Titel: | Professor von Bachs Untersuchungen mit armiertem Beton. |
Autor: | E. Probst |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 359 |
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Professor von Bachs Untersuchungen mit armiertem
Beton.
Von E. Probst,
Berlin.
(Schluß von S. 343 d. Bd.)
Professor von Bachs Untersuchungen mit armiertem Beton.
Die Bestimmung des Gleitwiderstandes.Bach hat die
Bezeichnung „Gleitwiderstand“ eingeführt und den Ausdruck
„Haftfestigkeit“, den man allgemein gebrauchte,
verworfen.
Die neuesten Versuche Bachs könnten auch Versuche zur
Bestimmung des „Gleitwiderstandes“ mit Hilfe von Biegeversuchen genannt
werden.
Bis vor nicht allzulanger Zeit war es ganz allgemein üblich, die Haftkraft des Eisens
am Beton durch Herausziehen oder -drücken eines Eisenstabes aus einem Betonkörper zu
bestimmen dadurch, daß man die Kraft unmittelbar am Eisen angreifen ließ, eine
Wirkungsweise, wie sie bei armierten Betonkonstruktionen niemals vorkommt.
Textabbildung Bd. 322, S. 359
Fig. 8.
Einbettungslänge in mm; I
Vorversuche, Eisen gedrückt; II Vorversuche, Eisen gezogen; III Hauptversuche,
Eisen gezogen.
Die ersten Versuche Bachs zur Bestimmung des
„Gleitwiderstandes“ einbetonierter Eisen sind in dieser Weise
durchgeführt worden, und bei diesen Versuchen hat Bach
Zahlenwerte von 11 – 40 kg/qcm der Eisenoberfläche gefunden, je nach der
Oberflächenbeschaffenheit und der Stärke der Armatur. Diese Zahlenwerte allein
zeigen am besten, wie wenig berechtigt man ist, für „Haftfestigkeiten“ eine
bestimmte Größe anzunehmen in dem Sinne, wie man Werte für Zug- und Druckfestigkeit
angibt. Es sei hier bemerkt, daß die Einwendung, die Zug- und Druckfestigkeit bei
Beton sei auch veränderlich, nicht stichhaltig ist. Bei Beton von ein und derselben
Mischung ändern sich die Werte für Zug- und Druckfestigkeit nur sehr wenig – eine
kleine Aenderung ist bei einem unhomogenen Material ja selbstverständlich –. Der
Glaube an eine „Adhäsion“
oder „Haftfestigkeit“ hat sich bei den Betontechnikern in der Praxis
derart eingebürgert, daß man damit unbedingt rechnen zu müssen glaubt und hierfür
auch bestimmte Zahlenwerte verlangt; ja, sogar amtliche Vorschriften haben derartige
Zahlenwerte aufgenommen; so haben die ersten Leitsätze des preußischen Ministeriums
für die „Haftfestigkeit“ einen Wert von 7,5 kg/qcm Eisenoberfläche als zulässig
erklärt.
Betrachten wir in Fig. 8 die Linienzüge, die Bach auf Grund seiner ersten Versuche über den
Gleitwiderstand einbetonierter Eisen erhalten hat; in ihnen sind als Abscissen die
Einbettungslängen, als Ordinaten die dazu gehörigen Gleitwiderstände in kg/qcm
Eisenoberfläche verzeichnet. Bach unterschied bei den
Versuchen Vorversuche mit einer kurzen Belastungsdauer, etwa eine halbe Minute, und
Hauptversuche mit langer Belastungsdauer. Soweit sie stark ausgezogen sind,
entsprechen diese Linien den Bachschen
Versuchsergebnissen. Man sieht, daß sie einen unregelmäßigen Verlauf nehmen, und auf
keinen Fall ist man berechtigt, sie in der Weise zu verlängern, wie es Mörsch in seinem Buche über „Eisenbetonbau“
getan hat.Der Eisenbetonbau
verfaßt von Mörsch, herausgegeben von Wayß und Freitag.
Mörsch verlängert die Linienzüge bis zur
Ordinatenachse, wie dies in Fig. 8 ersichtlich ist
und erhält daselbst einen gemeinsamen Schnittpunkt, der einer Haftfestigkeit von
etwa 38 kg/qcm
entspricht. Dieser Wert kommt zufällig den aus anderen Versuchen gefundenen
Zahlenwerten für die Scherfestigkeit des Betons gleich und deshalb folgert Mörsch daraus:
„Mit abnehmender Länge l des einbetonierten Stabes
verschwinden die Unterschiede zwischen Durchdrücken und Herausziehen kurzer und
langer Belastungsdauer mehr und mehr, und schließlich erhält man für l = 0 einen Wert, der mit der Scherfestigkeit des
Betons und den Ergebnissen rasch durchgeführter Adhäsionsversuche
übereinstimmt“; und im Zusammenhang damit schreibt er „die
Adhäsionsfestigkeit von 38 kg/qcm würde bei einer fünffachen Sicherheit noch
7,5 kg/qcm als
zulässige Haftspannung ergeben und steht in auffallender Uebereinstimmung mit
den aus den Biegeversuchen mit Eisenbetonbalken erhaltenen Werten. Diese
Biegeversuche hat Mörsch an größeren Probekörpern
durchgeführt, und bei einem einzigen findet man eine annähernde Uebereinstimmung
mit dem eben erwähnten Zahlenwert. Hierbei ist aber zu beachten, daß die
Eisen bei den Mörschschen Biegeversuchen an den
Enden hakenförmig umgebogen waren, was ja, wie wir später sehen werden, keinen
genauen Aufschluß über das Zusammenwirken von Beton und Eisen
ermöglicht.
Mörsch hat auf Grund seiner Annahme und seiner
Folgerungen auch eine Berechnungsmethode zur Ermittlung der „Haftspannung“
vorgeschlagen, indem er die in dem Querschnitt in der Höhe der Eiseneinlage wirkende
Schubspannung im Beton auf den Eisenumfang übertragen läßt.
Alle Ableitungen Mörschs aus seinen und Bachs Versuchen sind eine schöne Erklärung für die
vorgeschlagenen großen Haftfestigkeitszahlen, sind aber durchaus irrig aus
mehrfachen Gründen. Die Schlüsse, die Mörsch durch
Verlängerung der Bachschen Linienzüge in Fig. 8 zieht, sind nicht berechtigt, weil die
Verlängerung ganz willkürlich ist, und selbst wenn die Verlängerung der Kurven durch
die Versuche annähernd begründet wären, was kaum anzunehmen ist, wäre es nicht
statthaft, sie in Uebereinstimmung zu bringen mit den Ergebnissen aus
Biegeversuchen, weil die Wirkungsweise nicht dieselbe ist, was ja auch Mörsch selbst zugibt. Die Werte, die Mörsch bei Bestimmung der Scherfestigkeit aus seinen
Versuchen erhält, können im besten Falle nur als Näherungswerte gelten, und ihre
Uebereinstimmung mit den von ihm gefundenen Zahlenwerten für die
„Haftspannung“ kann nur ein Zufall sein. Ein Zusammenhang zwischen den
Schubspannungen im Beton und der Haftkraft des Eisens am Beton besteht nicht, was
sich aus neueren Versuchen zweifellos ergibt.
Die Schubfestigkeit des Betons wird sich bald bei ein und derselben Mischung nicht
wesentlich ändern, wohl aber wird sich bei ein und derselben Mischung des Betons die
Haftkraft je nach der Beschaffenheit der Armatur ändern.
Diese kurze Abschweifung vom eigentlichen Thema war notwendig, weil die Mörschsche Berechnungsweise für die Haftspannungen und
seine Versuchsergebnisse vielfach als Beweis für die große „Haftfestigkeit“
zwischen Beton und Eisen herangezogen wurden, und weil Mörsch selbst die Bachschen Versuche über den
„Gleitwiderstand“ mit seinen Ergebnissen in Uebereinstimmung zu bringen
trachtet.
Im Anhange an seine neueste Arbeit hat Bach Versuche mit
dem einbetonierten Thacher-Eisen durchgeführt, um die
Größe des Widerstandes beim Herausziehen aus dem Beton, sowie die Beurteilung der
Wirkung des geknoteten Eisens zu bestimmen. Da Bach
durch seine neuesten Versuche selbst auf die Bestimmung der Gleitwiderstände mit
Hilfe von Biegeproben übergegangen ist, beschränke ich
mich darauf diese vom Oktober 1905 stammenden Versuche zu erwähnen, weil sie eine
Ergänzung der früheren Versuche über „Gleitwiderstände“ bilden.
Es ist wohl ohne weiteres einzusehen, daß ein Rundeisen mit rauher Oberfläche einen
größeren Widerstand gegen das Herausziehen bieten wird als ein glattes Rundeisen,
daß andererseits ein Eisen mit veränderlicher Form (in dem Fall des Thacher-Eisens wechseln Rundstab mit Flachstab ab)
einen größeren Widerstand gegen das Herausziehen bieten wird als ein gewöhnliches
Rundeisen. Ebenso selbstverständlich ist es, daß beim Herausziehen eines Eisens mit
unebener Oberfläche ein Zersprengen des Betons stattfinden kann.
Aus diesen Gründen ist es nicht angezeigt, bei auf Biegung beanspruchten mit den beim
Herausziehen erhaltenen Resultaten zu rechnen.
Vergleicht man nun die Ergebnisse der neueren Versuche Bachs mit den früheren, so wird man einsehen, daß nur
„Biegeversuche“ geeignet sind, einiges Licht über die Frage des
Zusammenwirkens von Beton und Eisen zu bieten, nur dürfen diese Versuche nicht
derart ausgeführt werden, daß das Eisen an seiner Bewegung gehindert wird. Die
„Biegeversuche“ von Mörsch, welche in erster
Linie dazu bestimmt waren, die Rolle der Schub- und Scherfestigkeit des Betons und
den Einfluß der Bügel festzustellen, wurden an Balken durchgeführt, deren Armierung
am Ende hakenförmig umgebogen oder schon vorher abgebogen waren. Aus diesem Grunde
sind auch die Schlüsse, die Mörsch aus seinen Versuchen
für die Haftfähigkeit zieht, irrig, wie auch die Berechnungsmethode Mörschs für die sog. Haftspannungen nur dann Wert
hätte, wenn ein Zusammenhang zwischen Haftung und Schubfestigkeit des Betons
bestünde.
Was ich in meiner Arbeit über „das Zusammenwirken von Beton und Eisen“ gesagt
habe, erfährt durch die Bachschen Versuchs eine
Betätigung in ganz einwandfreier Weise, weil es Bach
mit den ausgezeichneten Mitteln der Stuttgarter Materialprüfungsanstalt möglich war,
die Bewegung des Eisen direkt zu messen.
Ich habe den Ausdruck Haftfähigkeit angenommen, nicht um die irreführenden
Bezeichnungen Adhäsion, Haftspannung und Haftfestigkeit durch einen neuen zu
ersetzen, sondern um damit anzudeuten, daß es sich nicht um eine Festigkeitszahl, vielmehr um eine Eigenschaft handelt, die von verschiedenen Umständen
abhängt. Die Bezeichnung „Gleitwiderstand“ weist wohl auch auf ein
mechanisches Zusammenwirken der beiden Verbundkörper hin, aber hebt zu wenig hervor,
daß es sich nur um die Eigenschaft des Zusammenwirkens
zweier Materialien handelt, die man wohl zu beachten hat, die sich aber nicht in der
Praxis durch bestimmte Festigkeitszahlen abtun läßt.
Bevor ich meine Schlußfolgerungen aus den Ergebnissen der Bachschen Versuchsresultate ziehe, will ich an der Hand der beistehenden
tabellarischen Zusammenstellung die gerechneten Werte für die maximalen Spannungen
für die in Fig.
1–5 ersichtlichen Versuchskörper anführen und hierzu einige Bemerkungen
einflechten. Die Berechnung ist nach drei Verfahren durchgeführt, nach den deutschen
Vorschriften, nach den Schweizer Vorschriften und nach einer Näherungsmethode, wie
ich dies in meiner bereits erwähnten Arbeit getan habe. (Siehe daselbst den Gang der
Berechnung.) Die Näherungsmethode nimmt die neutrale Achse in der Mitte an und
erspart die umständliche Ermittlung der Lage der Nullinie, die nach den deutschen
und Schweizer Vorschriften notwendig ist. Sie illustriert zugleich am besten, daß
die in beide Vorschriften angegebenen Methoden auch nur Näherungsmethoden sind und
ergibt nahezu immer Werte, die in der Mitte zwischen den nach den beiden letzteren
gefundenen Werten liegen. Die Näherungsmethode könnte also als Mittelwert der beiden
nach der deutschen und Schweizer Methode gerechneten Näherungswerte bezeichnet
werden und hat auch vor diesen den großen Vorzug der Einfachheit.
Bach stützt sich bei seinen Berechnungen der maximalen
Druck- und Schubspannungen im Beton, sowie der Zugspannungen im Eisen auf die
amtlichen Bestimmungen für die Ausführungen von Konstruktionen aus Eisenbeton für
Hochbauten die in der tabellarischen Zusammenstellung als deutsche Methode
bezeichnet sind, bei welchen ebenbleibende Querschnitte nach der Durchbiegung
genommen werden. Bei Annahme der Meßlänge macht Bach
beachtenswerte Bemerkungen über das Ebenbleiben der Querschnitte (Seite 340, Fußnote
2). Er legt dar, daß nur auf einen bestimmten Teil der zwischen den Laststellen
liegenden Strecke ein Ebenbleiben der Querschnitte möglich ist, und zwar so weit als
die Querkräfte nicht direkt oder indirekt mitwirken. Dieser Umstand verdient
besondere
Tabellarische Zusammenstellung der gerechneten maxim.
Spannungswerte im Beton und Eisen bei den Versuchen von Bach (ohne Berücksichtigung des Eigengewichtes).
Textabbildung Bd. 322, S. 361
Balken nach Bauart Fig.; No.; Alter
in Tagen; Bruchlast P in kg; Max. Querkraft P in kg 2; Max. Rückspannung im
Beton; Max. Zugsspannung im Eisen; Max. Schubspannung im Beton; Gleitwiderstand,
gerechnet n. d. deutschen „Leitsätzen“ Eisenoberfläche; Abstand d.
Bruchquerschnittes vom Ende des Balkens C cm; Haftigfähigkeit h kg/qcm
Eisenoberfläche; Gleitwiderst. in kg/qcm a. d. ersten Versuch. Bachs über
Gleitwiderst. einbeton. Eis. b. ein. Einbettungsläng.; D gerechnet nach den
deutschen „Leitsätzen“; S gerechnet nach der sogenannten Schweizer
Methode; N gerechnet nach der Näherungsmethode.
Beachtung im Versuchswesen, aber andererseits darf man bei der Berechnung der
armierten Betonkonstruktionen nicht vergessen, daß der Fall des gleichbleibenden
Momentes auf eine längere Strecke nie vorkommt, und in diesem Falle müssen die
Versuchsergebnisse Schüles, welche auf das
Nichtebenbleiben der Querschnitte hinweisen, besondere Berücksichtigung finden.
Den Gleitwiderstand rechnet Bach einerseits nach den
ministeriellen Bestimmungen, andererseits erwähnt er auch den von mir bereits
eingehaltenen Weg der Berechnung der Haftung aus der Zugkraft des Eisens. Hierzu
will ich bemerken, daß meine Berechnung für die Haftfähigkeit, die auch in der
Tabelle eingetragen ist, nichts anderes als eine Handhabe zum Vergleiche bieten
soll. Es soll nicht ein neuer Berechnungsvorgang sein, denn dieser, ist, soweit er
sich auf die Haftfähigkeit bezieht, nicht notwendig, was ich noch später
auseinandersetzen will.
Schließlich sind in der letzten Reihe der Tabelle die Werte für den Gleitwiderstand
eingetragen, wie sie Bach aus seinen ersten Versuchen
gefunden hat. Die Werte sind aus der in Fig. 9
ersichtlichen Kurve durch Interpolation gefunden worden.
Textabbildung Bd. 322, S. 361
Fig. 9.
Eisendurchmesser in cm;
Eisenquerschnitt in qcm.
Von den berechneten maximalen Spannungen in der tabellarischen Zusammenstellung kann
man nur σb die
Druckspannungen im Beton, σe die Zugspannung im Eisen, und τo die Schubspannung im Beton, als annähernd richtig
betrachten. Die dazu gehörenden Werte sind eher größer als die wirklichen
Spannungen. Diese Werte zeigen, daß bei keinem Versuchsbalken die für das Eisen und
den Beton ermittelten Festigkeitswerte überschritten wurden, so daß der Bruch nur
durch die Ueberwindung der Haftung des Eisens am Beton herbeigeführt wurde, wie Bach
bei seinen Zusammenstellungen jedesmal hervorhebt.
Die Berechnung der Gleitwiderstände nach den deutschen Leitsätzen, die Bach auch heranzieht, deckt sich mit der Mörschschen Berechnung für die von ihm genannten
Haftspannungen. Sie gilt unter der Voraussetzung, daß zwischen Beton und Eisen eine
Adhäsion besteht. Bach dürfte diese Berechnungsweise
nur aufgenommen haben, weil sie in den ministeriellen Vorschriften enthalten ist,
trotzdem er, wie ich glaube annehmen zu dürfen, auch nur an ein mechanisches
Nebeneinanderwirken der beiden Stoffe glaubt.
Textabbildung Bd. 322, S. 362
Fig. 10.
>Einbettungslänge in mm;
Eisendurchmesser Wasserzusatz; kurze Belastungsdauer; lange
Belastungsdauer.
In der letzten Rubrik der tabellarischen Zusammenstellung befinden sich die
Zahlenwerte, die Bach aus seinen ersten Versuchen durch
Herausziehen oder -drücken des Eisens aus dem Beton für eine Einbettungslänge l = 15 gefunden hat. Fig.
10 enthält die Ergebnisse der ersten Bachschen Versuche, welche die Abhängigkeit des Gleitwiderstandes von der
Einbettungslänge darstellen. Eine Regelmäßigkeit in den Linienzügen besteht
nicht.
Die daraus sich ergebende Schlußfolgerung, der Gleitwiderstand nehme mit zunehmender
Einbettungslänge ab, kann daher nur bis zu einem gewissen Grade gelten. Die Kurve
a steigt und fällt ganz unregelmäßig, ebenso die
Kurven b und c; die Kurve
d ändert sich vom l =
20 cm angefangen kaum nennenswert, ebenso die Kurve e
für 40 mm starkes Rundeisen, doch ließe sich ja dieser Punkt durch Versuche klären.
Jedenfalls scheint der Gleitwiderstand mit zunehmender Einbettungslänge abzunehmen,
wenn auch nur sehr wenig.
Bei der Berechnung des Gleitwiderstandes nach den ministeriellen Vorschriften, kommt
eine Berücksichtigung der Einbettungslänge gar nicht vor. Es ist daher nur ein
ungefährer Vergleich zwischen diesen Werten möglich, der aber ganz zweifellos
ergibt, daß die durch Herausziehen oder -drücken des Eisens aus dem Beton sich
ergebenden Zahlenwerte für den Gleitwiderstand gar keine Uebereinstimmung mit den
nach den ministeriellen Vorschriften gerechneten Zahlenwerten ergibt. Der Vergleich
fällt noch schlechter aus, wenn man die in der letzten Spalte befindlichen
Werte für eine größere Einbettungslänge als l = 15
heranzieht, da diese Werte ja noch kleiner wären. Daraus ergibt sich die wichtige
Folgerung, daß nur Biegeversuche richtige Aufschlüsse über das Zusammenwirken von
Beton und Eisen geben können, und daß man nicht berechtigt ist, die aus
Herausreißversuchen gefundenen Zahlenwerte auf Konstruktionsteile zu übertragen, die
auf Biegung beansprucht sind.
Berechnet man die Haftfestigkeit, wie ich sie genannt habe, aus der an der
Bruchstelle wirkenden Zugkraft am Eisen, so wird man finden, daß die daraus sich
ergebenden Werte keinerlei Gesetzmäßigkeit zeigen; dies liegt in der Verschiedenheit
der Oberfläche der zur Verwendung kommenden Eisen. Eine Uebereinstimmung mit den
direkten Versuchen ist von vornherein ausgeschlossen.
Die Balken nach Bauart Fig. 1 und 2 ergeben
ganz bedeutende Unterschiede in den Bruchlasten und folglich auch in den maximalen
Spannungswerten, weil die Armierung in dem einen Falle glatt abgerieben war, in dem
anderen Falle die Walzhaut besaß. Die durch die Walzhaut erzeugte rauhe Oberfläche
hat eine Erhöhung der Bruchlasten und der Spannungen zur Folge; dies ist auch der
Grund für die Verwendung von Eisen mit Unebenheiten, wie sie in Amerika schon seit
langer Zeit durch die Anwendung der gezahnten Johnson-Eisen und der geknoteten Thacher-Eisen
zum Ausdruck kommt.
Die Ergebnisse der Versuche mit Balken Fig. 1 und 2 könnten
auch direkt als Beweis dafür gelten, daß nur ein mechanisches Nebeneinanderwirken
von Beton und Eisen stattfindet.
Die Bachschen Versuchsergebnisse für die
Gleitwiderstände bieten in allem die Bestätigung dessen, was ich in meiner
Abhandlung über das Zusammenwirken von Beton und Eisen gesagt habe.
1. Nur Biegeversuche können Aufschluß über das Zusammenwirken beider Körper am
Bauwerk geben.
2. Ein Zusammenhang zwischen der Schubfestigkeit des Betons und der Haftfähigkeit des
Eisens findet nicht statt, die Schubfestigkeit des Betons ändert sich mit der
Mischung, nicht aber auch die Haftfähigkeit des Eisens. Die Bachschen Versuchsresultate haben meine Resultate bestätigt, daß der Bruch
durch Ueberwindung der Haftung des Eisens an Beton an denjenigen Rißstellen
herbeigeführt wurde, welche aus der Ueberwindung der Zugfestigkeit des Betons
entstanden sind. Aus diesem Grunde wird die Zugfestigkeit des Betons indirekt eine
Erhöhung der Haftkraft zur Folge haben.
3. Die Berechnung der Haftung aus der Schubfestigkeit ist nicht berechtigt. Durch
eine entsprechende Verankerung mit dem Druckgurt wird ein längeres Zusammenwirken
von Beton und Eisen ermöglicht werden. Die Angabe von bestimmten Zahlenwerten für
die Haftkraft hat keine Berechtigung, denn diese ändern sich durch Verschiedene
Umstände.
Bei armierten Betonkonstruktionen wird man die Zug-, Druck-, Schub- und
Scherfestigkeit des Betons einerseits, die Zugfestigkeit des Eisens andererseits zu
berücksichtigen haben, um die nötige Tragsicherheit zu erzielen. Beim
Zusammenarbeiten von Beton und Eisen ist für eine gute mechanische Verbindung der
beiden Stoffe Sorge zu tragen, diese wird durch Verankerung und durch Unebenheiten
erzielt. Beachtet man alle diese Umstände, so wird man auf die Festlegung von
bestimmten Zahlenwerten für „Adhäsion“, „Haftspannung“ oder
„Haftfestigkeit“, wie man sie nennt, verzichten können.