Titel: | Neuerungen auf dem Gebiete der Wellentelegraphie. |
Autor: | Adolf Prasch |
Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 253 |
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Neuerungen auf dem Gebiete der
Wellentelegraphie.
Von Ing. Adolf Prasch,
Wien.
(Fortsetzung von S. 206 d. Bd.)
Neuerungen auf dem Gebiete der Wellentelegraphie.
Bei Stationen für drahtlosen Verkehr, deren Entfernung sich innerhalb weiter
Grenzen ändert, wie bei Schiffen, würde die Wirkung des Fritters, bei geringen
Entfernungen durch die zu grosse Intensität der einlangenden Wellen beeinträchtigt
werden. Um nun für alle Intensitäten der einlangenden Wellen bei vollkommener
Aufrechterhaltung der Abstimmung, eine stets gleiche Empfangsintensität zu erhalten,
werden zu dem Körnerfritter passende Kapazitäten a1a2a3, Fig. 68, parallel
angeordnet und gleichzeitig die Selbstinduktion so veränderlich gemacht, dass mit
Zuschalten dieser Kapazitäten durcl Stöpselung von S in
die Stöpselklemmen b1b2b3, die Empfangsintensität zwar verringert wird, das
Produkt CL aber, somit auch die Abstimmung stets die
gleiche bleibt. Das Empfangsrelais R mit der
Ortsbatterie B ist hierbei über den Kondensator C geschaltet. Für den normalen Empfang wird der Stöpsel
S in die Stöpselklemme e eingesteckt.
Die Abstimmung der Empfangseinrichtung bietet grosse Schwierigkeiten, da es bei den
in Betracht kommenden verwickelten Erscheinungen schwierig ist, die Abmessungen der
einzelnen Teile im Vorhinein rechnerisch festzustellen. Man ist hier fast immer mehr
auf die Erprobung durch den Versuch angewiesen.
Textabbildung Bd. 321, S. 253
Fig. 68.
Textabbildung Bd. 321, S. 253
Fig. 69.
Mit Anwendung eines Hilfskondensators unter einer parallel gelegten
Messfunkenstrecke, anstelle des Fritters lässt sich zwar die Abstimmung auf den zu
diesem Zwecke verwendeten Hilfssender durchführen, nicht aber auch die Dämpfung des
Hilfssenders, mit der des eigentlichen Senders in Uebereinstimmung bringen, so dass
die eine wichtige Rolle spielende Empfangsintensität unberücksichtigt bleiben muss,
Verwendet man jedoch für die Abstimmung an Stelle des Fritters einen
elektrolytischen Wellenanzeiger, so ist, da der Strom des Ortskreises im Verhältnis
zur aufgenommenen Energie anwächst, auch diese Schwierigkeit beseitigt. Sollen die
hierdurch erhaltenen Abstimmungswerte auch für den Fritter als Wellenanzeiger
Giltigkeit haben, so muss der elektrolytische Wellenanzeiger in den Empfangskreis
die gleichen elektrischen Werte hineinbringen, wie sie der später zu benutzende
Fritter besitzt.
Für die Feststellung der Abmessungen der Empfangstransformatoren mittels des
elektrolytischen Wellenanzeigers von Schloemilch
gelangt die Anordnung, Fig. 69, zur Anwendung. A bedeutet den Luftleiter, J die zu bestimmende Transformatorenspule, K
einen Kondensator, Z die elektrolytische Zelle, D eine Drosselspule, B die
Ortsbatterie und T einen Fernhörer oder ein
ausserordentlich empfindliches Galvanometer. Hat nun der für den wirklichen
Betrieb zu verwendende Fritter eine Kapazität von beispielsweise 50 cm, so ist der
Wert von K so zu wählen, dass K, mit der Zelle Z in Reihe geschaltet, eine
resultierende Kapazität von 50 cm ergibt. Bei Erregung des Luftdrahtes A durch einlangende Wellen der bestimmten Länge, lässt,
sich durch Verschieben der beiden längs der Spule J
schleifenden Kontakte, Abstimmung erreichen, welche durch Ablösen am Telephon bezw.
Ablesen am Galvanometer mit grosser Schärfe bestimmt werden kann. Nach erfolgter
Abstimmung wird die elektrolytische Zelle durch den Fritter ersetzt und die in Fig. 68 dargestellte Schaltung hergestellt. Es lassen
sich auf diese Weise die Abstimmungswerte einer Empfangsstation auf die gleiche
Entfernung vom Sender, auf welche die Station unter Verwendung des Fritters
tatsächlich arbeiten, soll, in einfacher und schneller Weise im Vornehinein
bestimmen und ist diese Methode für jede Empfängeranordnung verwendbar.
Textabbildung Bd. 321, S. 253
Fig. 70.
Der elektrolytische Wellenanzeiger wird jedoch auch vielfach, namentlich für lose
gekoppelte Empfangsstationen mit scharfer Abstimmung verwendet, und wird auch in der
Regel bei grösseren Stationen als Reserve für den normalen Morseapparat mitgeliefert. Die Aufnahme erfolgt in diesem Falle mittels
Fernhörer und gestattet sonach eine schriftliche Niederlegung der einlangenden
Zeichen durch den Empfangsapparat nicht. Die für diesen Empfänger im Gebrauche
stehende Schaltung zeigt Fig. 70, in welcher A den Luftdraht, J die
Transformatorenwicklung, C1C2
Kondensatoren, E die Erde, Z den Wellenanzeiger, r1r2 induktive Widerstände, b die Ortsbatterie, p ein Potentiometer und
T den Fernhörer darstellen. Der elektrolytische
Wellenanzeiger wird als der einfachste und betriebssicherste Empfänger für drahtlose
Telegraphie bezeichnet.
Die sorgfältige Ausführung aller einzelnen Teile unter Berücksichtigung aller durch
die Forschungen und den praktischen Betrieb gewonnenen Erfahrungen, sowie die
Tatsache dass die Einrichtungen in Wirklichkeit das leisten, was zugesagt wird, hat
dem Systeme „Telefunken“ bereits eine sehr weite Verbreitung gesichert und
sind z. Z. bereits mehr als 300 Stationen im Betriebe, wogegen die Marconigesellschaft nur etwa 260 Stationen errichtet
haben soll. Der Erfolg ist auch dem Umstände zu danken, dass durch reichliche
Dimensionierung der in Betracht kommenden Einzelteile ein Sicherheitsfaktor
eingeführt wurde, welcher es auch unter ungünstigen atmosphärischen Verhältnissen
ermöglicht, die gewährleistete Reichweitedeinzuhalten. Unter günstigen Bedingungen
ist die Reichweite dreimal grösser als jene für deren Einhaltung eingestanden
wird.
Das System der drahtlosen Telegraphie von RochefortElectrical World, Bd. 44, S. 97.
weist gegenüber anderen Systemen nur die besondere Konstruktion des Induktoriumns,
sowie die Verwendung des Oudinschen Resonators für die
Abstimmung als wesentliche Merkmale auf. Trotzdem zeigt auch die allgemeine
Ausgestaltung der Einrichtungen manche bemerkenswerte Einzelheiten.
Textabbildung Bd. 321, S. 254
Fig. 71.
Der Oudinsche unipolare Resonator besteht (Fig. 71) aus zwei Kondensatoren, am besten
Leydenerflaschen, deren innere Belegungen A und B mit leitenden, in Kugeln endigenden Stäben verbunden
sind. Die beiden Kugeln bilden die Funkenstrecke. Von den beiden Stäben führen die
Drähte CD zu den Enden der Sekundären des Induktoriums
J. Der äussere Belag E
der einen Leydenerflasche ist bei F mit dem einen Ende
einer Induktionswicklung verbunden, wogegen der äussere Belag G der zweiten Flasche an jeden beliebigen Punkt H dieser Wicklung angelegt werden kann.
Ist die Spannung zwischen den beiden Funkenkugeln durch die Ladung hinreichend gross
geworden, um den Luftwiderstand zu überwinden, so entsteht eine oszilatorische
Entladung und hierdurch werden in dem System Schwingungen erregt, welche synchron
mit dem Entladungsfunken verlaufen und durch den Kreis, welcher aus den Windungen
FH der Induktionswicklung und den äusseren und
inneren Belegungen der Flaschen gebildet ist, verstärkt werden. Hierdurch entsteht
an dem Ende K der Induktionswicklung ein elektrisches
Kraftfeld, welches bei gegebenem Energieaufwande dann seinen Höchstwert erreicht,
wenn die durch die zwischen F und M liegenden Windungen dargestellte Selbstinduktion
richtig gewählt ist. Der Anschaltepunkt bei H ändert
sich sonach mit der Kapazität der Leydenerflaschen und der Gesamtzahl der Windungen
der Induktionswicklung, ist aber von der Länge der Funkenstrecke, sowie dem
Potentiale des Entladestromes vollständig unabhängig. Bei nur einer
Induktionswicklung entsteht bei K eine Büschelentladung
charakteristischer Form, die sich bis auf eine Entfernung von 10–12 cm
erstreckt.
Textabbildung Bd. 321, S. 254
Fig. 72.
In dieser Form eignet sich der Resonator jedoch für die Zwecke der drahtlosen
Telegraphie nicht. Man ist daher zu dem doppelpoligen Resonator übergegangen, bei
welchem eine zweite Induktionswicklung LMN sehr nahe
und parallel zur ersten Wicklung angeordnet ist und mit äusseren Belegungen der
Leydenerflaschen jedoch in umgekehrter Weise wie bei der ersten Wicklung verbunden
wird. Es entsteht am Ende N dieser Wicklung bei den
Entladungen der Flaschen über die Funkenstrecke eine Ladung von hohem Potentiale
aber entgegengesetztem Vorzeichen wie bei K, so dass
sich die beiden Ladungen anziehen. Bei gleichartiger Verbindung der beiden
Wicklungen mit den Flaschen entstehen an den Enden gleichartige Ladungen, die sich
gegenseitig abstossen. Demnach lassen sich durch Anwendung eines doppelpoligen
Resonators die Wirkungen verstärken oder auch abschwächen. Die Selbstinduktion der
beiden Windungen soll vollkommen gleich sein, was sich jedoch praktisch kaum
erzielen lässt. Zum Ausgleich soll daher wenigstens eine der Flaschen veränderlich
gemacht werden. Um die beiden Teile dieses Resonators von einander unabhängig zu
machen und sie innerhalb gewisser Grenzen regulieren zu können, kann (Fig. 72) die Kapazität aus vier oder auch mehr
Flaschen grader Zahl zusammengesetzt werden, wobei der Resonator zwar nur durch
eine einzige Funkenstrecke betätigt wird, die beiden Teile aber gegenseitig
unabhängig arbeiten. Diese Anordnung gibt sehr zufriedenstellende Ergebnisse.
Textabbildung Bd. 321, S. 254
Fig. 73.
Textabbildung Bd. 321, S. 254
Fig. 74.
Doppelte Polarität lässt sich auch bei Verwendung von nur einer Resonanzspule
erzielen, wenn letzteres bei den Punkten M und F (Fig. 73) mit den
beiden äusseren Flaschenbelegungen G und E in Verbindung gebracht wird. Hier wirkt der zwischen
diesen beiden Punkten gelegene Teil der Windungen als Primäre.
In der vollständigen Sendestation (Fig. 74) besteht
die Energiequelle A in der Regel aus einer
Sammlerbatterie. Der eine Pol ist mit der primären Windung des Induktors J über ein aperiodisches Galvanometer N verbunden. Der zweite Batteriepol steht über dem
Zeichengeber M und einem wechselseitigen Unterbrecher
B mit dem zweiten Ende der Primären in Verbindung.
Zur Primären ist ausserdem noch ein Kondensator C im
Nebenschlusse geschaltet, dessen Wert solange geändert wird, bis die günstigste
Kapazitätswirkung erreicht ist. Der Unterbrecher B wird
von einer besonderen Stromquelle a gespeist. Die beiden
Enden der Sekundären des Induktors stehen mit den Funkenkugeln F, G und in Abzweigung mit dem Sendedrahte L und der Erde E in
Verbindung. Bei den abgestimmten Einrichtungen wird jedoch der Resonator (Fig. 12)
zwischengeschaltet und sind dementsprechend die Enden K
und N der Resonatorspulen mit dem Luftdrahte und der
Erde und die mit C und D
bezeichneten Drähte mit den Enden der Sekundären in Verbindung.
Die für den regelmässigen Betrieb verwendete Sammlerzellenbatterie besteht aus zwölf
Zellen, hat eine Kapazität von 100 Amperestunden und wird mit 6–9 Ampere bei 24 Volt
entladen.
Der Zeichengeber besteht aus einem senkrechten Metallstifte, der an seinem oberen
Ende einen Ebonitknopf trägt und unten in einen Platinstift endet. Dieser Stift
bildet ein Ende des primären Stromkreises. Unterhalb befindet sich ein mit
Quecksilber gefüllter Napf, der das zweite Ende des Primärkreises darstellt. Eine
Spiralfeder sucht den Stift in die Höhe zu drücken und so den Primärkreis zu
unterbrechen. Durch abwechselndes Niederdrücken und Loslassen des Knopfes werden die
Zeichen hervorgerufen. Ueber dem Quecksilber befindet sich in der Regel eine Schicht
Erdöl, welche die Funkenbildung unterdrückt, so dass ein Strom von 9–10 Ampere mit
Sicherheit unterbrochen werden kann.
Der Unterbrecher B ist auf den gleichen Grundlagen wie
der Zeichengeber aufgebaut, indem auch hier in wechselnder Folge ein ähnlich
ausgestalteter Stift in Quecksilber taucht und sich heraushebt, nur dass der
Unterbrecher bei Sendung in fortwärender gleichmässiger Bewegung ist. Ein nach dem
Prinzipe der Selbstunterbrechung gebautes, von einer gesonderten Stromquelle
gespeistes Relais treibt diesen Unterbrecher an. Der zum Unterbrecher im
Nebenschlusse geschaltete (Mica-Zinn) Kondensator C ist
regulierbar.
Der Induktor ist den Bedürfnissen der drahtlosen Telegraphie vollkommen anzupassen,
indem das Potential an den Enden der Sekundären unsymetrisch sein soll. Zu diesem Zwecke besteht die
Sekundäre aus einer doppelten Drahtwicklung, deren beide Enden zu dem Ausgangspunkte
zurückkehren und sich dort vereinen. Die Spannung soll sich hierdurch an den Enden
verstärken, in der Mitte hingegen vernachlässigt werden können.
Die Funkenkugeln haben 2 cm im Durchmesser und sind verstellbar, so dass sie auf jede
beliebige, innerhalb des Wirkungsbereiches des Induktors gelegene Funkenlänge
eingestellt werden können.
Der Luftdraht wird auf einen besonders hergestellten Isolator aufgehängt. Er besteht
aus einem Hartgummimantel von 50 cm Länge und 2 cm Durchmesser, der in eine
Porzellanglocke eingelassen ist. Im Innern des Hartgummimantels wird der aus 5–6
Drähten bestehende 8 mm starke und durch Guttapercha
isolierte Luftleiter aufgehängt. Vom zweiten Pole der Funkenstrecke führt ein
starker Draht zur Erde. Auf eine gute Erdung wird besonderer Wert gelegt,
insbesondere wenn es sich um Uebertragung auf weitere Entfernungen handelt. Zu
diesem Zwecke wird eine grosse Metallplatte und im Bedarfsfalle auch mehrere, in
möglichst feuchten Boden versenkt. Die zur Erde führende Leitung ist gut isoliert
und ausserdem noch auf Glas oder Porzellanrollen befestigt.
Die Wirkungsweise der Apparate für die Uebertragung von Nachrichten ist folgende: Vor
Beginn der Sendung wird erst der Unterbrecher B durch
den Schalter s in Betrieb gesetzt, sodann werden die
Funkenkugeln auf einen Abstand von 5–10 mm aneinander gerückt. Die Zahl der
Entladungen über die Funkenstrecke wird durch die Länge des Tastendruckes und die
Arbeitsgeschwindigkeit des Unterbreehers bedingt. Das beste Ergebnis wird erzielt,
wenn der Unterbrecher 24–30 Unterbrechungen in der Sekunde vollführt. Die Entladung
setzt sich aus 10 bis 50 Funken zusammen und erfolgt praktisch momentan.
In der Empfängeranordnung von Rochefort (Fig. 75) stellen L
den Wellenfänger, F den Fritter, K den Klopfer, R das
Empfangsrelais, M den Schreibapparat, bb1 die Ortsbatterien
und E die Erde dar. Das Relais R ist mit der Batterie b zu dem Fritter F parallel geschaltet. In gleicher Weise befinden sich
der Schreibapparat M und der Klopfer K zur Batterie b1 in Parallelschaltung. Das Wirken bedarf keiner
weiteren Erläuterung.
Textabbildung Bd. 321, S. 255
Fig. 75.
Textabbildung Bd. 321, S. 255
Fig. 76.
Die gemeinschaftliche Verwendung des Luftleiters und der Erde für die Sendung und den
Empfang bedingt einen doppelpoligen Umschalter, um diese beiden je nach Bedar auf
Sendung oder Empfang einstellen zu können. Das verwendete Relais ist von der
gebräuchlichen Form und hat einen Widerstand von 1000 Ohm. Für den Empfang von
grosser Entfernung wird das polarisierte Relais von Claude benutzt. Als Wellenanzeiger werden sowohl der Fritter von Tissot als auch von Rochefort, die bereits früher erörtert wurden, verwendet. Für bestimmte
Fälle wird ein selbstentfrittender Wellenanzeiger W
angewendet und mit einem Paar Telephonen (Fig. 76)
und einer Lokalbatterie b im Nebenschlusse zum Fritter
verbunden. Die Anordnung vereinfacht sich hierdurch wesentlich.
(Fortsetzung folgt.)