zwanzig konischen Walzen läuft. Letztere rollen auf einer mit dem Fundament
verschraubten Stahlgussplatte. Die Stahlzapfen gestatten der Drehscheibe, beim
Auffahren einer Lokomotive ein wenig zu kippen, ohne dass sich das mittlere
Gussstück von den Walzen abhebt. Nach dem endgültigen Einbau der Scheibe werden
sowohl die Deckel bei A (Fig. 146), als
die vier Hilfsräder B (Fig. 142), weil
entbehrlich, entfernt. Statt dessen werden an jedem Ende der Drehscheibe zur
Vermeidung einer allzugrossen Schwankung derselben Fahrgestelle vorgesehen,
deren Räder einen Durchmesser von 0,61 m und eine 127 mm breite Lauffläche
erhalten. Jedes Rad wird mit seiner Achse aus einem
Stück in Stahl gegossen.
Textabbildung Bd. 320, S. 810
Prellbock der Mc. Cord Co., Chicago.
Die Fläche, auf welcher die zwanzig Stützwalzen sich bewegen, hat einen äusseren
Durchmesser von rd. 1220 mm; die Wälzrollen selbst sind 305 mm lang und besitzen
am breiteren Ende einen Durchmesser von 178 mm, an der Innenseite einen solchen
von 89 mm. Die Fig. 144–148
zeigen den ohne weiteres verständlichen Antrieb durch einen zwischen den
Hauptträgern der Drehscheibe aufgestellten 15 pferdigen Elektromotor, sowie die
Bewegungsübertragung, Uebersetzung usw.
Durch diesen Motor wurde die Drehscheibe während der Besuchszeit gedreht,
wobei zugleich – zur Erhöhung des im Grunde etwas unglaubwürdigen Effektes – die
Trieb- und Kuppelräder der Lokomotive sich drehten. Ihr Antrieb erfolgte durch
einen (später ebenfalls überflüssigen) in Fig. 146 und 147
mit D und E
bezeichneten Motor und durch konische Reibungsräder F. Die zu diesem Zwecke angebrachten kegelförmigen inneren Ansätze der
Treib- und Kuppelräder werden vor der Inbetriebnahme der Lokomotive
abgedreht.
Zum Ausgleich des erheblichen Lokomotivgewichtes waren 25 t Sand in den Tender
geschüttet. Die Gesamttragfähigkeit der Drehscheibe beträgt 180 t.
b. Die Prellböcke der Mc. Cord Co., Chicago
(Fig. 149–151).
Dieselben zeichnen sich besonders durch grosse Einfachheit und infolgedessen
durch ausserordentlich geringe Kosten in der Anlage und für die Unterhaltung
aus.
Entsprechend den in den Vereinigten Staaten durchweg
üblichen Zentralpuffern der Betriebsmittel sind die strebenartigen Druckschienen
des Prellbockes von den Gleisschienen nach der Mitte zu bis zur gebräuchlichen
Pufferhöhe nach einem überaus kräftigen Schlusstück geführt. Letzteres ist
einerseits nach unten zu durch starke (U-) Schrauben
mit einer die Schwellen nochmals in der Mitte und zwar unterhalb des Gleises
versteifenden Mittelschiene, anderseits nach vorn zu mit den Gleisschienen durch
zwei starke seitliche Zuganker verbunden.
Ueber die neuerdings ebenfalls unter die mechanischen Einrichtungen zu zählenden
Lokomotiv-Prüfstationen soll im folgenden Abschnitt berichtet werden.
E. Das von der
Pennsylvania-Eisenbahn-Gesellschaft gebaute und ausgestellte Lokomotiv-Prüffeld
ist erst verhältnismässig spät in Betrieb gekommen wegen
verspäteter Aufstellung und infolge mehrfacher Schäden die aus unerwarteten
Schwierigkeiten entstanden waren, und auf die zum Teil bereits auf S. 244 d. Bd.
hingewiesen war, bezw. auf die noch später zurückzukommen sein wird nach Erklärung
der grundsätzlichen Bauart der Einrichtung selbst.
Auf einem solchen Prüfstand wird allgemein die zu untersuchende Lokomotive auf
Tragerädern so aufgestellt, dass jedes Triebräderpaar in unmittelbare Berührung
kommt mit einem darunter liegenden Paar von Tragrädern, die sich infolge der
wälzenden Reibung mit ersteren frei drehen. Die meist mit dem Schornstein nach vorn
gestellte Lokomotive wird mit der Tenderkupplung (falls es keine Tendermaschine ist)
an einem Dynamometer befestigt so zwar, dass eine beträchtliche wagerechte Bewegung
nicht stattfinden
kann. Sobald Dampf in die Zylinder gegeben wird, muss die Lokomotive als Ganzes auf
der Stelle bleiben, indem die Triebräder die Stützräder in entgegengesetztem Sinne
drehen. Wenn letztere nun gebremst werden, so wird die Lokomotive bestrebt sein,
sich von ihnen zu entfernen (abzurollen), und wenn die Tragräder mittels Bremse
gänzlich festgestellt werden, müssen die Triebräder der vom Dynamometer
festgehaltenen Lokomotive auch stehen bleiben, oder es muss Schleudern eintreten.
Folglich wird die Kraft, welche von den Triebrädern übertragen wird, um den
Reibungswiderstand der Stützräder und Bremse zu überwinden, als Zugkraft am
Dynamometer erscheinen, und es gestattet die Ablesung daselbst in Verbindung mit der
Beobachtung der Geschwindigkeit der Triebräder usw., die wirklich von der Lokomotive
geleistete Arbeit zu bestimmen.
Vor dem Aufbringen einer Maschine werden die Bocklager mit den Stützrädern
entsprechend den Entfernungen der Achsen von der zu untersuchenden Lokomotive
eingestellt und mit den eisernen Fussbalken des Prüfstandes verschraubt. Die Zapfen
der Stützräder laufen in zweiteiligen Kettenringschmierlagern, deren untere Schale
aus Bronze hergestellt ist. Zur Sicherung gegen Warmlaufen sind die Lager (zur
Wasserkühlung) hohl gegossen; trotzdem entstand eine der ersten Schwierigkeiten aus
dem Heisslaufen dieser Lager.
Die zur Verwendung gekommenen Bremsen sind eine Erfindung von G. J. Alden, eines früheren Mitgliedes des Worcester Polytechnikums.Ihre Konstruktion ist ausführlich beschrieben
in „Transport and Railroad Gazette“ 1905, 24. März, S. 203 u. f.,
bezw. in der „Z. d. V. d. I.“ 1904, S. 1323 u. f. Sie
werden mittels Presswassers von etwa 4 at betätigt. Um zu verhindern, dass sich das
Bremsgehäuse mitdreht, wird es durch kräftige Zugstangen mit Schlitten verbunden,
die ihrerseits mit der Grundplatte verschraubt werden.
Ueber die Prüfungen selbst ist berichtet u.a. in „Transport and Railroad
Gazette“ (24. März 1905), S. 203 u. f., sowie (21. April 1905) S. 323 u. f.;
ferner in der „Z. d. V. d. I.“ 1904, S. 1321 (Regierungsbaumeister Gutbrod, Cassel), sowie nach der erstgenannten Quelle
in „Glasers Annalen“ 1905, II, S. 107 u. f.
(Regierungsbaumeister Pflug, Charlottenburg).
In dem zuletzt angeführten Aufsatz ist ein Teil der Ergebnisse des ersten VersuchesDie
Ergebnisse von weiteren Versuchen sollen später in Buchform
erscheinen. unter entsprechender Umrechnung der amerikanischen
Zahlenangaben usw. wiedergegeben. Aus diesem Berichte geht hervor, dass die Absicht,
12 verschiedene Lokomotiven zu prüfen, nicht ausgeführt werden konnte wegen der
bereits erwähnten Schwierigkeiten und auch aus anderen Gründen (Warmlaufen der Lager
für die Tragräderwellen, Erzeugung flacher Stellen auf den Stützrädern durch Gleiten
der Triebräder usw.).
Bei den Versuchen liess man die Lokomotiven zunächst 10–15 Minuten laufen, ehe
Ablesungen vorgenommen wurden. Durchschnittlich waren 35 Personen dabei tätig,
darunter 1 Direktor nebst Stellvertreter, 1 Chemiker, 3 Rechner, 1 Stenograph, 1
Versuchsleiter, 1 Betriebsleiter, 11 Beobachter und 15 Arbeiter.
Um die Vielseitigkeit der angestellten Beobachtung zu kennzeichnen, möge unter
Hinweis auf den oben erwähnten Bericht von Pflug
hervorgehoben sein, dass die Versuchsergebnisse u.a. erkennen lassen:
1. welcher Teil des erforderlichen Zuges auf die einzelnen
Widerstände zwischen Aschekasten und Rauchkammer entfällt;
2. die Temperaturen in der Feuerkiste und in der
Rauchkammer in ihrer Abhängigkeit vom Kohlenverbrauch;
3. die Beziehung zwischen stündlich erforderlicher Kohlenmenge
f. d. Quadratmeter Rostfläche und stündlicher Dampferzeugung bezogen auf 0 °
C;
4. die Abnahme der mit 1 kg Kohle erzeugten Dampfmenge bei
zunehmender Verdampfungsleistung auf 1 qm Heizfläche;
5. den Zusammenhang zwischen Dampf verbrauch f. 1 PSi und Füllung für verschiedene
Geschwindigkeit;
6. die Beziehung zwischen indizierter Leistung und
Zylinderfüllung ebenfalls für verschiedene Geschwindigkeiten;
7. den Unterschied zwischen der berechneten grössten Zugkraft und der grössten bezw. durchnittlichen
bei den Versuchen beobachteten Zugkraft.
Im Anschluss hieran sei es gestattet, kurz einige allgemeine Bemerkungen über
Betriebsmittel-Prüffelder überhaupt anzufügen. Obgleich diese Anlagen nicht berufen
sind, die Probefahrten auf freier Strecke überflüssig zu machen, so ist ihre
Ueberlegenheit in mancher Hinsicht (s. unten) in der Möglichkeit der Ausführung
„ortsfester“ Versuche begründet.
Ausgezeichnete Angaben über „Locomotive Testing
Plants“, finden sich in dem oben bereits mehrfach angezogenen Werk
„Modern Locomotives“, New York 1897, S. 19 u. f.; ferner in den
Transactions of the American Society of Mechanical Engineers, Vol. XXV, 1904, New
York (Prüffelder für Lokomotiven, S. 589–598 [England] u. S. 827 bis 867
[Amerika]).
Nach Professor Goss von der Purdue-Universität bestehen
in Nordamerika vier Lokomotiv-Prüfstände zur Untersuchung von Lokomotiven in
betriebsfähigem Zustand, insbesondere auf ihre Arbeitsleistungen, ihr
Verdampfungsvermögen und die störenden Bewegungen. Je eine solche Anstalt gehört der
Purdue-Universität und der Columbia-Hochschule; der dritte Prüfstand ist im Besitz
der Chicago & North Western
Eisenbahn-Gesellschaft. Die vierte Anlage ist das oben eingehend
beschriebene Versuchsfeld der Pennsylvania-Bahn, das jetzt von St. Louis nach Altoona, der grössten Eisenbahnwerkstatt der Welt,Büte und von Borries, S. 246 u. f. und Tafeln XLV und
XLVI. geschafft ist. – In Russland ist vor nicht langer Zeit ein
solcher Prüfstand in der Putilow-Lokomotivfabrik
(Petersburg) errichtet.
Wie aus einer Mitteilung des Herrn Regierungsbaumeister PflugGlasers Annalen 1905, II, S. 190.
hervorgeht, plant in Deutschland gegenwärtig Preussen die Errichtung einer solchen
Versuchsanlage in Grunewald bei Berlin und zwar nach
einem Entwurf des Herrn Geheimen Regierungsrates Professor von Borries. In dieser sowohl dem Ministerium der öffentlichen Arbeiten
als der Technischen Hochschule Charlottenburg für Versuche später zur Verfügung
stehenden Anstalt soll eine völlig neue Art der Zugkraftmessung mittelst
Presswasserkolbens zur Anwendung kommen.
Im Zusammenhang hiermit sei übrigens mit Bezugnahme auf D. p. J., S. 481 d. Bds.
erwähnt, dass auch die Allgemeine
Elektrizitäts-Gesellschaft in Berlin ihren Schnellbahnwagen im Jahre 1901
vor der Prüfung auf freier Strecke durch einen Probebetrieb auf einem Versuchsfeld
untersucht hat.Z. d. V. d. I. 1901,
S. 1312 u. f. Herr Direktor Lasche
führte seiner Zeit (Herbst 1901) in einem Vortrag im Verein
für Eisenbahnkunde
aus, dass bei der Neuheit des Ganzen und nahezu jedes einzelnen Teiles der
elektrischen Ausrüstung und bei der hohen Verantwortung, die der Konstrukteur
übernommen hatte, eine Prüfung bei stillstehendem Wagen sehr erwünscht war. Auf
schweren, gusseisernen Aufspannplatten wurden für die beiden Motorachsen eines
Drehgestelles vier Laufachsen aufmontiert. Angesichts der grössten
Umfangsgeschwindigkeit von 56 m/Sek. wurden die Laufrollen aus Stahlguss genommen.
Die tragenden Kränze erhielten das Schienenkopfprofil; seitlich davon wurden breite
Kränze für das Aufbringen eines Bremsbandes vorgesehen, das natürlich auch für den
besonderen Fall erst entworfen werden musste. Die Rollen wurden durch Vermittlung
kräftiger Achsen von Stehlagern mit Weissmetall getragen. Ihre Umlaufzahl betrug
1800 i. d. Min. Mit dieser Versuchsanordnung wurde es möglich, die Motoren der
einzelnen Drehgestelle bis auf die volle Umlaufzahl zu bringen.
Die vorgenommenen Proben ergaben völlig befriedigende Resultate. Die Lager wurden
einlaufen gelassen und liefen stundenlang ohne übermässige Erwärmung mit der
vollen Tourenzahl.
Schlussbemerkungen.
So sei denn dieser Bericht, dessen Inhalt naturgemäss zum grössten Teil in der
Schilderung amerikanischer Einrichtungen bestand, die nicht ohne weiteres auf unsere
Verhältnisse übertragbar sind, aber deren Kenntnis vielleicht Anregung gibt zur
weiteren technischen und wirtschaftlichen Ausgestaltung ähnlicher, bei uns
gebräuchlicher Anlagen, – es sei dieser Ausstellungsbericht geschlossen (wie er
begonnen hat) mit dem Hinweis auf vorbildliche heimische Industrieerzeugnisse.
Mögen insbesondere die Bestrebungen der Studiengesellschaft für elektrische
Schnellbahnen, deren hervorragende Ergebnisse innerhalb der Ausstellung in St. Louis
wie bereits vorher in der ganzen Welt die höchste Anerkennung fanden, bald
praktische Erfolge zeitigen, welche einen Segen für das gesamte Eisenbahn- und
Verkehrswesen bedeuten.