Titel: | Elektrischer Vollportalkran mit Selbstgreifer der Maschinenfabrik Joh. Wilh. Spaeth auf der Bayrischen Landesausstellung in Nürnberg 1906. |
Autor: | K. Drews |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 86 |
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Elektrischer Vollportalkran mit Selbstgreifer der
Maschinenfabrik Joh. Wilh. Spaeth auf der Bayrischen Landesausstellung in
Nürnberg 1906.
Von K. Drews, Ingenieur.
(Schluß von S. 68 d. Bd.)
Elektrischer Vollportalkran mit Selbstgreifer.
Drehwerk. Das Drehen des Kranes wird durch einen
Elektromotor bewirkt, der bei 630 minutlichen Umdrehungen 8 PS leistet.
Er treibt mittels eines Schneckengetriebes ein Ritzel an, das mit dem festen
Zahnkranz kämmt (Fig. 3).
Die Gesamtübersetzung beträgt 1 : 304.
Rädertabelle des Drehwerkes.
Vorgelege
Teilung inmm
Zähnezahl
Teilkreis-durchm. inmm
Zahn-breitein mm
SchneckeSchneckenrad
t = 31,75
2gängig48
485
RitzelZahnkranz
16 π
12152
1922432
120100
Die vier zylindrischen Laufrollen haben einen Durchmesser von 400 mm.
Auf der Schnecken welle sitzt eine Keilnutenbackenbremse, die durch das Pedal u und Gestänge v betätigt
wird.
Ist der Kran außer Betrieb, so kann das Drehwerk festgebremst werden, indem man die
Oese w über das Pedal legt.
Motor- und Schneckenwelle sind durch eine elastische Kupplung verbunden, deren eine
Hälfte die Bremsscheibe bildet.
Nach Fig. 8
sind in der letzteren vier Löcher ausgespart, die durch Lederscheiben ausgefüllt
sind, während diese auf den Mitnehmerbolzen sitzen.
Da bei ungeschicktem Steuern infolge des großen Arbeitsvermögens der
herumschwenkenden Massen, wenn alle Triebwerkteile mit einander in starrer
Verbindung stehen, leicht Brüche zu befürchten sind, so ist stets eine gewisse
Nachgibigkeit im Drehwerk wünschenswert.
Bei dem vorliegenden Kran ist dies nach Fig. 9 dadurch bewirkt,
daß das Schneckenrad a nicht fest auf seine Welle
gekeilt ist, sondern nur durch Reibung mitgenommen wird.
Das Schneckenrad b bildet einen Hohlkegel, in den ein
Vollkegel, der auf der Schneckenradwelle mittels Feder und Nut befestigt ist, durch
eine kräftige Feder gepreßt wird. Diese Feder kann nun so eingestellt werden, daß
bei Ueberschreiten eines gewissen zulässigen Drehmomentes ein Gleiten zwischen den
Reibflächen stattfindet. Diese Nachstellbarkeit ist ein Vorzug vor anderen
gleichartigen Konstruktionen, bei denen sie in der Regel nicht vorhanden ist Der
Achsialschub der Schneckenwelle wird durch ein doppeltes Kugellager aufgenommen.
Schnecke und Schneckenrad befinden sich in einem staubdicht abgeschlossenen
Oelkasten. Die Schnecke ist aus Tiegelstahl, der Schneckenradkranz aus
Phosphorbronze, der Schneckenradkörper aus Gußeisen hergestellt.
Die Halslager der Schneckenradwelle sind als Ringschmierlager ausgebildet.
Textabbildung Bd. 322, S. 86
Fig 8. und 9.Schneckenkasten mit Motorkupplung und Bremsscheibe zum
Schwenkwerk.
a Zweigängige Schnecke; b
Schneckenrad t = 31,75 mm Z = 48.
Alle Lager des Drehwerkes haben Rotgußbuchsen. Hub- und Drehwerk sind auf einer
gemeinsamen gußeisernen Grundplatte montiert.
Fahrwerk. Für das Verfahren des Kranes ist, wie in Fig. 1 erkennbar, ein besonderer Elektromotor von 8
PS bei 680 minutlichen Umdrehungen vorhanden.
Wie schon oben erwähnt, befindet sich der Motor außerhalb des Führerhauses in der
Mitte des seitlichen Laufsteges; er steht auf einem gußeisernen Untersatz, der zwei
Ringschmierlager für die Längswelle von 50 mm Durchmesser enthält.
Der Fahrmotor treibt mittels eines Stirnradvorgeleges eine Längswelle an, deren
Bewegung durch Kegelräder auf zwei senkrechte Wellen übertragen wird.
Textabbildung Bd. 322, S. 87
Fahrwerk zum Vollportalkran von 3 t Tragfähigkeit.
Von diesen wird mittels je eines weiteren Kegelräderpaares und zwei Stirnradvorgelege
ein Laufrad des hinteren Radkastens und zwei Laufräder (Fig. 10–12) des
vorderen Radkastens angetrieben. Der ganze Kran ruht auf sechs Laufrädern, wovon,
wie aus Fig. 1 ersichtlich, der Radkasten an der
Auslegerseite vier enthält. Je zwei sind hier durch einen Balanzier wegen der
gleichmäßigen Verteilung des Raddruckes vereinigt.
Diese ganze Anordnung hat den Zweck, den Raddruck an der Auslegerseite möglichst
niedrig zu halten, damit der Kran auch auf einem nicht untermauerten Schienenwege
laufen kann.
Rädertabelle des Fahrwerkes.
Vorgelege
Teilung inmm
Zähnezahl
Teilkreis-durchm. inmm
Zahn-breitemm
MotorritzelRad
7 π
1680
112560
6565
1. Kegelräderpaardoppelt
12 π
1625
192300
7575
2 Kegelräderpaardoppelt
12 π
1625
192300
7575
Trieb doppeltRad „
10 π
1650
160500
8080
Trieb doppeltRad dreifach.
10 π
3050
300500
8080
Durchmesser der Laufräder: 550 mm.
Alle Zahnräder, mit Ausnahme des Motorritzels, dessen Material Bronze ist, sowie die
Laufräder sind aus Stahlguß hergestellt.
Die Zahnräder haben gechnittene Zähne.
Auch hier sind alle Lager mit Rotgußschalen versehen.
Das Gewicht des ganzen Kranes ohne Greifer beträgt ungefähr 32000 kg.
Elektrische Ausrüstung. Diese ist von den Siemens-Schuckertwerken geliefert worden.
Die Motoren sind gekapselte Hauptstrommotoren für 220 Volt Spannung.
Es sind nur zwei Steuerschalter vorhanden, die durch einen einzigen Hebel
mittels Universalantriebes betätigt werdenD. p.
J. 1906 321, S. 36..
Dreh- und Fahrmotor haben eine gemeinsame Steuerwalze, deren Verbindung mit dem
jeweilig arbeitenden Motor durch einen Umschalter hergestellt wird.
Für die Hubbewegung ist ein Endausschalter vorgesehen, der durch eine Wandermutter
auf einer Verlängerung der Hubtrommelwelle betätigt wird und ein Zuhochziehen der
Last verhindert.
Das Schaltbrett enthält Strom- und Spannungsmesser, Hebelschalter, Schmelzsicherungen
und außerdem einen Maximalausschalter. Dieser arbeitet besser als die Sicherungen;
außerdem bietet er Schutz gegen Zufälligkeiten, die die Stabilität des Kranes
gefährden könnten.
Eine Ueberschreitung der Höchstlast wird in der Regel nicht so sehr zu befürchten
sein, wie ein Sichfestsetzen der zu hebenden Last oder des Hakens unter einem festen
Gegenstand, etwa der Schiffsluke.
Ehe die Schmelzsicherungen durchbrennen, kann das Unglück schon geschehen sein.
Der Maximalausschalter kann indes so eingestellt werden, daß der Stromkreis
unterbrochen wird, ehe der Ankerstrom eine die Stabilität des Kranes gefährdende
Höhe erreicht hat.
Fig. 13 zeigt das Schaltungsschema des Kranes.
An dem Portal befindet sich ein Stöpselkontakt a, an den
das Zuleitungskabel angeschlossen wird. Von a führt ein
Kabel durch den hohlen Königszapfen an die beiden Schleifringe + und –.
Von dort über den Hebelschalter zu den Verteilungsschienen am Schaltbrett, von denen
wiederum zwei Leitungen zu den beiden Steuerwalzen führen.
In den Stromkreis des Hubmotors ist der Endausschalter eingefügt, der für gewöhnlich
geschlossen ist.
In der Hubperiode ist der Stromverlauf dann nach Fig.
13 folgender: von der Plus-Schiene des Schaltbretts an den Kontakt P der Hubwalze, von Kontakt I über den Endausschalter zur Klemme I des
Motors; von Klemme II zu Kontakt II. Dann durch die Leitungen V–V und VI–VI über den Motor zurück zur
Hubwalze und in die Minus-Schiene des Schaltbrettes. Der Stromkreis des
Bremsmagneten zweigt von der Leitung V–V ab, geht
zurück über den Endausschalter zum Kontakt B und von
dort über VI in die Minus-Leitung. Die Kontakte Ia und Ba bleiben hierbei
tot.
Der Bremsmagnet liegt also im Nebenschluß. Wird nun der Endausschalter von dem
Auslösmechanismus betätigt, so wird sowohl der Stromkreis des Motors wie derjenige des Bremsmagneten
unterbrochen: die Last wird selbsttätig ohne Zutun des Führers festgebremst.
Textabbildung Bd. 322, S. 88
Fig. 13.Schaltungsschema.
A Amperemeter; B Bremsmagnet; V
Voltmeter; Dm Drehmotor; Hm Hubmotor; Km Kranfahrmotor; U Umschalter; W
Hubwalze; W1 Dreh- und Kranfahrwalze; b Automatische Sicherung; c Hebelschalter;
d Endausschalter für Heben.
Dies ist auch der Grund für das Vorhandensein der elektromagnetischen Bremse, die
sonst zu entbehren wäre.
Durch Umsteuern des Motors auf Senken erhalten Motor und Bremsmagnet auch bei
geöffnetem Endausschalter Strom, indem nun der Strom anstatt über I und B, über Ia und Ba geht.
Durch Zurückgehen der Wandermutter beim Senken wird dann der Endausschalter wieder
selbsttätig geschlossen.
Die Stromverbindung zwischen dem Fahrmotor und seiner Steuerwalze erfolgt durch den
Umschalter über die vier Schleifringe am Königszapfen.
Es sind vier Zuleitungen nötig, da der Motor reversierbar ist.
Die sechs Schleifringe befinden sich über dem Fußboden des Führerhauses auf dem
Königszapfen und sind durch einen Schutzkasten gegen zufällige Berührung geschützt.
Die Stabilität des drehbaren Teiles, die durch ein Gegengewicht von 5000 kg erhöht
ist, ist noch bei einer Nutzlast von 4500 kg gewahrt, ohne daß der Königszapfen auf
Biegung beansprucht wird.
Die Stabilität des ganzen Kranes ist noch bei einer Last von 6000 kg am Haken
gesichert.
Der Kran macht nach Formgebung, Anordnung und Ausführung aller seiner Teile einen
vortrefflichen Eindruck.
Die reichlichen Abmessungen und genaue Bearbeitung der laufenden Teile gewährleisten
geringen Verschleiß und ruhigen Gang.
Erschütterungen, denen ein Kran bei knappen Abmessungen, namentlich der
Eisenkonstruktion ausgesetzt ist, machten sich beim Arbeiten mit der Höchstlast nur
in ganz geringem Maße bemerkbar, wobei noch in betracht zu ziehen ist, daß der Kran
bei der Vorführung in Nürnberg überlastet war, indem der Greifer nicht Kohlen,
sondern Sand faßte.
Die Einleitung aller Bewegungen ging in sanfter, stoßloser Weise vor sich.
Auf wirksame Schmierung und leichte Zugänglichkeit aller Teile ist besondere Sorgfalt
verwandt worden.