Titel: | Neuerungen im Bau von Transportanlagen in Deutschland. |
Autor: | Georg v. Hanffstengel |
Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 353 |
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Neuerungen im Bau von Transportanlagen in
Deutschland.
Von Georg v.
Hanffstengel, Dipl.-Ing., Stuttgart.
(Fortsetzung von S. 342 d. Bd.)
Neuerungen im Bau von Transportanlagen in Deutschland.
II. Förderung von
Einzellasten.
A. Hangebahnen.
Textabbildung Bd. 321, S. 353
Fig. 44. Kreuzgelenkkette von Stotz für 2000 kg Probelast.
Zu den Hängebahnen sollen alle die Transportmittel gerechnet werden, die Lasten
in einzelnen, einander in beliebigen Abständen folgenden Wagen fördern, sofern
deren Schwerpunkt sich unterhalb der Laufschiene befindet. Die Wagen können an
ein gemeinsames Zugorgan angeschlossen sein, wobei sie mit demselben entweder
dauernd gekuppelt bleiben oder zum Beladen, eventuell auch zum Entleeren,
losgekuppelt werden, oder sie haben jeder ihren eigenen Antrieb. Das die Last
aufnehmende Gefäss hängt entweder in unveränderlicher Höhe an dem Wagen, oder es
ist aufziehbar, zu welchem Zwecke der Wagen mit einem von Hand oder maschinell
betätigten Hebemechanismus ausgerüstet wird. Im letzten Falle unterscheidet sich
die Vorrichtung nicht mehr wesentlich von gewissen Typen von Hochbahnkranen.
Unterscheidungsmerkmale liegen darin, dass bei der Hängebahn der Hebevorgang
gegenüber dem Horizontaltransport zurücktritt, und dass in der Regel mehrere
Wagen einander auf geschlossener Bahn folgen, während bei Hochbahnkranen die
Vertikalbewegung die Hauptsache ist und immer nur eine einzelne, auf
geradliniger Bahn hin- und herfahrende Laufkatze in Frage kommt. Eine
scharfe Grenze lässt sich indessen schwerlich ziehen.
Hängebahnen mit dauernd an dem Zugorgan befestigten Wagen können, da das Gefäss
während des Beladens in Bewegung ist, nur mit sehr massiger Geschwindigkeit
betrieben werden. Sie werden meines Wissens zum Transport von Massengütern
nirgends verwandt, sondern dienen zur Förderung leichter Einzellasten, wie
Ziegelsteine, Glas- und Porzellanwaren, Flaschenkörbe und dergleichen im Innern
von Gebäuden. Als Zugorgan dient Kette oder Seil.
Textabbildung Bd. 321, S. 353
Fig. 45. Schaukeltransporteur von Stotz.
Eine solche Kettenhängebahn wird unter dem Namen „Schaukeltransporteur“
von A. Stotz, Stuttgart, gebaut.Patent kürzlich erteilt.
Textabbildung Bd. 321, S. 354
Fig. 46 und 47. Hängebahnwagen für Glasgefässe von Fredenhagen.
Textabbildung Bd. 321, S. 354
Fig. 48. Seilbahnwagen für Steintransport von Fredenhagen.
Die Firma benutzt hierzu ihre durch D. R. G. M.
156118, 156119, 197517 geschützte zerlegbare Kreuzgelenkkette aus schmiedbarem
Guss. Wie Fig. 44 zeigt, sind je zwei auf
einander folgende Glieder dieser Kette um 90° verdreht und durch ein Kreuzgelenk
verbunden. Dadurch wird es möglich, die Kette in beliebiger Richtung abzulenken
und ihre Bahn den räumlichen Verhältnissen uneingeschränkt anzupassen. Die Kette
findet übrigens nicht nur bei Transportanlagen, sondern auch als Antriebsmittel
Verwendung, z.B. zur Verbindung zweier im Raum sich kreuzender Wellen.
In Fig. 45 ist ein Teil eines
Schaukeltransporteurs abgebildet, der zum Transport von Ziegelsteinen dient, und
zwar ist im Vordergrunde die Antriebsstation sichtbar, bestehend aus einem
Kettenrade mit senkrechter Welle, das durch ein Schneckengetriebe bewegt wird.
Im Hintergrunde sieht man schräg auf- und absteigende Strecken des Förderers.
Die Steinträger sind an der Kette gelenkig aufgehängt, so dass sie stets die
senkrechte Lage beibehalten. An den Ablenkungsstellen wird die Kette samt
Gefässen von den Kettenrädern getragen, ausserhalb derselben dienen mit der
Kette verbundene Laufrollen zur Unterstützung.
Der abgebildete Förderer hat eine Gesamtlänge von 150 m. Es sind schon Anlagen
bis zu 300 m Kettenlänge ausgeführt worden.
Eine für ähnliche Zwecke bestimmte Hängebahn, bei der ein Seil als Zugmittel
benutzt wird, führt Wilhelm Fredenhagen, Offenbach
a. M., aus. Kennzeichnend für die Konstruktion gegenüber anderen Hängebahnen mit
Zugseil ist die Art der Kurvendurchfahrung (D. R. P. 163208). Die Wagen fahren
von der an der Kurve unterbrochenen Schiene mit ihren Laufrollen auf die
Leitscheibe des Zugseiles auf und werden, darauf stillstehend, mitgenommen,
während sich Zugseil und Seilschloss in eine Rille der Scheibe legen. Bei
Krümmungen nach der den Laufrollen abgekehrten Seite legt sich eine am
Wagengehänge angebrachte Tragnase auf die Scheibe auf, während die Rollen frei
schweben. Es wird auf diese Weise möglich, Kurven kleinsten Halbmessers (bis 0,5
m) sowohl bei rechtsseitiger wie bei linksseitiger Ablenkung zu durchfahren.
Fig. 46
gibt einen Hängebahnwagen von Fredenhagen
wieder, der zum
Transport von Glasgefässen benutzt wird. Zur Aufnahme der Gefässe dient eine mit
Filz überzogene Blechschale, die von einem Flacheisenbügel getragen wird.
Letzterer ist pendelnd am Laufwerk aufgehängt.
Textabbildung Bd. 321, S. 355
Fig. 49. Spannscheibe zur Seilbahn von Fredenhagen.
In Fig.
47 ist das Laufwerk im Detail gezeichnet.
Die beiden Laufrollen haben Walzenlager, im übrigen ist jedoch die Ausführung,
der geringen Belastung entsprechend, ausserordentlich einfach. Da bei der
betreffenden Anlage Krümmungen in beiden Richtungen zu durchfahren sind, ist das
Gehänge auf der den Laufrollen abgekehrten Seite mit einem kurzen Tragwinkel N versehen. Die Seilklemme besteht aus einem
gebogenen Flacheisen, das durch einen Schlitz der Hängeschiene scherenförmig
hindurchtritt und mit Stellschraube festgezogen wird.
Textabbildung Bd. 321, S. 355
Fig. 50 und 51. Querschnitte der Laufschienen (Fig. 49); Fig. 50. Schnitt
b–b; Fig. 51. Schnitt a–a.
Einen für den Transport von Steinen bestimmten Wagen, der ähnlich ausgeführt ist,
aber nur eine Laufrolle besitzt, gibt Fig. 48
wieder.
Textabbildung Bd. 321, S. 355
Fig. 52. Hängebahn zum Transport von Glasgefässen von Fredenhagen.
Fig. 49 zeigt die Anordnung einer
Umführungsscheibe, die gleichzeitig als Spannscheibe ausgebildet ist. Die
Schiene schliesst sich dem Tragflansch der Scheibe mit einer zugespitzten Zunge
Z an, die, wie Fig. 50 zeigt, aus
gebogenem Blech besteht. Die Zunge, bezw. das vordere Schienenstück, ist an dem
Bocke B befestigt und verschiebt sich beim
Nachspannen mit der Seilscheibe. Es ist daher eine 450 mm lange Ausziehstrecke
eingelegt, in der sich die feste und die bewegliche Schiene nach Art eines
Blattstosses überdecken (Fig. 51). Eine
in das verschiebbare Stück eingelassene Schraube führt sich mit geringem
Spielraum in einem Schlitz der festen Schiene.
Textabbildung Bd. 321, S. 355
Fig. 53. Hängebahn zum Transport von Glasgefassen von Fredenhagen.
Fig. 52 gibt den Grundriss, Fig. 53 die Abbildung einer Hängebahn, die aus
dem Speicher einer Akkumulatorenfabrik Glasgefässe zur Verladerampe zu befördern
hat. Der zuerst dargestellte Wagen sowie die Spannscheibe gehören dieser Anlage
an. Die Seilgeschwindigkeit beträgt 0,2 m/Sek., der Wagenabstand 3,5 m. Die letzte Strecke
mit der Spannscheibe ist unter etwa 45° geneigt. Die Scheibendurchmesser sind:
Antriebsscheibe 1 : 1500, Spannscheibe 3 : 2000. Kurvenscheiben 2 und 4 : 1000
mm. Der Kraftverbrauch beträgt ungefähr 1 PS.
(Fortsetzung folgt.)