Titel: | Nordamerikanische Eisenbauwerkstätten. |
Autor: | H. Reissner |
Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 214 |
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Nordamerikanische
Eisenbauwerkstätten.
Von Dr.-Ing. H.
Reissner, Berlin.
(Fortsetzung von S. 185 d. Bd.)
Nordamerikanische Eisenbauwerkstätten.
An Augenstäben, die in Ambridge für die neue Quebec-Auslegerbrücke von 550 m
Mittelspannweite angefertigt waren, hat Th. Cooper
eingehende Prüfungen ausgeführt und neue Grundsätze aufgestellt.Proceedings Am. Soc. C. E. Vol. 32 p. 14.Auszug daraus Engineering Record 1906 p. 168, New Facts about
E=e-Bars. Es handelte sich dort um Stäbe von 386 mm Breite 32–52 mm
stark, 15 bis 17 m lang. Die zugehörigen Bolzen waren im allgemeinen 305 mm stark
und 2,44–3,05 m lang. Der stärkste Knotenpunkt besass 58 Stäbe auf einem
Bolzen. Der für die Aufstellung nötige Spielraum sollte zwischen 0,8 mm und 1,6 mm
enthalten sein.
Da die zulässigen Spannungen grösser als gewöhnlich waren, nämlich für Zug 1470 kg/qcm, musste die
Deformation des Auges beachtet werden und deshalb wurde bei der Prüfung besonders
die Entfernung zwischen Aussenkanten der Bolzen gemessen.
Es zeigte sich nun, dass schon bei 840 kg/qcm infolge Länglichwerden des Loches eine bleibende
Deformation eintrat, die durch Verstärkung der Augen und Verkleinerung des Spielraums nicht
behoben werden konnte. Mit der Materialzugabe hinter dem Bolzen konnte man überdies
nur soweit gehen, als die Knicksicherheit daselbst zuliess. Die bleibende
Deformation bei 1470 kg/qcm Spannung wurde zu 0,8 mm für jedes Auge ermittelt und dieser Wert bei
der Berechnung der Ueberhöhung berücksichtigt.
Th. Cooper zieht daraus erstens den Schluss, dass man
bei hohen zugelassenen Spannungen möglichst lange Stäbe, also wenig Bolzenlöcher
anwenden solle, zweitens dass die Elastizitätsgrenze heraufgesetzt werden sollte
entweder für das Auge allein durch vorheriges Kaltausziehen und Nachbohren oder für
den ganzen Stab durch höheren Kohlenstoffgehalt.
Gegen dieses Hilfsmittel spricht jedoch wiederum die verminderte Dehnung und
Arbeitsfähigkeit des Materials.
Schablonenwerkstatt.
Die Schablonenwerkstatt, deren Grundrissabmessungen aus Fig. 13, S. 648, Bd. 320
hervorgehen, ist ein zweistöckiges etwa 9 m hohes Gebäude mit Satteldach, auf dem
sich zehn Ventilatorrohre von 1,2 m Durchmesser befinden. Bis auf einen Raum von 21
m an einem Ende, der die Dampfheizungszentrale enthält, ist das ganze Erdgeschoss
eingerichtet für Waschgelegenheit, Bedürfnisräume und Kleiderschränke von 2000
Werkstattarbeitern. Der erste Stock enthält mehrere Galerien, auf denen
Arbeitstische und leichte Maschinen stehen. Die Eingänge zur eigentlichen
Schablonenwerkstatt bestehen in aussen am Gebäude angebrachten Treppen. Das eine
Ende des Gebäudes ist mit zwei Türen, 2,4 m breit und 6,9 m hoch, in den
Mittelachsen 3,6 m von einander entfernt, versehen, die aus mehreren Teilen
bestehen, um die Handhabung zu erleichtern. Ueber den Mitten beider Türen erstreckt
sich eine Laufbahn mit je zwei Flaschenzügen 6 m in die Werkstatt, mit denen grosse
Schablonen und Ladungen von Schablonenholz bewegt werden sollen.
Textabbildung Bd. 321, S. 215
Fig. 62. Ambridge-Werk der American Bridge Co. Querschnitt durch
Kraftzentrale. (Enging. Recd. 1904 S. 25)
1. 25 t-Laufkran; 2. Oberkante
Fussboden; 3. Rohrgallerie.
Die grossen Maschinen stehen auf dem Hauptboden und werden durch Einzelmotoren
getrieben, während die kleineren Bohr- und Hobelmaschinen durch Riementrieb bewegt
werden und sich auf den Galerien befinden.
Ein System von Fallschuten ist an den Wänden verteilt, um Hobelspäne nach Kästen im
Keller zu befördern, von wo dieselben als Feuerung unter die Kessel kommen. Die
Modellwerkstatt zwischen Werkzeugmaschinenhaus und Giesserei gleicht in seiner
Anordnung der Schablonenwerkstatt und beherbergt gleichfalls im Erdgeschoss
Bedürfnis- und Waschräume für 300 Arbeiter.
Kesselhaus.
Das Kesselhaus enthält zwei Sätze von je zwei Babcock &
Wilcox 250 PS-Kesseln, bedient durch elektrische Kohlenhebe- und
Transportvorrichtungen und hochgelegene Eisenbetonbunker mit Schuten. Diese fassen
einen Vorrat von 60 t Kohle, was etwa für drei Tage ausreicht. Die Bunker entleeren
sich in mechanische Heizvorrichtungen, unter welchen wiederum Schüttkästen sich
befinden, mit deren Hilfe die Asche in Kippwagen und von dort in aufzufüllendes
Gelände gebracht wird. Die ankommende Kohle geht zunächst durch einen Brecher auf
einen Lagerplatz von 250 t Fassung unter eine Hochbahn von 3,6 m Höhe, von dort
fallend in einen Becherelevator und mit dessen Hilfe in die Bunker. Die ganze Anlage
ist für zukünftige Verdopplung auf 2000 PS eingerichtet.
Der eiserne, in Ziegelmauerwerk ausgefütterte Schornstein ist 27 m hoch und hat einen
äusseren Durchmesser von 2,4 m.
Kraftzentrale.
Die Kraftzentrale ist zwischen Augenstabwerkstatt und Schmiede gelegen, mit ihrer
Längsachse quer zu den Oberflächengleisen, die das Gelände von einem Ende zum
anderen durchziehen. Der Fussboden enthält versenkte Gruben für die Dampf röhre. Die
Hauptmaschinen sind in zwei Reihen auf entgegengesetzten Seiten der Mittelhalle
angeordnet, indem Dynamos und zugehörige Kraftmaschinen in einer Gruppe und
Luftkompressoren in einer anderen Gruppe mit einem Teil der Pumpen an einem Ende und
einem anderen Teil in einem Anbau des anderen Endes in einem Brunnen. Die
Ausstattung umfasst bei 2000 PS Leistungsfähigkeit sechs Dynamos mit Dampfmaschinen,
sechs Pumpen, zwei Speisewasservorwärmer, sechs Luftkompressoren und vier
Oberflächenkondensatoren. Fig. 62 zeigt die
Ausbildung der Dachbinder und Stutzen.
Beleuchtung.
Die Beleuchtung der Werkstätten erfolgt durch eingeschlossene Bogenlampen und ergänzende
Glühlampen für besondere Maschinen, die durch den Kraftstrom von 250 Volt gespeist
werden. Die Hauptwerkstatt enthält 300 Bogenlampen, die gewöhnlich an den
Kranschienenträgern hängen. Für die Beleuchtung werden etwa 200 Kilowatt verbraucht,
während der gesamte Stromverbrauch etwa 1100 Kilowatt beträgt.
Schmiede und Presserei.
Textabbildung Bd. 321, S. 216
Fig. 63. Ambridge-Werk der American Bridge Co. Querschnitt durch Schmiede.
(Enging. Recd. 1904 S. 51).
Wie man auf Fig. 13, S. 648, Bd. 320 sieht, nimmt die Schmiede eine ganz zentrale
Lage zwischen Lagerplatz, Hauptwerkstatt- und Bolzenfabrik ein. An den Längsseiten
laufen die durchgehenden Normalspurgleise und an den Querseiten die Hoflaufkräne, so
dass Werkstücke in allen Richtungen zu- und abgeführt werden können. Auf Fig. 63 sieht man die drei Arten von Dachbindern, die
auf fünf Reihen von 18,3 m weit gestellten Stützen mittelbar mit Hilfe von
Längsträgern liegen und acht Schienenpaare für längslaufende Kräne von 7,2 m
Spannweite. Die Lichtzuführung geschieht durch eine Firstlaterne und zwei durch die
Endvertikalen der Mittelbinder gebildeten Seitenlaternen, ferner durch Horizontal-
und Vertikalschiebefenster mit teils geripptem, teils klarem Glase.
Die benachbarte Bolzen-, Muttern- und Nietfabrik hat dieselben Abmessungen und
Einzelheiten wie die Schmiede, bis auf einige Teile, die leichter gehalten sind.
Textabbildung Bd. 321, S. 216
Fig. 64. Ambridge-Werk der American Bridge Co. Querschnitt durch
Werkzeugmaschinenbaus. (Enging. Recd. 1904 S. 103)
1. 10 t-Kran; 3. 25 t-Kran; 9. 2
t-Auslegierlaufkran; 10. Hauptwelle; 11. Drehtisch.
Die Schmiede ist bestimmt, alle Schmiedestücke und gebogene Teile für den ganzen
Betrieb zu liefern. Dieselbe enthält vier wagerechte Schmiedepressen von 400 t Druck
mit je zwei Druckverstärkern, zwei senkrechte Schmiedepressen von 600 t Druck mit je
zwei Dreifachverstärkern für Spannmuttern und Gabelaugen. Auch zum Kröpfen von
Versteifungswickeln sollen diese Pressen benutzt werden und sind in der Lage,
gleichzeitig die Enden von vier Winkeln 150 × 100 mm zu kröpfen. Ferner sollen zehn
bis fünfzehn Schmiedefeuer mit Unterzug, eine Stauchmaschine für 2½'' Schraubenenden,
eine doppelte, senkrechte Bohrmaschine für Schleifenenden, eine
Schleifenendenbiegemaschine von Pencoyd-Bauart, ein
Acme 3'' Schraubenschneider, drei oder vier Dampfhämmer von 400 kg Gewicht, eine
12000 kgmSchere, eine hydraulische Presse von 3000 t Druck mit mehreren Reihen von
Verstärkern zum Schmieden von Gelenkbolzen aufgestellt werden.
Werkzeugmaschinenhaus und Giesserei.
Textabbildung Bd. 321, S. 217
Fig. 65. Ambridge-Werk der American Bridge Co. Halber Querschnitt durch
Giesserei. (Enging. Recd. 1904 S. 104)
1. 10 t-Kran; 2. 10
t-Lagerplatzkran; 3. 25 t-Kran; 4. Lademaschine; 5. Gussofen; 6. Schlackenwagen;
7. Gebläse; 8. Ventilator.
Werkzeugmaschinenhaus und Giesserei haben dieselben Abmessungen und ähnlichen Aufbau.
Die Zu- und Abfuhrvorkehrungen sind auf Plan 13, S. 648, Bd. 320 zu ersehen. Fig. 64 und 65 zeigen
die Querschnitte beider Anlagen und die Verteilung der Kräne. Die Wände sind wie bei
den anderen Gebäuden auch aus 20 cm starker Betonausfüllung zwischen den Stützen bis
zum Untergurt der Längsträger und aus 5 cm Rabitzbeton darüber. Der Hauptunterschied
zwischen beiden Gebäuden besteht in der Anordnung der Kräne und der Vorsorge für den
Ladeboden und die Gussöfen in der Giesserei. Während in der Giesserei auf jeder
Seite der Haupthalle mehrere Drehlaufkräne von 6,1 m Radius und 5 t Tragfähigkeit
eingestellt sind, befinden sich in den Seitenschiffen des Werkzeugmaschinenhauses
zwei Satze von Auslegerlaufkränen in Höhe der Untergurte. Diese Kräne besitzen
Gleise von 1,83 m Spur, die an den Dachträgern der Seitenanbauten aufgehängt sind.
Dieselben sind den Bedienungskränen der kleineren Maschinen in Pencoyd nachgebildet,
die sich in den Galerien des dortigen neuen Werkzeugmaschinenhauses bewährt haben.
Jeder Kran hat ein zweiachsiges Wagengestell von 2,1 m Achsenentfernung mit
doppelflanschigen Rädern und zwei Riemscheiben. Die Vorderachse wird direkt
getrieben durch einen 2½ PS Elektromotor und treibt die Hinterachse durch Riemen auf
jeder Seite. Das Gestell trägt einen gusstählernen Drehschemel von 1,5 m
Durchmesser, dessen Querschnitt aus zwei L-förmigen Ringen, zwischen denen in Rillen
175 gehärtete Stahlkugeln laufen, besteht. An diesem Drehschemel ist ein Rahmen
angeschraubt, der einen 6 PS-Elektromotor und einen Ausleger von 1,8 m Radius
aufnimmt. Der Motor betätigt eine rechts- und linksläufige Trommel für die Hubseile,
die über zwei feste Rollen am Aussenende des Auslegers laufen. Laufen und Heben
geschieht also maschinell, während die Drehung von Hand vor sich geht.
Die Giesserei ist mit zwei oben offenen Gussöfen von 1680 und 1140 mm lichtem
Durchmesser, bedient durch elektrische Lademaschine mit radialem Ausleger,
ausgestattet. Der
Ofenboden wird unmittelbar in einen Wagen geschüttet, der sich in einer Grube
darunter befindet und von dort in einen Behälter gebracht, wo der Staub ausgeblasen
und gebrochene Schlacke und Eisen in einen Separator geladen wird, der das Eisen
wiedergewinnt. Ein Sandgebläse ist ferner zur Reinigung der Gusstücke aufgestellt.
Verbrannter Sand wird gesammelt in besonderer Nachtschicht, mit frischem Sande
gemischt und durch Becherelevator und Schnecke zur Formerei gebracht.
Die grossen Maschinen des Werkzeugmaschinenhauses stehen dicht an den Stützen der
Mittelhalle, um den Mittelraum für die Hantierung grosser Werkstücke mit Hilfe der
Laufkräne frei zu lassen. Die Maschinen sind entsprechend ihrer Arbeitsklasse in
Gruppen verteilt. Alle Drehbänke sind auf einer Seite der Werkstatt, Bohr- und
Stossmaschinen an je einer anderen Stelle usw. Die kleineren Maschinen stehen auf
den beiden Seiten der Seitenhallen. Die grösseren Maschinen werden durch
Einzelmotoren getrieben, während die kleineren in Gruppen von einem gemeinsamen im
Dachbinder befindlichen Motor, Welle und Riemen ihre Kraft beziehen. Die Ausstattung
enthält fünf Hobelmaschinen von 914–1522 mm Breite, acht Stossmaschinen von 508–711
mm Arbeitstiefe, zwei Schlitzmaschinen von 305 und 559 mm Arbeitstiefe, drei
Horizontalbohrmaschinen, einen Radialbohrer, neun Vertikalbohrmaschinen, zwei
Schleifmaschinen, eine Schmirgelscheibe, einen Fräser, vierundzwanzig Drehbänke von
allen Abmessungen, eine 'cut-off' Maschine, vier Zentnermaschinen, einen Zahnfräser
und eine Kaltsäge. Die Anzahl der in der Werkzeugmaschinenabteilung beschäftigten
Arbeiter ist etwa 150.
Zulässige Spannungen und Eisengewichte.
Bei der Querschnittbemessung wurden die folgenden Spannungen zugelassen. Für zwei
unbelastete Kräne dicht hintereinander 1260 kg/qcm Zugspannung und 1250/(1 + l2/12500)
Druckspannung, wo l die Stablänge, r2 der kleinste
Trägheitsradius des Querschnitts, für einen belasteten Kran ist für Druck 1260 in
1020 zu verwandeln. Für Wind- und Anlaufkräfte der Kräne 16800 kg/qcm, für
Scherspannung von Werkstattnieten 861 kg/qcm, Leibungsdruck 1722 kg/qcm bei 1260 kg/qcm
Stabspannung und 770 kg/qcm beziehungsweise 1540 kg/qcm bei 1020 kg/qcm Stabspannung. Feldniete sind
nur mit 80 v. H. dieser Werte in Rechnung zu setzen. Für Druck auf Mauerwerk infolge
Eigengewicht und äusserer Kräfte wurde 24,5 kg/qcm erlaubt. Der Winddruck auf die Aussenwände wurde
zu 145,6 kg/qcm
angenommen. Alle Kranlasten wurden als Stosskräfte um 25 v. H. vermehrt und für
Anlauf- und Bremskräfte 20 v. H. der bewegten Last eingesetzt.
Alle Montagestösse der Binder sind genietet, mit Ausnahme der Oberlichtbinder,
ebenfalls genietet sind Montagestossverbindungen, Kranbahngerüste und Querverbände.
Dagegen sind alle Feldstossverbindungen für Oberlichtbinder, Pfetten, Sparren,
Obergurtwindverband, Seiten- und Endwandwindversteifung verbolzt. Baustoff ist
basisches Flammofen-Flusseisen von einer Zugfestigkeit von 3850 bis 4550 kg/qcm.
Die Eisengewichte der verschiedenen Gebäude sind die folgenden:
Kraftstation
295
t
Schmiede
590
„
Bolzen-Muttern- und Nietfabrik
567
„
Augenstabwerkstatt
816
„
Giesserei
545
„
Werkzeugmaschinengebäude
454
„
Hauptwerkstatt
5040
„
Kesselhaus
159
„
Schablonenwerkstatt
318
„
Temperwerkstatt
32
„
Hilfsbrückenwerkstatt
1903
„
Schienenträger und Stützen der Hof-kräne im:
Lagerhof
725
„
Verladehof
862
„
Hof zwischen Kraftstation
und Augenstabwerkstatt
304
„
Hof zwischen Giesserei und Au-
genstabwerkstatt
304
„
Der Raumbedarf dieser Gebäude ist im Lageplan 13 S. 648, Bd. 320, zu ersehen.
(Schluss folgt.)