Titel: | Einige bemerkenswerte Neuerungen auf der Ausstellung zu Mailand 1906. |
Autor: | Georg von Hanffstengel |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 17 |
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Einige bemerkenswerte Neuerungen auf der
Ausstellung zu Mailand 1906.
Von Georg von Hanffstengel,
Stuttgart.
(Schluß von S. 6 d. Bd.)
Einige bemerkenswerte Neuerungen auf der Ausstellung zu Mailand
1906.
Werkzeugmaschinen waren in großer Zahl ausgestellt,
doch handelte es sich, wie schon erwähnt, fast durchweg um bekannte Konstruktionen.
Die größten und eigenartigsten Maschinen rührten von Macchi & Passoni, Mailand her. Eine
Drehbank mit liegender Planscheibe wurde von dieser Firma in der Arbeitshalle im
Betrieb gezeigt. Die Bank gestattet bei vorgeschobenen Ständern, einen Durchmesser
von 2840 mm abzudrehen, bei ganz zurückgezogenen Ständern einen solchen von 3700 mm.
Die größte Höhe der Arbeitsstücke beträgt 1200 mm, die der drei Werkzeuge über der
Plattform 900 mm. Die Maschine ist auch mit allen Einrichtungen zum Fräsen großer
Zahnräder versehen. Der Antrieb geschieht durch zwei Elektromotoren. Die Fabrik
führt gegenwärtig eine Bank derselben Bauart aus, die Stücke von 6300 mm Durchmesser
abdreht.
Textabbildung Bd. 322, S. 17
Fig. 11.Fräsmaschine für Radiatoren von Collet & Engelhard.
Von der Ausstellung der Firma Collet & Engelhard, Offenbach a. M., mag die in Fig. 11 abgebildete Maschine für Bearbeitung von
Heizkörpergliedern (Radiatoren) Erwähnung finden. Die Maschine fräst die
Dichtungsflächen ab, bohrt die Löcher und schneidet, wenn erforderlich, Gewinde
gleichzeitig an beiden Enden vollkommen selbsttätig. Die Leistung wird zu 500
Radiatoren täglich angegeben.
Einige neue Maschinen führte die Naxos-Union, Frankfurt
a. M., im Betriebe vor. Besondere Beachtung verdient die
Spiralbohrerschleifmaschine, Fig. 12, deren
Eigentümlichkeit darin besteht, daß der Bohrer fest gelagert ist und sich nur
gleichmäßig um seine Achse dreht, während dem Schleifradsupport die zur
Hervorbringung des Hinterschliffes erforderliche eigentümliche Drehbewegung durch
eine Kurvenscheibe erteilt wirdD. R. P.
166460.. Diese Zerlegung der Bewegungen, die sonst beide dem
Bohrer übertragen werden, ist für die Güte der Arbeit jedenfalls von Vorteil. Der
Maschine wird nachgerühmt, daß sie genau zentrisch schleift und einen richtigen
runden Hinterschliff hervorbringt. Die Spitze wird durch ein in der Figur sichtbares
zweites Rädchen nach einem einstellbaren Anschlag ohne Umspannen des Bohrers
ebenfalls genau zentrisch geschliffen. Die abgebildete Maschine schleift Bohrer von
10–100 mm Durchm., eine kleinere Ausführung ist für 3½–32 mm Durchm. bestimmt.
Textabbildung Bd. 322, S. 17
Fig. 12.Spiralbohrerschleifmaschine der Noxos-Union.
Der in Fig. 13 und 14
dargestellte Büchsenschleifapparat derselben Firma ist so konstruiert, daß die
Spindel in radialer Richtung beim Stillstand schnell
verschoben und während des Ganges fein eingestellt
werden kann. Der Apparat besteht aus einem am Maschinengestell fest gelagerten
Mantel M, in dem sich der Hohlzylinder C befindet, der mittels des Zahnkranzes G von außen her in langsame Drehung versetzt wird. An
beiden Enden von C ist die Schleifspindel gelagert, und
zwar in den Schlitten S, die sich in Schlitzen des
Deckels durch die Zahnstangenstücke Z und die auf der
Spindel L befestigten Ritzel verschieben lassen. Um L in Drehung zu versetzen, dient bei Feineinstellung
die in dem festen Mantel M gelagerte Spindel L1, deren Mutter in den
Ring R eingreift und diesen achsial verschiebt, wenn
sie von außen mittels eines Schlüssels gedreht wird. In den Ring ist eine die
Spindel L umfassende Büchse B mit konischem Bund und ihr gegenüber ein konischer Ring K
eingesetzt. Beide werden durch eine Feder in R
hineingepresst und durch die Reibung verhindert, sich zu drehen.
Textabbildung Bd. 322, S. 18
Fig. 13.Büchsenschleifapparat der Naxos-Union.
Textabbildung Bd. 322, S. 18
Fig. 14.Büchsenschleifapparat der Naxon-Union.
Wenn daher die Büchse sich mit dem Ringe R verschiebt, so bewirkt der in B befestigte Stift T, welcher in eine schräge
Nut der Spindel L eingreift, eine Drehung der letzteren
und damit eine langsame Verschiebung der Schlitten S. Da L1 in
Ruhe bleibt, so kann dies während des Ganges der Maschine geschehen. Die
Grobeinstellung geschieht bei stillstehender Maschine dadurch, daß die Spindel L direkt mit einem Schlüssel gedreht wird. Die Büchse
B wird dabei durch den Stift T mitgenommen, die übrigen Teile der Feineinstellung
aber bleiben in Ruhe, da der durch die konischen Flächen hergestellte Reibungsschluß
überwunden wird.
Textabbildung Bd. 322, S. 18
Fig. 15.Konservendosen-Verschliessmaschine von Kircheis.
Die Ausstellung von Alfred H. Schütte umfaßte eine große
Sammlung amerikanischer Maschinen, unter denen die für Schnellarbeitsstahl gebauten
Cincinnati-Fräsmaschinen besonderes Interesse erregten. Erwähnt sei auch eine Maschine für
Riemenverbindung. Dieselbe versieht jedes Riemenende zunächst mit einer Reihe feiner
Löcher und führt in diese zwei Drahtspiralen ein, die dann ineinander gesteckt,
durch einen Stift miteinander verbunden und flachgedrückt werden.
Textabbildung Bd. 322, S. 19
Fig. 16.
Textabbildung Bd. 322, S. 19
Fig. 17.
Textabbildung Bd. 322, S. 19
Fig. 18.
Beachtenswert war ferner die Ausstellung von Erdmann
Kircheis, Aue in Sachsen. Diese Firma beschäftigt sich mit der Fabrikation
von Blechbearbeitungsmaschinen aller Art, führte aber in Mailand speziellere
Maschinen zur Herstellung von Konservendosen vor, weil die einschlägige Industrie in
Italien besonders verbreitet ist. Fig. 15–18 geben eine der ausgestellten Maschinen wieder, die
zum Verschließen der Dosen dient.
Textabbildung Bd. 322, S. 19
Fig. 19.Staubsauger von Borsig.
Auf anderen Spezialmaschinen werden zunächst die Zargen oder Rümpfe geschnitten,
gebogen, mit Längsfalz versehen und umgebördelt, und mit Hilfe von Stanzwerkzeugen
die Deckel hergestellt. Die zum Verschließen fertige Dose wird auf den unteren
Teller b1 gesetzt und
durch Drehen des Handgriffes a fest zwischen b1 und den oberen
Teller oder Verschlußkopf b, der sich in rascher
Rotation befindet, eingespannt, während die Rollenzange d und der Rollenhebel g zur Seite gedreht
sind. Sodann tritt die Zange d, in der zwei Rollen e gelagert sind, in Tätigkeit, indem sie gegen den
Dosenrand gedrückt wird. Die Rollen legen die Ränder von Dose und Deckel, zwischen
denen ein Gummifaden liegt, um und werden dann durch Zusammendrücken der Zange
einander genähert, so daß ein Falz nach Fig. 16
entsteht. Die Zange wird jetzt nach unten geführt und die Rollen schräg gestellt bis
zur Lage der Fig. 17, worauf sie zurückgezogen
werden. Jetzt kommt Rolle f zur Wirkung, die durch den
Handhebel g gegen den Dosenrand gedrückt wird und ihn
fest gegen den Mantel anlegt.
Die Teller lassen sich für einen neuen Dosendurchmesser leicht auswechseln. Die
Werkzeuge sind auf Schlitten h, i, k montiert und
können durch diese sowie mit Hilfe von Stellschrauben dem Durchmesser, der Höhe und
der Blechdicke der Dosen entsprechend eingestellt werden.
Auf der dargestellten Maschine können Dosen von 50–240 mm Durchm. und 35–500 mm
Höhe bearbeitet werden. Die Leistung soll bis zu 10000 Stück täglich betragen. Die
Antriebsriemenscheibe macht 400–500 Umdrehungen i. d. Min.
Besondere Erwähnung verdienen ferner die Ausstellungen von De
Fries & Co., Düsseldorf, Kirchner &
Co., Leipzig-Sellerhausen
(Holzbearbeitungsmaschinen), Stüssi & Zweifel, Mailand (amerikanische Maschinen), E. Casaleggio & Co., Vertreter von Teichert & Sohn,
Liegnitz (Holzbearbeitungsmaschinen).
Zum Schluß sei einer von A. Borsig, Berlin-Tegel,
vorgeführten EntstäubungseinrichtungD. R. P.
163308. gedacht, die auf einem völlig neuen Prinzip beruht und
anscheinend gute Resultate gibt. Abweichend von den amerikanischen Systemen arbeitet
diese Vorrichtung mit Preßluft. Der wichtigste Bestandteil, der Bläser, wird durch
Fig. 19 erläutert.
Von dem Druckschlauche aus gelangt die auf 5 bis 7 at komprimierte Luft in das Rohr
a und zu dem Dreiweghahn b. Dieser läßt einen Teil der Luft in das Rohr d übertreten, dessen Verlängerung das Mundstück umsäumt und mit feinen
Oeffnungen e versehen ist, aus denen die Luft austritt,
um den in dem Polster enthaltenen Staub zunächst gründlich aufzuwirbeln. Der Rest
der Luft tritt durch die Düse c in das Rohr g, reißt die darin befindliche Luft mit und übt daher
eine Saugwirkung aus, so daß der in f enthaltene Staub
fortgeführt wird. Durch Einstellen des Hahnes läßt sich der Vorgang regeln, auch
eine reine Blas- oder Saugwirkung herstellen.
Textabbildung Bd. 322, S. 19
Fig. 20.Teppichreinigung, System Borsig.
Der Abführungsschlauch mündet in ein mit porösem Stoff überzogenes Filter, in welchem
der Staub zurückbleibt, während die Luft durch den Ueberzug ins Freie tritt. Das
Filter wird durch Ausschütteln gereinigt. Es ist leicht zu transportieren
und wird in unmittelbarer Nähe des Arbeitsplatzes aufgestellt, während der
Kompressor mit Windkessel in der Regel feststeht und durch Rohr oder
Schlauchleitungen angeschlossen wird.
Die Abbildung Fig. 20 veranschaulicht den
Arbeitsvorgang. Der Abführungsschlauch ist hier nicht mit dem Filter verbunden und
der austretende staubhaltige Luftstrahl daher deutlich sichtbar.
Nach Mitteilungen von Eisenbahnbauinspektor Guillery in
„Glasers Annalen“ 1906 hat sich eine in Köln ausgeführte Probeanlage für
die Reinigung von Eisenbahnwagenpolstern sehr gut bewährt. Als besonderer Vorzug
gegenüber dem reinen Saugesystem wird hervorgehoben, daß die Leitung vom Kompressor
zur Arbeitsstelle beliebig lang ausgeführt werden kann, während dort die
Leitungslänge beschränkt ist, da bei zu enger Leitung die Druckdifferenz zur
Ueberwindung der Reibungswiderstände nicht ausreicht, und bei zu großem Durchmesser
des Rohres die Geschwindigkeit der Luft zu gering wird, so daß der Staub liegen
bleibt. Ein weiterer Vorteil ist, daß die Ecken des Abteils ausgeblasen werden und
der festsitzende Staub in Teppichen mittels Durchblasen von der Rückseite gelockert
werden kann.
Die Kompressoranlage war in Köln auf einem Güterwagen montiert, indessen wird
empfohlen, feststehende Anlagen zu verwenden und nach den für die Reinigung
bestimmten Gleisen hin Rohrleitungen zu legen.