Titel: | Neuere Hebezeuge. |
Autor: | Georg von Hanffstengel |
Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 418 |
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Neuere Hebezeuge.
Von Georg von
Hanffstengel, Dipl.-Ing., Stuttgart.
Neuere Hebezeuge.
I. Schwere Drehkrane der Vereinigten
Maschinenfabrik Augsburg und Maschinenbaugesellschaft Nürnberg,
A.-G.
Turmdrehkran für 100 t
Betriebslast und 150 t Probearbeitslast in Dublin. (Fig. 1 und 2.)
Textabbildung Bd. 321, S. 417
Fig. 1 und 2. Turmdrehkran für 100 t Betriebslast.
Die wichtigsten Daten sind:
Grösste Ausladung für 20 t
24,38
m
„ „ „ 150 t
22,86
m
Hubgeschwindigkeit für 20 t
6,1
m/Min.
„ „ 50 t
3,05
„
Hubgeschwindigkeit für 100 t
1,52
„
Katzenfahrgeschwindigkeit
8,5
„
Dauer einer Umdrehung
8
Min.
Der Kran ist an die Hafenverwaltung in Dublin geliefert. Er schliesst sich in
seiner äusseren Gestalt dem bekannten Hammertyp an, weicht jedoch von den
bisherigen Ausführungen darin ab, dass die Laufkatze sich nicht oberhalb des
Auslegers, sondern zwischen den Trägern bewegt. Dadurch wird es möglich, oben
einen Horizontalverband zur Aufnahme der Schwenkkräfte und des Winddruckes
einzubauen. Das von der exzentrischen Belastung der Träger herrührende Moment
wird von den in der Seitenansicht erkennbaren Fachwerksrahmen aufgenommen. Der
obere Horizontalstab dieser Aussteifung ist etwa 550 mm über Trägeroberkante
gelegt, wodurch sich genügende Höhe für den zwischen den Trägern liegenden Teil
des Rahmens ergibt. Ein Fussteg, der sich in der Höhe der Katzenfahrbahn
befindet, gibt dieser die erforderliche seitliche Steifigkeit und macht die
Katze zugänglich. Die Träger sind mit Rücksicht auf den Winddruck mit möglichst
grosser Felderteilung ausgeführt.
Der Horizontaldruck wird am oberen Halslager durch vier an der Drehsäule
gelagerte Rollen aufgenommen. Unten befindet sich ein Walzenlager, für das die
gleichmässige Druckübertragung in bekannter Weise durch eine Bolzenschneide
gesichert wird. Der Antrieb der �rehbewegung liegt am oberen Lager, so dass die
Säule nur die zur Ueberwindung der Spurlagerreibung erforderliche Torsion
erhält.
Textabbildung Bd. 321, S. 418
Fig. 3. Turmdrehkran für 75 t Betriebslast.
Das Turmgerüst ist in Form einer vierseitigen Pyramide ausgeführt und an einem
durch Beton belasteten Eisenfachwerkstern im Boden verankertn Derselbe ist so
berechnet, dass das Eisengerippe sämtliche Spannungen aufnehmen kann und der
Beton lediglich als Ballast zu dienen hat. Das Ganze gründet sich auf einen
Pfahlrost. Zwischen der drehbaren Säule und den Ständern des Gerüstes bleibt
Platz für zwei Eisenbahngleise.
Die Hauptwinde für 100 bezw. 150 t und das Katzenfahrwerk sind auf dem kurzen
Auslegerarm feststehend untergebracht. Das Hubwerk wird von zwei Motoren
angetrieben, die mit Stirnrädervorgelegen auf zwei auf derselben Achse
angebrachte Trommeln arbeiten. Die beiden von diesen ablaufenden Seile a gehen, durch Tragrollen unterstützt, zum
Auslegerende und von da zur Katze, und sind endlich um eine festgelagerte
gemeinsame Rolle R geführt, die etwaige
verschiedene Dehnungen der beiden Stränge ausgleicht und so ein Schiefstellen
der Unterflasche verhindert. Diese wird von zwei vierfachen Flaschenzügen, also
im ganzen von acht Seilsträngen, getragen. Die Winde ist mit einer
elektromagnetischen Haltebremse sowie einer Lamellenbremse zum Senken versehen,
die beim Rückwärtslauf des Motors die Last gleichmässig niedergehen lässt.
Textabbildung Bd. 321, S. 418
Fig. 4. Drehwerk zum 75 t-Turmdrehkran.
Beim Katzfahrwerk sind Schnecken- und Stirnradvorgelege verwandt. Als Zugorgane
dienen zwei Gallsche
Textabbildung Bd. 321, S. 419
Fig. 5 und 6. Laufkatze zum 75 t-Turmdrehkran.
Ketten b, die von den
Antriebsrädern aus nach beiden Seiten der Katze geleitet sind. Bei der Bewegung
der Katze wird das Seil durch die Flaschenzugrollen gezogen, wodurch sich ein
beträchtlicher Fahrwiderstand sowie verstärkte Abnutzung der Seile ergibt.
Dieser Umstand bildet immer noch einen schwachen Punkt bei vielen unserer
schweren Krane, der sich nicht umgehen lässt, wenn man nicht die Laufkatze mit
dem Hubwerk belasten oder die Anordnung verwickelter machen will. Zu anormalen
Windenkonstruktionen, wie sie bei Hochbahnkranen aus diesem Grunde zuweilen
ausgeführt werden, haben sich die Erbauer von Turmkranen offenbar mit Rücksicht
auf die bei solchen Abmessungen besonders wünschenswerte Einfachheit noch nicht
entschliessen können, zumal hier bei den geringen Horizontalwegen dieser Punkt
keine so ausschlaggebende Rolle spielt wie dort.
Auf der Laufkatze ist ein Hilfshub werk für 20 t untergebracht, das
Stirnradantrieb besitzt. Das Drehwerk liegt, wie erwähnt, in Höhe des oberen
Halslagers und besteht aus einem auf der Drehsäule befestigten Motor mit
Schnecken- und Zahnrädertriebwerk, das auf einen am Turmgerüst gelagerten
Zahnkranz mit Triebstockverzahnung arbeitet. Eine ausrückbare Kupplung
gestattet, Motor und Bremse abzukuppeln, so dass der Ausleger sich in die
Windrichtung einstellen kann. Die Anzahl der Drehungen in jeder Richtung ist
unbeschränkt. Zur Zuleitung des Stromes dienen Schleifringe am Fusse des
Kranes.
Turmdrehkran für 75 t im
Seeschiffhafen C auf Kuhwärder, Hamburg. (Fig. 3.)
Die Hauptdaten sind:
Betriebslast
75 t
45 t
7,5 t
Grösste Ausladung
22,25 m
28,25 m
29,75 m
Höhe von Kaimauer Ober- kante bis Unterkante
Last- haken
24,5 m
24,5 m
27,5 m
Grösste Hubhöhe
36 m
36 m
39 m
Hubgeschwindigkeit
1,4 m/Min. – 10 m/Min.
Senken des leeren Hakens.
6–8 „ – 20 „
Hubmotoren,
2 à 22,5 PS 30 PS
Katzenfahrmotor
24 PS
Drehwerksmotor
19 PS
Katzenfahrgeschwindigkeit
8–9 m/Min.
Dauer einer Umdrehung
5–6 Min.
Die Durchbildung der Eisenkonstruktion ist, wie die Abbildung zeigt, dieselbe wie
bei dem Kran für Dublin.
Bei der Berechnung wurden 1000 kg/qcm für Eigen- und Betriebslast, 1200 kg/qcm für
Eigenlast und Wind von 250 kg/qm, und ebensoviel für Eigen- und Betriebslast
und Wind von 100 kg/qm zugelassen.
Textabbildung Bd. 321, S. 420
Fig. 7. Laufkatze zum 75 t-Turmdrehkran.
Auch die Antriebsvorrichtungen weisen im wesentlichen dieselbe Anordnung auf.
Besondere Vorkehrungen sind getroffen für den Fall, dass ein Motor der
Hauptwinde unbrauchbar werden sollte. Die Motoren sind so stark bemessen, dass
im Notfall einer allein die Maximallast heben kann. Damit nun bei einer Störung
der Kran ohne Zeitverlust wieder in Betrieb gesetzt werden kann, ist im
Führerhaus ein vierpoliger Umschalter vorgesehen. Ist dieser umgelegt, und sind
die Anschlüsse nach dem defekten Motor gelöst, so kann sofort weitergearbeitet
werden. Da die Motoren beim normalen Betriebe in Serie arbeiten, so wird durch
den Umschalter an Stelle des unbrauchbaren Motors ein Widerstand eingeschaltet,
der die Hälfte der Klemmenspannung vernichtet.
Fig. 4 gibt eine Ansicht des Drehwerkes. Der
Triebstockzahnkranz liegt unmittelbar über dem Flacheisenlaufring des
Halslagers. Die Druckrollen drehen sich lose auf ihren Achsen, die in der
Drehsäule fest gelagert sind. Eine der Achsen wird jedoch gleichzeitig als Welle
für das Ritzel R benutzt. Alle Räder bestehen aus
Stahlguss, die schnellaufenden haben geschnittene Zähne. Auf der Welle des
Motors ist die elektromagnetische Bremse, auf der des Schneckenrades die
Vorrichtung zum Abkuppeln des Triebwerkes angebracht (vergl. oben).
Fig.
5–7 stellen die Laufkatze dar. Die
beiden äusseren Längsträger von 700 mm Höhe haben Kastenform, sind indessen
unten offen und mit Flacheisengurten versehen, so dass das Innere für Revision
und Erneuerung des Anstrichs zugänglich bleibt und die Rollen leicht eingebracht
werden können. Nahe der Mitte sind sie durch 865 mm hohe Querträger verbunden,
so dass ein rechteckiger Raum gebildet wird, innerhalb dessen die Rollen des
Hauptflaschenzuges ihren Platz finden. Die durchgehende Rollenachse wird durch
Stege getragen, die zwischen die Querträger eingezogen sind und je zwei
Seilrollen zwischen sich nehmen. Die Seile laufen vom Trägerende her – in der
Figur von links – auf die äussersten Rollen auf und, nachdem sie zwei vierfache
Flaschenzüge gebildet haben, von den inneren Rollen ab, um sich an der
Ausgleichrolle zu vereinigen. Auf beiden Seiten angebrachte Tragwalzen W1 und W2 schützen die
Seile davor, dass sie bei etwaigem Durchhängen mit dem auf der Katze
befindlichen Triebwerk in Berührung kommen.
Die Hilfswinde mit Stirnrad- und Schneckenvorgelegen und Lamellenbremse befindet
sich auf der einen, der Motor mit der elektromagnetischen Bremse auf der anderen
Seite der Katze. Die Unterflasche des kleinen Hakens hängt an zwei Seilsträngen,
die symmetrisch auf die mit Rechts- und Linksgewinde versehene Trommel
laufen.
Die auf einer Konsole ausserhalb des Katzenrahmens gelagerte Rolle ist für ein
Kabel bestimmt, welches der im folgenden besprochenen Kohlenkippvorrichtung
Strom zuführt. Die Zugorgane des Katzenfahrwerks greifen symmetrisch unten am
Rahmen an.
(Fortsetzung folgt.)