Titel: | Nordamerikanische Eisenbauwerkstätten. |
Autor: | H. Reissner |
Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 182 |
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Nordamerikanische
Eisenbauwerkstätten.
Von Dr.-Ing. H.
Reissner, Berlin.
(Fortsetzung von S. 168 d. Bd.)
Nordamerikanische Eisenbauwerkstätten.
Lochen.
Textabbildung Bd. 321, S. 182
Fig. 59. Ambridge-Werk der American Bridge Co. Hochkantrichtpresse in der
Augenstabwerkstatt.
Von der Stauchmaschine kommen die Stäbe zu dem hydraulischen 900 t Lochwerk, das den
Stab rotwarm in Empfang nimmt und sowohl das aus den Matrizen herausgequetschte
überschüssige Material, als auch das Loch herstellt, letzteres mit einem etwa 25 mm
kleineren Durchmesser als demjenigen des Bolzens. Die Maschine kann ein 15'' (381 mm) Loch durch
3'' (79 mm) dickes Blech stanzen und arbeitet mit Hilfe eines unter einem Druck von
56 bis 420 at stehenden senkrechten Taucherkolbens, der durch dreifachen Verstärker
einen Druck erhält. Sie hat kein volles Gehäuse, sondern zwei massive Kopf- und
Fussgusstahlstücke, die durch vier Säulen von 7¾'' (197 mm) Durchmesser mit Gewinde
und Muttern verbunden sind. Das Gewicht ist etwa 22,7 t.
Textabbildung Bd. 321, S. 183
Fig. 60. Ambridge-Werk der American Bridge Co. Senkrechtrichtpresse in der
Augenstabwerkstatt.
Walzen des Augenkopfes.
Von der Lochstanze gehen die Augenstäbe zur Kopfwalzmaschine, die aus massiven
Stahlschmiedestücken, in denen zwei unabhängige Walzen gelagert sind, besteht. Die
Walzen sind volle Stahlzylinder von 18'' (41,6 cm) Durchmesser, getrieben durch zwei
Westinghouse PS Elektromotoren und Vorgelege.
Die obere Rolle ist unter starkem hydraulischem Druck verschieblich und kann
durch Stellschrauben eingestellt werden. Die Walzen haben genügende Kraft, um einen
Augenkopf in einer einzigen Operation um 6 mm herunterzuwalzen. Das Gusstahlgehäuse
und die Motoren sind auf eine Trägerlage aufgeschraubt und diese liegt auf schwerer
Betonplatte ebenso wie die übrigen Maschinen. Gewicht der Walze 25,4 t. Wenn das
Auge auf einer Seite fertig ist, wird der Stab zur 680 t Schere auf der
entgegengewetzten Seite der Halle gebracht und auf genaue Länge geschnitten, bevor
das zweite Auge hergestellt wird.
Die in der Fig. 58 S. 168 gezeigte Schere ist gross
genug für 41,6 cm breite Stäbe, hat, wie ersichtlich ein nach innen
schiefgeschnittenes Messer, das von einem hydraulischen direkt wirkenden Zylinder
von 25,4 cm Hub getrieben wird.
Die Fuss- und Kopfquerstücke sind massive Stahlgusstücke, verbunden durch 17,7 cm
starke senkrechte Schraubenbolzen. Gewicht der ganzen Maschine 20,4 t.
Richten.
Nach dem Schneiden werden die Stäbe um 180° gedreht und die Augen werden auf der
andern Seite, wie beschrieben, hergestellt. – Sodann müssen sie durch eine
wagerechte, hydraulische Richtepresse hindurchgehen (Fig.
59). Dieselbe besitzt drei auf die Breite des Stabes einstellbare
Schneiden, zwischen denen derselbe in seiner eigenen Ebene (hochkant) grade gebogen
werden kann. Der Maximaldruck des aktiven Stempels ist etwa 300 t, erzeugt durch
hydraulischen Zylinder von 305 mm Durchmesser und 915 mm Hub und 392 at Wasserdruck.
Die Querstücke zum Biegen sind mit senkrechten Nuten zum Einsetzen verstellbarer
Schneiden versehen und am Ende jedes Hubes wird das bewegliche Querstück durch einen
unten liegenden Rückziehzylinder von kleinem Durchmesser zur Anfangsstellung zurück
gebracht. Gewicht dieser Maschine 22,6 t.
Textabbildung Bd. 321, S. 184
Fig. 61. Ambridge-Werk der American Bridge Co. Ausglühofen der Augenstab
Werkstatt.
1. Anker; 2. Chamotte; 3.
Augenstäbe; 4. 10 cm Klinker; 5. 23 cm Chamotte; 6. Antrieb; 7. Gebläse; 8.
Verbrennungskammer; 9. Walzenlager; 10. Fussboden; 11. Hauptkanal; 12. u. 13.
Seitenkanal; 14. Klinkerausmauerung; 15 Regulierungsschieber; 16.
Spezialthonrohr; 17. Hohle luftgekühlte Walze; 18. Gasbrenner; 19. Schiebetür;
20. Walzentisch.
Neben dieser wagerechten Richtepresse zum Graderichten befindet sich noch eine
senkrechte zum Ebenrichten der Stäbe von 11,3 t Druckkraft, die durch Elektromotor
von 25 PS und 750 Touren, der auf einen das obere Querstück bewegenden Exzenter
wirkt, getrieben wird. Die drei Schneiden, zwischen denen der Stab gepresst wird,
sind auch hier auf Abstand und Blechdicke einstellbar und der Stab ruht vorher auf
elastisch gelagerten Rollen, die beim Richten heruntergedrückt werden (Fig. 60). Gewicht 18,1 t.
Beide Maschinen brauchen zu ihrer Bedienung je zwei Mann, einen zur Bedienung des
Rollentisches, und zwar über demselben, um beurteilen zu können, welcher Teil des
Stabes zu richten und wann derselbe grade ist, und ein zweiter zur Handhabung der
Presse und der Keileinstellung. Gewöhnlich werden die Stäbe vor dem Ausglühen in der
wagerechten Maschine und in der senkrechten, wenn nötig, nachher gerichtet.
Ausglühen.
Von der Richtepresse bringen Laufkräne die Stäbe auf die Rollentische des
Ausglühofens (Fig. 61), der die Aufgabe hat, die
durch das Bearbeiten entstandenen inneren Spannungen zum Verschwinden zu bringen und
die durch Stauchen, Lochen und Richten verminderte Arbeitsfähigkeit des Materials
wieder herzustellen. Die motorgetriebenen Rollen schieben die Stäbe in den
Ofen, der durch zerstäubtes Erdöl in sehr fein regulierbarer Weise geheizt wird. Die
Stäbe werden flachliegend eingeschoben und alle paar Minuten durch eine selbsttätige
Bewegung der Lagerwalzen verschoben, um die kalten Zonen an den Auflagestellen zu
verhüten und gleichmässige Erwärmung zu sichern. Nach einer Erhitzung von etwa vier
Stunden Dauer sollen die Stäbe in einen auf derselben Achse liegenden ähnlich
gebauten Muffelofen kommen, wo sie mehrere Stunden in ihrer eigenen Atmosphäre sich
abkühlen müssen. Auf diese Weise wird der Arbeitsgang des Nachglühens fast
kontinuierlich sein und ungefähr 100 t von 21 m langen Stäben können in 24 Stunden
ausgeglüht werden.
Zur Zeit des Besuches war der Muffelofen noch nicht gebaut, so dass die
Leistungsfähigkeit kleiner war und die Augenstäbe in demselben Glühofen auch
abgekühlt werden mussten.
Früher wurden die Stäbe in einer Grube ausgeglüht; die hier und noch genauer in
„Engineering Record“ beschriebene Konstruktion hat jedoch den Vorteil,
Zeit, Arbeit
und Brennstoff zu sparen und alle Teile der Stäbe gleichmässig zu erwärmen, wodurch
die dreieckigen Zonen nicht ausgeglühten Materials, wie sie sonst an den
Auflagepunkten eintreten, und das dadurch eintretende Werfen der Stäbe in der
entgegengesetzten Richtung vermieden wird, so dass nach dem Ausglühen nur wenig
Richten und besonders nicht in der eignen Ebene erforderlich ist, was ja der
Metallstruktur sehr schädlich ist.
Ausbohren.
Nach dem Nachglühen kommen die Stäbe in die schon oben beschriebene, senkrechte
Richtepresse und von dort zur Niles-Bement-Pond Augenstab-Bohrmaschine, die etwa 21
m langen Tisch und einen festen und einen verschieblichen Kopf besitzt. Beide werden
durch je einen 7pferdigen Elektromotor getrieben und sind so eingerichtet, dass sie
genau auf Abstand zum gleichzeitigen Bohren beider Augen eingestellt werden können.
Da die gestanzten Augen nur ein Nachbohren von 12 mm auf jeder Seite verlangen,
geschieht das Bohren durch ein quer in der Bohrspindel sitzendes Messer, das etwa
100 Stäbe in 24 Stunden fertigstellen kann.
Die Köpfe werden gleichzeitig durch Spannfutter mit radial verschieblichen Klemmen
eingestellt. Die Bewegung des verschieblichen Bohrkopfes geschieht durch 5pferdigen
Elektromotor.
Von dieser Maschine werden die Stäbe durch die Laufkräne auf die Schmalspurwagen
des Ausfahrgleises geladen und zum Anstrich- und Lagerhaus gebracht.
Alle hydraulische Maschinerie ist mit äusseren, hanfgepackten Stopfbüchsen, die sich
sehr gut bewähren sollen, versehen. Alle hydraulischen Zylinder haben
Rückziehzylinder und Schnellentlastungsventile, wodurch Ausbalanzierungen unnötig
werden. Das gebrauchte Wasser wird zum Pumpenhausbehälter zurückgeschafft.
Neun Mann sind nötig, um Stauchmaschine, Oefen, Kräne, Scheren, Stanzen und
Kopfwalzen zu bedienen. Sechs weitere sind für Richten, Bohren und Nacharbeiten
erforderlich. Diese zusammen mit dem Werkmeister in einer Anzahl von 16 stellen den
Arbeiterbedarf der Augenstababteilung vor.
(Fortsetzung folgt.)