Titel: | Ueber den Erstarrungsvorgang des Kupfers. |
Autor: | E. Rasch |
Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 636 |
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Ueber den Erstarrungsvorgang des
Kupfers.
Ueber den Erstarrungsvorgang des Kupfers.
Das Studium der Erstarrungsvorgänge bildet bekanntlich in der modernen
Metallurgie eines der wesentlichen methodischen Hilfsmittel, die über die
Gleichgewichtsverhältnisse der Lösungen und den Gefügeaufbau der Metalllegierungen
im Verein mit dem mikrographischen Bild Aufschluss geben sollen.
Als meist benutzte Basis der hochwertigen Metalllegierungen (Messing, Neusilber,
Bronze, Aluminiumkupfer usw.) beansprucht das Kupfer ein erhebliches praktisches
Interesse. Die zahlreichen diesbezüglichen Arbeiten lassen jedoch beträchtliche
Unstimmigkeiten – insbesondere in der Temperaturmessung – bestehen, auf die unter
anderen eine neuere Arbeit von P. DejeaneRemarques sur la solidification du cuivre.
Bull. d'Encouragement 1. Juli 1906 (2) S. 149 ff. hinweist.
Textabbildung Bd. 321, S. 636
Fig. 1. Abkühlungskurve nach Dejeane. (Kupfer + 0,36 v. H. Cu2O.). V Erstarrungstemperatur des Goldes.
1. Dejeane hat die Erstarrungsvorgänge an
Kupferlegierungen mit Hilfe eines sinnreichen thermoelektrischen Schreibapparates
(Schneider-Carpentier) verfolgt, welcher die Abkühlungsgeschwindigkeit als Funktion der Temperatur
der erkaltenden Legierung photographisch in ein rechtwinkliges Koordinatensystem
einzeichnetUeber die
Einrichtung des photographischen Schaulinienzeichners wird an dieser Stelle
gesondert berichtet werden.. Wie die Fig. 1 und 2 erkennen lassen, geben sich
Aenderungen der Wärmetönungen, welche den Erstarrungsvorgang beim Auftreten
molekularer Umwandlungen usw. begleiten, als scharf ausgeprägte Spitzminima
(Umkehrpunkte a und b
Fig. 1) zu erkennen. Im Gegensatz hierzu entziehen
sich bei der gemeinhin üblichen Zeitbeobachtung (siehe die sogen. Zeitkurve Fig. 3) diese kritischen Markpunkte H, die man in Anlehnung an den Verlauf der Kurven nach
Fig. 3 wohl auch Haltepunkte genannt hat, häufig
genug insbesondere für die feineren Vorgänge der Beobachtung völlig.
Zur Anwendung kamen bei Dejeane
Platiniridiumthermoelemente, die durch den Erstarrungspunkt des Aluminiums (655° C)
und den Siedepunkt des Schwefels (445° C) geeicht waren.
Die numerischen Temperaturwerte Dejeanes für das
hier hauptsächlich in Frage stehende Temperaturintervall von 1000–1100° C sind
an den Erstarrungspunkt des Goldes angeschlossen und setzen voraus, dass dieser
1065° C beträgt. (Tab. 1.)
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Fig. 2. Abkühlungskurven für Kupfer-Kupferoxydul. P. Dejeane. V
Erstarrungstemperatur des Goldes.
Tabelle 1.
Schmelzpunkt und Erstarrungspunkt des
Goldes.Nach Holborn und Days
sowie nach Heycock und Nevilles Untersuchungen liegt der Erstarrungspunkt reinen Goldes
nur unwesentlich (0,1 bis 0,5 C°) unter dem Schmelzpunkt.
Schmelzpunkt
Violle
(1035°C kalorimetrisch)
„
Heycock u. Neville
1062 „
„
Daniel Berthelot
1064 „
„
Holborn u. Day
1063 „
„
Jacquerod u. Perrot
1067 „
Erstarrungspunkt Dejeane
1065 „
Die Versuche Dejeanes bezweckten nebenher die
Untersuchung der für die Praxis der Temperaturmessung nicht unwichtigen Frage, in
wieweit und unter welchen Vorsichtsmassregeln der Erstarrungspunkt des wohlfeilen
Kupfers zur Eichung von Thermoelementen an Stelle des Goldes dienen kann.
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Fig. 3. Kritische Punkte H bei gewöhnlichen Abkühlungskurven.
(Zeitkurve)
Um in unmittelbarer Nähe des untersuchten Temperaturgebietes einen
Temperaturfestpunkt zu gewinnen, benutzt Dejeane den
Kunstgriff, über die zu untersuchende Abkühlungskurve gleichzeitig die wohlbestimmte
Abkühlungskurve G des Goldes photographisch zu
projizieren. (s. Fig. 1.)
2. Kupfer-Kupferoxydul.s. D. p. J. 1905, 320, S. 526 ff.
Der Erstarrungspunkt des reinen, kupferoxydulfreien Kupfers liegt nach Dejeane bei 1085° C nämlich 20° C über dem
Erstarrungspunkt des Goldes. Den letzteren bestimmt Dejeane zu 1065° C und benutzt ihn provisorisch – bis zur Erschliessung
massgeblicherer Absolutwerte – als Normaltemperatur (Tab. 2).
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Fig. 4. Kurve der Erstarrungspunkte von Kupfer-Kupferoxydullösungen.
Kupferoxydul ist ein hartnäckiger, Sprödigkeit und dergl. bedingender Begleiter des
Kupfers und fast ständig in metallischem Kupfer gelöst, worauf Hampe,Zeitschr. f.
Berg-, Hütten- und Salinenwesen, 1874, 22, S.
94.
E. Heyn,Ber. des
Internat. Kongresses zur Vereinbarung einheitlicher Prüfungsmethoden.
Budapest, 1901. (s. Fig. 4 und D. p. J.
1905, 320, S. 526.) u.a. hingewiesen
haben.In der
metallurgischen Praxis erfolgt bekanntlich die Desoxydation des
„übergaren (oxydulhaltigen) Kupfers“, das Zähen desselben seit
alters her durch das sogenannte „Polen“. Beim Polen wird das
übergare, Kupfer durch Holzkohle (Röhren mit Buchenholzstäben und dergl.)
desoxydiert. Neuerdings kommen als desoxydierende Zusätze zum übergaren
Kupfer, zumeist Phosphorkupfer und Mangankupfer in Anwendung, da diese keine
gasförmigen Destillationsprodukte, wie der Polvorgang, liefern, somit
Gaseinschlüsse vermeiden und ein dichteres Gussraffinad erzielen. Als
Desoxydationsmittel ist letzthin in dem Borchersschen Laboratorium durch Fr.
Gloger das Mangansilicid erprobt und empfohlen worden. (s.
Metallurgie 1906, S. 253 ff.) Nach den Untersuchungen von Dejeane bewirkt ein Kupferoxydulgehalt von etwa 4,75 v.
H. die Höchsterniedrigung des Erstarrungspunktes von 1085° C auf 1065° C (Tab. 3 und
Fig. 4a), eine Zahl, die mit der von Holborn ermittelten eutektischen Temperatur
zusammenfällt.
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Fig. 4a. Kurve der Erstarrungspunkte von Kupfer-Kupferoxydullosungen.
Tab. 2.
Kupfererstarrungspunkt.
Violle
(1054° C kalorimetrisch bestimmt)
H. Le Chatelier
1080° „
H. Gautier
1050° „
Heycock & Neville
1080.5° „
E. Heyn
1102° „
Holborn & Day
1084° „
L. Guillet
1035° „
P. Dejeane
1085° „
Tab. 3.
Kupfer-Kupferoxydul. (Dejeane)
Cu2Ov.
H.
Erstarrungspunkt(s. Fig. 1, 2 und
4)
a*)
b**)
0,09
1085° C
(1055)° C
0,18
1085 „
(1055) „
0,63
1082 „
1060 „
2,24
1072 „
1060 „
2,40
1071 „
1061 „
2,90
1070 „
1062 „
4,73
(1070) ?
1063 „
5,40
1067 „
–
6,30
1072 „
1065 „
* Beginn der Cu-Ausscheidung bezw. Cu2O-Ausscheidung.
** Erstarrung des Eutekticums.
Bei dieser Temperatur, die zufällig mit dem Erstarrungspunkte des Goldes identisch
ist, fällt die Erstarrungstemperatur des Cu bezw. des
Cu2O (d.h. Punkt a in Fig. 1) mit derjenigen des Eutektikums (Punkt b in Fig. 1)
in den Dejeaneschen photographischen Kurven
zusammen, und zwar tritt dies, wie erwähnt, für einen Kupferoxydulgehalt von 4,5 bis
5,0 v. H. ein.
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Fig. 5. Erstarrungsdiagramm des Kupfer-Aluminiums. (Dejeane.)
Bei dieser ZusammensetzungNach den E. Heynschen Untersuchungen 3,5 v. H. Cu2O. – der eutektischen Lösung – weisen die Dejeane
sehen Abkühlungskurven somit nur eine Spitze an Stelle
der zwei kritischen Punkte (a und b
Fig. 1 und 2)
auf.
Die den einzelnen Abkühlungskurven entnommenen Werte ergaben das
Erstarrungspunktdiagramm (Fig. 4a).
Die eutektische Kurve steigt mit wachsendem Kupferoxydulgehalt schwach (Fig. 4a.) Bei einem Kupferoxydulgehalt von 0,63 v. H.
liegt der Erstarrungspunkt des Eutektikums bei 1060° CNach den E.
Heynschen Untersuchungen 1083° C. (Fig. 1).
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Fig. 6. Kupfer-Phosphor. Schmelzpunktsdiagramm nach Guillet.
3. Um den Erstarrungspunkt des Kupfers als Temperaturmarke zur Eichung von
Thermoelemenent an Stelle des weniger wohlfeilen Goldes zu benutzen, empfiehlt Dejeane, das Kupfer in einem offenen Tiegel
einzuschmelzen und somit die Oxydation des Kupfers zweckbewusst zu begünstigen. Bei
nicht zu langer Schmelzdauer sättigt sich das Kupfer mit 2 bis 3 v. H. Kupferoxydul.
Bei der Erstarrung dieser Kupfer-Kupferoxydullösung treten sodann zwei kritische
Erstarrungspunkte auf, deren tiefer gelegener sich nur wenig mit dem Cu2O-Gehalt ändert und sehr nahe bei 1062° C liegt.
4. Kupfer-Aluminium. Untersucht sind von Dejeane die Legierungen mit überwiegendem Kupfergehalt
bis zu 9,3 v. H. Al. Die Ergebnisse weichen von denen GuilletsRevue de Métallurgie
II (1905) S. 567 ff. erheblich ab und sind durch Tab. 4 und Fig. 5 wiedergegeben.
Tab. 4. Kupfer-Aluminium.
(Dejeane.)
Aluminiumgehaltv. H.
Erstarrungs-temperatur
2,5
1075°C
5,1
1063 „
6,4
1040 „1053 „
8,6
1039 „
9,3
1042 „
Tab. 5. Kupferphosphor.
(Guillet.)
Gehalt an
Schmelzpunkt
Kupfer
Phosphor
97,40 v. H.
ca. 2,60 v. H.
933° C
95,32 „
4,68 „
690 „
90,66 „
9,34 „
612 „
87,96 „
12,04 „
800 „
87,45 „
12,55 „
858 „
84,73 „
15,27 „
1015 „
5. Phosphor-Kupfer. Nach neueren Untersuchungen von GuilletConférence
faite à la Société d'Encouragement pour l'Industrie nationale. (23. Februar
1906; siehe Bull. d'Eucour. 1. Juli 1906 (2) S. 87 ff.) wird der
Schmelzpunkt des Kupfers durch Phosphor bis auf etwa 612°C erniedrigt (Tab. 5 und
Fig. 6). Das Cu/Cu3P-Eutektikum enthält etwa 10 v. H. Phosphor und zeigt im mikrographischen
Bilde lamellenartige – an Perlit erinnernde –
Struktur.
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Fig. 7. Kupfer-Silicium. Schmelzpunktsdiagramm nach Guillet.
6. Silicium-Kupfer. (Fig.
7.) Der Schmelzpunkt des Kupfers wird nach Guillet durch Silicium bis auf etwa 790° C herabgesetzt, das Eutektikum
enthält etwa 12 v. H. Silicium.
E. Rasch.