Titel: | Freistehende Bohrmaschinen. |
Autor: | Jos. Halm |
Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 106 |
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Freistehende Bohrmaschinen.
Gebaut von der Cincinnati Machine Tool
Company.
Von Jos. Halm,
Diplom-Ingenieur, München.
Freistehende Bohrmaschinen.
Auf einer Studienreise durch die Vereinigten Staaten Nordamerikas, hatte ich
Gelegenheit das Werk der Cincinnati Machine Tool Co. zu
besuchen. In demselben werden als Spezialartikel nur freistehende Bohrmaschinen
gebaut, von welchen ich im Folgenden eine Beschreibung geben möchte.
Textabbildung Bd. 321, S. 106
Die Maschine wird für 21-, 24-, 28-, 32-, 36- und 42-zöllige Bohrungen
ausgeführt.
Fig. 1 und
2
zeigen eine 21'' Maschine, an der zunächst die allgemeine Bauart besprochen sein
möge.
Die Säule, deren Bearbeitung in letzter Zeit fast ausschliesslich der Schleifmaschine
zufällt, ist von verhältnismässig grosser Stärke, der Durchmesser beträgt 6'' oder
153 mm. Die Spindel läuft in der zylindrischen Muffe a,
welche auf der einen Seite als Zahnstange ausgebildet ist, um mit Hilfe eines
Zahngetriebes die lotrechte Bewegung der Spindel zu ermöglichen. Das
Ausgleichgewicht läuft über eine Rolle im Innern des Gestelles. Die mit einer Nut
zur Aufnahme des Keiles für das treibende Kegelrad b
versehene Spindel erhält durch den Arm m des Gestelles
eine zweite Führung und zwar in einem Kugellager.
Der Antrieb der Maschine kann sowohl von einer Transmission mittels Riemens, wie auch
durch einen an der Maschine angebrachten Motor erfolgen. In ersterem Falle wird die
Bewegung auf zwei Riemenscheiben übertragen, wobei die eine den Vorwärts, die andere
den Rückwärtsgang betätigt. Die Umsteuerung bewirkt der links an der Maschine
sichtbare Fusshebel c, der in Verbindung mit einem
Riemenrücker ist. Auf der Welle A, die die
Riemenscheiben trägt, ist eine vierfache Stufenscheibe aufgekeilt, von welcher die
Bewegung auf die Welle B übertragen wird. An ihrem
linken Ende befindet sich das Kegelrad d, welches in
b eingreifend die Drehung der Spindel bewirkt.
Durch die Stufenscheibe können vier Geschwindigkeiten erzielt werden. Um diese ^ahl
zu erhöhen, wird
zwischen der Stufenscheibe und dem Kegelrad ein Rädervorgelege eingeschaltet, so
dass sich hiermit der Wechsel der Umdrehungszahl der Spindel auf acht beläuft. Das
Uebersetzungsverhältnis des Vorgeleges ist 5 : 1, das der Winkelräder b, d = 2 : 1, so dass die Umdrehungszahl der Spindel
ohne eingeschaltetes Vorgelege sich auf 76, 134, 224 und 405, mit eingeschaltetem
Vorgelege auf 14, 25, 42 und 75 beläuft, wobei die Umdrehungszahl der Antriebswelle
A 350 beträgt.
Die Vorrichtung zum Aus- und Einrücken des Rädervorgeleges ist aus Fig. 3 ersichtlich. Die Stufenscheibe a, sowie dass Kupplungsstück b, welches das kleinere Zahnrad trägt, sind auf der hohlen Welle c aufgekeilt welche lose auf der Welle B sitzt.
Textabbildung Bd. 321, S. 107
Fig. 3.
Das grössere Zahrad d, fest verbunden mit dem anderen
Teil der Kupplung, welche als Klauenkupplung ausgebildet ist, ist direkt mit der
Welle B verkeilt. Die beiden anderen Räder des
Vorgeleges sind verschiebbar auf der seitwärts gelagerten Welle l angeordnet. Die Verschiebung derselben und das Aus-
und Einrücken der Kupplung erfolgt durch den doppelarmigen Hebel f. An seinen Enden befinden sich Stifte, welche
zwischen den beiden Ringen auf d und e eingreifen. Die Drehung von f geschieht durch den Hebel g um den
Stützpunkt i. Durch eine Bewegung von g in der Richtung des Pfeiles, werden die Räder m und n ausgeschaltet,
während d nach der entgegengesetzten Seite sich
verschiebt und die Kupplung eingerückt wird.
Der Vorschub, der sowohl selbsttätig, wie auch bei den kleineren Maschinen von Hand
betrieben werden kann, wird betätigt durch das Wurmgetriebe p (Fig.
1) und ein Zahnrad, das auf der gleichen Welle wie das Schneckenrad sitzt
und das in die obenerwähnte verzahnte Muffe a
eingreift. Um den Vorschub von Hand aus arbeiten zu lassen, dient der Hebel e, der nach Art der Bohrknarren in das verkerbte Rad
f eingreift. Dieses Rad ist auf der Welle, welche
das Zahnrad trägt, aufgekeilt. Der selbsttätige Vorschub erhält seinen Antrieb von
einer dreifachen Stufenscheibe g, welche mittels
Schneckengetriebe die Bewegung auf das Kegelrad i
überträgt. Dieses greift in das Kegelrad m ein und
versetzt die Schnecke p in Drehung. Wie ersichtlich,
stehen für jede Umdrehungszahl der Spindel drei Vorschubgeschwindigkeiten zu Gebote.
Um den Vorschub zu unterbrechen, ist folgende, in Fig.
4 dargestellte Einrichtung getroffen. Auf der Spindel k sitzt lose eine hohle Welle a, auf der die Schnecke d und das Handrad b befestigt ist. Dieselbe liegt an dem Bund c an. Die Welle k ist an
ihrem einen Ende mit einem Gewindezapfen versehen. Durch die Mutter f wird die vierkantige Unterlagscheibe g, die etwas in die Nabe von b versenkt ist, fest an b und a angepresst, so dass die Drehung von k durch Reibung auf a
übertragen wird. Soll also der Vorschub unterbrochen werden, so braucht man nur die
Mutter j zu lösen. Dann lässt sich auch mit Hilfe des
Handrades b, die Bohrspindel rasch lotrecht
verschieben. Aus Fig. 1 und 2 ist zu ersehen, dass
das Ausschalten des Vorschubes auch selbsttätig erfolgen kann, was mit Hilfe eines
Hebelwerkes durch Senken der Schneckenradwelle geschieht. Da der Mechanismus, der
für schwerere Maschinen in Betracht kommt, im Prinzip der gleiche, wie hier ist,
werde ich ihn erst in einem späteren Abschnitte schildern.
Textabbildung Bd. 321, S. 107
Fig. 4.
Der Arbeitstisch, wie alle Teile sehr schwer und gross gehalten, wird durch ein
Schneckengetriebe lotrecht verschoben und ohne Anwendung von Klemmschrauben in der
gewünschten Höhe gehalten. Um grössere Arbeitsstücke in Angriff nehmen zu können,
ist der Tisch vollständig um die Säule drehbar angeordnet, so dass er ausgeschwenkt
und nun die mit Nuten versehene Grundplatte als Unterlage verwandt werden kann.
Um über die hauptsächlichsten Grössenverhältnisse Aufschluss zu bekommen, habe ich
die Masse einer 21'' und 42'' Maschine vergleichend in nachstehender Tabelle
zusammengestellt.
Die Masse sind in mm angegeben.
Masse bei
21''
42''
Höhe der Maschine
1900
2900
Ausschwinggrösse
550
1100
Durchmesser des Tisches
485
920
Durchmesser der Säule
153
250
Durchmesser der Spindel in der Muffe a
36
59
Durchmesser der Spindel oberhalb der Muffe
33
55
Durchmesser der Muffe
63
88
Grössenverhältnis der Riemenscheiben
250 × 70
400 × 115
Grössenverhältnis der Stufenscheiben
100, 145, 190, 236 × 57
178, 250, 330, 400 × 127
Umdrehungszahl der Spindel in einer Minute
ohne Vorgelegemit „
76, 134, 224, 40514, 25, 42, 75
51, 89, 150, 2648, 14, 150, 264
Uebersetzungsverhältnis des
Vorgeleges der Winkelräder
5 : 12 : 1
6 : 12,25 : 1
Umdrehungszahl der Triebwelle
350
260
Erforderliche Pferdestärken
¾
3
Aufstellraum
460 × 1200
770 × 2300
Fig. 5 zeigt die Bauart einer schwereren Maschine und
zwar einer 42'' mit allen Verbesserungen ausgerüstet. Abgesehen von letzteren
unterscheiden sich die grösseren Maschinen von der eben beschriebenen erstens
dadurch, dass der Bohrkopf beweglich angeordnet ist. Das Gestell trägt, wie
ersichtlich, eine Gleitbahn, welche in der Mitte als Zahnstange ausgebildet ist, in
welche ein Zahnrad eingreift, das durch eine links von dem Schlitten (nicht
sichtbar) gelegene Kurbel getrieben wird. Ein zweiter Unterschied ist in dem Antrieb der
Vorschubspindel zu ersehen, der mittels Rädervorgeleges von der Bohrspindel erfolgt.
Um die Vorschubgeschwindigkeiten zu wechseln, ist der in Fig. 5 und 6 dargestellte Mechanismus
verwendet. Da aber das Patent darüber noch nicht herausgegeben wurde, muss ich mich
leider auf eine Angabe der Verwendung desselben beschränken, ohne auf die
Zusammensetzung eingehen zu dürfen. Doch hoffe ich, an dieser Stelle eine
Beschreibung desselben allenfalls nachholen zu können. An dem Knopf m (Fig. 6) können zwei
Geschwindigkeiten eingestellt werden, welche als „Schnell“ und
„Langsam“ bezeichnet sind. Durch Drehung des Kopfes n können für jede dieser Geschwindigkeiten drei andere
eingeschaltet werden, und zwar geben die in der Figur sichtbaren Zahlen 39 und 13 an, erstere bei
„Schnell“, letztere bei „Langsam“, dass die Spindel bei einer
Umdrehung den tausendsten Teil dieser Zahlen in Zoll vorwärtsrückt. Bei den 24-, 28-
und 32''-Maschinen beträgt der Vorschub 6, 9, 13 und 18, 27 und 39 tausendstel Zoll
für jede Umdrehung der Spindel, bei den anderen Grössen 7, 11, 16 und 22, 34, 49
tausendstel Zoll.
Textabbildung Bd. 321, S. 108
Fig. 5.
Ueber die Leistungsfähigkeit der Maschinen gibt folgende Tatsache Aufschluss, dass
bei Verwendung eines ¾'' Noov-Stahl-Bohrers aus einem gusseisernen Würfel i. d.
Minute 7½ Zoll oder 191 mm ausgebohrt wurden. Die
Vorschubgeschwindigkeit betrug 27/1000 Zoll (0,69 mm) für eine Spindelumdrehung.
Auf Fig. 6 ist noch die selbsttätige Ausschaltung des
Vorschubs zu erwähnen. Dieselbe beruht, wie bereits erwähnt, in einem Senken der
Schneckenradwelle mit seinen Lagern.
Um den Vorschub einzurücken wird der Hebel d (Fig. 6), der um den Bolzen e schwingt, niedergedrückt, so dass die Nase c, die mit dem federnden Stück b verbunden
ist, über d schnappt. Der Hebel d, um den Bolzen e drehbar, steht in
Verbindung mit dem Stücke f, an dem drehbar das Lager
g hängt. Dasselbe ist zugleich durch den
Aufhängebolzen geführt, indem dieser in einem im Bohrkopf befindlichen Schlitze
läuft. Das Lager gk der Schneckenradwelle ist ferner an
einem Hebel drehbar befestigt, und zwar liegt der Aufhängepunkt des Hebels in der
gleichen Ebene wie das Kegelrad o. An der Bohrspindel,
die mit einer Gradeinteilung versehen ist, befindet sich der Anschlagestift p, der bei dem Niedergang der Spindel an a stösst und dadurch ein Zurückgehen von c bewirkt. Hebel d wird
frei und das Lager senkt sich infolge der eigenen Schwere.
Textabbildung Bd. 321, S. 108
Fig. 6.
Fig. 7–10 zeigen die
Gewindebohrvorrichtung. Die Konstruktion Fig. 7 und
8 findet nur bei den 21'' Maschinen Verwendung,
während die verbesserte Einrichtung nach Fig. 9 und
10 für die anderen Grössen in Betracht kommt.
Die Kegelräder a und b
(Fig. 7 und 8)
sitzen lose auf der Spindel k und werden von dem
gemeinsamen Kegelrade c angetrieben. Zwischen beiden
Rädern a und b ist eine
Reibungskupplung angebracht, welche auf der Spindel k
verschiebbar, aber durch einen Keil gegen Drehung gesichert ist. Das Stück f, welches gabelförmig um k greift, wird durch den Hebel g um den
Bolzen l gedreht. Die beiden Muffen m und n werden dadurch
nach unten bezw. nach oben verschoben. Die Kupplung tritt in der Weise in Kraft,
dass z.B. bei einer Drehung von g nach links n nach abwärts gedrückt wird und durch die dadurch
erzeugte Reibung das Zahnrad a fest mit der Spindel
verbindet, wodurch dieselbe die Drehrichtung des Rades a annimmt, a dient zum Vorwärts-, b zum Rückwärtsgang. Befindet sich der Hebel g in der gezeichneten Stellung, so sind beide Muffen
ausgeschaltet, was ein Anhalten der Spindel bewirkt, ohne die ganze Maschine
abstellen zu müssen. Der sichtbare Vorteil dieser Anordnung liegt in der
Möglichkeit, schnell die Bewegung der Spindel anzuhalten bezw. die Drehrichtung zu
ändern. Der Nachteil, der in diesem Falle darin besteht, dass der Gewindebohrer mit
derselben Geschwindigkeit vor- und rückwärts geht, ist in der verbesserten
Einrichtung Fig. 9 und 10 behoben. In diesem Falle ist durch Einschalten eines Vorgeleges die
Möglichkeit gegeben, den Rückgang doppelt so rasch erfolgen zu lassen, wie den
Vorwärtsgang. Auf der Welle B ist mit dem Kegelrad o, das b treibt, das
Zahnrad c aufgekeilt. In dieses greift ein anderes Rad
d (Fig. 10) ein,
welches wieder ein gleich grosses Rad e treibt, das mit
dem Kegelrad f in Verbindung steht. Das
Uebersetzungsverhältnis des Vorgeleges (cd) ist 2 :
1.
Textabbildung Bd. 321, S. 109
Fig. 7.
Textabbildung Bd. 321, S. 109
Fig. 8.
Das Rad d wird folgendermassen in seiner Lage
festgehalten. Der Bolzen i, um den sich d dreht, ist an dem Arme k
befestigt, der durch die Schraube l an dem Gestell m festgehalten ist. Um aber das Vorgelege ausschalten
zu können, ist der Arm k um den Bolzen n, der e und f trägt, drehbar angeordnet (Fig. 10). Es braucht also zum Ausrücken nur die Schraube l gelöst, k und somit das
Rad d gehoben werden. Das Einrücken und die Wirksamkeit
der Reibungskupplung erfolgt in derselben Weise wie vorher.
Textabbildung Bd. 321, S. 109
Fig. 9.
Textabbildung Bd. 321, S. 109
Fig. 10.