Titel: | Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem Gebiete der Zuckerfabrikation im Jahre 1906. |
Autor: | A. Stift |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 326 |
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Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem
Gebiete der Zuckerfabrikation im Jahre 1906.
Von A. Stift,
Wien.
(Schluß von S. 316 d. Bd.)
Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem Gebiete der
Zuckerfabrikation im Jahre 1906.
In der an den Ausführungen von Mareš sich
anschließenden Debatte werden von verschiedenen Seiten die Vorzüge der Weston-Zentrifuge hervorgehoben. Solta bezeichnet die Arbeit mit dieser Zentrifuge als
ideal, reinlich und wirtschaftlich, wie er auch der Ansicht ist, daß dieselbe sich
am besten für die Rohzuckerfabriken eignet, wo zumeist nicht derart geschulte
Arbeiter wie in den fast das ganze Jahr arbeitenden Raffinerien zur Verfügung
stehen. Goller hat die Erfahrung gemacht, daß sich die
Arbeiter sehr rasch an die Behandlung der Zentrifuge gewöhnt haben, und daß die
Ersparnis an Lohn für 1 Meterzentner Zucker auf die Hälfte und sogar noch niedriger
der früheren Lohnauslagen bei den früheren Zentrifugen gesunken ist. Ferner scheint
auch die Abnutzung und die Notwendigkeit von Reparaturen bei dieser Zentrifuge
geringer als bei der Hampl-Zentrifuge zu sein, wie auch
der bedeutend geringere Preis in die Wagschale fällt. Dagegen dürfte aber bei der
Hampl-Zentrifuge die Lohnersparnis eine größere
sein, weil dieselbe wohl mehr in derselben Zeit als die Weston-Zentrifuge leisten dürfte. Ferner ist auch die Hampl-Zentrifuge dadurch im Vorteil, daß die Entleerung
im Laufen möglich ist, während die Weston-Zentrifuge
behufs vollständiger Entleerung gebremst und zum Stillstand gebracht werden
muß. Mandelik hat die Erfahrung gemacht, daß die Weston-Zentrifuge außerordentlich dauerhaft ist, denn
bei 13 Zentrifugen waren innerhalb sieben Jahren Reparaturen nur an zwei Friktionen
und einer Achse notwendig.
Die Hampl-Zentrifuge (D. R P. No. 139548) stellt
gegenüber der Weston-Zentrifuge einen Fortschritt
dadurch vor, daß hier die Betriebspausen möglichst verkürzt sind und die bei den
üblichen Zentrifugen mit unterer Entleerung unvermeidliche, anstrengende Handarbeit,
welche mit dem Herausschaffen des Schleudergutes aus der Lauftrommel verbunden ist,
gänzlich vermieden wird. Die Zentrifuge besitzt eine Schleudertrommel mit glattem,
kegelförmig sich nach unten erweiterndem Mantel, welche nach Art der bekannten
periodisch arbeitenden Schleudermaschinen (mit Entleerung von Hand) eine größere
Menge Füllmasse auf einmal aufzunehmen imstande ist. Diese Füllmasse wird in der
Trommel so lange geschleudert, bis der Arbeiter den richtigen Augenblick für die
Entleerung ersehen hat und nun durch Verschiebung des Tellerbodens auf der Spindel
die Trommel an ihrem unteren Rande öffnet, wodurch die ganze fertiggeschleuderte
Masse auf einmal zur Entleerung gebracht wird.
Fig. 5
zeigt schematisch die Lauftrommel mit dem zugehörigen Verschlußhebelwerk und Fig. 6 eine
an zwei gegenüberliegenden Stellen des unteren Trommelflansches wirkende
Zweiklotzbremse.
Textabbildung Bd. 322, S. 327
Wird die Zentrifuge, wie üblich, bei laufender Trommel gefüllt, und ist sodann das
Schleudergut genügend von dem Ablauf befreit, so wird die Trommel nach Abstellung
des Antriebes durch Andrücken des Hebels A (Fig. 6) der
Bremse teilweise abgebremst und sodann der Schläger b
(Fig.
5) auf den Stempel c umgelegt. Hierdurch werden
bei Ueberwindung der Feder d die Hakenhebel e niedergedrückt, und die Haken f lassen den Rand des Trommelbodens g los,
wodurch dieser durch sein Eigengewicht zum Fallen gebracht wird. Beim
fortschreitenden Fallen dieses Trommelbodens erfaßt sein Rand h die Gegenhaken i, und
nimmt der Boden, durch diese am weiteren Fallen verhindert, an der Trommeldrehung
wieder teil. Dadurch wird die Trommel unten geöffnet, das geschleuderte Gut rutscht
an den kegelförmigen Siebwänden derselben nach abwärts, wird durch den gesenkten,
sich drehenden Trommelboden herausgeschleudert und fällt durch das
Zentrifugengestell in einen untergestellten Wagen oder auf eine mechanische
Transportvorrichtung. Beim Schleudern von klebrigen Füllmassen tritt außerdem der
Stoßring x in Wirksamkeit, welcher durch Stangen y mit dem Trommelboden verschiebbar verbunden ist. Wird
der Trommelboden durch den beschriebenen Vorgang zum Fallen gebracht und bleibt der
Ring noch auf der klebrigen Masse in seiner oberen Lage sitzen, so gleiten die
Stangen mit ihren abgeschwächten unteren Enden in entsprechenden Löchern des
Trommelbodens so lange, bis dieser auf die festen Muttern z anstößt und den Stoßring x und somit
mittelbar die geschleuderte Masse durch seine lebendige Kraft herunterreißt. Die
derart gelockerte Masse wird sodann durch die Zentrifugalkraft aus der Trommel
getrieben. Unmittelbar nach der Entleerung wird durch Niedertreten des Drückers k der Doppelhebel l
bewegt, welcher durch Vermittlung von Zugstangen n den
geführten, nicht drehbaren Ring m mit dem nunmehr
auf demselben gleitenden Trommelboden g gegen die
Lauftrommel so weit anhebt, bis die Haken f in den Rand
q desselben einschnappen und die Lauftrommel nach
unten vollständig abgeschlossen ist Bei eingesetztem Stoßring x wird dieser mittels der mit dem dickeren Oberteil auf
dem Trommelboden aufsitzenden Stangen y durch diesen in
seine höchste Lage emporgehoben. Nunmehr wird die Zentrifuge zum vollen Laufe
gebracht und gleichzeitig frisch gefüllt. Diese beschriebenen Vorgänge folgen so
rasch aufeinander, daß die Zentrifuge nur während der Zeit nicht voll arbeitet,
welche zur frischen Füllung der Trommel durch Einlaufenlassen des Schleudergutes
notwendig ist.
Textabbildung Bd. 322, S. 327
Fig. 7.
Die Zweiklotzbremse (Fig. 6) bezweckt das
Anbremsen der Lauftrommel durch das gleichzeitige Andrücken zweier einander
gegenüberliegender Bremsklötze gegen den Rand der Trommel oder durch einen eigenen
Bremsring derart, daß kein Seitendruck auf die Lagerung der Trommel entsteht und
somit eine ungleichmäßige Abnutzung des Halslagers vermieden wird. Das geschieht
dadurch, daß durch das Andrücken des Doppelhebels A der
Bremsklotz B direkt dem Trommelrand bezw. Bremsring
genähert wird. Gleichzeitig wird durch die in ihrer Mitte ringförmig ausgestaltete
Zugstange C der Winkelhebel D angezogen, und der Bremsklotz E von der
anderen Seite gegen den Trommelrand gepreßt. Durch genaues Einhalten des
Längenverhältnisses der Hebelarme (M : N = O : P)
werden beide Bremsklötze ganz gleichmäßig gegen den Trommelrand gepreßt. Das
Gegengewicht F entfernt wieder die Bremsklötze vom
Trommelrand, sobald der Hebel A nicht mehr in Tätigkeit
ist.
HudecZeitschrift für
Zuckerindustrie in Böhmen, 30, Jahrgang, 1906, S. 550.
fällt über die Leistung der Hampl-Zentrifuge ein sehr
günstiges Urteil. Anfangs lagen wohl verschiedene Unannehmlichkeiten vor, welche
aber nicht der Konstruktion selbst, sondern der liefernden Maschinenfabrik
zugeschrieben werden mußten. Als diese Mängel abgestellt waren, arbeiteten die
Zentrifugen glatt und ohne Anstand. In einer Stunde schleuderte der Arbeiter 25
bis 28 (bei guter Füllmasse und geschicktem Arbeiten auch mehr) Füllungen zu 2
Meterzentnern auf einer Zentrifuge aus. Wenn auf einer Zentrifuge in einer Stunde 25
Füllungen zu 2 Meterzentnern verarbeitet werden, so werden bei einer 20 stündigen
Arbeit – die übrige Zeit auf den Schichtenwechsel, das Auskühlen der Füllmasse etc.
gerechnet – im Tag 1000 Meterzentner Füllmasse verarbeitet. Daraus ist ersichtlich,
daß Hampls Voraussetzung, seine Zentrifuge von 200 kg
Füllung genüge für eine tägliche Verarbeitung von 5000 Meterzentnern Rübe,
vollständig zutreffend ist. Die Zentrifuge ermöglicht die Reinlichkeit der Arbeit,
wie ferner ein unbestrittener Vorteil für die Fabrik darin liegt, daß zum
Verarbeiten derselben Füllmassemenge auf Hampl-Zentrifugen nur der dritte Teil der Leute und daher bloß ⅓ des
Arbeitslohnes als sonst nötig ist. Da ich Gelegenheit gehabt habe, die Arbeit der
Hampl-Zentrifuge in einer böhmischen Zuckerfabrik
in der vergangenen Kampagne verfolgen zu können, so kann ich aus eigener Wahrnehmung
das Urteil von Hudec bestätigen. Die Zentrifugen
arbeiteten außerordentlich präzise, die Entleerung des Zuckers ging mit einem Schlag
vollständig vor sich, die Bedienung der Zentrifugen besorgte ebenfalls nur der
dritte Teil der Arbeiter und die ganze Station zeichnete sich durch besondere
Reinlichkeit aus, alles Umstände, die sehr für diese Konstruktion sprechen.
Die Zentrifuge von FuchsZeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, 30. Jahrgang, 1906, S.
441 und 545. besteht aus einer Welle, auf welcher ein
Boden, ähnlich wie bei der Hampl-Zentrifuge, sich
bewegt, wobei die Bewegung des Bodens aber nicht mechanisch geschieht, sondern der
Boden mittels hydraulischer Pumpe gehoben wird. Wie aus der schematischen Zeichnung
(Fig. 7) ersichtlich ist, so sitzt auf der
Zentrifugenspindel a eine Riemenscheibe b, welche den Tauchkolben c aufnimmt. Der Tauchkolben wird durch aus einem Hochbehälter zugeführtes
Druckwasser gehoben, welches durch ein Rohr d in die
untere Bohrung der Spindel und durch einen Querkanal e
des letzteren in den in der Riemenschiebe b
ausgesparten Hohlraum strömt. Der Tauchkolben ist gegen die Spindel und gegen die
Innenwand der Riemenscheibe durch Ledermanschetten f
bezw. f1 abgedichtet.
In das obere Ende des Tauchkolbens ist eine Hülse g
eingeschraubt, welche die Spindel umgibt und deren Halslager h durchsetzt, während auf das obere Ende der Hülse ein Ring aufgeschraubt
ist, der auf den beweglichen Boden wirkt und denselben hebt, sobald Druckwasser
eingelassen wird. Auf dem Nabenteil der Riemenscheibe b
ist ein Lederring k angeordnet, um den beim Herabfallen
ausgeübten Stoß des Tauchkolbens auf die Nabe abzuschwächen. Die Führung auf der
Spindel wird durch Nute und Keil l besorgt. Diese
Führung, sowie das obere Halslager h der Spindel werden
mittels der Schmierbüchse m durch die hohe Spindel mit
konsistentem Fett geschmiert, während das obere Kugelhalslager aus einer Schmiervase
n Schmieröl erhält. Die Verwendung des Druckwassers
bringt nebenbei den Vorteil mit sich, daß der untere Teil der Spindel ständig kühl
gehalten wird, wodurch ein Verreiben des Fußlagers ausgeschlossen erscheint. Um die
Zentrifugentrommel zu schließen, braucht man bloß den Dreiweghahn o zu öffnen und das Druckwasser in die Spindelbohrung
treten zu lassen; dreht man den Hahn in eine zweite Stellung, so wird das Wasser
mittels Luftleere durch eine Luftpumpe oder Kondensator ausgesaugt und der
Bodenteller sinkt herab. Nachdem die Riemenscheibe von der Fest- auf die Losscheibe
gesetzt, die Bremse ein wenig angezogen wird, verlangsamt sich die Tourenzahl
der Zentrifuge und der Zucker fällt selbsttätig heraus. Beim Einrücken des
Riemens auf die Festscheibe vergrößert sich die Tourenzahl, der restliche Zucker,
der auf dem Boden der Zentrifuge liegt, fliegt wieder durch die Zentrifugalkraft
heraus, der Dreiweghahn wird mit Druckwasser in Verbindung gesetzt, der Boden geht
in die Höhe, der Dreiweghahn wird abgespert, so daß ein Wasserquantum abgeschlossen
erscheint. Sodann wird die Zentrifuge wieder mit gemaischter Masse gefüllt und der
Vorgang wiederholt sich wie zuvor. Fuchs stellt als
Vorzüge seiner Zentrifuge gegenüber der Hamplschen
Zentrifuge die hin, daß es hier keine Federn gibt, der hydraulische Verschluß weit
betriebssicherer ist und schließlich die Zentrifuge in jeder beliebigen Etage auf
Traversen gestellt werden kann, während die Hampl-Zentrifuge ein festes Fundament besitzt. Neu sind auch die von einer
englischen Fabrik gelieferten Lagerkugeln. Diese Stahlkugeln haben einen Durchmesser
von 25 mm, befinden sich in einer Lagerschale aus Bronze, so daß sie sich
gegenseitig nicht berühren, und infolgedessen auch nicht abplatten. Im Fußlager
teilen sie die Arbeit in der Weise, daß die Seitendrücke und Züge sich auf die eine
Kugelreihe, die senkrechten Drucke auf eine zweite Reihe übertragen. Bei Anwendung
dieser Kugellager wird die Reibung verkleinert und der Lauf ist leicht und
regelmäßig. Die Ersparnis an Triebkraft beträgt 45 v. H. gegenüber Zentrifugen mit
fester Lagerung. Die Zentrifuge macht 900 Umdrehungen, braucht zum Anlassen etwa 10
PS, während des Ganges nur 1–2 PS. Was die Leistung anbetrifft, so dauert eine
Charge von eingemaischtem Rohzucker 3 Minuten. Das gibt 20 Chargen f. d. Stunde, pro
Tag in 20 Arbeitsstunden 400 Chargen mit etwa 900 Meterzentnern an raffiniertem
Zucker. Fuchs behauptet weiter, daß seine Zentrifuge
gegenüber der Weston-Zentrifuge den Vorteil des
billigeren Preises mit Rücksicht auf ihre Leistung hat und daß ferner zur Bedienung
ein Mädchen oder ein jugendlicher Arbeiter genügt, da bloß ein Wasserhahn zu
schließen und zu öffnen ist, während bei der Weston-Zentrifuge ein geschulter Arbeiter notwendig erscheint, der auch flink
den Zucker aus der immer stillgestellten Zentrifuge auszuschaufeln hat. Inwieweit
die Behauptungen von Fuchs der Wirklichkeit
entsprechen, muß wohl erst die weitere Praxis lehren, da diesbezüglich noch zu wenig
Erfahrungen, in der Hauptsache von vollständig unparteiischer Seite, vorliegen.
In der Rohzuckerfabrik wird durch die Zentrifugenarbeit die Füllmasse I. Produktes in
Rohzucker I. Produktes (falls man nicht vorzieht Sandzucker zu erzeugen) und in
Ablaufsirup (Grünsirup) zerlegt. Die Verarbeitung dieses Ablaufsirups bildet einen
eigenen Teil der Rohzuckerfabrikation: Die Nachproduktenarbeit. „Das Endziel der
Verarbeitung des Ablaufsirups vom Zucker ersten Produkts“, schreibt Claassen in seinem Werke „Die
Zuckerfabrikation“, „ist die Gewinnung des sämtlichen durch Kristallisation
überhaupt gewinnbaren Zuckers in Form von nicht zu kleinen Kristallen, so daß
die verbleibende Mutterlauge wirkliche Melasse ist.“ Als Melasse ist ein
Abfallprodukt der Zuckerfabrikation, und zwar jener Sirup zu verstehen, aus dem
unter Einhaltung aller für die Kristallisation günstigsten Bedingungen bei
nochmaliger Einkochung und Kristallisierenlassen nachweislich kein Zucker mehr
gewonnen werden kann. Während nun in früheren Jahren die Verarbeitung der
Nachprodukte noch nach der Rübenkampagne eine geraume Zeit in Anspruch nahm und die
Rübenverarbeitung oft monatelang überdauerte, hat sich in den letzten Jahrzehnten
eine gründliche Aenderung vollzogen. Es entstand eine große Anzahl von Verfahren,
welche die Verkürzung der Nachproduktenverarbeitung in rationeller Weise anstrebten
und eben das Ziel
verfolgten, schon während der Rübenkampagne den ganzen Zucker des Ablaufs vom ersten
Produkt (Grünsirup) in einem Wurfe zu erhalten und dabei als Ablauf eine Melasse mit
einem Quotienten von nicht über 60 v. H. Eine weitere Forderung ging dahin, daß die
Ausgaben für Betrieb, Verzinsung und Amortisation nicht höher sein dürfen, als
diejenige Summe, mit welcher bei dem alten, ursprünglichen Bassinverfahren teurer
gearbeitet wird. Die Literatur über die Nachproduktenarbeit ist bereits ein
außerordentlich große und umfangreiche geworden, die zur Orientierung über diesen
Gegenstand schon eines gründlichen Studiums bedarf. Wie es nun bei einer so
vielseitig in mechanischer und chemischer Beziehung bearbeiteten Frage auch nicht
anders sein kann, so herrschen noch große Meinungsverschiedenheiten vor, die ein
objektives Urteil über manches Verfahren sehr erschweren. Nicht wenige
Zuckertechniker stehen auch den neueren Bestrebungen noch skeptisch und abwartend
gegenüber und bleiben bei ihrer alten Nachprodukten-Bassinarbeit, hauptsächlich
dann, wenn sie sich noch in der glücklichen Lage befinden, besonders billige und
gute Arbeitskräfte oder gar eine Kohlengrube in unmittelbarer Nähe zu haben. Aber
auch für die noch zurückhaltenden Fabriken, deren es übrigens nicht mehr so viele
gibt, wird vielleicht bald die Zeit kommen, sich für ein modernes, resp. rationelles
Nachproduktenverfahren entscheiden zu müssen. Ein spezielles Nachproduktenverfahren,
ein Verfahren für alle, gibt es nicht, diese Frage läßt sich nicht
verallgemeinern, sondern bedarf eines gründlichen Studiums und einer eingehenden
Erwägung, die dann, bei Berücksichtigung der speziellen Verhältnisse, maßgebend für
die Einführung eines bestimmten Verfahrens sind. Gerade darin, daß man manche
Verfahren verallgemeinern wollte, ist die Ursache gelegen gewesen, daß eklatante
Mißerfolge auftraten, für die man das betreffende Verfahren einzig und allein
verantwortlich machte, das in anderen Fabriken oft in tadelloser Weise arbeitete und
zu keinerlei Klagen Anlaß bot. Von diesen nur kurz hervorgehobenen allgemeinen
Gesichtspunkten aus ist die Nachproduktenarbeit zu beurteilen.
Das Jahr 1906 hat auf diesem Gebiete wesentlich neue Versuche und Vorschläge nicht
gebracht und es scheint gegenüber früheren Jahren, in welchen sich förmlich ein
Verfahren nach dem anderen jagte, zum Vorteil der ganzen Sache eine gewisse
Stagnation eingetreten zu sein. In Diskussion standen eigentlich nur das Raabesche Verfahren, welches chemisch-technischer Natur
ist und günstige Resultate liefern soll und weiterhin das Ehrhardtsche Luftrührverfahren, welches eine mechanische Aufarbeitung der
Nachprodukte durch Rühren mittels Luftblasen bewirkt und nach dem Urteil
verschiedener Fachmänner bei tadelloser Arbeit Zucker mit scharfem Korn und eine
Melasse von im Mittel 61 . 6 Quotienten liefert. Dieses Verfahren ist aber insofern
für 1906 nicht mehr neu, als es bereits in den Jahren 1904 und 1905 wiederholt
besprochen worden ist.