Titel: | Die Hebezeuge auf der Weltausstellung in Lüttich 1905. |
Autor: | K. Drews |
Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 260 |
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Die Hebezeuge auf der Weltausstellung in Lüttich
1905.
Von K. Drews,
Oberlehrer an der Kgl. höh. Maschinenbauschule in Posen.
(Schluss von S. 243 d. Bd.)
Die Hebezeuge auf der Weltausstellung in Lüttich 1905.
Einen anderen Weg zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit dieser Hebezeuge hat de Fries durch Konstruktion des in den Fig. 63–65
dargestellten Schraubenflaschenzuges mit ausrückbarem Schneckenrad (D. R. P. 157528)
eingeschlagen.
Zum Senken des leeren Hakens und kleinerer Lasten wird das Schneckenrad aus der
Schnecke herausgehoben und die Last kann nun frei ablaufen.
Zu diesem Zwecke ist die Achse b des Schneckenrades
exzentrisch gelagert; auf der Verlängerung des einen Zapfens ist der doppelarmige
Hebel f mit der drehbaren Klinke d befestigt. Diese greift in eine Sperrscheibe g mit zwei Zähnen; eine Zugfeder e sucht sie stets im Uhrzeigersinne zu drehen und
sichert den Eingriff.
Fig. 63
zeigt das Schneckenrad in eingerücktem Zustande. Um es auszurücken, zieht man
mittels der linken Steuerkette die Klinke d aus
dem Sperrade und legt den Hebel f durch Ziehen an der
rechten Steuerkette in die in Fig. 64 dargestellte
Lage um. Gibt man nun die linke Kette frei, so schnappt die Klinke in das Sperrad
ein und arretiert den Hebel und damit auch das Schneckenrad.
Ueber dem Schneckenrad befindet sich die Bremsbacke c,
gegen die das Schneckenrad durch entsprechenden Zug an der rechten Steuerkette
gedrückt werden kann, um die Senkgeschwindigkeit der Last zu regulieren.
Man kann auch kleinere Lasten bei ausgerücktem Schneckenrade durch Ziehen an dem
freien Ende der Lastkette schnell heben.
H. de Fries führt dieses System nur bis 4000 kg
Tragkraft aus, da für grössere Lasten die Hebelübersetzung zu unbequemen Abmessungen
führen würde.
Ein schnelleres Arbeiten gestatten auch Flaschenzüge mit reinem
Stirnräderantrieb, von denen die Firma ebenfalls zwei Exemplare ausgestellt
hatte.
Um einen gedrängten Bau und geringes Eigengewicht zu erlangen, sind alle
Triebwerkteile aus Stahl hergestellt und hohe Beanspruchungen zugelassen.
Der Wirkungsgrad dieser sogenannten Schnellflaschenzüge ist ein höherer als derjenige
der Schraubenflaschenzüge. H. de Fries gibt jenen mit
0,90, diesen mit 0,65 an.
Textabbildung Bd. 321, S. 260
Schraubenflaschenzug mit ausruckbarem Schneckenrad von H. de Fries.
Die Bremse ist bei den Stirnradflaschenzügen eine selbsttätige Lastdruckbremse, durch
die die Last in jeder Stellung gehalten wird; erst ein Zug an der Haspelkette setzt
sie im Sinne des Senkens in Bewegung.
Von einigen ausgestellten Wand- und Bockwinden war eine Schlachthauswinde Fig. 66 bemerkenswert.
Da in Schlachthäusern der Betrieb ein sehr reger ist, zur Bedienung der Hebezeuge
aber besondere geübte Leute nicht zur Verfügung stehen, so könnten bei Verwendung
von gewöhnlichen Winden, bei denen die Last mittels Band- oder Backenbremse gesenkt
wird, leicht Unglücksfälle durch Herumschleudern der Handkurbel vorkommen.
Textabbildung Bd. 321, S. 260
Fig. 66. Schlachthauswinde von H. de Fries.
Die oben erwähnten Drucklagerbremsen der Flaschenzüge sind hier nicht verwendbar,
weil das Senken mit ihnen zu langsam geschieht.
Schlachthauswinden sind daher in der Regel mit Sicherheitskurbeln ausgerüstet, deren
Konstruktionsprinzip wohl jedem Hebezeugkonstrukteur bekannt sein dürfte.
Ihre Wirkungsweise besteht darin, dass bei einer Drehung der Kurbel im Sinne des
Lasthebens eine Kupplung zwischen ihr und dem Triebwerk geschlossen wird.
Diese wird dann zum Lastsenken durch eine verhältnismässig kleine Rückwärtsbewegung
der Kurbel mehr oder weniger geöffnet, wodurch das Triebwerk für den Rücktrieb der
Last frei gegeben wird. Die Kurbel dreht sich beim Lastsenken nicht mit, sie dient
hierbei als Bremshebel.
H. de Fries ordnet ausserdem noch eine Schleuderbremse
an, um das Ueberschreiten einer bestimmten Lastsenkgeschwindigkeit zu
verhindern.
Der in der Fig. 66 sichtbare kleine Handgriff dient
zum schnellen Herunterholen des leeren Hakens.
Beachtung verdienen auch die von derselben Firma ausgestellten neuen hydraulischen
Hebeböcke (D. R. P. 159857) von 3000–200000 kg Tragkraft, die einige nicht
unwesentliche Verbesserungen aufweisen.
Diese Verbesserungen sind hauptsächlich in dem Material des Arbeitszylinders und in
der Art und Weise des Lastsenkens zu suchen.
Der Zylinder ist aus geschmiedetem Stahl von grosser Dichtigkeit und Zähigkeit
(Bruchfestigkeit 6500–7000 kg/qcm) hergestellt.
Das Senke. geschieht hier nicht wie gewöhnlich bei anderen Ausführungen durch Oeffnen
eines Umlaufventils, sondern einfach durch Weiterführen des Pumpenhebels über seinen
zum Heben erforderlichen Ausschlag.
Der Hebebock besteht nach Fig. 67–69 aus dem Wasserbehälter g mit der darin angeordneten Pumpe p und dem
aus geschmiedetem Stahl hergestellten Zylinder c mit
dem Stempel k.
Der Antrieb der Pumpe erfolgt durch den Hebel h, der,
auf die mit Vierkant versehene Welle w gesteckt,
mittels des auf dieser Welle festsitzenden Daumens d
den Plunger s hin- und herbewegt. Das Saugventil v ist als Kugelventil mit leichter Druckfederbelastung
ausgebildet. v' ist das Druckventil.
Wird in Fig.
67 der Hebel h nach links bewegt, so tritt
das Wasser durch das Saugventil in den Pumpenzylinder; wird er indes nach rechts
bewegt, so schliesst sich das Saugventil und der Plunger drückt das Wasser durch das
sich öffnende Druckventil in den Arbeitszylinder: der Hebebock wird
„aufgepumpt“, d.h. der Stempel sowie die darauf ruhende Last wird
gehoben.
Der Ausschlag des Hebels h beim Aufpumpen ist durch ein
Bogenstück y an der Gehäusewand, auf dem ein mit dem
Hebel verbundener Zeiger z spielt, begrenzt.
Textabbildung Bd. 321, S. 261
Fig. 67 und 68. Hydraulischer Hebebock von H. de Fries.
Beim Lastsenken muss das Wasser aus dem Arbeitszylinder in den Behälter g zurückfliessen. Dies wird, wie schon oben erwähnt,
durch Weiterführen des Hebels in der Pfeilrichtung „Senken“
Fig. 68
bewirkt, indem dann ein Stift an dem Plunger das Druckventil aufstösst.
Da der Pumpenzylinder am Grunde konisch erweitert ist, so kann das Wasser bei dieser
Stellung des Plungers durch eine Rinne an seinem Umfange in den Behälter
zurückströmen. Wird der Hebel losgelassen, so geht er sofort in die Hubstellung
zurück und die Last bleibt stehen.
Textabbildung Bd. 321, S. 261
Fig. 69. Hydraulischer Hebebock von H. de Fries.
Diese niedrigen sogenannten Schiffshebeböcke führt die Firma bis 200000 Tragkraft bei
einem Hube von 155 mm aus.
Eine höhere Bauart, bei der der Stempel fest ist und der Arbeitszylinder mit darüber
liegendem Wasserbehälter und Pumpe sich hebt, wird in Grössen von 10000 bis 60000 kg
Tragkraft bei einem Hube von 305–255 mm ausgeführt.
Anwendung finden diese Hebeböcke überall dort, wo es sich um das Heben schwerer
Lasten mit geringem Kraftaufwand handelt; vornehmlich zum Heben und Versetzen von
Brücken oder anderen schweren Eisenkonstruktionen, beim Stapellauf von Schiffen, im
Bergbau, zum Aufpressen von Rädern auf ihre Achsen, usw.
So ist z.B. bei dem Erweiterungsbau des Gymnasiums in Steglitz die Decke der Aula mit
dem Dachstuhl (Gesamtgewicht 200000 kg) um 4,65 m mittels vier solcher Hebeböcke
gehoben worden.
Die Erzeugnisse der Firma H. de Fries sind in Lüttich
mit zwei goldenen Medaillen, der höchsten Auszeichnung für Handhebezeuge und
Sicherheitsvorrichtungen an solchen, prämiiert worden.
In der Abteilung für Berg- und Hüttenwesen hatte L.
Galland in Chalon-sur-Saone eine Dampfwinde sowie eine elektrische Winde
für schiefe Ebenen ausgestellt.
Textabbildung Bd. 321, S. 261
Fig. 70. Dampfwinde von L. Galland.
Das Gestell der Dampfwinde, Fig. 70, ebenso ihre
Trommeln sind aus Blech hergestellt. Die beiden Dampfzylinder liegen zwischen den
Seitenschilden. Die Schieber werden von den Kreuzköpfen aus gesteuert. Die
Seilgeschwindigkeit beträgt 80–100 m i. d. Minute.
Die gedrängte Bauart dieser Winde macht sie besonders für die Benutzung unter Tag
geeignet.
Ferner hatten Decout-Lacour in La Rochelle einige
Schiffswinden für Dampf- und Handbetrieb, Jean et Arthur
Moussiaux in Huy (Belgien) mehrere Anker- und Schiffswinden für Handbetrieb
ausgestellt, deren Bauart und Konstruktion indes nichts Bemerkenswertes boten.
Am Schluss meiner Besprechung angelangt, möchte ich nicht verfehlen, den belgischen,
französischen und deutschen Firmen für die Förderung der vorliegenden Arbeit
durch bereitwillig erteilte Auskünfte, sowie durch Zuwendung von zeichnerischem
Material auch an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank auszusprechen.