Titel: | Neuere Hebezeuge. |
Autor: | Georg v. Hanffstengel |
Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 673 |
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Neuere Hebezeuge.
Von Georg v.
Hanffstengel, Dipl.-Ing., Stuttgart.
(Fortsetzung von S. 437 d. Bd.)
Neuere Hebezeuge.
II. Turmdrehkran für 80 t Tragkraft
von Ludwig Stackenholz, Wetter a. d. Ruhr. Fig. 13–21.
Die Hauptdaten sind:
Grösste Tragfähigkeit
80 t
Probebelastung
105 t
Tragkraft der Hilfswinde
10 t
Grösste Ausladung des grossen Hakens von
Kaikante
13,5 m
Grösste Ausladung des grossen Hakens von
Kaimitte
18,5 m
Kleinste Ausladung des grossen Hakens von
Kaikante
3,0 m
Kleinste Ausladung des grossen Hakens von
Kranmitte
8,0 m
Rollenhöhe bei grösster Ausladung
33,0 m
Hubhöhe
38,0 m
Grösste Ausladung des kleinen Hakens von
Kranmitte
21,0 m
Hubgeschwindigkeit für 80 t
2 m/Min.
Hubgeschwindigkeit für 10 t
15 „
Dauer einer Umdrehung
5 Min.
Dauer des Auslegereinziehens
4 „
Hubmotor (für beide Hubwerke)
55 PS n = 480
Drehmotor
17 PS n = 600
Einziehmotor
55 PS n = 480
Während der Unterbau des Kranes dem der bekannten Hammerkrane nachgebildet ist, zeigt
der obere, drehbare Teil die Form eines Wippkranes. Diese Konstruktion bietet dem
Hammertypus gegenüber den Vorteil, dass der Ausleger, da er sich in einer
senkrechten Ebene bewegt, zwischen beliebig hohe Schiffsmasten eingeführt werden
kann, während bei jenen die Ausleger die Masten überragen müssen, wenn das Schiff
nicht verholt werden soll. Durch die Verlegung des Auslegerdrehpunktes auf eine Höhe
von 23 m über Kaioberkante wird andererseits gegenüber dem gewöhnlichen Scheren-
oder Wippkran der Vorteil erzielt, dass der Raum unter dem Ausleger frei bleibt,
während die Schwenkbarkeit ein Absetzen der Last an beliebiger Stelle ermöglicht. Da
infolgedessen zwischen Krangerüst und Kaikante kein Gleis entlang geführt zu werden
braucht, so kann die Ausladung auf das geringste Mass beschränkt werden.
Wie aus Fig.
13 und dem halben Grundriss Fig. 14 zu ersehen
ist, besteht die Fundierung des Turmgerüstes aus vier getrennten Betonblöcken,
die auf Pfähle gesetzt und durch kräftige Anker und kreuzweise eingelegte ⊏-und
⌶-Eisen mit den Gerüstsäulen verbunden sowie gegeneinander versteift sind. Die
Pfosten sind unter 45° über Eck gestellt, so dass sie oben nach der Mitte zu
abgebogen werden können und mit ihren schrägen Verlängerungen unmittelbar am
Druckring des oberen Halslagers (Fig. 15) anfassen,
wodurch derselbe eine sehr kräftige Versteifung erhält. Die Horizontalverbindungen
zwischen den Pfosten müssen etwas weniger bequem durch gebogene Bleche angeschlossen
werden.
Das Spurlager liegt erhöht, so dass zwischen den Kransäulen ein Eisenbahngleis
hindurchgeführt werden kann. Ein System von Trägern überträgt den Auflagerdruck auf
die Pfosten.
Das Drehwerk ist in Fig. 16 im Einzelnen dargestellt.
Die an die Kransäule unten angeschraubte Kappe stützt sich mittels Bolzen auf ein
Stahlgusstück ab, das einerseits dis zentrische Führung im Gerüst übernimmt,
andererseits die Kranlast auf den Rollenkranz überträgt und ausserdem als
Antriebszahnrad ausgebildet ist. Die konisch abgedrehten Druckrollen werden durch
ihre in einer mittleren Büchse befestigten verlängerten Achsen zentriert und durch
Flacheisen im richtigen Abstand gehalten. Ihre Einzelausführung gibt Fig. 17 wieder. Der untere Druckring, der das Lager
des Königszapfens umschliesst, stützt sich auf 1400 mm hohe Träger.
Zum Drehen dient ein Motor von 17 PS, auf dessen Welle eine elektromagnetisch
betätigte Bremse sitzt. Er arbeitet auf ein Schneckengetriebe, das vom übrigen
Triebwerk abgekuppelt werden kann, und weiterhin mit zwei Stirnradvorgelegen auf die
Welle des geschmiedeten Ritzels, das in den Triebstockzahnkranz eingreift.
Im oberen Halslager geschieht die Druckübertragung durch Rollen von 1 m Durchmesser
nach Fig. 18, die an der Kransäule gelagert sind. Je
zwei Rollen liegen vorn und hinten in der Ebene des Auslegers und übertragen das
unausgeglichene Moment der Last bezw. des Gegengewichts, während je eine Rolle
rechts und links die Wind- und Massendrücke aufnehmen
In geringer Höhe über dem Halslager befindet sich der Drehpunkt des Auslegers. Der
obere Teil der Säule ist etwas zurückgebogen, um ein genügend weites Einziehen zu
ermöglichen. Die Hub winde ist dem Ausleger gegenüber angebracht und unterstützt so
die Wirkung des Gegengewichts.
Ihre Ausführung gibt Fig. 19 wieder. Der Motor treibt
mit zweigängigem Schneckengetriebe und einem
Textabbildung Bd. 321, S. 674
Turmdrehkran von Stuckenholz.
Textabbildung Bd. 321, S. 675
Fig. 16. Drehwerk.
Textabbildung Bd. 321, S. 675
Fig. 17. Spurlagerrollen.
Textabbildung Bd. 321, S. 675
Fig. 18. Druckrolle des Halslagers.
Textabbildung Bd. 321, S. 675
Fig. 19. Hubwinde.
Stirnradvorgelege mit Zwischenrad die Welle des Ritzels an, das in die beiden
Stirnräder eingreift, welche auf die Trommeln der 80 t-Winde gesetzt sind. Diese
Winde kann samt Bremse durch eine Klauenkupplung abgeschaltet werden, so dass der
Motor mit der Hilfswinde für 10 t gekuppelt werden kann, die ein einfaches
Stirnradvorgelege besitzt. Der Unterbau der Winde ist in Eisenkonstruktion
ausgeführt. Die Seildurchmesser betragen 40 bezw. 26 mm.
Die recht eigenartige Seilführung wird durch Fig. 20
veranschaulicht. Beim Verfolgen der von den Haupttrommeln ablaufenden Seilstränge,
die sich in der Flasche vereinigen, findet man, dass das Seil zwischen den
Rollengruppen in der Spitze der Kransäule und im Ausleger so oft hin- und hergeführt
ist, dass zehn Seilstränge auf Einziehen des Auslegers wirken. Da die Unterflasche
des 80 t-Hakens an acht Strängen hängt, so tritt an jener Stelle eine Zugkraft von
100 t auf, deren Moment in bezug auf den Auslegerdrehpunkt indessen bei grösster
Ausladung kleiner ist als das der Last. Bei kleinster Ausladung und voller Belastung
ist aber, selbst unter Berücksichtigung des Auslegergewichts, ein Bestreben auf
Einziehen des Auslegers vorhanden. Infolgedessen wird bei grosser Ausladung die
Einziehspindel erheblich entlastet, bei kleiner Ausladung, wo ihre Knicklänge gering
ist, sogar auf Druck beansprucht. Die beiden Auslegerspindeln liegen in 2,3 m
Entfernung von einander. Zum Antrieb der Einziehwerke dient ein Motor von 55 PS, der mit Stirn-
und Kegelradvorgelegen die Muttern antreibt.
Textabbildung Bd. 321, S. 676
Fig. 20. Seilführung.
a Rollen 700 Durchm.; b Rollen 1000
Durchm.; c Ausgleichrolle 180 Durchm.; d Trommel 700 Durchm.; e Trommeln 1000
Durchm.
Textabbildung Bd. 321, S. 676
Fig. 21. Lagerung der Einziehspindel.
Nach Fig. 21 wird die Spindel
von der Mutter M
auf eine Länge von 589 mm umschlossen. Aufgeschraubte Büchsen mit Holzeinlage
schützen die Eingriffstelle und ermöglichen eine reichliche Schmierung. Die Mutter
selbst ist aussen mit Rechts- und Linksgewinde versehen. Auf der einen Seite ist das
Antriebskegelrad K, auf der anderen eine Büchse B aufgeschraubt und durch je drei Federn
verdrehungssicher mit der Mutter verbunden. Durch die Verschraubung werden Kegelrad
und Büchse befähigt, die achsialen Spindelkräfte, die, wie oben bemerkt, in beiden
Richtungen wirken können, auf die Drehsäule zu übertragen. Dies geschieht durch zwei
Kugelspurlager mit je 48 Kugeln von 30 mm Durchmesser, die sich gegen einen im
Säulenkopfe befestigten, gleichzeitig als Lager für die Kegelradwelle dienenden
Stahlgussbock abstützen. Beide Kugellager sind durch genau passende Bronzeringe
staubdicht abgeschlossen.
Der Kran wurde für die Schiffswerft Einswaden der Firma J.
Frerichs & Co., Osterholz-Scharmbeck, geliefert. Die Bauart ist zum
Patent angemeldet.
(Fortsetzung folgt.)