Titel: | Der heutige Stand der Motorfahrräder. |
Autor: | Oscar Koch |
Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 392 |
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Der heutige Stand der Motorfahrräder.
Von Oscar Koch,
Gross-Lichterfelde, West.
(Fortsetzung von S. 382 d. Bd.)
Der heutige Stand der Motorfahrräder.
Vollständig abweichend von den bisherigen Anordnungen der Ventile ist die
Konstruktion von R. Algrain in Paris, bei der das
Ansaug- und Auspuffventil mit einander verbunden sind. Wie aus Fig. 94 ersichtlich, ist das Auspuffventil als Röhre
a ausgebildet, die mittels Feder b auf ihren Sitz am Ansaugventil c gedrückt wird. Bei der Ansaugperiode drückt der
Nocken d den Ventilrand e
auf seinen Sitz f, und schliesst dadurch die
Auspufföffnung m. Gleichzeitig hebt sich das
Ansaugventil c
vom Ventilschaft a ab, wobei das bei n eintretende Gemisch durch a hindurch in den Zylinder gelangt.
Bei der Kompressions- und Explosionsperiode drückt Feder g das Ansaugventil c auf seinen Sitz h. Am Ende der Explosionsperiode bringt der Nocken i mittels Gestänge kl das
Ventil in die dargestellte Lage und öffnet den Auspuff m.
Das Maschinen- und Konstruktionswerk Volker & Prügel
in Obernburg a. M. geht noch weiter und vereinigt bei seinem Elsava-Motor nicht nur die Ventile miteinander, sondern
baut auch noch den Vergaser in sie hinein. Hierzu nimmt der nach Fig. 95 und 96 als
Röhre e ausgebildete Auspuffventilschaft, dessen Kopf
das Auspuffventil a darstellt und gleichzeitig als Sitz
für das Ansaugventil b dient, letzteres in sich auf. Es
kann entweder nach Fig. 95 selbsttätig,
oder nach Fig.
96 durch Nocken c und Gabel d mechanisch gesteuert werden. Das Auspuffventil wird
durch zwei Federn y (Fig. 97), die links
und rechts neben dem Auspuffventilschaft e angeordnet
sind und einerseits auf die Traverse z drücken,
anderseits sich am Ventilgehäuse z1 stützen, im Sitze gehalten, wobei das Heben
desselben durch Exzenternockenrad f und Gabel g erfolgt. Der Ventilschalt e ist mit Löchern h versehen und dient noch
als Teil des Vergasers.
Textabbildung Bd. 321, S. 393
Fig. 94. Anordnung der Ventile von Algrain.
Dieser ist ein Zerstäuber einfachster Art und besteht aus nur
fünf Teilen, und zwar dem Hauptkörper i mit der
Brennstoff ventildüse k (Fig. 95), der Hülse
l, dem Brennstoffventil n mit der aufgesetzten Zerstäuberscheibe o. Löcher m stellen dabei
die Verbindung zwischen dem Hauptkörper i her. In
diesem ist das Brennstoffventil n mit der aufgesetzten
Scheibe o sicher geführt. Das Zuleitungsrohr für den
Brennstoff wird bei k angeschlossen.
Die Arbeitsweise ist folgende: Beim Abwärtsgehen des Kolbens hebt sich das
Ansaugventil b, und der Motor saugt durch die Löcher
h des Auspuffventilschaftes Luft an. Diese tritt
gegen die durchlöcherte Scheibe o, hebt sie, und der in
höher gelegenem Behälter befindliche Brennstoff tritt bei k durch die Ventildüse, sickert um die Ventilspindel n und durch Löcher m in
den Ringraum v und vermischt sich mit der angesaugten
Luft, wonach das Gemisch durch Kanal w in den Zylinder
tritt.
Ist jetzt der Kolben unten angekommen, so schliesst sich das Brennstoffventil n durch sein eigenes Gewicht und das Saugventil b wie üblich mittels Federkraft, worauf das
Auspuffventil a durch Gabel g und Nocken f angehoben wird. Die
verbrannten Gase treten bei x aus.
Den Zündungsunterbrecher betätigt das Exzenter p (Fig. 95),
um den das Gehäuse q mit Isolierhülse r drehbar angeordnet ist. Im Zündmoment wird der Bolzen
s mittels Feder t gegen den Exzenternocken p gedrückt. Muttern u
dienen zur Befestigung des Leitungsdrahtes. Die Verstellung des Zündzeitpunktes
erfolgt, in der bei Akkumulatoren-Zündung bekannten Weise, durch Vor- oder
Rückwärtsstellen des Gehäuses q mittels Hebel c (Fig. 98).
Textabbildung Bd. 321, S. 393
Elsava-Motor von Völker & Prügel.
Bei der beschriebenen Anordnung der Ventile werden diese stark abgekühlt, da die
frischen (kalten) Gase stets zuerst durch das Auspuffventil streichen müssen, ehe
sie in den Zylinder gelangen. Die Ventile werden also höchstens schwarzwarm.
Fig. 98
lässt deutlich die Zündvorrichtung sowie den Vergaser erkennen, während Fig. 98a
den abgenommenen Zylinder samt dem Auspuffventilschaft darstellt.
Fig. 99 zeigt den 1¼ PS-Motor von H. und A. Dufaux & Cie.
A.-G. in Genf, der bei der „Motosacoche“ (Fig. 48 bis 52, S. 329) zur Anwendung
gelangt. Zylinder und Haube sind, um Kompressionsverluste zu vermeiden, in bekannter
Weise in einem Stück gegossen; der Kolben hat drei Ringe. Die Lager sind lang
gehalten und messen zusammen gut 60 mm. Hinsichtlich der Kühlung unterscheidet sich
dieser Motor von anderen schrägliegenden recht vorteilhaft, da die Kühlrippen in
Richtung der Luftströmung angeordnet sind, und so durch ihre Leitungsfähigkeit eine
unmittelbare Verbindung zwischen den der stärksten Erhitzung ausgesetzten Teilen wie
Ventilgehäuse und Haube herstellen.
Textabbildung Bd. 321, S. 394
Fig. 98 und 98a. Vergaser und Zündung zum Motor Fig. 95 und 96 von Völker
& Prügel; 1 Vergaser; b Benzineintritt; c Hebel zum Verstellen des
Zündzeitpunktes.
Das Auspuffventil b nebst dem dazugehörigen Rohr c ist vorn am Motor angeordnet, so dass das
Ventilgehäuse stets frische Luft bekommt. Das Ansaugventil a und die Zündkerze sind an einer besonderen kleinen Haube montiert,
die oben am Zylinder verschraubt und ebenfalls nach vorn gerichtet ist.
Diese Einrichtung dient einem doppelten Zweck, nämlich: erstens der Kerze, die sich
auf der Ansaugvorrichtung befindet, eine gute Kühlung zu sichern, und zweitens jede
Bespritzung dieses Teiles, sowie des Ansaugventils durch Oel und infolgedessen jede
Verschmutzung zu verhindern. Schliesslich wird die Kühlung des Motors noch durch die
bei Beschreibung von Fig. 48–52 erwähnte Konstruktion der seitlichen Platten
begünstigt.
Textabbildung Bd. 321, S. 394
Fig. 99. Motor von Dufaux & Cie.
Das Steuerungsorgan für das Auspuffventil ist hier ganz eigenartig. Es besteht aus
einer Gleitschiene d, die sich in zwei Rinnen bewegt,
von denen die eine ein kreisförmiges S, die andere ein
exzentrisches U bildet, die aus der inneren Fläche der
Schwungscheibe e herausgearbeitet sind.
An die Gleitschiene d ist der Winkelhebel f angelenkt, der um den Punkt g schwingt.
Da sich beim Fahren die Schwungscheiben von rechts nach links drehen, so gleitet die
Schiene d abwechselnd in die S- und U-Rinne. Bei beginnendem Ansaugen
entwischt die Gleitschiene aus der exzentrischen U-Rinne
am Treffpunkt h, um in die kreisförmige S-Rinne zurückzukehren, in der sie sich während der
übrigen Zeit der Ansaugperiode, der ganzen Kompression und einem Teil der Zeit der
Explosionsperiode hin- und herbewegt. Gegen Ende der Explosion tritt sie wieder bei
h aus der S-Rinne heraus, um in die
U-Rinne wieder einzutreten, wo sie sich nun während
der ganzen Dauer des Auspuffes bewegt. Die Figur zeigt die Stellung, welche die
Gleitschiene in der U-Rinne in dem Augenblick einnimmt,
wo nach der Explosion, während der Kolben am Ende seines Laufes ist, das
Auspuffventil im Begriffe steht, in die Höhe gehoben zu werden.
Um die beim Abwärtsgehen des Kolbens im Gehäuse auftretende Kompression zu vermeiden,
ist auf ihm ein sogenannter „Dekompressionsapparat“ angebracht. Er besteht
aus Rohr i, Kugel k
und Schraube l, in die ein kleines Loch gebohrt ist.
Bei jeder Abwärtsbewegung des Kolbens hebt die komprimierte Luft die Kugel und
entweicht durch die Bohrung der Schraube l, ohne dass
jedoch Oel mit herausgedrängt wird, was die Metallsiebe m verhindern. Das ganze Gewicht des Motors ist 7 kg 500 gr.
Durch eine besondere Vorrichtung gelangt das dem Motor zugeführte Oel selbsttätig
wieder in den Oelbehälter zurück.
(Fortsetzung folgt.)