Titel: | Neuerungen in der Papierfabrikation. |
Autor: | Alfred Haussner |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 406 |
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Neuerungen in der Papierfabrikation.
Von Professor Alfred Haussner,
Brünn.
(Fortsetzung von S. 350 d. Bd.)
Neuerungen in der Papierfabrikation.
γ) Zellstoff.
Neben der weiteren Ausübung bekannter Verfahren, um insbesondere aus Holz
Zellstoff zu gewinnen, tauchen unermüdlich immer wieder neue (oder auch schon
alte) Vorschläge auf, um das Holz, das doch allmälig immer knapper und daher
teuerer im Preise wird, durch andere zellstoffhaltige Rohstoffe zu ersetzen.
Auch Holzgattungen, wie etwa Linde, die bisher als nicht geeignet bezeichnet
worden sind, sucht man verwendbar zu machen. Hierbei wird insbesondere für die
Linde, welche wegen ihres Farbstoffgehaltes schwarz wie Tinte aus dem Kocher
kommt, einfaches Auswaschen im Holländer empfohlen, um den Stoff schon im
ungebleichten Zustande für Zeitungspapier geeignet zu machen.
Auch die Vorschläge, aus Torf brauchbare Papierfasern zu
gewinnen, sind trotz vieler schwerer Mißerfolge nicht zur Ruhe
gekommenAlle Beachtung
verdient die Anregung, Torf, Torfstreu und dergl. in der Landwirtschaft
mehr einzubürgern und dafür das heute dort verwendete Stroh in die
Papierfabrik wandern zu lassen.. Man will nun dem Torf
vielfach durch eine stark mechanische Behandlung beikommen, ohne chemische
Einwirkungen ganz bei Seite zu lassen. Dr. Beddies
gibt einen solchen prinzipiellen Vorschlag (D. R. P. 127393). Der frisch
gestochene Torf wird durch den Elevator a (Fig. 21) in die erste Schneckenpresse b geschafft, welche ihn mit Schnecke e unter Beihilfe des schwach alkalischen
Kalkwassers aus Brause c durcharbeitet und dann der
Schneckenpresse d überliefert. Letztere quetscht
ihn etwas aus und läßt das Abwasser durch k1 abrinnen, worauf der Torf k auf treppenartig angeordnete Transportbänder f übergeht, die ihn gut zu waschen gestatten.
Textabbildung Bd. 322, S. 407
Fig. 21.Torfverarbeitung von Beddies.
Das Waschwasser fließt von oben aus den Brausen h
durch die porösen Lager g, g1 aus Kalkstein oder Koks. Einen Teil des
Wasserüberschusses preßt die Walzenpresse l aus,
worauf der Torf in die Zerkleinerungsvorrichtungen m geleitet wird, durch welche Fasern ziemlich gleicher Länge erzielt
werden sollen, die in den Bottichen n oder in
Bleichholländern nochmals alkalisch zu rotten oder zu bleichen sind, falls man
nicht dunkle Papiere oder Pappen erzeugen will. Gebleicht, oder ungebleicht
sollen die so, wie kurz geschildert, vorbereiteten Fasern schon für den Zusatz
im Mischholländer geeignet sein.
In mehreren Patenten schlagen Christian Esser (und
Adolf Pollak) vor, die Torf fasern durch
Stampfen aufzuschließen. Die rohen Torffasern sollen beispielsweise (amerikan.
Patent 690363, D. R. P. 142658, 154144, 156842) in einem runden, langsam
kreisenden Trog (oder in einem hin- und hergehenden) der Einwirkung von
Stößelgruppen unterworfen werden, wobei der Rohtorf nur in relativ dünner
Schicht (5–10 cm stark) einzutragen ist. Es wird dabei erwartet, daß nur die
dickeren Torfteile zerquetscht, zerfasert, die dünneren (durch die dickeren
geschützt) geschont werden.
Das Prinzip des Verfahrens von Kalmann ähnelt in
vieler Beziehung jenem von Beddies. Kalmann (D. R.
P. 144830) will allerdings gründlich auswaschen unter gleichzeitigem Schleifen
so lange, bis eine breiige Masse entsteht, welche wiederholt ausgequetscht und
wieder aufgequollen werden soll, bis man ein halbstoffartiges Produkt
erhält.
Außer dem durch den Werdeprozeß schon so veränderten Fasernkonglomerat in dem
Torf werden neuerdings Fasern enthaltende Produkte, oder solche Pflanzen oder
Pflanzenreste zur Verarbeitung vorgeschlagen, welche bisher oft als lästige
Abfälle betrachtet, aber nicht verwendet worden sind, oder nicht verwendet
werden konnten, weil sie in nicht genügenden Mengen oder nicht zu genügend
billigem Preise zu erhalten waren, was allerdings für viele Vorschläge heute
auch zutrifft. So werden Haferhülsen (amerikan. Patent 675234), der Raffiabast,
die Nachtkerze, Salbei, Tabakblattrippen (D. R. P. 128545) nach entsprechendem
Auslaugen u.a., wie insbesonders auch die in gewiß größeren Mengen erhältlichen
Maisstengel und Maiskolbenblätter, zur Verwendung vorgeschlagen. Auf letztere
konzentriert sich sogar anscheinend ein größeres Interesse. So will Ordódy (D. R. P. 130851) durch alkalische Kochung
aus den Maiskolbendeckblättern lange zum Spinnen und kurze für die
Papierfabrikation geeignete Fasern gewinnen. Der bekannte norwegische
Papierteckniker Viggo Drewsen schlägt vor
(amerikan. Patente 789416–418) mit besonders starken alkalischen Laugen
Maisstengel zu kochen, weil dadurch das Mark nicht etwa zerstört, sondern gerade
brauchbar gemacht wird, indem seine Zellen den pergamentartigen Charakter
verlieren, weich und saugfähig werden. Andere Erfinder trennen aber wieder Mark
und Stengel, wie etwa Sherwood (amerikan. Patente
680079 und 720850–851). Die Stengel können dann in üblicher Weise alkalisch
gekocht werden, sogar nur mit Wasser, wie Sherwood
angibt. Das Mark ist irgendwie für sich zu benützen. Es kann auch durch Kochung
in eine hydrozellstoffartige Substanz übergeführt und als klebrige
(pergamentartig werdende) Masse weitere Verwendung finden.
Daß man auch andere Gräserarten, Alfa und dergl., Schilf, Binsen u.a. durch
Kochen mit alkalischen und sulfittischen Laugen in Zellstoff zu verwandeln
sucht, ist bekannt und schon in früheren Berichten erwähnt, aber auch in den
letzten Jahren neuerlich angeregt worden. So schlägt Braun (D. R. P. 151285) Ammoniumsulfit für besonders hellen, leicht
bleichbaren Stoff, Holmes (amerikan. Patent 704259)
alkalische Laugen für Flachs- und Hanfstroh vor. Daß letztere sehr schönen
Zellstoff geben können, ist wohl ohne weiteres klar, indessen hängt die
Wirtschaftlichkeit von den lokalen Verhältnissen ab.
Interessant, einem besonderen, modernen Zuge entsprechend, ist der Vorschlag von
Montessus in Tunis, wonach (D. R. P. 150353)
Alfa oder ähnliche Pflanzen durch Gährung mit künstlich durch Beihilfe von
Meerwasser u.a. Stoffen gezüchteten Bakterien in Zellstoff dadurch umgewandelt
werden sollen, daß man alle Bestandteile der Pflanzen, welche nicht aus
Zellstoff bestehen, löslich und auswaschbar macht. Die hierfür notwendige
Gährung dauert 11–14 Tage. Sollte das Verfahren einschlagen, so wäre es immerhin
denkbar, daß dadurch die Alfaausfuhr, welche jährlich über den Hafen von Sfax
auf 20–60000 t geschätzt werden kann, beeinflußt würde. Auch die Abfälle bei der
Baumwollgewinnung, insbesonders nach dem Egrenieren, verlocken zur
Fasergewinnung. Tatsächlich haften ja an den Schalen Fasern und Faserreste,
welche für die Papierfabrikation entschieden wertvoll sind. Aber ihre Begleitung
ist durchaus unwillkommen, denn die schwarzen Schalenreste, die braun, ölig und
staubig gewordenen Fasern in schön weißen Papierstoff umzusetzen, erfordert viel
Mühe und Sorgfalt. Nach dem D. R. P. 134263 werden die Baumwollschalen mit
Naphtadämpfen behandelt, wobei im Kreislauf dieselbe Naphtamenge immer wieder zu
verwenden versucht wird, um die Oele, Wachs- und Gummiarten auszuziehen. Hierauf
wird mit Aetzkalilauge gekocht, um die Schalen völlig aufzulösen, und die
verbliebene Fasermasse gründlich ausgewaschen.
Johnson (amerikan. Patent 530553 und 733969)
zerkleinert gründlich mechanisch die Samenschalen, kocht mit Aetznatronlösung
bei hoher Temperatur und hohem Druck, worauf mit heißem Wasser ausgewaschen
wird, wodurch die Farbstoffe von den Fasern ferngehalten werden sollen.
Coleman und Toxey
wollen hingegen (amerikan. Patent 723137) die ganze Baumwollstaude zu Papier
verarbeiten, allerdings nach Entfernung der Blätter durch Kochen nach irgend
einer der bekannten Methoden. Dabei soll das in den Samen enthaltene Oel bei der
Kochung sich oben absetzen und leicht entfernen lassen. Sogar die Kerne sind
hierbei als wertvoll zu betrachten, weil sie im gequetschten und aufgelösten
Zustande eine klebrige Masse bilden, welche als eine Art Füll- oder Leimstoff im
fertigen Papier wirkt, dem Papier eine glatte Oberfläche geben kann.
Marsden wieder will (amerikan. Patent 781612) nur
die sonst wertlosen Teile der Baumwollstaude nutzbar machen. Die Stengel werden
gereinigt, zerkleinert und zerquetscht und in reinem Wasser gewaschen, endlich
durch 3–6 Stunden in reinem Wasser bei etwa 4 at gekocht. Dadurch sollen Tannin,
Zucker, Farbstoffe, sowie andere lösliche Körper, aber auch Klebstoffe und
Mineralsalze ausgelaugt werden, so daß die nachträgliche alkalische Kochung,
oder auch eine solche mit Natriumsulfid bei 6–7 at leichteres Spiel hat. Die
Fasern sind hiernach für Papier, aber sogar auch zum Verspinnen geeignet zu
erhalten.
Für Schilf gibt Ordódy ein anscheinend recht
verwickeltes Verfahren an (D. R. P. 163659). Das geerntete Schilf wird sogleich
in Längsfasern zerlegt und einer Mazeration unterworfen durch wiederholte
Behandlung mit etwa 50grädigem Wasser, worauf eine Behandlung mit einer
Teerätzkalkverbindung folgt und zwar durch etwa acht Stunden bei rund 100°.
Wiederholt mit Wasser gewaschen, sondert sich die kurze und die lange Faser,
wobei man durch Glyzerin oder Natriumsulforizinat als Zusatz beim Waschen die
Faser erweicht, so daß man in der langen Faser eine angeblich gut spinnfähige,
in den kurzen Fasern solche für die Papierfabrikation gewinnt.
Ob das Verfahren von Ch. Arendt und G. de la Royère (D. R. P. 154754) wirklich aus
Rübenschnitzeln, denen die Säfte entzogen worden sind, durch Kochen mit einer
erdalkalischen Base, hierauf Waschen und Kochen mit Alkalikarbonatlösung
brauchbaren Papierstoff liefert, mag doch einigermaßen bezweifelt werden. Es ist
aber auch ein Zeichen dafür, und zwar ein ganz auffallendes, wie hoch der Wunsch
gestiegen ist, an Stelle des Holzes andere Rohstoffe treten zu lassen. Auch das
Moment, daß japanische Fasern, wie Mitsumata und Kodzu, tatsächlich einzuführen
versucht werden, ist wohl als ein Beweis dafür anzusehen, daß das knapp werdende
europäische Holz zum Suchen nach Ersatz zwingt.
Für die Herstellung von Holzzellstoff ist
bekanntlich das Holz in genügend kleine Spähne zu zerkleinern. Hierfür sind nach
wie vor hin- und hergehend, sowie drehend arbeitende Hackmaschinen in Gebrauch, welche sich in bereits bekannten
Ausführungsformen angewendet finden. Kurz gestreift werde der Vorschlag von Philbrjck (amerik. Patent 775382), wonach zur
Erzielung eines befriedigenden Schnittes durch die radial gestellten Drehmesser
vor den festen Gegenmessern diese geknickt hergestellt werden, um auch dann
guten Schnitt (durch parallel liegende Messerschneiden) zu erreichen, wenn
das Drehmesser den letzten Teil des Schnittes ausführt.
Holzabfälle, welche bei der üblichen Holzzerkleinerung vorkommen, versucht Heinrich Wigger (D. R. P. 153537) dadurch nutzbar
zu machen, daß er sie durch Schneidscheibenpaare von fast an die alten
Eisenspaltwerke erinnernder Anordnung schickt, wobei die zusammenarbeitenden
Schneidscheiben wechselnde Stärke und eine geschärfte Zahnung erhalten.
Mit den üblichen Drehholzschneidern denkt sich Wigger (D. R. P. 141052) aus Winkeleisen gebildete, an die
Messerscheiben genietete Wurfflügel verbunden, um die Schneidmaschine tief
aufstellen und die erzielten Spähne mechanisch, einfach durch Abschleudern höher
hinauf zur weiteren Verarbeitung zu bringen, ohne besondere Transporteure
anwenden zu müssen.
Einen hübschen Gedanken versucht Strehle (D. R. P.
140803) zu verwirklichen. In dem durch die Hackmaschinen gelieferten
verkleinerten Holz kommen unmittelbar brauchbare, aber auch solche Holzteile,
wie Knorren, vor, welche von den erstgenannten gesondert und ferngehalten werden
müssen, sofern man erstklassigen Zellstoff erzielen will. Werden nun die
gehackten Holzteile behufs weiterer Auflösung, wie es häufig geschieht,
gewöhnlichen Desintegratoren übergeben, so werden Knorren und gute Holzteile
angegriffen und in den sehr kleinen Teilen finden sich die beiden auseinander zu
haltenden Holzbestandteile so gemengt, daß ein Trennen praktisch schwer möglich
ist. Strehle macht nun die Schläger (Schlagstifte
in gewöhnlichen Desintegratoren) nicht absolut fest, sondern beweglich an
wellenartigen Stangen, welche parallel zur Achse der Schlagscheiben zwischen
diesen angebracht sind. Die Schläger stellen sich infolge der Fliehkraft von
selbst radial und arbeiten, während der Drehung zwischen festen Nasen an der
Gehäusewand hindurch gehend, zerschlagend auf die eingebrachten Holzteile. Sehr
widerstandsfähige Teile, wie Knorren, veranlassen aber einfach eine genügende
Ablenkung der Schläger, so daß die Knorren nicht zerschlagen werden, sondern im
wesentlichen unzerkleinert erhalten bleiben und deshalb später leicht ausgelesen
werden können.
Die Arbeit im Desintegrator versucht John Unser
(amerikan. Patent 685018) dadurch ganz zu umgehen, daß er die von einer
Drehhackmaschine erzielten Späne bei dem Austritt aus dem die Hackscheibe
umgebenden Gehäuse mit Hilfe einer stellbaren Leitfläche gegen einen mit
pyramidenförmigen Erhöhungen versehenen Wandteil des Kanales wirft, durch
welchen die Späne abgesogen werden.
Trennung zwischen knorrigen und unmittelbar brauchbaren Spänen auf nassem Wege
bezwecken die beiden Anordnungen (amerikan. Patente 675833 und 693684) von Jones, beziehungsweise Burgeß. Danach werden in beiden Fällen die zu trennenden Holzteile
einem Bottich mit Wasser überliefert, wobei Tauchwalzen mit Tauchwänden, oder
Tauchstiften die Späne unter die Wasseroberfläche zu bringen suchen. Die
spezifisch leichten Holzteile steigen aber wieder an die Oberfläche, von wo sie
mittels Transportschnecken ab- und weitergeführt werden können, während die
spezifisch schwereren, knorrigen Teile zu Boden sinken und von dort zu entfernen
sind. Damit läßt sich die jüngere der beiden Anordnungen genügen. Jones jedoch versucht noch eine weitere Trennung
der zu Boden gesunkenen Teile, weil sich unter diesen erfahrungsgemäß noch eine
merkliche Menge solcher Holzstücke befindet, welche an sich für die
Zellstoffgewinnung gut, aber nur durch Umstände, wie etwa Vollsaugen mit Wasser,
spezifisch so schwer geworden sind, daß sie ebenso wie die knorrigen Teile zu
Boden sinken. Jones führt deshalb durch eine schief
ansteigende Transportschnecke die zu Boden gesunkenen Teile aufwärts zu dem
Beschickungstrichter eines Trockenapparates, welcher Amtliche Späne so weit
trocknet, daß sie, nach dieser Behandlung neuerlich einem nassen
Trennungsverfahren im wesentlichen so wie bereits geschildert, unterzogen,
nunmehr sich sicher sondern, indem die brauchbaren Holzöle oben bleiben, während
die knorrigen Teile in dem zweiten Sortierbottich zu Boden sinken. Die Kosten
des Betriebes einer solchen Anlage, besonders für den Trockenraum dürften nicht
gering sein, so daß sie schwer ins richtige Verhältnis zu den zu erzielenden
Vorteilen zu bringen sind.
Neben den eigentlichen, den pflanzlichen Rohmaterialien für die
Zellstoffgewinnung spielt die Lauge bei der Kochung
eine Rolle. Hinsichtlich des Sulfates, welches
heute für Natronzellstoff herrscht, ist kaum etwas wesentliches anzuführen. Für
die Sulfitcellulose ist der günstige Bezug von
Schwefel begreiflicherweise Lebensbedingung. Dabei handelt es sich
entweder um Schwefel kurzweg, oder um geeignete Schwefelverbindungen, um Kiese.
Für den Schwefelbezug hat die Anglo-Sicilian-Sulphur
Co. in London, welche mit etwa 85 v. H. des in Sizilien gewonnenen
Schwefels die dortige Produktion beherrscht, dies auch lange Zeit auf dem
Weltmarkt getan und so die Schwefelpreise bestimmt. In den letzten Jahren ist
ihr ein mächtiger Mitbewerber in der Union-Sulphur
Co. erstanden, welche in Louisiana mit einem sinnreichen Verfahren den
Schwefel mittels heißen Wassers in geschmolzenem Zustande aus einer Tiefe von
150–250 m an die Oberfläche bringt. Wenn es nun eine Zeit lang schien, als ob
durch diesen Wettbewerb ein Sinken der Schwefelpreise und damit ein billigeres
Arbeiten in Sulfitstofffabriken zu erhoffen sei, so ist durch ein jüngst
erfolgtes Abkommen, wonach das Absatzgebiet zwischen den beiden Gesellschaften
friedlich geteilt, Produktion und Preis geregelt wird, letzterer wieder ein
bedeutender geworden.
Damit erhöht sich aber die Möglichkeit, Kiese zu benutzen, insbesondere deshalb,
weil es durch Kiesröstöfen in den Modifikationen von Herreshoff, Humboldt und O'Brien mit
mechanischer Beschickung möglich geworden ist, sehr befriedigendes
Schwefligsäuregas aus Kiesen darzustellen, so daß es doch denkbar ist, mit
Kiesen noch unter etwas schwereren Bedingungen zu arbeiten, als nach der älteren
Angabe, wonach Kies nur erheblich weniger als ein Drittel des Preises des
Rohschwefelskosten dürfe, um wirtschaftlich günstig benutzt werden zu
können.
Man kann übrigens auch die Absorption der aus dem Kiesrösten folgenden Gase so
leiten, daß eine für die Zellstoffbereitung geeignete Lösung erhalten wird.
Darauf bezieht sich z.B. das Verfahren der Metallurgischen Gesellschaft in Frankfurt (D. R. P. 161017). Der
Gewinnung reiner schwefliger Säure aus Kiesröstgasen stehen als Hindernisse die
Anwesenheit von Flugstaub aus den Eisenoxyden und der Gehalt an
Schwefelsäureanhydrid entgegen, welch letzteres insbesondere bei der Absorption
durch Kalk lästiger Weise Gips erzeugt. Das genannte Verfahren versucht nun vor
der Weiterverwendung der Schwefligsäure das Schwefelsäureanhydrid tunlichst zu
entfernen, und zwar durch Waschen der Gase mit Wasser. Hierbei ist aber heißes
Wasser deshalb wünschenswert, weil es nur wenig Schwefligsäure, welche ja für
die Zellstoffkochung allein gebraucht wird, auflöst, also wenig Verlust
verursacht. Um aber für das so benötigte heiße Wasser wenig Wärme aufwenden zu
müssen, soll dessen Menge klein werden. Für die Entstaubung braucht man jedoch
viel Wasser. Diesen entgegengesetzten Forderungen sucht man nach Fig. 22 gerecht zu werden. Der Turm a ist als Tellerturm ausgeführt. Die heißen Gase
treten unten durch Rohr b ein und verlassen den
Turm gereinigt oben bei c. Auf ihrem Wege begegnen
sie dem herabrieselnden Wasser, welches oben durch eine Brause eingeleitet
wird und vorerst mit den immerhin schon abgekühlten Gasen in Berührung tritt,
wobei es aber doch allmälig etwas wärmer wird und auch etwas Schwefligsäure
löst. So tropft es allmälig bis in den in der Mitte eingefügten Zylinder e, welcher unten durch den Boden k abgeschlossen ist, aber doch durch den lotrechten
Schacht h mit dem unteren Turmteil in Verbindung
steht. Der auf h sitzende Schirm g ermöglicht einen Ueberlauf so, daß das Wasser von
oben nicht unmittelbar in die untere Turmhälfte träufelt.
Textabbildung Bd. 322, S. 409
Fig. 22.Schwefligsäuregewinnung der metallurg. Gesellschaft.
Aus dem solcherart im unteren Teile von e gebildeten
Reservoir saugt eine in i eingeschaltete Pumpe das
herabgekommene Wasser ab und spritzt es fein zerstäubt durch das Rohr j und die Brause f von
neuem im oberen Teile aus, so daß aller Staub der aufsteigenden Gase
niedergeschlagen wird.
Das weiter über den Schirm g abfließende Wasser
kommt mit heißeren Gasen in Berührung und wird dadurch sehr warm. Dies kommt der
Aufnahme der Schwefelsäure zugute, während die in dem kühleren, oberen Teile
aufgenommene Schwefligsäure dadurch zum guten Teil wieder ausgetrieben wird, um
so mehr, weil beabsichtigt ist, die oben zugeleitete Wassermenge so klein zu
wählen, daß eine Erwärmung unten bis auf etwa 70° C stattfindet. So erreicht
man, daß das unten, umhüllt von Kühlwasser in einem größeren Kasten durch ein
Rohr ablaufende Waschwasser fast nur Schwefelsäure und Eisenoxydstaub
enthält.
Um die Sulfitlösung mit der nach irgend einem
Verfahren gewonnenen Schwefligsäure darzustellen, hat man bekanntlich Turm- und
Kammerapparate. An letztere scheint ein Verfahren von Drewsen und Parent anzuschließen, bei dem
Kalkmilch und Schwefligsäure an entgegengesetzt liegenden Teilen einer Trommel
aus Holz eingeleitet werden, während im Innern der Trommel ungemein rasch (mit
4–500 minutl. Umdreh.) Rührer sich drehen. Durch diese soll die Flüssigkeit im
Trommelinnern derart verspritzt werden, daß eine große Absorptionsfläche
dargeboten und in ungemein rascher Arbeit in ununterbrochenem Strome brauchbare
Sulfitlauge erzielt werde.Papierzeitung 1904, S. 1387.
Drewsen versucht übrigens noch in anderer Weise, das
Sulfitverfahren sparsamer zu gestalten (amerikan. Patent 730439). Es sollen
nämlich die Späne schon vor der eigentlichen Kochung bei gewöhnlicher Temperatur
mit Sulfit getränkt werden, und zwar soll hierfür Natrium- oder
Magnesium-Monosulfit genügen, das neutral oder schwach alkalisch ist, also auch
die Gefäßwände nicht angreift.
Die Vorschläge von Dr. Hermann Rabe in Berlin (D. R.
P. 139234 und 140998) bezwecken im Turmsystem günstigere Laugenherstellung zu
erreichen. Einerseits ist ein Flüssigkeitsverteiler vorgesehen, welcher jeden
Teil des Turmquerschnittes mit entsprechender Wassermenge versorgt, andererseits
ist eine sogenannte Temperiervorrichtung aus Rohren oder Doppelböden bestehend
eingebaut, was die Turmtemperatur durch Luftkühlung ermäßigen soll.
Ein Ungeheuer scheint der Säureturm der neuen Sulfitstoff-Fabrik „Battle Island Paper Co.“ in Fulton (V. St.
v. N. A.) zu sein. Der Turm ist 36 m hoch und mit 65 t Marmor gefüllt. Das
Pumpwerk schöpft 14 cbm Wasser i. d. Minute. Die drei hierzu arbeitenden Kocher
haben 15 m Höhe und 4,2 m Durchm.
Bekannt ist, daß Harz im Holz das Zellstoffkochen recht erschwert. Hoskins (amerikan. Patent 770463) versucht
dieser Schwierigkeit dadurch beizukommen, daß harzreiches Holz vor dem
Zellstoffkochen durch Dampf in einem Behälter soweit erwärmt wird, daß die
Terperne verflüchtigt, dann aufgefangen und kondensiert werden, während das Harz
schmilzt und in diesem Zustande als Nebenprodukt zu gewinnen ist. Aber auch
andere, bei der Zellstoffgewinnung unwillkommene Begleiter der Holzsubstanz, wie
Gerbsäure, versucht man vorher zu entfernen. Oma
Carr gibt hierfür (amerikan. Patent 762139) ein Verfahren für solche
Hölzer an, welche sehr gerbstoffreich sind. Das in lange Späne geteilte Holz
wird wiederholt zwischen schweren Walzen gequetscht, bis nur etwa 3 – 8 v. H.
Gerbextrakt enthalten sind. Um auch diesen zu entfernen, wird das Holz
ausgelaugt und schließlich in reinem heißem Wasser behandelt. Dann ist das Holz
in üblicher Weise auf Zellstoff zu verkochen.
Wie sehr solche Holzbegleiter die Zellstoffkochung beeinflussen, mag etwa die
Angabe dartun, daß mit Natronlösung gekochter Stoff (aus Pappel und Fichte) die
Ablauge frisch ganz rosafarbig liefert; an der Luft wird sie jedoch sogleich
tief schwarz.Vergl.
Papierzeitung 1902, S. 1399.
Sein kombiniertes Kochverfahren sucht Willy SchachtVergl. D. p.
J. Bd. 317, S. 750. (D. R. P. 131108) dadurch zu
vervollkommnen, daß er Schwefeldioxyd in kaustische Natronlaugen leitet, welche
aus Soda, Rohsoda oder Regenerationsschmelzen erzielt werden.
Ganz eigentümlicherweise schlägt Frau Küß (franz.
Patent 354092) vor, Alfa und ähnliche Pflanzen mit Petrolseife zu verkochen, um
feinen, weißen Stoff zu gewinnen.
(Fortsetzung folgt.)