Titel: | Zeitschriftenschau. |
Autor: | A |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 573 |
Download: | XML |
Zeitschriftenschau.
Zeitschriftenschau.
Dampfturbinen.
Das Turbinengebläse von C. A. Parsons als
Hochofengebläsemaschine. (Fürstenau.) Die
erste Ausführung eines solchen Gebläses wurde 1904 in Betrieb gesetzt; seitdem sind
weitere 23 ausgeführt worden. Das erste auf dem Kontinent aufgestellte Gebläse ist
dasjenige des Eisenwerks Trzynietz in Oesterreichisch-Schlesien mit einer normalen
Leistung von 450 cbm Luft i. d. Minute. Je nach der Fördermenge schwankt die
Umdrehungszahl zwischen 2400 u. 3400 i. d. Minute, die Luftpressung zwischen 0,2 u.
0,7 kg/qcm. Die Dampfturbine der bekannten Parsonsschen
Bauart steht unter dem Einfluß eines Federregulators, dessen Hülsenbelastung durch
eine Federspannvorrichtung für die weit auseinanderliegenden Umdrehungszahlen
geändert werden kann. Die Hülse besitzt zu diesem Zwecke zwei Ringnuten; in der
einen greift der Hebel der Federwage, in der anderen der Schwinghebel für die
Dampfsteuerung an. Die Regulatorspindel wird von der Turbinenwelle durch ein
Schneckenrad angetrieben. Ein weiterer, auf der gleichen Spindel sitzender
Pendelregulator, dessen Gewichte erst bei Ueberschreitung einer bestimmten höchsten
Umdrehungszahl ausschlagen und durch die Vermittlung eines Schneckengetriebes das
Absperrventil zum Schluß bringen, dient als Sicherheitsregulator beim Versagen der
normalen Regulierung. Am Ende der senkrechten Regulatorspindel sitzt der Kolben
einer Kapselpumpe, welche das Drucköl für die Lager liefert.
Der Abdampf der Turbine wird in einem Oberflächenkondensator
niedergeschlagen. Ein Elektromotor treibt die Kühlwasserkreiselpumpe unmittelbar,
die trockne Schieberluftpumpe und die Kondensatpumpe durch Riemen an. Beim Versagen
der Kondensation vollzieht sich die Umschaltung auf Auspuff selbsttätig durch eine
Klappe im Turbinengehäuse, welche im normalen Betrieb durch das Vakuum festgesogen
wird.
Textabbildung Bd. 322, S. 573
Die leichte Anpassung der Dampfturbine an wechselnde
Betriebsverhältnisse macht sie zum Antrieb von Gebläsemaschinen äusserst brauchbar.
Das Gebläse von Parsons selbst besteht aus einer Reihe
vielschaufeliger Ventilatoren, die hintereinander geschaltet und durch
Leitschaufelkränze von einander getrennt sind. Entsprechend der Luftverdichtung nach
dem Austritt hin, ist die Länge der Schaufeln dreimal abgestuft. Das Gebläse stellt
so das umgekehrt angeordnete Gegenstück zur Dampfturbine dar, durch welche es seinen
Antrieb erhält. Die Formen des Gebläsezylinders, der mit dem Grundrahmen aus einem
Stück gegossen ist, mit seinen Stutzen für den Luftein- und -austritt, sind einfach
und mit Rücksicht auf einen günstigen Luftweg gewählt. Die Windleitung ist in der
Nähe des Gebläses mit dem Mauerwerk verankert unter Zwischenschaltung eines
elastischen Stückes, um Erschütterungen durch die Luftbewegung in der Windleitung
möglichst von dem Gebläse und der Turbine fern zu halten. Die Turbine und das
Gebläse sind auf freier Decke, nicht auf einem festen Fundament aufgestellt und
zeigen nicht die geringsten Erzitterungen.
Die Gebläsewelle ist wie die Dampfturbinenwelle in Lagern mit
mehrfachen, konzentrisch ineinandersteckenden Schalen gestützt; der Achsialschub
wird durch Kammleger an den Enden beider Wellen aufgenommen, so weit dies nicht
durch die Entlastungskolben der Turbinen- und Gebläsespindel geschieht. Auf der
Gebläsewelle sind die 25 Laufräder warm aufgezogen; sie bestehen aus einer Scheibe
von Panzerblech und tragen an ihrem Umfang in schwalbenschwanzförmiger Nut
eingesetzte Stahlschaufeln. Weiter hat das Gebläse keine beweglichen Teile. Versuche
mit verschiedenen Luftmengen, Pressungen und Umdrehungszahlen haben folgende
Beziehungen ergeben: Bei gleichbleibender Luftpressung ändert sich die geförderte
Luftmenge in gleichem Verhältnis mit der Umdrehungszahl. Bei gleichen geförderten
Luftmengen ändern sich die Umdrehungszahlen mit den Quadratwurzeln aus den
Luftpressungen. Wird im Falle des Gichtstürzens der Wind am Hochofen abgesperrt, so
steigt der Druck bis auf einen ganz bestimmten Höchstwert, wie aus vorstehendem
Diagramm hervorgeht. Es braucht jetzt nicht, wie beim Antrieb durch Kolbenmaschinen,
die Umdrehungszahl herabgesetzt zu werden, damit das Gebläse nicht stecken bleibt,
sondern es läuft in der gepreßten Luft einfach weiter, um die Luftförderung sofort
wieder aufzunehmen. Dieses Verhalten ist für den Betrieb äußerst wertvoll.
Bei einem vierstündigen Versuch wurden folgende Ergebnisse
gewonnen:
Dampfdruck am Absperrventil der Turbine
8,4 at abs.
Dampftemperatur am „ „ „
168° C.
Kondensatorspannung
0,045 at abs.
Uml./Min
3170,3
Windpressung
336,66 mm Hg.
Windmenge
578,65 cbm/Min.
Temperaturerhöhung der Luft
58,7 ° C.
Dampfverbrauch i. d. Stunde
5348,7 kg.
Die Windgeschwindigkeit zur Bestimmung der Windmenge wurde mit
Hilfe einer Pitotschen Röhre gemessen. Als thermischer
Wirkungsgrad, d. i. Verhältnis der Temperaturerhöhung (33,2°) bei adiabatischer
Kompression zur tatsächlich erreichten Temperaturerhöhung ergaben sich 56,5 v.
H.
Jedes Kilogramm Luft nimmt eine Arbeit von 58,76. cv ∙ 426 = 4260 mkg
auf, so daß sich für 578,65 cbm/Min. eine Leistung des Gebläses von
\frac{4260\cdot 578,65}{0,76\cdot 75\cdot 60}=717,5 PS ergibt.
Mit einem mechanischen Wirkungsgrad des Gebläses von 85 v. H.
beträgt die effektive Turbinenleistung 842 PSe und somit der Dampfverbrauch f. d.
effektive Pferdestärke und Stunde 6,35 kg, ein für gesättigten Dampf sehr günstiger
Wert. Im Vergleich zum Dampfverbrauch der Kolbenbläsemaschinen wurden nahezu 15 v.
H. an Dampf gespart, also abgesehen von den Ersparnissen in der Einrichtung, der
Wartung und Unterhaltung ein recht bedeutender Gewinn. (Zeitschr. d. V. d. I. 1907,
S. 1125–1132.)
M.
Eisenbahnwesen.
Einphasen-Wechselstrombahn. (Durand.) Die erste Einphasen-Wechselstrombahn der Westinghouse-Gesellschaft ist in Europa in Bergamo (Italien) in Betrieb gesetzt worden. Zum
Betriebe dient Strom von 6000 Volt und 25 Perioden, der durch hydraulische Turbinen
erzeugt wird. Den Strom für die Beleuchtung der Bahnhöfe liefern besondere
Maschinen. Die Leitungen sind auf einem teils aus Auslegermasten, teils aus Jochen
bestehenden Gestänge geführt und zwar dient eine achtförmige Kupferleitung von 8 mm
Durchm. als Fahrleitung, eine weitere Leitung vom gleichen Querschnitt als
Speiseleitung und zwei Leitungen von je 4 mm Durchm. als Beleuchtungsleitungen für
die Bahnhöfe. Zur Rückleitung des Fahrstromes dienen allein die Fahrschienen, die
leitend miteinander verbunden sind.
Die Fahrleitung ist mittels Klemmen aus schmiedbarem Guß und
Flacheisenstreifen an einen siebenlitzigen Tragseil aufgehängt. Auf der geraden
Strecke beträgt die Spannweite 35 m, auf die vierzehn Aufhängepunkte für den
Fahrdraht kommen. In Krümmungen ist die Spannweite entsprechend geringer; dort wird
der auf den Fahrdraht kommende Seitenzug durch Spanndrähte aufgenommen. Aehnliche
Anordnungen sind auch auf der geraden Strecke vorhanden, um Hin- und Herpendeln der
Fahrleitung zu verhindern. Zur Aufhängung des Tragseiles dienen paarweise
angeordnete zweiteilige Isolatoren mit durchgehenden Tragstiften, die auf aus zwei
60 mm hohen U-Eisen bestehenden Querträgern befestigt sind. Die durch Oelschalter
herzustellenden Verbindungen zwischen der Speiseleitung und der Fahrleitung sind so
angeordnet, daß die Abschaltung von Teilen der Strecke zur Vornahme von
Ausbesserungsarbeiten bewirkt werden kann. Da jedoch betriebsmäßig zwei Lokomotiven
zusammenfahren können und mit ihren 12 m voneinander entfernten Stromabnehmern die
Unterbrechungsstellen in der Fahrleitung überbrücken könnten, sind gegen beide
Leisungsabschnitte isolierte Zwischenstücke von je 15 m Länge eingeschaltet. Die zur
Rückleitung dienenden Fahrschienen sind alle 800 m durch 2 m tief in den Erdboden
eingelassene verzinkte Eisenbleche geerdet.
Die zum Betriebe dienenden Lokomotiven, vorläufig fünf, sind mit
vier 57 PS-Westinghouse-Einphasenmotoren, ausgerüstet,
die in Drehgestellen angeordnet sind und die Laufräder mit einfachem
Zahnradvorgelege (15 : 70 Uebersetzung) antreiben. Zur Stromabnahme von der
Fahrleitung dient ein durch Luftdruck zu steuernder Scherenstromabnehmer. Den
Motoren wird der Strom über einen Transformator zugeführt, der die
Fahrleitungsspannung (6000 Volt) auf 250 Volt herabsetzt. Der Transformator ist als
Spartransformator mit nur einer Spule gebaut und wird durch einen Ventilator
gekühlt. Die Regelung der Motoren geschieht durch Anschließen an die Klemmen des
unterteilten Niederspannungsteiles des Transformators. Die hierzu nötigen Schalter
werden ebenso wie die Stromabnehmer durch Druckluft gesteuert, die über
elektromagnetisch überwachte Ventile in die entsprechenden Luftzylinder eingelassen
wird.
Die Motoren sind mit Kompensationswicklungen auf dem feststehenden
Teil und in Nuten verlegten Neusilberwiderständen zwischen der Ankerwicklung und den
Kommutatorlamellen zur Verringerung des Bürstenfeuers versehen; dem gleichen Zwecke
dienen Ausgleichsleitungen für die Ankerwicklung, die besonders nützlich sind, wenn
Ankerachse und Feldachse infolge Lagerabnutzung nicht mehr übereinstimmen.
Die Lokomotiven vermögen einen 100 t-Zug mit einer Geschwindigkeit
von 56 km/Std. zu befördern. Auf einer Steigung von 2 v. H. kann ein 130 t Zug noch
mit 18 km/Std. Geschwindigkeit gezogen werden. (Elektrical Review New York 1907, Bd.
I, S. 1012–1015.)
Pr.
Eisenbeton.
Probebelastung von Voutondecken.
(Koenen.) Um die Frage der Größe des
Biegungsmomentes in den Feldmitten von durchgehenden, mit den unterstützenden
Trägern zusammenhängenden Eisenbetonplatten zu klären, sind im Königlichen
Material-Prüfungsamt in Groß-Lichterfelde die Koenenschen Voutonplatten einer Probebelastung unterzogen worden. Ein Raum von
25,35 m lichter Länge und 5,00 m lichter Weite wurde in der Weise überdeckt, daß
zwischen Unterzügen verschiedener Form (Bulbeisen, I-Träger und Eisenbetonbalken) Eisenbetonplatten gespannt waren, welche
konsolartig an die Unterzüge anschlössen. Die Eiseneinlagen liegen in den Feldmitten
an der Unterseite, an den Unterzügen an der Oberseite und sind teils um die
Flanschen der letzteren herumgekröpft, teils ohne Kröpfung in das Nachbarfeld
übergeführt. Die Enden der Unterzüge sind an den Auflagern fest eingemauert.
Durch diese Anordnung wird erreicht, daß die Belastung eines Feldes
auch die benachbarten Felder in Anspruch nimmt, oder daß jedes Deckenfeld durch die
Mitwirkung der benachbarten Felder entlastet wird, und daß der Drehungswiderstand
der zwischen die Platten eingeschlossenen Trägerkörper ebenfalls die einzelnen
Deckenplatten entlastet. Außerdem sohl durch die konsolartige Ausbildung der
Plattenenden ein gewölbeartiger Widerstand in der Platte erzeugt werden, so daß die
bei teilweiser Belastung an der Oberseite auftretenden Zugspannungen unschädlich
gemacht werden. Endlich soll die Eiseneinlage wegen ihrer Form wie eine Kette oder
wie ein über die Unterzüge weglaufender angespannter Faden wirken der schon allein
die Querkräfte aufnehmen und auf die Unterzüge übertragen kann.
Die gewöhnlichen Formeln über die Drehung der Endtangenten und die
Durchbiegung eines Trägers können auf diese Deckenform nicht ohne weiteres
angewendet werden, da infolge der Querschnittsänderung innerhalb der Plattenenden
das Trägheitsmoment der Platte nicht konstant ist.
Auf zeichnerischem Wege wird der Einfluß des veränderlichen
Trägheitsmomentes auf die Verdrehung und die Durchbiegung der Voutenplatten
nachgewiesen. Es zeigt sich, daß die Einspannungsmomente mit der Höhe und der
Ausladung der Vouten wachsen und daß die Momentennullpunkte näher nach der
Plattenmitte liegen, als bei Platten mit konstantem Querschnitt. Mit der Verdrehung
der Unterzüge ist jedoch wieder nach der Mitte der Träger hin eine Abnahme des
Einspannungsmomentes verbunden.
Der theoretischen Ableitung entsprechen die Ergebnisse der
Probebelastung, welche nach den amtlichen Bestimmungen vom 16. April 1904
vorgenommen ist. Die Belastung wurde auf eine mehrere cm starke Sandschicht
aufgebracht und bestand aus dicht über die Fläche verteilten Sandsäcken und
Eisenbarren. Es wurde nur die Hälfte der Deckenfelder belastet, so daß zwischen den
belasteten Feldern immer ein unbelastetes Feld vorhanden war. Die Durchbiegungen
wurden in den belasteten Feldern an drei Stellen, in den unbelasteter Feldern an
einer Stelle gemessen. Aus den Durchbiegungen wurde unter Annahme des
Elastizitätsmoduls des Betons zu 230000 bezw. zu 315000 die Größe der
Einspannungsmomente berechnet, so daß sich ihr Einfluß auf die Biegungsmomente in
den Feldmitten ermitteln ließ. Die auftretenden Spannungen sind nach den amtlichen
Bestimmungen berechnet. Die größte Druckspannung im Beton betrug 75,9 kg/qcm, die größte
Zugspannung im Eisen 1498 kg/qcm. Weder an der Unterseite in den belasteten Feldern,
noch an der Oberseite in den unbelasteten Feldern wurden Risse bemerkt, auch waren
keine nennenswerten bleibenden Durchbiegungen zu beobachten.
Das Ergebnis der Probebelastung ist, daß das größte Biegungsmoment
aus der Nutzlast in den Mittelfeldern <\,\frac{p\,l^2}{24} und in den Endfeldern
<\,\frac{p\,l^2}{13} ist, so daß es gerechtfertigt erscheint, diese Werte bei der
Berechnung der Abmessungen zu Grunde zu legen. (Mitteilungen über Zement, Beton- und
Eisenbetonbau der deutschen Bauzeitung 1907, S. 49–50 und S. 54–56.)
Dr.-Ing. P Weiske.
Lokomotivbau.
Lokomotivenantrieb. (Jahn.) Nach einer eingehenden Untersuchung über die
verschiedenen Antriebsarten bei Lokomotiven kommt der Verfasser zu folgenden
Hauptergebnissen:
1. Die Verbundwirkung beeinflußt die Eigenschaften sämtlicher
Bauarten in günstigster Weise. Der Hochdruckzylinder soll bei der Lokomotive mit
zwei Innenzylindern die voreilende, bei der mit zwei Außenzylindern die nacheilende Kurbel
antreiben.
2. Die Lokomotive mit zwei Außenzylindern ist allen andern
Bauarten, besonders der mit zwei Innenzylindern, erheblich unterlegen.
3. Die Vierzylinder - Verbundlokomotive steht hinsichtlich der
Umfangskräfte ungefähr auf gleicher Stufe mit der
Innenzylinder-Verbundlokomotive; hinsichtlich der Lagerdrücke und der
Rahmenbeanspruchung ist sie allen anderen Bauarten bei weitem überlegen.
4. Die Dreizylinder-Verbundlokomotive ist hinsichtlich der
Umfangskräfte und Lagerdrücke der Innenzylinder-Verbundlokomotive gleichwertig;
bei Vorwärtsfahrt, gezogenem Zug und 0,2 Füllung bei 60 km Geschwindigkeit ist
die Rahmenbeanspruchung sogar erheblich geringer als bei dieser. Nur bei großen
Füllungen sind die Rahmenbeanspruchungen nicht eben günstig.
Man wird sich im allgemeinen für eine zweizylindrige Lokomotive
entscheiden, sofern nicht die Unterbringung der Zylinder wegen zu großer Durchmesser
Schwierigkeiten macht, wegen sehr hoher Geschwindigkeiten ein besonders guter
Massenausgleich gewünscht wird, und dergl. mehr. Von den Zweizylinderlokomotiven
verdient die Innenzylinderlokomotive, und zwar – wenn Verbundanordnung gewählt wird
– mit voreilender Hochdruckkurbel entschieden den Vorzug. Die früher als Nachteile
betrachteten Umstände: die gekröpfte Welle und die höhere Kessellage, sind heute
keine Nachteile mehr. Die Zugänglichkeit des Triebwerkes ist freilich erschwert,
doch kann diese durch bessere Einrichtung der Löschgruben in den Lokomotivschuppen
erleichtert werden.
Bei Versuchen der dänischen Staatsbahnen wurden hinsichtlich der
sonstigen Gesamtanordnung genau gleiche Innen- und Außenzylinderlokomotiven in
Betrieb gestellt. Bei ersteren konnten infolge der schwächeren Rahmenausführung, und
weil das Zylindergußstück gleichzeitig die Rahmenversteifung bildet, 1620 kg an
Rahmen und Zubehör gespart werden; die Laufdauer der Reifen war fast doppelt so
groß.
Die Reibungszahl ist bei elektrischen
Lokomotiven größer festgestellt und die Ursache hierfür u.a. im Stromdurchgang durch
Rad und Schiene gesucht. Man braucht nicht auf derartige rätselhafte Vorgänge
zurückzugreifen, wenn man nicht in den Fehler verfällt, zu glauben, daß sich die
Umfangskräfte gleichmäßig durch die Welle von Rad zu Rad und durch die Kuppelstange
von Achse zu Achse verteilen. Ersteres trifft nur für Innentriebwerke teilweise,
letzteres häufig nur sehr unvollkommen zu. Die Umfangskraft am einzelnen Rad ist
maßgebend. Uebersteigt diese die Reibungsgrenze, so gleitet das Rad und wird durch
Wellenverdrehung ein Teil der Umfangskräfte auf das Rad der anderen Seite
übertragen. Sind bis dahin die Kuppelstangen infolge zu großer Spielräume an den
Stangenlagern oder am Kuppelachslager noch spannungslos, so gleitet die Triebachse
weiter und teilt den Stangen Spannung mit. Folgende Tatsachen werden angegeben:
1. Die gewöhnlich benutzte Reibungszahl μ = ⅙ bis 1/7 ist erheblich kleiner als die wahre, die
größer als ¼ sein dürfte.
2. Bei Lokomotiven kommt die Reibung dem letztgenannten Wert um
so näher, je gleichmäßiger die Umfangskraft ist und je vollkommener die
Kuppelstangen ihren Zweck erfüllen. Hierzu sind die Spielräume der Stangenlager
möglichst klein und der Spielraum der Triebachsen etwas größer als der an der
Kuppelachse zu halten.
3. Ungekuppelte Lokomotiven werden mit größerer Reibungszahl
arbeiten als gekuppelte, Innenzylinderlokomotiven mit größerer als solche mit
Außenzylindern. An erster Stelle stehen also ungekuppelte
Innenzylinderlokomotiven. Die hohen Zugkräfte englischer Lokomotiven dieser
Bauart bestätigen dies.
4. Wenn man elektrische Lokomotiven mit gekuppelten Achsen
ausführt, so geht ein Teil der Vorzüge, den der elektrische Antrieb hinsichtlich
hoher Reibungszahlen bietet, wieder verloren.
(Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. 1907, S. 1046–1055, 1098 bis 1106
und 1141–1144.)
Ky.
Dampfturbinen-Lokomotiven. (Felix Langen.) Die Anwendung der Dampfturbine zum
Antrieb von Lokomotiven erscheint verlockend durch den gänzlichen Fortfall der
störenden Bewegungen und Gefahren, welche bei hoher Fahrgeschwindigkeit durch die
Massen des Triebwerks auftreten. Bei unmittelbarer Kupplung der Turbine auf der
Radachse, welche für hohe Leistungen und Geschwindigkeiten allein in Frage kommt,
kann aber die Umfangsgeschwindigkeit der Turbine höchstens gleich der
Zuggeschwindigkeit werden, bei 200 km std. Fahrgeschwindigkeit, also nur etwa 50 m
i. d. Sek. Eine so geringe Umfangsgeschwindigkeit verlangt aber entweder eine
Turbine mit vielen Stufen oder aber es wird die Dampfausnutzung, die bei dem allein
möglichen Auspuffbetrieb ohnehin schon eine beschränkte ist, ungünstig. Eine
Turbine, welche mit 16 at Anfangsdruck bei einer Dampftemperatur von 450° arbeitet,
müßte zwölf Druckstufen mit je zwei Geschwindigkeitsstufen haben und ergäbe mit
einem thermischen Wirkungsgrad von 60 v. H. einen Dampfverbrauch von 6,6 kg f. d.
PSe und Stunde. Der Abdampf mit einer Temperatur von 230° könnte das Speisewasser um
165° vorwärmen, so daß sich mit einem Kesselwirkungsgrad von 50 v. H. bei einem
Heizwert der Kohlen von 8000 WE f. d. kg ein Kohlenverbrauch von 1,06 kg f. d. PSe
und Stunde ergibt, ein Wert, der den Verbrauch bei Lokomotiven mit Kolbenmaschinen
um mehr als ein Viertel unterschreitet. Für eine geringere Fahrgeschwindigkeit von
120 km i. d. Stunde errechnet sich mit einem thermischen Wirkungsgrad der Turbine
von 42 v. H. ein Kohlenverbrauch von 1,43 kg f d. PSe und Stunde; auch hierbei
könnte sie mit der Kolbenlokomotive noch in Wettbewerb treten. Die Anordnung könnte
so getroffen werden, daß von sechs Achsen – je zwei in einem Drehgestell vereinigt –
vier Turbinenantrieb erhalten, wobei je drei Druckstufen auf einer Achse in einem
Gehäuse untergebracht sind. Die Möglichkeit, den Turbinenantrieb bei Lokomotiven
auszuführen und bei Dauerfahrten wirtschaftlich zu gestalten, liegt also vor. Die
Erhöhung der Wirtschaftlichkeit durch Anordnung eines Oberflächenkondensators mit
Luftkühlung ist ausgeschlossen, da sich schon bei einem Kondensatordruck von 0,5 at
abs. eine Kühlfläche von etwa 4000 qm ergeben würde. Zum Rückwärtsfahren würde wohl
am zweckmäßigsten eine besondere kleine Kolbenmaschine angeordnet, welche mittels
ausschaltbarer Kupplung auf eine Tenderachse arbeitet. Ein schlimmer Punkt beim
Antrieb durch Dampfturbinen ist deren geringes Anzugsmoment, besonders bei
Verwendung einer geringen Stufenzahl. Während einer längeren Anfahrzeit wird aber
unverhältnismäßig viel Dampf verbraucht. Die Gefahr, daß der Kessel bei Stillstand
der Lokomotive und beim Anfahren leer gepumpt wird, liegt nahe. Bei dem häufiger
Anhalten und der Fahrtverminderung unseres mitteleuropäischen Bahnbetriebes liegen
die Verhältnisse für die Dampfturbinen-Lokomotive sehr ungünstig. Bei der Neuanlage
von Schnellbahnen wird wohl nur elektrischer Antrieb in Frage kommen. (Zeitschrift
für das gesamte Turbinenwesen 1907, S. 305–307.)
M.
Technische Chemie.
Mischkristalle. (Tammann.) Nach der von Mitscherlich seinerzeit aufgestellten Regel bilden chemisch analog
zusammengesetzte Körper Mischkristalle. Tammann suchte
auf Grund der zahlreichen metallographischen Untersuchungen, die unier seiner
Leitung ausgeführt wurden, leinen Zusammenhang zwischen der Fähigkeit zweier
Elemente, Mischkristalle zu bilden, und ihrer gegenseitigen Stellung im periodischen
System. Er gibt folgende Zusammenstellung:
I. Im flüssigen wie im festen Zustande mischen sich in jedem Gewichtsverhältnis:
CuMn CuNi AgAu MgCd BiSb MnFe MnNi MnCo FeCo FeNi NiCo PtCu PtAu
PdCu PdAg PdAu InPb BrJ.
Es bilden nicht nur Elemente derselben Gruppe des periodischen
Systems Mischkristalle, sondern auch oft solche, die verschiedenen Gruppen
angehören; aber im letzteren Falle handelt es sich immer um Metalle von hohem
Schmelzpunkte.
Unter diesen 18 Legierungen ist nur eine, InPb, wo zwei Elemente mit verhältnismäßig tiefem Schmelzpunkt, die
nicht zu derselben Gruppe des periodischen Systems
gehören, eine lückenlose Reihe von Mischkristallen bilden.
II. Im flüssigen Zustande lösen sich folgende Paare beim
Schmelzpunkt des höher schmelzenden Bestandteiles nur so wenig ineinander, daß die
Löslichkeit nicht mehr genau bestimmt werden konnte:
AgFe AgCo ZnPb ZnTe ZnBi CdAl AlTi AlPb AlBi Fe Te Fe Pb FeBi MnBi
MnPb NaMg NaAl NaZn.
III. Folgende Paare sind im flüssigen Zustande miteinander in allen
Verhältnissen mischbar, trennen sich aber beim Erstarren:
CuAg AuPb AuSb MgZn AlMg MgSn MgPb MgSb MgBi Sb Zn Sb Cd SnCo TeCu
NaHg NaSn NaCd.
IV. Folgende Paare sind im flüssigen Zustand unbegrenzt, im festen
Zustande nur in den gleichzeitig angegebenen Grenzen ineinander löslich:
1.
Cu
Tl
Cu
Pb
Cu
Fe
Cu
Co
Ag
Tl
Ag
Sn
Ag
Bi
Ag
Ni
10
0
3
0
2,5
3
4
10
10
0
20
0
5
0
0
4
Ag
Bi
Zn
Hg
Zn
Al
Hg
Pb
Pb
Ni
Mn
Bi
5
0
33
0
0
<
0
35
0
4
>
0
2.
Cu
Zn
Cu
Cd
Cu
Al
Cu
Sn
Ag
Mg
Ag
Zn
Ag
Al
Ag
Sb
30
2,5
1-2
0
10
4
5
0
28
0
22
4
16
0
15
0
Au
ZnAtomprozente.
Au
Cd
Au
Sn
Mg
Tl
Mg
Sn
Al
Fe
Bi
Tl
Sn
Mn
Sn
Fe
30
8
18
0
4
0
8
0
0
5
0
35
0
7
0
4
0
19
Sn
Ni
Pb
Ni
Sb
Ni
0
15
0
4
0
7,5
Die Zahlen bedeuten Gewichtsprozente, z.B. sagt \frac{\mbox{Cu}}{3}\,\frac{\mbox{Pb}}{0}
aus, daß sich im kristallisierten Kupfer drei Gewichtsprozente Blei lösen,
dagegen im erstarrten Blei kein Kupfer gefunden wird. Die Paare der Reihe 1 bilden
keine Verbindungen, wohl aber die der zweiten Reihe.
In allen den 34 unter 1 und 2 aufgezählten Fällen löst das höher
schmelzende Element mehr Atomprozente vom niedriger schmelzenden Element als
umgekehrt.
In den drei folgenden Fällen löst das niedriger schmelzende Element
mehr:
Au
Fe
Cd
HgAtomprozente.
Tl
Sb
26
28
28
75
22
0
V. Unsicher ist es, ob Mischkristalle auftreten, oder wie die
Endglieder der beiden Reihen von Mischkristallen zusammengesetzt sind, bei folgenden
Paaren:
CuAg CuAu CuSbAus der
elektrischen Leitfähigkeit der Cu Sb-Legierungen läßt sich schließen, daß
sich keine Mischkristalle bilden. Das Gleiche gilt von SnPb, ZnSn, CdZn;
dagegen ergibt die Leitfähigkeitsänderung mit dem Gehalt, daß Cu wohl Sb,
nicht aber Sb auch Cu im festen Zustande löst. CuCd AuAl AuTe
AuNi ZnSnAus der elektrischen
Leitfähigkeit der Cu Sb-Legierungen läßt sich schließen, daß sich keine
Mischkristalle bilden. Das Gleiche gilt von SnPb, ZnSn, CdZn; dagegen ergibt
die Leitfähigkeitsänderung mit dem Gehalt, daß Cu wohl Sb, nicht aber Sb
auch Cu im festen Zustande löst. ZnBi CdTl CdSn2)Aus der elektrischen
Leitfähigkeit der Cu Sb-Legierungen läßt sich schließen, daß sich keine
Mischkristalle bilden. Das Gleiche gilt von SnPb, ZnSn, CdZn; dagegen ergibt
die Leitfähigkeitsänderung mit dem Gehalt, daß Cu wohl Sb, nicht aber Sb
auch Cu im festen Zustande löst. CdPb CdBi HgTe AlSn AlBi TeSn
SnPbAus der elektrischen
Leitfähigkeit der Cu Sb-Legierungen läßt sich schließen, daß sich keine
Mischkristalle bilden. Das Gleiche gilt von SnPb, ZnSn, CdZn; dagegen ergibt
die Leitfähigkeitsänderung mit dem Gehalt, daß Cu wohl Sb, nicht aber Sb
auch Cu im festen Zustande löst. PbBi SnBi NaBi BaSb.
Am Schlusse fast Tammann die
Ergebnisse seiner Arbeit folgendermaßen zusammen: „Während aus den binären
Schmelzen die Metalle mit hohem Schmelzpunkte in der Regel nicht als reine
Metalle, sondern als Mischkristalle auskristallisieren, scheiden sich die
Metalle mit niedrigem Schmelzpunkt in der Regel als praktisch reine Kristalle
aus. Wenn die Schmelzpunkte beider Metalle hoch liegen, so tritt in der Regel
lückenlose Mischbarkeit auf. Bestimmender als die chemische Analogie auf die
Fähigkeit der Elemente, Mischkristalle zu bilden, ist die Temperatur der Kristallisation. Die Gründe hierfür
können in der größeren kinetischen Energie gesucht
werden, welche die Moleküle des in der Schmelze gelösten Stoffes bei höherer
Temperatur besitzen, und in dem größeren Abstande,
welchen die Moleküle in den Kristallen des schwerer schmelzenden Stoffes bei
höheren Temperaturen voneinander haben. (Zeitschrift f. anorgan. Chemie, 53,
1907, S. 446 bis 456.)
A