Titel: | Theorie eines hydraulischen Maschinenreglers. |
Autor: | Otto Schäfer |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 612 |
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Theorie eines hydraulischen
Maschinenreglers.
Von Diplom-Ingenieur Otto Schäfer,
Hannover.
Theorie eines hydraulischen Maschinenreglers.
Einleitung.
Zur Regelung der Geschwindigkeit von Kraftmaschinen eignen sich solche Vorrichtungen,
deren Verhalten sich nach bestimmten Gesetzen mit eben dieser Geschwindigkeit
ändert. So wird bekanntlich die Fliehkraft umlaufender Massen sehr häufig dem Bau
von Reguliervorrichtungen zugrunde gelegt, weil sie sich im gleichen Verhältnis wie
das Quadrat der Winkelgeschwindigkeit ändert. Bei manchen Kraftmaschinen ist die zur
Verstellung notwendige Arbeit größer, als sie ein solcher Regler bei der zulässigen
Geschwindigkeitssteigerung auszuüben vermag. Man läßt dann die Verstellung durch die
Triebwelle der Maschine selbst vornehmen und verlangt von dem Regler nur, daß er die
Regelung ein- bezw. ausschaltet. Beispielsweise wird dies, besonders bei Turbinen,
so ausgebildet, daß in den durch Pumpen erzwungenen Kreislauf einer Flüssigkeit
an einer Stelle durch Fliehkraftregler Widerstände eingeschaltet werden, zu deren
Ueberwindung die Pumpen eine höhere Wasserpressung herstellen müssen, welch letztere
dann zur Regelung der Kraftmaschine verwendet werden kann. Solche Vorrichtungen
werden zuweilen als hydraulische Regler bezeichnet, sind aber nur Fliehkraftregler
mit sog. hydraulischen Relais.
Doch hat man andererseits auch Regler gebaut, welche ihre Wirkungen ohne Zuhilfenahme
der Fliehkraft, direkt auf das Verhalten strömenden Wassers gründen und diese mit
vollem Recht hydraulische Regler benannt.
Mit solchen Reglern beschäftigt sich die folgende Abhandlung.
Derartige Vorrichtungen sind nicht neu, als die ältesten sind der Schwimmerregler und
der Regler von Schiele zu bezeichnen, welche schon
1861 bekannt warenZeitschr. d. V. d.
I. 1861, S. 60.. Der Erstere beruht darauf, daß in einem Gefäß
mit Bodenöffnung die Oberfläche des Wassers und damit auch der darauf liegende
Schwimmer sich verschieden hoch einstellen, je nachdem die Pumpe, welche das Wasser
liefert und welche von der zu regelnden Maschine angetrieben wird, schneller oder
langsamer läuftNähere Beschreibung
und Berechnung siehe Grashof: Theoretische
Maschinenlehre. 1. Auflage, Bd. II, S. 421.. Der Schwimmer
bewirkt die Regelung der Maschine.
Bei dem Regler von Schiele wird das Wasser durch eine
von der zu regelnden Maschine angetriebene Zentrifugalpumpe unter den Kolben in
einen stehenden Zylinder gefördert, aus dem es durch eine kleine Oeffnung in den
Saugbehälter zurückfließen kann. Bei gesteigerter Maschinengeschwindigkeit liefert
die Zentrifugalpumpe mehr Wasser, der Druck im Zylinder nimmt zu, der Kolben Wird
verschoben und bewirkt die Regelung der MaschineGrashof: Theoretische Maschinenlehre. 1.
Auflage, Bd. II, S. 421..
Später sind noch mehrere hydraulische Regler erfunden worden, welche sich zwar alle
auf das Verhalten strömender Flüssigkeiten stützen, in ihrer Ausführung aber sehr
verschieden sind.
So besteht der Regler von NapierEngineer 1885, Bd. 50, S. 279 und D. p. J.
1885, Bd. 251 S. 393. der Hauptsache nach aus zwei mit Schaufeln
besetzten, einander nahe gegenüberstehenden Scheiben, ähnlich den offenen Rädern von
Zentrifugalpumpen. Die eine Scheibe wird von der zu regelnden Maschine umgetrieben,
so daß die in Bewegung gebrachte Flüssigkeit die zweite Scheibe, welche auf die
Regelung wirkt, mitzunehmen sucht. Die Welle, auf welcher diese zweite Scheibe
befestigt ist, wird aber durch ein Drehmoment – Gewichtsbelastung an einem Hebel –
an der Drehung verhindert. Läuft die Maschine und damit die erste Scheibe schneller,
so überwindet das strömende Wasser das Drehmoment am Hebel, die zweite Scheibe dreht
sich und bewirkt die Regelung. Nimmt die Geschwindigkeit ab, so dreht die
Gewichtsbelastung die zweite Scheibe zurück und regelt im entgegengesetzten
Sinne.
Rasch und SendtnerD. p. J. 1894, Bd. 294, S. 226. schalten in den Kreislauf einer
Flüssigkeil, welcher durch eine von der zu regelnden Maschine angetriebene
Zentrifugalpumpe erzwungen ist, einen Zylinder ein, in welchem sich ein Kolben
bewegen kann. Nimmt die Geschwindigkeit der Maschine, also auch die der
Zentrifugalpumpe zu, so steigt der Wasserdruck in dem Zylinder, der Kolben wird
verschoben und bewirkt die Regelung. Ganz ähnlich arbeitet der Regler von RibourtGenie civil
1903, Bd. 42, S. 297. und der von ThunderboltD. p. J. 1894, Bd.
294, S. 226., welch letzterer nur
an Stelle von Flüssigkeit Luft verwendet. Um eine schnellere Drucksteigerung hei
Zunahme der Geschwindigkeit zu erhalten, sind bei den zuletzt genannten drei
hydraulischen Reglern Drosselvorrichtungen in der Pumpendruckleitung vorgesehen,
welche bei Ribourt und Thunderbolt direkt durch die Drucksteigerung, bei Rasch und Sendtner durch den Reglerkolben
selbst verstellt werden.
Der Regler von PaytonD. p. J. 1894, Bd. 294, S. 226. benutzt ebenfalls die in einem
Flüssigkeitskreislauf entstehende Druckerhöhung zur Verstellung eines Kolbens; aber
dieser Kolben rückt erst eine Vorrichtung ein, die dann ihrerseits die Maschine
regelt. Der Regler von Dean BrosUhlands Prakt.
Masch.-Konstr. 1899, S. 205. ist speziell für Pumpen
bestimmt. An den Druckraum der Kolbenpumpe ist ein Zylinder angeschlossen, in dem
sich ein Kolben bewegt, der den Dampfzutritt zur Antriebsmaschine regelt.
In D. p. J. 1899, S. 158 habe ich eine andere Anordnung des hydraulischen Reglers
vorgeschlagen. Der in Fig. 1–4 dargestellte Zylinder ist in die zum Dampfkessel
führende Speiseleitung mittels der Stutzen a und b eingeschaltet. Die Speisepumpe wird direkt von der zu
regelnden Maschine angetrieben und sendet ihr Wasser durch a in den Zylinder, von wo es durch b in den
Dampfkessel gelangt. Läuft die Pumpe schneller, so liefert sie mehr Wasser, dessen
Geschwindigkeit und der Widerstand in der Rohrleitung zwischen b und dem Dampfkessel nehmen zu, damit aber auch die
Wasserpressung in dem Zylinder und der Druck auf den Kolben k, so daß dieser den Gegendruck der Zugfedern/und des durch c mit dem Dampfkessel in Verbindung stehenden Wassers
überwindet; die Kolbenstange wird verschoben und die Regelung der Maschine besorgt.
Um den störenden Einfluß der Stopfbüchsenreibung zu beseitigen, ist der Kolben k mit schrägstehenden Schaufeln so besetzt, daß er
durch den bei a eintretenden Wasserstrahl in Drehung
versetzt wird. Das durch etwaige Undichtheiten des Kolbens strömende Wasser gelangt
durch c direkt in den Dampfkessel.
Textabbildung Bd. 322, S. 613
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 322, S. 613
Fig. 2.
Textabbildung Bd. 322, S. 613
Fig. 3.
Textabbildung Bd. 322, S. 613
Fig. 4.
Diese an sich einfache Anordnung ist aber nicht ausführbar, weil die Speisepumpe im
allgemeinen mehr Wasser liefert, als der Kessel verdampft, und auch, weil bei
Verminderung der Leistung die Maschine zwar etwas schneller läuft, aber weniger
Dampf verbraucht. Die Pumpe würde also gerade dann mehr Wasser in den Dampfkessel
schaffen, wenn weniger Dampf entnommen wird. Wollte man, um der Kesselbedienung die
Einhaltung eines gewünschten Wasserstandes im Kessel zu ermöglichen, durch ein
Auslaßventil an der Speiseleitung das zuviel gelieferte Wasser ablassen, so würde
durch die Regelung dieses Ventils immer eine Rückwirkung auf den Maschinenregler
ausgeübt werden, was unzulässig ist. Zur Vermeidung dieser Nachteile kann man den
Regler (Fig. 1–4)
durch die bei b und c
anschließenden Rohrleitungen mit einem Akkumulator verbinden, der sein Druckwasser
gedrosselt in den Saugwindkessel der Pumpe zurückfließen läßt. Dadurch wird der Regler
nicht nur für Dampfmaschinen, sondern auch für andere Kraftmaschinen, z.B. Turbinen,
verwendbar.
Die Wirkungsweise eines solchen hydraulischen Reglers würde folgende sein: Eine durch
die zu regelnde Kraftmaschine angetriebene Kolbenpumpe liefert ihr Wasser durch a in den Zylinder (Fig.
1–4), und durch die bei b und c anschließenden
Rohrleitungen nach dem Akkumulator, aus welchem es in den Saugwindkessel der Pumpe
zurückfließt. Läuft die Kraftmaschine und damit auch die Pumpe schneller, so wächst
mit dem Widerstand in der Rohrleitung b auch der Druck
unter dem Kolben k, dieser verschiebt sich und regelt
die Maschine.
Der Akkumulator erhält sein Wasser den Pumpenhüben entsprechend stoßweise, wird also
in Schwingungen versetzt werden. Da er aber infolge der Elastizität des Wassers und
seiner Wandungen ein elastischer Körper ist. so wird er auch Eigenschwingungen
ausführen und es besteht die Möglichkeit, daß zwischen beiden Schwingungen Resonanz
eintritt, wodurch das Bestehen der Anlage gefährdet würde. Es soll daher im
folgenden untersucht werden:
1. Die Elastizität des Wassers und ihr Einfluß auf die Größe
der auftretenden Stöße.
2. Die Eigenschwingungen eines Akkumulators.
3. Die durch die Pumpen veranlaßten Schwingungen.
4. Resonanzerscheinungen zwischen beiden Schwingungen.
5. Soll die Berechnung eines Reglers für einen bestimmten Fall
vorgenommen und seine Wirkungsweise näher besprochen werden.
(Fortsetzung folgt.)