Titel: | Die Motorwagen auf der internationalen Automobilausstellung, Berlin. |
Autor: | Wolfgang Vogel |
Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 826 |
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Die Motorwagen auf der internationalen
Automobilausstellung, Berlin.
Von Wolfgang Vogel,
Ingenieur, Berlin-Wilmersdorf.
(Schluss von S. 813 d. Bd.)
Die Motorwagen auf der internationalen Automobilausstellung,
Berlin.
Das Citomobil der Cito-Fahrradwerke,
Köln–Klettenberg besitzt die von der Aachener
Stahlwarenfabrik gebaute sogenannte Omnimobilgarnitur. Das Chassis hat
gepressten Stahlrahmen, der Motor besitzt zwei senkrechte Zylinder, die durch Wasser
gekühlt werden. Eine Zirkulationspumpe ist vorgesehen. Das Getriebe hat drei
Geschwindigkeiten, die grosse arbeitet direkt. Der Wagen wird für gewöhnlich mit
Akkumulatorzündung geliefert, doch kann auch ein Magnetapparat eingebaute werden.
Der Antrieb der Hinterräder erfolgt durch zwei Ketten. Eine Fussbremse wirkt auf das
Differential, wogegen die Hinterräder durch einen Handhebel gebremst werden. Die
Konuskupplung wird, wie bei grossen Wagen, durch das linke Pedal ausgerückt. Die
Maschine leistet bei 75 mm Bohrung und 80 mm Hub in zweizylindriger Ausführung 2,7–6
PS. Der stärkere Wagen hat einen 3–7 PS-Motor mit 80 mm Bohrung und 80 mm Hub. Die
kleineren Zahlen sind auf Grund der vom V. d. M.-I. aufgestellten, die grösseren
dagegen mit Hilfe der alten Formel berechnet. Die Firma baut auch für 1907 drei
Typen Vierzylinderwagen.
Georges Châtel, Mülhausen i. Eis. brachte den
bewährten kleinen Peugeot-Wagen, nämlich die Voiturette
„Lion“, gebaut von Les Fils de Peugeot
Frères, Valentigney zur Ausstellung. Fig.
27–29 zeigen den Wagen von unten gesehen
bezw. dessen Motor von der rechten und der linken Seite. Der Motor ist einzylindrig
und hat bei 100 mm Bohrung 100 mm Hub. Die Leistung wird bei 1400 Touren mit rund 6
PS angegeben. Dieses Fahrzeug zeigt die bei grossen Automobilen übliche Konstruktion
in den meisten Teilen. Wir finden an ihm sogar Truffault-Federdämpfer (s. S. 297 Fig. 35). Die
Fahrzeuge werden serienweise hergestellt, und der Vertreter gibt an, dass die Fabrik
imstande ist, täglich bis zu zehn Wagen fertigzustellen. Das Chassis besteht aus
zwei gestanzten Längsträgern und einem sogen. falschen Chassis, welches das
Getriebe, sowie den Motor trägt. Die Teile sind durch fünf Querträger miteinander
verbunden (siehe Fig. 27). Die Lager der
Pleuelstange sind hydraulisch eingepresst. Der Vergaser, den man in Fig. 28, welche den Motor von der rechten Seite
zeigt, rechts unten erkennt, ist ein Longuemare-Vergaser, o ist die Schwimmer-, p die Vergasungskammer. Die Wasserzirkulation wird
durch eine Zahnradpumpe b (Fig. 29) unterstützt. An der Steuerwelle befindet sich das Zahnrad f (Fig. 28), welches
mit Hilfe des zweiten Stirnrades i den Anker des
Magnetapparates k antreibt. Auf der Steuerwelle
befinden sich die beiden zur Ventilsteuerung dienenden Nocken nebeneinander. Von
hier aus erfolgt auch der Antrieb der Wasserzirkulationspumpe, sowie der
Zahnradpumpe der Schmiervorrichtung.
Textabbildung Bd. 321, S. 827
Fig. 27. Voiturette „Lion“ (Chassis von oben).
Das Oel wird durch einen am Spritzbrett angebrachten
Tropfenzähler, der die Regulierung der Oelabgabe erlaubt, geleitet. Die normale Type
wird mit Batteriezündung geliefert. Der Induktionsapparat hat Trembleur.
Magnetzündung kann auf Wunsch eingebaut werden, und zwar wählt die Firma dann einen
Zündapparat nach System Eisemann. Der oberhalb des
Auslassventiles t aus dem Ventilgehäuse e des Zylinders a
hervorragende Druckstift r presst nicht, wie man auf
den ersten Anblick denken möchte, das Saugventil zum Zweck des Anlassens oder
richtiger gesagt der Kompressionsverminderung auf, denn der Motor hat nicht ein
hängendes selbsttätiges, sondern ein neben dem Auslassventil t angeordnetes, gesteuertes Saugventil l.
Textabbildung Bd. 321, S. 827
Fig. 28. Motor der Voiturelle „Lion“.
Der Druckstift betätigt ein besonderes Dekompressionsventil.
Er ist auch bei geschlossener Motorhaube zu erreichen, da sich in derselben eine
entsprechende Oeffnung befindet. Die an dem Stift angebrachte Feder v presst diesen nach oben und somit in die
Schlussteilung des Ventils. Der Ventilator d wird
durch den Bock u getragen und hat Riemenantrieb. Die
hierzu auf der Motorwelle angebrachte kleine Scheibe ist in den Fig. 28 und 29 mit
c bezeichnet, a ist
der Zylinder, q das Abführungsrohr für das heisse
Wasser, das durch dieses Rohr zum Kühler fliesst, s die
Zündkerze, e das Saugrohr, m das Schwungradgehäuse, n die Kupplung. Das
äussere Schwungrad des Motors trägt einen Innenkonus, in welchem der mit der
Getriebewelle in Verbindung stehende Aussenkonus steckt.
Der Geschwindigkeitswechsel arbeitet mit train balladeur und besitzt drei
Geschwindigkeiten nebst Rückwärtsgang. Die Wellen laufen auf Kugellagern. Die
Geschwindigkeiten werden durch einen Schalthebel eingerückt, der, wie bei grossen
Wagen, rechts neben dem Führersitz liegt. Der Wagen besitzt Kettenantrieb. Man
erkennt in Fig. 27 die Querwellen, die, von dem im
Getriebekasten liegenden Differentialwerk kommend, nach beiden Seiten gehen und an
ihren Enden die kleinen Kettenräder tragen. Um Verbiegungen des Rahmens und
Ungenauigkeiten in der Montage unschädlich zu machen, sind in diese Wellen zwei
Klauenkupplungen eingesetzt.
Textabbildung Bd. 321, S. 827
Fig. 29. Motor der Voiturelle „Lion“.
Die Steuerung arbeitet mit Schneckenrad. Ein neben dem Geschwindigkeitshebel
liegender feststellbarer Bremshebel betätigt die Hinterradbremsen. Die Fussbremse,
welche auf das Differentialwerk einwirkt, wird vom rechten Fusshebel bedient. Das
Kupplungspedal drosselt beim Auskuppeln gleichzeitig das Gemisch. Ausser diesen
beiden Pedalen ist noch ein kleineres, der Ralentisseur, angebracht, dessen man sich
zur vorübergehenden Abdrosselung des Gemisches, z.B. beim Durchfahren einer Kurve
bedient. Der Wagenmacht einen recht guten Eindruck.
Man sah auch auf der Ausstellung die viel besprochene Laurin
& Klement-Voiturette. Die Maschine des Wagens ist ein wassergekühlter
V-förmiger Motor, der vorn unter einer Haube
eingebaut ist. Der Wasserumlauf erfolgt nach dem Thermosyphonsystem. Der den vorderen Abschluss
der Haube bildende Kühler ist in moderner Form gehalten. Die Saugventile sind nicht
gesteuert. Das Gasgemisch entsteht in einem Spritzvergaser. Die Zündung ist
magnetelektrisch und als Abreisszündung ausgebildet. Die Geschwindigkeiten werden
mit einem Handhebel geschaltet. Zwei vor dem Führersitz liegende Pedale dienen zum
Auskuppeln, sowie zum Bremsen. Das Getriebe besitzt drei Vorwärtsgeschwindigkeiten
und Rückwärtsgang. Die Drehbewegung wird durch Cardanwelle auf die geteilte
Hinterradachse weitergeleitet. Zünd- und Drosselhebel liegen auf dem Handrad. Wo
irgend möglich, sind für die Lagerung Kugellager verwendet.
Auch die Neckarsulmer Fahrradwerke haben jetzt einen
kleinen Wagen. Die Maschine ist vierzylindrig und hat bei 68 mm Bohrung und 90 mm
Hub etwa 5 PS (nach der neuen Formel). Die Ventile werden durch eine oberhalb der
Zylinder liegende Nockenwelle gesteuert. Die Kühlung arbeitet ohne Pumpe. Das als
Ventilator ausgebildete Schwungrad saugt die Luft durch den Kühler hindurch. Die
Konuskupplung kann durch ein Pedal ausgerückt werden. Das Wechselgetriebe besitzt
drei Geschwindigkeiten, die grosse mit direktem Eingriff, die Kraftübertragung
erfolgt durch Cardanwelle. Zwei voneinander unabhängige Bremsen werden durch Pedal
bezw. Handhebel bedient. Auf dem Handrade ist der Zündhebel für die Magnetzündung,
System Eisemann, angebracht. Ebenso der Hebel für die
Gaszufuhr. Der Vergaser besitzt selbsttätige Zusatzluftregulierung, der Rahmen
besteht aus gepresstem Stahl.
Der Wagen der Société anonyme des Ateliers
Germain-Monceau besitzt aus gepresstem Stahl hergestellte Zylinder mit
symmetrisch zu beiden Seiten liegenden Ventilen. Der Hub der Saugventile kann
verändert werden. Die Kühlung des in den Zylindermänteln erhitzten Wassers erfolgt
in einem Wabenkühler, der Wasserumlauf wird durch eine Pumpe bewirkt. Die
Konuskupplung hat Federn unter dem Leder, wodurch ein sanftes Eingreifen ermöglicht
wird. Es ist darauf Wert gelegt worden, dass sich der Auspufftopf leicht
auseinandernehmen lässt, so dass seine Reinigung, die infolge zu reichlichen
Oelgebens notwendig werden kann, leicht ausführbar ist. Der Hub der Saugventile wird
vom Steuerrade aus durch den Fahrer eingestellt. Ein Zündhebel ist nicht vorgesehen,
da sich die Zündung entsprechend der Tourenzahl unter Einwirkung des Regulators
selbsttätig einstellt. Das Wechselgetriebe hat drei Geschwindigkeiten, von denen die
grosse direkten Eingriff besitzt.
Beim Auskuppeln durch das Kupplungspedal kann gleichzeitig eine Art Ralentisseur in
Tätigkeit gesetzt werden, wodurch das Durchgehen der Maschine verhindert ist.
Ausgenommen am Motor sind allenthalben Kugellager verwendet. Vom Getriebe erfolgt
die Weiterleitung der Drehbewegung mit Hilfe einer Cardanwelle. Die Hinterräder
laufen auf dem aus Stahl gepressten Gehäuse des Differentials, so dass die vom
Differential kommenden Wellen nur auf Torsion und nicht auf Biegung beansprucht
werden. Es sind zwei Bremsen vorgesehen, deren eine Einwirkung auf die Cardanwelle
hat. Sie wird durch ein Pedal betätigt. Die beiden Hinterradbremsen werden durch den
neben dem Geschwindigkeitshebel liegenden Handhebel angezogen. Beide Bremsen sind
mit der Kupplung so in Abhängigkeit gebracht, dass sie nicht eher greifen, bevor
nicht die Kupplung ausgeschaltet ist. Es ist das eine Einrichtung, von der man mehr
und mehr abkommt. Die Schmierung arbeitet unter dem Druck der Auspuffgase, die
Oelrampe liegt am Spritzbrett und bedient ausser dem Motor auch das Wechselgetriebe
usw.
Der Motoromnibus von H. Büssing, Braunschweig,
welche Firma als Spezialität Motorlastwagen und Omnibusse für
Verbrennungsmotoren baut, besitzt einen 18 PS bezw. 23 PS-Motor mit vier Zylindern.
Die Nockenwelle für die Ventilsteuerung liegt über den Zylindern. Durch im
Kurbelgehäuse angebrachte Schauklappen ist ein bequemes Revidieren der unteren
Pleuelstangenlager möglich. Die Zündung ist eine magnetelektrische Abreisszündung.
Die hohlen Kolbenbolzen erhalten das Schmieröl durch seitliche Einspritzung.
Praktisch ist der am Kurbelgehäuse angebrachte Ueberlaufstutzen, welcher eine zu
reichliche Schmierung verhindert. Durch diesen fliesst das überschüssige Oel in ein
Gefäss, von dem es von Zeit zu Zeit abgezogen und wieder verwendet werden kann. Die
Gaszufuhr steht unter Einwirkung eines Regulators. Der Führer kann die Tourenzahl
des Motors nur verringern, es ist ihm dagegen unmöglich, den Motor schneller laufen
zu lassen, als es der Regulator erlaubt. Das Getriebe besitzt drei bezw. vier
Vorwärtsgeschwindigkeiten, natürlich auch Rückwärtsgang.
Eine Getriebebremse wird durch ein Fusspedal betätigt. Die beiden Hinterradbremsen
werden durch einen Handhebel angelegt. Es ist dafür gesorgt, dass beide Bremsen der
Hinterräder gleichmässig zur Anlage kommen, also nicht ein Rad früher gebremst wird,
als das andere. Die Räder tragen Vollgummi. Die Kraftübertragung erfolgt durch
Ketten. Eine federnde Druckstange, welche bis 20 mm nachgeben kann, gibt die
fortschreitende Bewegung von den Hinterrädern an den Wagen weiter. Durch diese
Konstruktion wird einer Ueberanstrengung des Getriebes und der Kette vorgebeugt. Der
Omnibus kann durch die Auspuffgase des Motors beheizt werden.
Der Dampftriebwagen der Hannoverschen Waggonfabrik
repräsentiert sich von aussen als ein zweiachsiger Personenwagen. An einer
Stirnseite des Fahrzeuges ist der Führerstand angebracht. Man findet dort den
Dampfkessel, sowie die Vorräte an Betriebsmaterialien und die Bedienungshebel für
den Führer. Der Kessel ist nach dem System de Dion
Bouton gebaut, das bei kleinem Gewicht gestattet, einen Kessel zu bauen,
welcher sehr schnell Dampf zu erzeugen vermag. Der Dampferzeuger besteht im
wesentlichen aus vier ineinandergeschobenen Stahlblechzylindern. Die zwei äusseren
Zylinder sowie die zwei inneren sind oben und unten durch kräftige Ringe eingefasst.
Die Ringe sind durch zahlreiche Stehbolzen zusammengehalten, so dass der obere,
sowie der untere Ring wie zwei Deckel auf die zugehörigen beiden Zylinder gepresst
werden. In dieser Art entstehen zwei Hohlzylinder. Sie bilden das eigentliche
Kesselgestell. Der äussere und der innere Hohlzylinder sind nun durch 702 schräg
gestellte Siederöhren miteinander verbunden. Da die Hohlzylinder mit Wasser gefüllt
sind, tritt dieses auch in die sie verbindenden Siederöhren ein. Die Siederöhren
werden, wenn der Kessel geheizt wird, von den Flammen bestrichen, und es erfolgt in
ihnen deshalb eine schnelle Verdampfung. Der Kessel ist selbstverständlich nicht bis
oben hin gefüllt und darum bleiben auch die oberen Siederöhren wasserlos. Da sie
aber von den Flammen ebenfalls berührt werden, erfolgt in ihnen eine Trocknung,
unter Umständen sogar eine Ueberhitzung des Dampfes.
Der Hohlraum inmitten des Innenzylinders dient zum Einfüllen des Heizmaterials,
ähnlich wie bei einem Füllofen. Der Feuerrost ist leicht zugänglich. Der
Aschenkasten besitzt zwei nach unten schlagende Bodenklappen, welche das Reinigen
und die Regelung des Luftzuges erlauben. Die Beheizung des Kessels geschieht mit
Cokes oder Holzkohle, auch kann möglichst schlackenfreie Steinkohle Verwendung
finden. Die Hauptabmessungen des Kessels sind: Wasserraum 124 l, Dampfraum 51 l,
Rostfläche 0,3 qm,
vom Wasser berührte Heizfläche 5,7 qm, vom Dampf berührte Heizfläche 2,7 qm.
Am Kessel findet man die notwendigen Armaturen, nämlich die Feder belasteten
Sicherheitsventile, ein Manometer, Wasserstandsgläser und Probierhähne, Speiseköpfe,
Abblasehahn, die Spindelventile der Speisepumpen, das Hauptdampfventil des Motors,
Spindelventil zur Wagenheizung, zum Manometer, zum Ejektor, Hilfsgebläse und zum
Anwärmen des Speisewasservorrates. Ferner ist dort der Hahn für die Dampfpfeife und
das Dampfläutewerk.
Der Kessel ist imstande, ohne Verwendung des Hilfsgebläses in 60–70 und mit
Verwendung desselben in 30–40 Minuten Dampf von vorgeschriebenem Betriebsdruck zu
liefern.
Die Dampfentwicklung wird gefördert durch grosse Zylinderfüllung und Verstärkung des
Luftzuges durch Oeffnung des Drosselschiebers im Rauchkasten, ausserdem durch das
schon erwähnte Hilfsgebläse. Soll die Dampferzeugung herabgesetzt werden, so ist das
durch kleinere Zylinderfüllung, Schliessung des Drosselschiebers, Aufziehen der
Fallklappen des Aschkastens und reichliche Speisung des Kessels zu erreichen. Der
Kessel muss, da er nur einen kleinen Wasserraum besitzt, recht gleichmässig gespeist
werden.
Der Dampfmotor ist auf der einen Seite am Wagengestell nachgiebig aufgehängt und auf
der anderen auf der Triebachse des Wagens gelagert. Die zweizylindrig ausgeführte
Maschine arbeitet nach dem Verbundsystem. Der Hochdruckzylinder hat 116, der
Niederdruck 170 mm Bohrung. Der Hub beider ist 140 mm. Beide Zylinder haben
Dampfmäntel. Der Dampf strömt zunächst in den Mantel des Hochdruckzylinders, kommt
dann durch den Schieberkasten in den Hochdruckzylinder, tritt von hier in den
Schieberkasten des Niederdruckzylinders, und in letzteren, um endlich aus dem
Niederdruckzylinder in dessen Dampfmantel und von dort in die Auspuffleitung zu
strömen.
Die Kurbelversetzung beträgt 90°. Um das Anfahren zu erleichtern, kann auch der
Niederdruckzylinder unmittelbar mit Kesseldampf gespeist werden. Zu diesem Zweck
braucht nur ein dem Führer zugänglicher Schieber umgestellt zu werden. Nach
erfolgter Umstellung tritt der Kesseldampf in den Dampfmantel des
Hochdruckzylinders, von dort, wie schon oben erwähnt, in dessen Schieberkasten,
ausserdem kann der Dampf aus dem Mantel des Hochdruckzylinders auch unmittelbar zum
Schieberkasten des Niederdruckzylinders strömen. Der Auspuffdampf des
Hochdruckzylinders fliesst unmittelbar in den Auspuffkanal.
Die höchst zulässige Tourenzahl ist 6–800.
Die Drehbewegung wird von der Motorwelle auf die Triebachse des Wagens unter
Vermittlung einer Vorgelegwelle übertragen. Auf der Motorwelle sind zwei Zahnräder
von verschiedenem Durchmesser angebracht. Zwischen beiden liegt eine Klauenkupplung.
Je nachdem man diese Kupplung in Mittelstellung lässt oder nach der rechten oder
linken Seite verschiebt, ist der Motor vom Wagen losgekuppelt (Leerlauf), bezw. die
kleine oder grosse Geschwindigkeit eingerückt. Die Zahnräder auf der Motorwelle
kämmen mit Stirnrädern, die auf der Vorgelegwelle befestigt sind. Von der
Vorgelegwelle endlich erfolgt die Kraftübertragung zur Triebachse des Wagens durch
ein kräftiges Stirnrad. Der ganze Mechanismus ist eingekapselt. Die Umschaltung der
Geschwindigkeiten wird durch einen am Regulierständer des Führerstandes angebrachten
Schalthebel vorgenommen. Die Dampfzylinder und Schieber des Motors haben
Zentralschmierung unter Vermittlung einer mechanisch angetriebenen Oelpresse. Die
Zahnräder laufen im Oelbad. Die Zylinder besitzen Sicherheitsventile, um das
Kondenswasser herauszulassen. Die Ausblasehähne, welche zur Entwässerung der
Zylinder und der Schieberkästen dienen, werden durch einen neben dem Regulierständer
befindlichen Hebel betätigt.
Die Dampfeinströmung wird durch einen Regulierschieber geregelt.
In das Dampfzuleitungsrohr ist ausserdem ein Absperrhahn eingeschaltet. Dieser Hahn
kann unter Vermittlung eines Gestänges von der dem Führerstand entgegengesetzt
liegenden Stirnwand des Wagens geschlossen werden. Beim Rückwärtsfahren ist daher
der an der anderen Stirnwand im Gepäckraum sitzende Zugführer in der Lage,
unabhängig vom Maschinisten den Dampfzufluss zu hemmen. Da im Gepäckraum auch noch
eine Bremsspindel angebracht ist, kann durch den Zugführer der Wagen stillgestellt
werden.
An dem schon erwähnten Regulierständer befinden sich drei Hebel Der rechts liegende
dient zur Steuerung der Maschine für Vorwärts- und Rückwärtsgang, mit ihm wird auch
die Füllung eingestellt. Es sind Rasten für Füllungen von 30, 40, 50, 60 und 70 v.
H. vorgesehen.
Der Mittelhebel betätigt die Kupplung zwecks Einschaltung der verschiedenen
Uebersetzungen.
Der linke Hebel endlich erlaubt es, beim Anfahren den Niederdruckzylinder mit
Kesseldampf zu speisen und so den Motor als Zwillingsmaschine laufen zu lassen.
Die Speisepumpen sind so bemessen, dass jede einzeln den Wasserstand im Kessel zu
halten imstande ist. Die Dampfzylinder der Speisepumpen haben kleine
Zentralöler.
Die Oelzufuhr bei der Zylinderschmierung kann durch Einstellen des Presskolbens auf
grossen oder kleinen Hub und noch in anderer Weise geregelt werden.
Der Wagen hat eine Hand- resp. Luftbremse mit acht Bremsklötzen. Im Notfalle kann der
Führer auch Gegendampf geben.
Die Geschwindigkeit dieses Dampftriebwagens ist je nach dem für die besprochenen
Zahnräder gewählten Durchmesser bei der kleinen Uebersetzung etwa 28, bei der
grossen 50 km i. d. Stunde. Durch entsprechende Wahl der Zahnräder können die
Geschwindigkeiten jedoch auch anders festgelegt werden. Dieser Dampftriebwagen ist
nicht etwa dazu bestimmt, die Lokomotiven zu verdrängen, er dürfte sich aber für
solche Strecken besonders gut eignen, bei denen sich der Lokomotivbetrieb als
unwirtschaftlich erweist.