Titel: | Kommutator-Motore für einphasigen Wechselstrom. |
Autor: | Albert Hoerburger |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 813 |
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Kommutator-Motore für einphasigen
Wechselstrom.
Von Dr. Albert Hoerburger,
Berlin.
(Schluss von S. 798 d. Bd.)
Kommutator-Motore für einphasigen Wechselstrom.
b. Die Serien-Induktionsmotore.
Textabbildung Bd. 320, S. 812
Fig. 59. Statorschaltung des Heliosmotors.
Auch diese Motore sind schon ziemlich bald im Jahre 1895 von der amerikaniscken Fort Wayne Electric Corporation gebaut worden, ohne
sich damals ein grosses Anwendungsgebiet erobern zu können. Neuerdings werden sie
nach den Angaben im deutschen Patent 98653 und 109132 von der Helios Elektrizitäts Akt.-Gesellschaft gebaut. Der
Anker hat eine Wicklung wie sie Déri angegeben hat, die
in dem einen Feld über einen Kollektor, in einem anderspoligen Feld kurz geschlossen
ist. Der Stator hat eine Wicklung, die in Fig. 59
schematisch angegeben ist, sie besteht aus zwei Teilen ab und bc und ist mit der Ankerwicklung in
Reihe geschaltet; es ist dabei ein vierpoliger Serienmotor und ein achtpoliger
Induktionsmotor angenommen. Legt man an diese Kombination bei k1 und k2 eine Wechselspannung
an, so werden sich bei ruhendem Rotor die Spannungen so verteilen, dass zwischen den
Punkten ab eine geringe Spannung herrscht, weil der
scheinbare Widerstand dieser Wicklung infolge der Rückwirkung der im Anker
entstehenden kurzgeschlossenen Ströme klein ist; dagegen wird zwischen b und c bezw. bd eine bedeutende Spannung auftreten.
Durch den in diesem Kreise fliessenden Wechselstrom wird der Motor wie ein
Serienmotor sich in Bewegung setzen. Mit zunehmender Geschwindigkeit wird die
Spannung zwischen ab wachsen, und der Motor allmählich
auch als Induktionsmotor Arbeit leisten. Bei synchroner Geschwindigkeit übernimmt
der Induktionsmotor fast die ganze Arbeitsleistung. Man kann dann die
Kollektorbürsten überhaupt vom Rotor entfernen. Da während des Anlaufens die
Spannung an ab sich fortwährend vergrössert, kann man
durch sie dieses Abheben der Bürsten und so die Umschaltung automatisch besorgen
lassen.
6. Allgemeine Bemerkungen. Nachdem nun die möglichen
Schaltungen und die gebräuchlichen Motoren behandelt sind, sollen noch einige
zusammenfassende Bemerkungen daran geknüpft werden, obwohl sie zum Teil schon im
vorhergehenden enthalten sind.
Es ist schon beim kompensierten Serienmotor erwähnt worden, dass und warum bei ihm
die Kommutationsverhältnisse gut sind. Er und der Repulsionsmotor sind in der Tat
günstig, weil sich bei ihnen ein elliptisches bis kreisförmiges Drehfeld ausbildet,
welches die Kurzschlussspannung bei Tourenzahlen in der Nähe des Synchronismus
erniedrigt. Doch ist besonders beim Repulsionsmotor darauf hingewiesen, dass bei
Geschwindigkeiten weit unter oder über dem Synchronismus besondere Hilfsmittel
angewandt werden müssen. Derartige Hilfsmittel sollen noch einige angegeben
werden:
1. Verwendung von Kommutatoren mit viel Segmenten und Vermeidung von grösseren
Ankerspulen; an jedes Segment soll nur eine Windung angeschlossen sein.
2. Anwendung schmaler Bürsten, die niemals mehr als zwei Segmente (eine Windung)
kurzschliessen, also Bürstendicke = Lammellenbreite.
3. Verwendung eines grösseren Ankerwiderstandes oder besonderer Kollektorverbindungen
mit hohem Widerstand.
4. Verwendung von induktiven Widerständen in den Kollektorzuleitungen. Doch sind
diese nicht in die einzelnen Leitungen im gleichen Sinne einzuschalten, weil sonst
die Selbstinduktion erst recht ein Feuern an der Bürste verursachen würde, da sich
die neue Selbstinduktion zu der vorhandenen der Ankerspule addieren würde, sondern
die Verbindungen sind um einen geschlossenen Eisenkern abwechselnd in rechts- und
linksläufigem Sinne zu wickeln. Man vergleiche die schematische Zeichnung in Fig. 60. Wenn nun durch die Bürsten zwei Lammellen
kurz geschlossen werden, so stellen die beiden zu dieser kurz geschlossenen
Ankerwicklung gehörigen Spulen in bezug auf den Kurzschlusstrom eine Selbstinduktion
dar, da für ihn die Windungen im gleichen Sinne verlaufen. In bezug auf den
Betriebsstrom verhalten sich die Spulen induktionsfrei, da ihre Wicklungen sich
gegenseitig aufheben. Allerdings vertauschen sich diese Verhältnisse, sowie die
Bürste nicht zwei sondern drei Lammellen kurzschliesst. Die Anordnung ist daher nur
verwendbar, wenn die Bürsten so schmal sind, dass sie niemals drei Lammellen
gleichzeitig bedecken können.
Textabbildung Bd. 320, S. 813
Fig. 60. Induktiver Widerstand in den Lammellenverbindungen.
Textabbildung Bd. 320, S. 813
Fig. 61. Unterteilte Bürste.
5. Unterteilung der Kohlenbürsten und anbringen von Widerständen zwischen den Kohlen
nach Fig. 61.
6. Verwendung einer mehrfachen Ankerwicklung (sandwi-ching) nach Fig. 62 natürlich mit Verwendung von doppelten
Bürsten und Widerstand in der Verbindung, von dessen Mitte der Strom abgeleitet wird
nach der Fig. 61. Von den von einander völlig
unabhängigen Ankerwicklungen ist die eine mit allen geraden 2.4.6... die andere mit
allen ungeraden Kollektorlammellen 1.3.5... verbunden.
Textabbildung Bd. 320, S. 813
Fig. 62. Doppelte Ankerwicklung.
7. Einschalten einer Gegenelektromotorischen Kraft von der Grosse der in der
Ankerspule induzierten Spannung nach Heubach. Die
Anordnung ist schematisch in Fig. 63 gegeben: der
Deutlichkeit wegen ist nur eine Ankerspule mit zwei Kollektorlammellen
gezeichnet. Von jeder der Bürsten führt eine Leitung in so viel Windungen um die
Pole, dass die Gesamtzahl der Windungen gleich der der Ankerwindungen ist. Der
Windungssinn ist aber entgegengesetzt. In bezug auf den Betriebsstrom sind diese
Windungen induktionsfrei, nicht aber für die induzierten Kurzschlusströme.
8. Durch Anbringung von Elektromagneten zwischen den Hauptpolen, die einen Kraftfluss
in den Anker senden, der für die kurzgeschlossenen Windungen dem Hauptfeld
entgegengesetzt ist, und damit den Kurzschlusseffekt völlig aufheben kann, ohne auf
das Verhalten des ganzen Motors irgend wie schädlich einzuwirken. Die Anordnung ist
schematisch in Fig. 64 dargestellt. Die Magnete
können vom Hauptstrom erregt sein.
Eine zweite schädliche Einwirkung am Kollektor ist durch die Reaktanzspannung
hervorgerufen. Um diese für das Feuern so gefährliche Spannung zu vermindern, muss
man die gleichen Mittel anwenden, wie bei den Gleichstrommotoren. Auch dafür sind
schon bei den einzelnen Motoren die besonderen getroffenen Einrichtungen erwähnt. Es
sei hier nur noch einmal an die Formgebung der Pole Fig.
8, an die Zwischenpole Fig. 23, die unter
Umständen sogar erregt sein können, erinnert.
Die Wechselstromkollektormotoren sind in bezug auf das Anlassen den
Gleichstrommotoren wesentlich überlegen; während bei diesen eine sehr beträchtliche
Energie nutzlos in Widerständen verloren geht, kann man Wechselstrommotore sogar
direkt ans Netz werfen, da der Stromfluss wegen der Selbstinduktion niemals die bei
Gleichstrom gefährliche Grosse erreicht. Meist wird man das Anlassen mit Hilfe eines
Induktionsreglers ohne grosse Verluste ausführen. Die Betriebsverluste sind bei
Wechselstrom etwas grösser wegen der hinzutretenden grösseren Eisenverluste, und
wegen der ständigen Verluste in den Transformatoren.
Textabbildung Bd. 320, S. 813
Fig. 63. Einschaltung von Gegenwindungen nach Heubach.
Textabbildung Bd. 320, S. 813
Fig. 64. Hilfspole zur Verminderung der Kurzschlussenergie.
Im allgemeinen aber ist der Wechselstromkommutatormotor eine den besten
Gleichstrommotoren nahezu gleichwertige Maschine.