Titel: | Graphodynamische Untersuchung einer Heusinger-Joy-Steuerung. |
Autor: | Eduard Dafinger |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 166 |
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Graphodynamische Untersuchung einer
Heusinger-Joy-Steuerung.
Ein Beitrag zur Erkenntnis der
Bewegungsverhältnisse der Steuerungsgetriebe.
Von Dipl.-Ing. Eduard Dafinger,
München.
(Fortsetzung von S. 138 d. Bd.)
Graphodynamische Untersuchung einer
Heusinger-Joy-Steuerung.
Fig. 20. Gegeben ist die Beschleunigung Fj, und gesucht wird
die Beschleunigung des Punktes T. Diese Beschleunigung
Tj würde sich sehr
einfach aus der Beziehung ergeben:
ΔGTTj∾ ΔGFFj.
Textabbildung Bd. 322, S. 166
Fig. 20.
Die daraus abgeleitete Konstruktion ist jedoch hier nicht ausgeführt, da es in diesem
ganz speziellen Fall Fig. 20. für die Genauigkeit
der Resultate von Vorteil ist Normalbeschleunigung und Tangentialbeschleunigung
einzeln zu bestimmen und hernach geometrisch zu addieren. Das führt zu der folgenden
Konstruktion.
Tj setzt sich aus der
Tangentialbeschleunigung Tt und der Normalbeschleunigung Tn zusammen. Die letztere kann nach Fig. 10 bestimmt werden, da die Geschwindigkeit Tt bekannt ist. Die
Tangentialbeschleunigung Tt kann nach der Gleichung
Tt= GT . ε
bestimmt werden, wobei ε die
Winkelbeschleunigung des Systems FGT ist. Diese
Winkelbeschleunigung wird aus der bekannten Tangentialbeschleunigung des Punktes F bestimmt. Es ist:
ε = Ft
: GF.
Somit ergibt sich für
T_t=G\,T\cdot \frac{F_t}{G\,F}=F_t\cdot \frac{G\,T}{G\,F}.
Tt wird an T so angetragen, daß sie der
Richtung der Winkelbeschleunigung entspricht und dann mit der Normalbeschleunigung
TT'' zur Resultierenden Tj zusammengesetzt. Tj ist die gesuchte
Beschleunigung des Punktes T.
Fig. 21. Die bis jetzt noch nicht behandelten
Steuerungsteile erhalten einen doppelten Antrieb; einesteils durch den um G drehbaren mit FG fest
verbundenen Hebel GT und andernteils durch den
Kreuzkopf im Punkte O. Die Beschleunigungen von T und O sind gegeben; es
sollen die Beschleunigungen der Punkte H, I, L, M und
N gesucht werden. Zur Lösung dieser Aufgabe wird
der folgende Weg eingeschlagen.
Man denke sich zuerst das Gelenk F gelöst, so daß das
System FGT sich um G frei
drehen kann, ohne auf das Getriebe eine Bewegung einzuleiten.
Textabbildung Bd. 322, S. 166
Fig. 21.
Ferner denke man sich bei dem Punkte M eine Bewegung so
eingeleitet, daß M sich ohne Beschleunigung mit der
konstanten Geschwindigkeit Mv bewegt, Mv
ist die Geschwindigkeit des Punkte; M, die er als Punkt
des Steuerungsgetriebes augenblicklich hat. An den momentanen Geschwindigkeiten der
übrigen Gelenkpunkte, einschliesslich des Punktes T
wird dadurch nichts geändert, während die Beschleunigungen dieser Punkte
ausschließlich des Punktes O im allgemeinen andere sein
werden als unter der ursprünglichen Voraussetzung, daß die zweite Bewegung durch das
System FGT eingeleitet wird. Die Beschleunigungen, die den
Punkten I, H, L, N und T
erteilt werden, wenn in M eine Bewegung von der
konstanten Geschwindigkeit Mv in das Getriebe eingeleitet wird, sollen in den folgenden Fig. 22–24 bestimmt
werden.
Textabbildung Bd. 322, S. 167
Fig. 22.
Fig. 22. Gegeben ist die Beschleunigung des Punktes
O und gesucht werden die Beschleunigungen der
Punkte N und L. Ferner ist
noch bekannt, daß M sich mit konstanter Geschwindigkeit
bewegt. Nach Fig. 11 trägt man Oj in N parallel an und fügt daran ihrer Richtung und Größe
nach die Normalbeschleunigung der Relativbewegung des Punktes N um O.
Textabbildung Bd. 322, S. 167
Fig. 23.
Textabbildung Bd. 322, S. 167
Fig. 24.
Durch den Endpunkt N''' des so
erhaltenen Linienzuges NO'jN''' wird ein Lot auf NO gefällt, das der erste geometrische Ort I für Nj' ist. Der zweite geometrische Ort II ist das Lot in N' auf
MN, wobei NN' die
Normalbeschleunigung der Relativbewegung des Punktes N
um M ist. Das Aufsuchen der Normalbeschleunigungen der
Relativbewegungen ist in Fig. 11 erläutert. Die
Verbindungslinie des Schnittpunktes von I und II mit N gibt die gesuchte
Beschleunigung Nj'.
Textabbildung Bd. 322, S. 167
Fig. 25.
Die Konstruktion der Beschleunigung von L geschieht nach
Fig. 14 und gestaltet sich hier sehr einfach, da
die Beschleunigung von M = O ist. Der Endpunkt von Nj' wird mit M verbunden und bis zu dieser Verbindungslinie durch
L eine parallele Gerade zu Nj' gezogen, die dann ihrer Größe und
Richtung nach die gesuchte Beschleunigung Lj' des Punktes L
ist.
Fig. 23. Gegeben ist die Beschleunigung des Punktes
L. Es sollen die Beschleunigungen der Punkte I und H bestimmt werden.
Dabei sei darauf hingewiesen, daß auch diese Figur mit der vorstehenden und der
folgenden in keinem Zusammenhang steht, daß die gegebenen Geschwindigkeiten und
Beschleunigungen, sowie die gegenseitige Lage der Stangen mit Rücksicht auf die
Erzielung einer deutlichen Figur frei gewählt wurden. Die Bestimmung der gesuchten
Beschleunigungen wird nach Fig. 13 durchgeführt. Lj' wird parallel an
I angetragen und daran die Normalbeschleunigung der
Relativbewegung des Punktes I um L gefügt. Im Endpunkte L''' dieses Linienzuges IL'j'L''' wird ein Lot auf
LI errichtet das der erste geometrische Ort I für Ij' ist. Die Normalbeschleunigung der Drehung von I um K wird nach Fig. 10 bestimmt und ist Größe und Richtung nach II''. Ein Lot in I'' auf
IK ist der zweite geometrische Ort II für die gesuchte Beschleunigung Ij'.
Um Hj' zu finden, wird
nach Fig. 13 der Endpunkt der Beschleunigung Ij' mit dem Endpunkt
der Beschleunigung Hj'
verbunden und diese Verbindungslinie in dem gleichen Verhältnis geteilt, in welchem
der Punkt H die Strecke IL
teilt. Die Verbindungslinie des Teilpunktes mit H ist
die gesuchte Beschleunigung Hj'.
Fig. 24. Gegeben ist die Beschleunigung des Punktes
H und gesucht soll diejenige des Punktes T werden. Nach Fig. 13
trägt man Hj' an T parallel an und fügt an H'j' die Normalbeschleunigung der
Relativbewegung des Punktes T um H. Im Endpunkte H''' des
so erhaltenen Linienzuges TH'j'H''' wird ein Lot auf HT errichtet, das der erste geometrische Ort I für Tj' ist. Die Normalbeschleunigung der Drehung von T um G wird nach Fig. 10 bestimmt und ist TT''. Das Lot in T'' auf GT ist der geometrische Ort II für die gesuchte Beschleunigung Tj'. Die Verbindungslinie des Schnittpunktes von I und II mit T ist die Beschleunigung des Punktes T.
Textabbildung Bd. 322, S. 168
Fig. 26.
Fig. 25. Die in den vorstehenden Figuren bestimmten
Beschleunigungen der Punkte T, H, I, L und N sind unter der Annahme gefunden, daß man in das
Getriebe zwei Bewegungen einleitet, und zwar bei M die
konstante Geschwindigkeit Mv und bei dem Punkte O eine Bewegung von der
Geschwindigkeit Ov und
der Beschleunigung Oj.
Die Bewegung sämtlicher Punkte wird die gleiche bleiben, wenn man sich nicht in M die gleichförmige Bewegung, sondern bei T die Bewegung von der Geschwindigkeit Tv und der
Beschleunigung Tj'
eingeleitet denkt. Wäre nun zufällig Tj'
= Tj, so könnte man den
Hebel GF im Punkte F mit
der Stange EF wieder gelenkig verbinden. Die
Beschleunigungen Tj'
und Tj haben aber die
gleiche Normalbeschleunigung TT', denn diese hängt nur
von der Geschwindigkeit Tv und dem Krümmungshalbmesser TG der Bahn des
Punktes T ab; und diese beiden Größen sind durch die
Lösung des Gelenkes in F nicht beeinflusst worden. Um
also für den Punkt T die gleiche Bewegung zu erhalten,
wie er sie tatsächlich durch das System FGT erteilt
bekommt, muß der oben bestimmten Bewegung des losen Hebels noch eine zusätzliche
Tangentialbeschleunigung von der Größe Tj'Tj erteilt werden, die so gerichtet ist, dass sie mit
Tj' geometrisch
zusammengesetzt die Beschleunigung Tj ergibt. Diese zusätzliche Tangentialbeschleunigung
wird die Beschleunigungen sämtlicher Gelenkpunkte ausschließlich des Punktes O ändern, so daß auch die Beschleunigung des Punktes
M statt Null eine bestimmte Größe werden wird.
Fig. 26. Gegeben sind die in den vorigen Figuren
gefundenen Beschleunigungen der Gelenkpunkte T, I, H, L,
M und N, sowie die Beschleunigung Oj. Das sind die
Beschleunigungen, wenn bei T die Geschwindigkeit Tv und die
Beschleunigung Tj', sowie bei O die
Kreuzkopfbewegung eingeleitet wird. Dem Punkte T wird
die zusätzliche Tangentialbeschleunigung Tj'' erteilt. Es sollen die dadurch zu den in
dieser Figur gegebenen Beschleunigungen hinzukommenden Beschleunigungskomponenten
bestimmt werden. Diese Beschleunigungskomponenten werden nach Fig. 12 wie Geschwindigkeiten behandelt und demgemäß
aufgesucht. Punkt O wird dabei als fester Punkt
gedacht. Die Polstrahlen des Getriebes sind in Fig.
7 schon bestimmt worden. Die Tangentialbeschleunigung Tj'' wird auf dem
Polstrahl GT des Systems HT abgetragen und durch den Endpunkt T' der
lotrechten Tangentialbeschleunigung TT' eine parallele
Gerade zu HT gezogen. Diese schneidet auf dem Polstrahl
HP2 die lotrechte
Tangentialbeschleunigung HH' ab. Eine parallele Gerade
durch H' zu IL gibt auf
IP2 und LP2 die lotrechten
Tangentialbeschleunigungen II' und LL'. Durch L' wird noch
eine parallele Grade zu MN gezogen, die auf MP1 und NP1 die lotrechten
Tangentialbeschleunigungen der Punkte M und N abschneidet. Ebenso wie bei den Geschwindigkeiten
werden die lotrechten Tangentialbeschleunigungen senkrecht zum Polstrahl so
angetragen, daß sie mit der jeweiligen Ausgangsgröße das betreffende System in
derselben Drehrichtung um den Pol beschleunigen. Die so gefundenen Beschleunigungen
sind Hj'', Ij'', Lj'', Mj' und Nj''.
Textabbildung Bd. 322, S. 168
Fig. 27.
Fig. 27. In dieser Figur werden die in den beiden
vorhergegangenen Fig. 25 und 26 eingezeichneten Beschleunigungskomponenten j' und j'' zur
resultierenden j zusammengesetzt. Diese Resultierende
ist dann die Beschleunigung der Punkte I, H, L, M und
N, wenn bei T die
Bewegung des Systems FGT und beim Punkte O die Kreuzkopfbewegung gleichzeitig in das Getriebe
eingeleitet wird.
Damit ist der zweite Teil der Aufgabe gelöst. Danach ist es möglich, zu den im
ersten Teil gefundenen Geschwindigkeiten die jeweiligen Beschleunigungen den ganzen
Steuerungsgetriebes zu bestimmen. Es bleibt nun nur noch übrig die Untersuchung
der Massenwirkung des bewegten Steuerungsgetriebes.
(Fortsetzung folgt.)