Titel: | Die Entwicklung der Treppenaufzüge. |
Autor: | F. Wintermeyer |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 595 |
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Die Entwicklung der Treppenaufzüge.
Von Dipl.-Ing. F. Wintermeyer.
Die Entwicklung der Treppenaufzüge.
Unter Treppenaufzügen versteht man bekanntlich solche Aufzugs Vorrichtungen, die
eine durch eine mechanische Kraft in Bewegung versetzte Treppe bilden.
Sie haben ihre Entwicklung und Bedeutung zunächst in Amerika gefunden und fangen auch
jetzt an, bei uns in Deutschland in großen Warenhäusern und, dergl. sich
einzubürgern. Sie sind besonders dort am Platz, wo es gilt, einen breiten
Menschenstrom in kurzer Zeit von einem Stockwerk in ein höher gelegenes und
umgekehrt zu befördern. Nimmt man an, daß sich die Förderbahn mit der
Durchschnittsgeschwindigkeit eines Fußgängers bewegt, so können mit einem nur
mannsbreiten Förderband in einer Stunde hintereinander ungefähr 6000 Personen
befördert werden. Die Leistung eines derartigen Aufzuges ist also außerordentlich
groß.
Die einfachste Form eines Treppenaufzuges ist in Fig.
1 schematisch dargestellt. Hier ist zwischen den Podesten I und II, die in
verschiedenen Stockwerken liegen, ein endloses Band a
gespannt, das von der mit irgend einer Kraftquelle verbundenen Antriebstrommel b seine Bewegung empfängt und um die Führungstrommel
c geschlungen ist. Will nun eine Person von Podest
I nach Podest II
gelangen, so tritt sie auf das in Bewegung befindliche Band a und wird alsdann von demselben mit nach oben genommen, bis sie auf das
Podest II übertreten kann. Um ein Durchhängen des
Bandes auf der Tragseite zu verhüten, ist die Anwendung von Unterstützungsrollen d erforderlich.
Textabbildung Bd. 322, S. 595
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 322, S. 595
Fig. 2.
In dieser einfachsten Form weist natürlich ein Treppenaufzug bezüglich der
Betriebssicherheit die verschiedensten Mängel auf. Insbesondere hat bei dieser
einfachen Anordnung die zu fördernde Person keinen Halt während der Beförderung, was
ein Gefühl der Unsicherheit erweckt. Daher ging man schon früh dazu über, die
Treppenaufzüge mit einem Geländer zu versehen. Dieses kann sowohl fest als auch
beweglich angeordnet sein. Meistens wird jedoch das bewegliche Geländer dem festen
vorgezogen, da ja auch erklärlich ist, daß eine Person einen besseren Halt an
einem mit der Förderbahn sich bewegenden als an einem festen Geländer findet.
Einen Treppenaufzug mit einem beweglichen Geländer stellt Fig. 2 dar. a ist wieder das Förderband, f stellt das um die Rollen g geschlungene Geländer dar. Es empfängt seine Bewegung mittels des
Kettentriebes e oder dergleichen von der auch das
Förderband a treibenden Antriebsvorrichtung. Die
Bewegungsgeschwindigkeit des Geländers f ist die
gleiche wie die des Förderbandes a, damit die Person
während der Förderung das Geländer festhalten kann.
Einen wesentlichen Fortschritt im Bau der Treppenaufzüge stellt die in Fig. 3 abgebildete, von dem Amerikaner Reno in New York herrührende Anordnung dar Sie ist für
ein sicheres Auftreten auf die Förderbahn und ein sicheres Abtreten von derselben
von der allergrößten Bedeutung und ist für die späteren Konstruktionen vorbildlich
geworden.
Textabbildung Bd. 322, S. 595
Fig. 3.
Die Förderbahn ist hier aus einzelnen gelenkig miteinander verbundenen Teilen
gebildet, die auf ihrer Oberfläche mit Längsnuten bezw. Rillen versehen sind. In
diese greifen sowohl am untern als auch am obern Podest die fest mit den Plattformen
verbundenen, leicht gebogenen Zähne g der kammartigen
Uebergangsteile h ein. Es ist ersichtlich, daß
infolgedessen am untern Podest ein gefahrloses Ueberführen der Person auf die
bewegte Förderbahn und am obern Podest ebenso ein gefahrloses Absetzen der Person
erfolgt. Um dieses Absetzen zu erleichtern, werden zwischen den Zähnen g am obern Podest vielfach kleine Rollen gelagert, so
daß die Reibung an den Zähnen g verringert wird.
Textabbildung Bd. 322, S. 595
Fig. 4.
Eine neuere Konstruktion der Förderbahn von Wismer
in Zürich zeigt Fig. 4. Die endlose Bahn ist hier
derart aus einzelnen Stücken zusammengesetzt, daß auf den mit Rollen h versehenen Bolzen a eine
Anzahl eiserner Platten b und hölzerner Platten d angebracht sind und daß durch die erwähnten Bolzen
und Platten eine Art Kette gebildet wird. Die eisernen Platten b, welche nächst den Rollen h auf den Bolzen a angebracht sind, dienen
dazu, die ganze Kette der Länge nach zusammenzuhalten. Die hölzernen Platten d, von denen immer zwei derart zusammengefaßt sind, daß
alle hintereinander angeordneten Platten eine fortlaufende Reihe bilden, dienen als
Unterlage für die Füße der Personen. Durch kurze, als Distanzstücke wirkende Hülsen
werden die durch die Holzplatten gebildeten Reihen durchweg in einer bestimmten
Entfernung gehalten, wodurch Rinnen entstehen, in die am obern und untern Podest
Zähne (entsprechend den Zähnen g der Fig. 3) eingreifen. Die Rollen h laufen auf Laufschienen.
Sehr früh ist man bei den Treppenaufzügen mit endlosem Band dazu übergegangen, an dem
letzteren besondere Stufen herzustellen, um die Standsicherheit der zu befördernden
Person zu erhöhen.
In einfachster Weise wird dies dadurch erreicht, daß an dem Förderband in gewissen
Abständen Holzklötzchen befestigt werden, die die Form von Trittstufen haben.
Textabbildung Bd. 322, S. 596
Fig. 5.
Eine moderne Ausbildung einer endlosen Förderbahn mit Trittstufen zeigt Fig. 5. Hier sind die Trittstufen a wieder mit Rinnen versehen, in die die Zähne b zu dem bereits erwähnten Zweck eingreifen.
Eine in neuester Zeit der Firma Reno in New York
patentierte Ausbildung der Trittstufen zeigt Fig. 6.
Die Stufen bestehen hier aus zwei oder mehreren, gelenkig verbundenen Querleisten,
die derart mit verschieden hohen Trittklötzchen ausgestattet sind, daß z. B, bei
Stufen aus drei Leisten a, b, c die Klötze f und e auf a und b eine nahezu
wagerechte Auftrittfläche bieten, während die Oberflächen der dritten Klötze d etwas geneigt dazu in Richtung des Bandes stehen. Die
Klötze derselben Reihe sind mit Zwischenräumen nebeneinander angeordnet, in die
wieder die Zinken g eingreifen.
Textabbildung Bd. 322, S. 596
Fig. 6.
Dadurch, daß man die Stufen nicht aus einem Stück herstellt, sondern aus einer Anzahl
Querleisten bildet, ist es möglich gemacht, kleinere Kettenräder zu verwenden.
Gleichzeitig wird auch der Winkel, den die Trittflächen auf der benutzten Strecke
der Bahn mit dem obern und untern Podest bilden, wesentlich verkleinert, was ein
sicheres Betreten und Verlassen der Bahn zur Folge hat. Wie bei den gewöhnlichen
senkrechten Personenaufzügen die Ausgleichung des Gewichtes der toten Last zwecks
Herabminderung der erforderlichen Betriebskraft fast immer durch ein besonderes
Gegengewicht erzielt wird, so hat man auch bei den Treppenaufzügen schon früh
versucht, einen derartigen Gewichtsausgleich der bewegten Massen anzuwenden. Es sei
jedoch gleich bemerkt, daß hier der Gewichtsausgleich nicht die Verbreitung
gefunden hat wie bei den gewöhnlichen senkrechten Aufzügen. Dies hat seinen
Grund vornehmlich darin, daß der Gewichtsausgleich bei letzteren einfach durch ein
Gegengewicht, das mit dem Fahrstuhl durch einen Seiltrieb verbunden ist und dessen
Bewegung in entgegengesetzter Richtung mitmacht, zu erzielen ist, nicht aber bei den
Treppenaufzügen.
Der Gewichtsausgleich bei den bekannten Anordnungen der Treppenaufzüge wird vielmehr
dadurch herbeigeführt, daß zwei Förderbahnen miteinander verbunden werden, von denen
die eine aufwärts, die andere abwärts fördert, so daß die Abwärtsförderung die
Aufwärtsförderung unterstützt.
Bei der Ausführung nach Fig. 7 sind die beiden Bahnen
a und b einander
gegenüber angeordnet und für beide ist ein einziges endloses Band verwendet.
Textabbildung Bd. 322, S. 596
Fig. 7.
Die beiden zum Gewichtsausgleich miteinander zu vereinigenden Förderbahnen können
indessen auch in derselben Ebene nebeneinander liegen. Einen Querschnitt durch eine
derartige Anlage zeigt Fig. 8. Hier findet der
Gewichtsausgleich dadurch statt, daß das mit der Antriebsmaschine verbundene
Kegelrad a gleichzeitig in die Kegelräder b und c eingreift, von
denen das eine b zum Antrieb der Scheibe d für die eine z.B. aufwärtsfördernde Bahn f und das andere c zum
Antrieb der Scheibe e für die zweite dann
abwärtsfördernde Bahn g dient.
Textabbildung Bd. 322, S. 596
Fig. 8.
Anstatt die Förderbahn unmittelbar aus einem mehr oder weniger einem endlosen Band
ähnelnden Förderorgan herzustellen, kann dieselbe auch durch besondere Stufenkörper
gebildet werden, die voneinander unabhängig sind, in seitlichen Schienen geführt und
durch endlose Ketten oder dergl. angetrieben werden. Die verschiedenen Bauarten der
einzelnen Firmen unterscheiden sich im wesentlichen nur durch die besondere
Ausbildung der Stufenkörper, ihre besondere Führung und den Angriff der
Antriebskette an denselben.
Textabbildung Bd. 322, S. 596
Fig. 9.
Fig. 9 stellt eine Bauart von Louis Horquart in Paris dar. Die einzelnen Stufen a sind an beiden Stirnseiten mit drei Leitrollen b, c, d versehen. Die Leitrollen d sind
vorteilhaft von geringerem Durchmesser als die anderen. Die letzteren (b und c) laufen auf der
ganzen Länge der oberen Rollenführung e, bis die Stufen
bei dem oberen
gezahnten Rade f ankommen. Durch dieses Rad werden die
Stufen mittels der Gallschen Kette g in Bewegung versetzt, deren Glieder mit den Achsen
der Rollen c verbunden sind. Außerdem werden die Achsen
der Rollen c auch unmittelbar von dem gezahnten Rad f unterstützt, während sich die Rollen b entlang der Bogenführung h herabsenken, die eine Verlängerung des Rollenweges e bildet. Die Stufen verbleiben hierdurch, sobald sie
sich an der oberen Plattform II befinden, in
wagerechter Lage und senken sich in dieser Lage unter die Plattform II. Nachdem die Person auf die Plattform II abgesetzt ist, werden die Rollen b durch die kurze Kreisführung i, die zur Bogenführung h parallel ist,
zurückgehalten, so daß sie eine Bewegung in der Längsrichtung der Treppe nicht mehr
ausführen können. Hierdurch wird verhindert, daß die Stufe unter ihrem Eigengewicht
umkippt.
Textabbildung Bd. 322, S. 597
Fig. 10a.
Die Bogenführung ist von solcher Form, daß die ankommenden kleinen Rollen d sich ohne Stoß auf die untere Bogenführung k aufsetzen, die zu diesem Zweck in ihrem Anfangsteil
konzentrisch zum Umfang des gezahnten Rades f gestaltet
ist. Die Rollen c legen sich beim Verlassen der Scheibe
f auf die Bahnen k1, die außerhalb der Bahnen k angeordnet sind, aber anfänglich mit ihnen gleichlaufen. Später senken
sich die Bahnen k, so daß nun die Rollen b sich stoßfrei ebenfalls auf k1 auflegen. Die Einfügung der Bahnen k bezweckt, daß die Stufen beim Ablaufen der Kette g von der Scheibe f nicht
zusammenstoßen. Aus demselben Grunde werden die Rollen b am unteren Ende des Weges von den Bahnen k1 wieder abgehoben, indem hier die
kleinen Rollen d auf die Bahnen l auflaufen. Erst dort wo die Kette über die untere Scheibe f1 geht, kehren die
Rollen b zu den Bahnen k1 zurück und werden dann, wie Fig. 9 ohne weiteres erkennen läßt, ebenso wie die
Rollen c von der unteren Bahn k1 auf die obere Bahn e übergeführt.
Eine andere Bauart eines Treppenaufzuges mit besonderen, voneinander unabhängigen
Stufenkörpern, von Rodeck in Hamburg herrührend, zeigen
Fig. 10a und 10b. Fig. 10a ist ein Querschnitt durch einen
Stufenkörper, während Fig. 10b einen Längsschnitt
durch den Teil der Förderbahn am oberen Podest darstellt. Die Stufen a werden durch zwei endlose Ketten c bewegt, die zu beiden Seiten der Stufen an deren
Vorderkante angreifen und am oberen und unteren Ende der Treppe zum Antrieb und zur
Führung über Kettenrollen k laufen. Die Stufen stützen
sich mit der Vorderkante auf den Antriebsketten und laufen im übrigen mit den Rollen
i auf der Schiene d,
die in der Mitte des Stufengehäuses angeordnet ist und zugleich zur Führung der
Rollen i dient. Am oberen und unteren Wendepunkt der
Stufen ist die Schiene d, wie aus Fig. 10b ersichtlich ist, im engsten Radius um die
Achse k1 der
Kettenrollen k herumgeführt. Die Stufen treten hier bei
dichter Folge ineinander, wodurch eine geringe Bauhöhe des Stufengehäuses erzielt
wird.
Textabbildung Bd. 322, S. 597
Fig. 10b.