Titel: | Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem Gebiete der Zuckerfabrikation im ersten Halbjahr 1907 (s. d. Bd. S. 278). |
Autor: | A. Stift |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 614 |
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Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem
Gebiete der Zuckerfabrikation im ersten Halbjahr 1907 (s. d. Bd. S. 278).
Von k. k. landw. techn. Konsulent A.
Stift (Wien).
Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem Gebiete der
Zuckerfabrikation usw.
Das Steffensche Brühverfahren kann den Ruhm für
sich beanspruchen, wohl zu den strittigsten Verfahren der Gegenwart zu gehören. Als
es vor ungefähr fünf Jahren bekannt wurde und dann in einigen deutschen
Zuckerfabriken Eingang gefunden hatte, wollte man nach dem Urteile einiger Anhänger
schon vermeinen, daß für das alte Diffusionsverfahren bald die letzte Stunde
gekommen sein würde. Damit hat es allerdings noch seine guten Wege, da das Steffensche Verfahren in Deutschland bis jetzt nur in
acht Fabriken in Anwendung steht und die anderen zuckerrübenbauenden Staaten, mit
Ausnahme Schwedens, aus verschiedenen, hauptsächlich wirtschaftlichen Gründen noch
sehr zurückhaltend sind. Steffen will bei seinem
Verfahren einerseits durch Herstellung eines zuckerreichen Futters den Zuckermarkt
entlasten (ohne jede Einschränkung der Rübenverarbeitung), daher zur Sanierung der
Zuckerindustrie beitragen, durch Verbilligung der Zuckererzeugung (weniger Saft,
dafür aber konzentrierter und reiner) eine namhaft höhere Verwertung der Rübe
ermöglichen und anderseits die unangenehmen Abfallwässer der Zuckerfabriken in
Wegfall bringen. Nach seinem Verfahren werden die Rüben grob geschnitzelt, mit
siedend heißem Rübensaft vermischt und hiernach abgepreßt, wodurch Preßrückstände
von hohem Trockensubstanzgehalt und hohem Eiweißgehalt erhalten werden. Diese
Preßrückstände lassen sich leicht trocknen und liefern ein ausgezeichnetes Futter
mit 30–38 v. H. Zucker. Der abgepreßte Saft wird in üblicher Weise weiter
verarbeitet.
Mit dem Steffenschen Brühverfahren wurden auch
verschiedene Fragen aufgerollt und in eingehender, ja oft sogar leidenschaftlicher
Weise erörtert. Während die Anhänger des Verfahrens behaupteten, daß bei der
üblichen Diffusionsarbeit die Höhe der unbestimmbaren Zuckerverluste selbst bis auf
1 ½ v. H. und noch höher steigen könne, Verluste, die bei dem Brühverfahren infolge
Art und Weise der Durchführung naturgemäß überhaupt nicht eintreten können, setzten
dieser Behauptung die Gegner dieses Verfahrens die auf zahlreiche eingehende
Versuche begründete Feststellung entgegen, daß bei einer sorgfältig durchgeführten
Diffusion die unbestimmbaren Zuckerverluste nur 0,1–0,2 v. H. betrügen, daher die
Zuckerausbeute bei dem ersteren Verfahren keine höhere als bei dem üblichen
Diffusionsverfahren wäre. Da der Widerstreit der Meinungen bis in die letzte Zeit
nicht verstummen wollte, so wurde in den Kreisen der Zuckertechniker allseitig der
Entschluß des Vereins der Deutschen Zuckerindustrie, durch eine eigene
Kommission, das Steffensche Brühverfahren gegenüber dem
Diffusionsverfahren zwecks Feststellung der bei diesen Fabrikationsmethoden
erzielten Ausbeuten usw. zu prüfen, mit Befriedigung begrüßt. Die Prüfung wurde in
der Zuckerfabrik Elsdorf durchgeführt, nachdem seitens
der Kommission vorher das Arbeitsprogramm über die Art der Versuchsanstellung, der
Durchführung der chemischen Betriebskontrolle usw. genau festgestellt worden war.
Die Dauer eines jeden Versuches wurde nur auf drei Tage und drei Nächte
festgestellt, da man die Gefahr zufälliger Störungen der Versuche sowie ein
Nachlassen in der Sorgfalt zufolge Uebermüdung einzelner Personen tunlichst
vermeiden wollte. Der in dankenswerter Schnelligkeit erschieneneDie Deutsche Zuckerindustrie 1907, 32.
Jahrgang, S. 193. und seitens der Kommissionsmitglieder Koenig, Preißler, Nickel, Rassiger, Wagner, Weiland,
Zscheye und Herzfeld gezeichnete umfangreiche
Bericht schildert in eingehender Weise die Fabrikseinrichtung, den Gang der
Verarbeitung bei beiden Verfahren und schließlich die durchgeführte Kontrolle unter
Angabe der angewandten Verfahren und Prüfungsapparate, erhaltenen Zahlen und
Bilanzziffern. Die Prüfung begann am 9. Dezember 1906, 6 Uhr abends, mit dem
Diffusionsverfahren, wurde am 12. Dezember 5 Uhr nachmittags abgebrochen, worauf die
Batterie tunlichst abgesüßt, sämtlicher gewonnener Saft noch auf Dicksaft verkocht,
die Verdampfapparate gespült und ausgekocht wurden und dann nach dieser 14 stündigen
Pause am 13. Dezember, morgens 7 Uhr der Brühversuch seinen Anfang nahm, der am 16.
Dezember, morgens 6 Uhr seinen Abschluß fand. Die Zuckerfabrik Elsdorf verarbeitete bis zur Kampagne 1905. bis 1906
mit dem Diffusionsverfahren ungefähr 16000 Zentner Rüben in 24 Stunden und führte zu
Anfang der Kampagne 1906/07 das Steffensche
Brühverfahren ein, dessen Leistung auf 10000 Zentner in 24 Stunden bemessen wurde,
sich aber in der Folge als höher herausstellte, da die Fabrik bis zum Beginn der
Prüfung in kombinierter Weise 7000 Zentner Rüben mittels Diffusion und 11000 Zentner
nach Steffen verarbeitete. Von Interesse ist hier die
Beschreibung der Durchführung des Steffenschen
Verfahrens, wie es in Eisdorf geübt wird an Hand von Fig.
1. Die zur Verarbeitung gelangenden Rüben gehen zuerst über eine
selbsttätige, auf 500 kg Gewicht eingestellte Chronoswage A, fallen
aus derselben in zwei abwechselnd arbeitende Schneidmaschinen B mit wagerecht liegender Schneidschnecke und glatten
Messern, an welche sie durch eine Putschsche
Andrückvorrichtung angepreßt werden. Hierdurch werden Scheiben von durchschnittlich
1 ½ mm Dicke erzielt, die durch eine Auswurfvorrichtung in die Schwemme C (geschlossenes Rohr von 350 mm Durchm.) geworfen und
aus dieser mittels heißen Zirkulationsrohsaftes in den Brühtrog D geschwemmt werden. Der Raum unter den Schneidscheiben
ist zum Teil offen und mit Saftbrüden von einer Temperatur von ungefähr 50° C
erfüllt. Der Brühtrog besteht aus drei Teilen E, F und
G. Der erste Teil E ist ein geschlossener, wagerecht
liegender Zylinder, bei dem an dem einen Ende der Schwemmsaft samt Schnitzeln
eintritt und die ganze Füllung durch ein Rührwerk durchgemischt wird.
Textabbildung Bd. 322, S. 615
Fig. 1.Schema der Steffenschen Brühanlage (Zuckerfabrik Eisdorf).
Schwimmerskala; Saftreguliergefäß;
zur Saftscheidung.
Der zweite Teil F ist ebenfalls
ein liegender Zylinder, der sich dicht auf derselben Welle an den ersten Teil
anschließt. Dieser Zylinder ist aus durchlochtem Blech, wodurch der Saft von den
Schnitzeln getrennt wird, hergestellt und in einen Saftkasten eingebaut. Der dritte
Teil G des Brühapparates ist ebenfalls zylindrisch,
unter einem rechten Winkel der Achse des ersten und zweiten Teiles und außerdem
ansteigend gelagert. Dieser Körper besteht gleichfalls aus einem gelochten Blech,
ist innen mit einer Vollschnecke ausgestattet und in denselben Saftkasten wie F eingebaut. In dem Teil G
werden die Schnitzel aus dem Saft gehoben und so davon getrennt. Der Teil G ist an seinem oberen Ende als Vorpresser ausgebildet,
indem die Schnecke verstärkt ist. Von hier fallen die vorgepreßten Schnitzel in die
zweite, schräg ansteigende Transportschnecke H, die bei
Syruprücknahme als Einmaischschnecke dient, und aus ihr in die Verteilungsschnecke
I über den fünf Bromberger-Pressen K. Die abgepreßten
Schnitzel werden bei L durch eine Sammelschnecke und
einen Rechentransporteur (in der Zeichnung nicht mehr angegeben) von 70 cm
Rechenabstand nach der Büttner-Meyerschen
Schnitzeltrocknung befördert. Der abgepreßte Saft geht durch den Schaumzerstörer M,
einem stehenden Zylinder, der bei W mit Dampf- und
Wasserbrause versehen ist, und in welchen für gewöhnlich, jedoch nicht während der
Versuchsdauer, die Schlammabsüßwässer bei X zugeführt
werden. Aus diesem Schaumzerstörer gelangt der Preßsaft in den zylindrischen,
rotierenden Pülpefänger N und aus diesem in ein
Sammelgefäß O. Die Pulpe wird ständig durch eine
zwangsläufig arbeitende kleine Rotationspumpe P in die
Verteilungsschnecke I über den Pressen zurückgeführt.
Im Sammelgefäß mischt sich der Preßsaft mit dem übrigen Zirkulationsaft, mittels
Zentrifugalpumpe Q wird er durch den
Schnellstromvorwärmer R aus vier Elementen von 217 qm
Heizfläche getrieben, von denen die unteren drei Niederdruckelemente sind, heizbar
mit Brüden vom ersten Körper und Rückdampf, und der vierte (oberste) ein
Hochdruckvorwärmer ist, heizbar mit Rückdampf und direktem Dampf. Nach Angabe
der Fabriksleitung ist man jedoch bisher vollständig ohne den Hochdruckvorwärmer
ausgekommen. Die Elemente des Vorwärmers sind schräg gelagert. Der auf 92–97°
angewärmte Saft geht nun nach der bereits beschriebenen Brühschwemme C. An der
Rohrleitung zur Schwemme befindet sich jedoch eine Abzweigung, durch welche der
überschüssige Saft, nachdem er zunächst nochmals einen Pülpefänger N1 derselben
Konstruktion, wie der früher erwähnte N, passiert hat,
zur Scheidung geführt wird. Die fernere Behandlung ist genau die nämliche wie die
des Diffusionssaftes, mit dem der Brühsaft für gewöhnlich vermischt verarbeitet
wird. Die 6 – 7 fache Menge Brühsaft auf Schnitzel wird zum Einbrühen verwendet, die
Ausgleichstemperatur im Brühtrog schwankt zwischen 82 und 85° C, die Schnitzel
bleiben 3 Minuten im Brühtrog und die Zurücklegung des ganzen Weges bis zur
vollendeten Abpressung dauert etwa 10 Minuten, wobei die Temperatur höchstens um
5–6° sinkt. Der Zirkulationssaft geht aus dem unteren Teil des Kastens der Teile F und G des Brühapparates
gemischt durch einen zylindrischen, geschlossenen Sandfänger S, darauf in ein offenes Ueberlaufgefäß T,
durch welches der Saftstand des Brühtroges reguliert wird, und nun zurück in den
Sammelkasten O, in den der Preßsaft tritt, von da also mit letzterem zusammen wieder
in den Vorwärmer R. Der Beginn der Arbeit geschieht mit
heißem Wasser, ebenfalls die Verdünnung, soweit das Absüßwasser nicht reicht.
Während des Versuches ist jedoch auch hier nur mit frischem Wasser gearbeitet
worden. Die ganze Brühanlage wird von zwei Elektromotoren (60 und 90 PS) betrieben.
An dem kleinen Motor hängen Rübentransporteur, Schneidmaschine, wagerechter Teil des
Brühtroges, Zentrifugalpumpen und kleinere Antriebe, am größeren der hintere Teil
des Brühtroges (Schnecken mit Vorpressung), die fünf Pressen und der Transport der
Schnitzel vor und hinter den Pressen bis zum Rechentransporteur.
Da die weitere Verarbeitung der nach den beiden Verfahren gewonnenen Säfte
(Scheidung, Filtration und Verdampfung) in der üblichen Weise durchgeführt wurde, so
bietet sie keinen Anlaß zu besonderen Bemerkungen. Da ferner auch die analytischen
Daten und Untersuchungsmethoden hier nicht weiter von Interesse sind, so sollen nur
die wesentlichen Schlüsse hervorgehoben werden, die die Kommission aus den
Ergebnissen ihrer Arbeiten gewonnen hat: 1. Der maschinelle Betrieb ging bei beiden
Verfahren ohne Betriebsstörung von statten, die Saturationen verliefen durchwegs
völlig glatt, wie ferner auch die Schlammpressenarbeit, sowie die Arbeit auf der
Verdampfstation anstandslos und gut durchgeführt wurden. 2. Wesentlich verschieden
war aber die Beschaffenheit der Dicksäfte, da der Dicksaft vom Diffusionsverfahren
stark schäumte, nur mäßig helle Farbe besaß und mit dem üblichen Rübengeruch und
-Geschmack behaftet war, während der andere Dicksaft fast gar nicht schäumte,
wesentlich heller war und einen auffallend aromatischen Geruch und Geschmack
aufwies. 3. Beim Diffusionsverfahren wurden 15,67 v. H. Zucker durch die Rüben
eingeführt und insgesamt 15,48 v. H. Zucker in den unterschiedlichen Produkten
wieder nachgewiesen, so daß sich ein Verlust von 0,19 v. H. Zucker ergab, während
beim Brühverfahren 14,81 v. H. Zucker durch die Rüben eingeführt und insgesamt 15,29
v. H. Zucker nachgewiesen wurden, so daß das Brühverfahren um 0,48 v. H. Zucker mehr
ergab, als durch die Rüben eingeführt worden ist. Dieses Plus hat keine Aufklärung
gefunden und gibt nach der Ansicht der Kommission einen Ansporn zur Widerholung
derartiger Versuche. Speziell zum Brühverfahren bemerkt die Kommission noch
folgendes: 1. Die ursprünglich von der Kommission gestellten Bedingungen, den Zucker
in den Rohsäften und abgepreßten Brühschnitzeln zu bestimmen, statt in den
Dicksäften und Zuckerschnitzeln, erwiesen sich als undurchführbar. 2. Der Betrieb
des Brühverfahrens machte einen fertigen und einnehmenden Eindruck, da die Anlage
schön, leicht übersichtlich und zweckentsprechend hergestellt ist. Die Saftbrüden,
welche den Raum der Brühanlage zur Versuchszeit in lästiger Weise erfüllten, werden
durch Entnebelungsanlagen zu beseitigen sein. 3. Die Beseitigung der Pulpe, die
erfahrungsgemäß bei der Schlammpressenarbeit sehr störend und auf die Beschaffenheit
der Säfte sehr verschlechternd wirken kann, war während der Versuchszeit gut
gelungen. 4. Die zur Abpressung der gebrühten Rübenschnitzel dienenden Pressen
arbeiteten mit starkem Kraftverbrauch, aber sonst befriedigend. Die Trockensubstanz
der abgepreßten Brühschnitzel betrug 30 – 33 v. H., der Zuckergehalt 9 – 12 v. H. 5.
Die Trocknung der abgepreßten Zuckerschnitzel verlief in der Büttner-Meyerschen Anlage genau so wie anderwärts die Trocknung von
ausgelaugten Schnitzeln nach dem Diffusionsverfahren. Der hier gewonnene Prozentsatz
= 9,67 v. H. Zuckerschnitzel auf Rüben und der Zuckergehalt der Zuckerschnitzel =
27,78 v. H. bei 86,28 v. H. Trockensubstanz sind verhältnismäßig niedrige, weil die
Rübenschnitzel etwas stärker als sonst entzuckert wurden. 6. Der
Gesamtkraftverbrauch in der Brühanlage ist ein sehr hoher. 7. Nach der Ansicht der
Kommission ist bei der Ausbildung des Verfahrens in anbetracht der verhältnismäßig
kurzen Zeit seines Bestehens ganz erhebliches geleistet worden, wofür die Kommission
dem Erfinder und allen übrigen Beteiligten ihre Anerkennung ausspricht.
Für jeden Fachmann, der das Protokoll aufmerksam gelesen, manche auffällige Zahl
gefunden hatte und endlich zu der merkwürdigen Bilanz gekommen war, war es klar, daß
dieses Protokoll Gegenstand von Erwiderungen und Angriffen werden mußte. Dies ist
auch in sehr kurzer Zeit und ausgedehnter als dies vielleicht die Mitglieder der
Kommission erwartet hatten, geschehen. Den Reigen eröffnet v. LippmannChemikerzeitung,
Repertorium, 1907, 31. Jahrg., S. 104., welcher den Kommissionsbericht einer scharfen Kritik unterzieht, den
Gewinn von 0,48 v. H. mehr Zucker als in der Rübe enthalten war, als einen
unmöglichen bezeichnet und weiterhin erklärt, daß die Kommission angesichts eines
solchen Resultats hätte klar und deutlich aussprechen sollen, daß die Versuche
keinen definitiven Wert besitzen, sondern nur als Vorproben anzusehen sind, durch
die man erst auf die Schwierigkeiten und Fehlerquellen solcher Versuche aufmerksam
geworden ist, die nun in Zukunft mit besserer Aussicht auf Erfolg angestellt werden
können. Weiterhin bemerkt v. LippmanDie Deutsche Zuckerindustrie 1907, 32. Jahrg.,
S. 338. daß die von den Anhängern des Brühverfahrens behaupteten
Vorteile dieses Verfahrens gegenüber dem Diffusionsverfahren noch in keiner Weise
bewiesen worden sind, und meint schließlich, man werde sich bald über die
Möglichkeit wundern, aus der Rübe mehr Zucker zu erzielen als sie enthält, im Jahre
1907 noch ernstlich gestritten zu haben. SchnellZentralblatt für die Zuckerindustrie 1907, 15.
Jahrgang, 5. 652 und 759. spricht sich dahin aus, daß die
mitgeteilten Resultate die Frage eher noch verwirrt als geklärt hätten und daß es
daher notwendig wäre, die Versuche unter peinlichster chemischer Kontrolle und
geändertem Arbeitsprogramm so bald als möglich zu wiederholen; ferner kritisiert er
die angewendeten Untersuchungsmethoden und weist rechnerisch nach, daß die Bilanzen
beider Versuche eine Reihe fehlerhafter Zahlen enthalten und daß gerade beim
Brühverfahren die meisten und größten Fehler vorgekommen sind. WeisbergJournal des
Fabricans de sucre 1907. 48. Jahrg., No. 11, wirft der Kommission
schwere Fehler vor und erachtet eine Wiederholung der Versuche als notwendig,
welcher Ansicht auch SaillardCir. hebdom. du Syndicat 1907, No.
938. ist, mit dem Hinweise darauf, daß bei der Wiederholung der
Versuche die Bestimmung des durch die Rüben eingeführten Zuckers durch die heiße
wässerige Digestion notwendig erscheint. LegierSucrerie indigene et coloniale 1907, 69.
Jahrg., S. 317. meint sarkastisch, daß er, wenn er eine beratende
Stimme in der Kommission gehabt, es dann als Zeitverschwendung bezeichnet hätte,
einen so umfangreichen Bericht herauszugeben, um so mehr als es feststehend ist, daß
die Untersuchungen keine Aufklärung über den Wert des Verfahrens gebracht haben. Leon PelletEbenda
S. 321. kritisiert die angewendeten Untersuchungsmethoden und
bemerkt, daß der beim Brühverfahren konstatierte Zuckergewinn in keiner Weise
wissenschaftlich bewiesen ist. Auch AulardEbenda S. 353., welcher sonst dem Brühverfahren sympathisch gegenüber
steht, bestreitet ebenfalls, daß man im praktischen Betriebe mehr Zucker aus der
Rübe gewinnen könne als diese enthält, und macht für dieses Resultat ebenfalls die
Untersuchungsmethoden verantwortlich, welcher Ansicht sich auch Henri PelletEbenda S. 295 und 357. anschließt und den angeblichen
Mehrgewinn an Zucker auf Kondensation des Brüdens an den zur Probe entnommenen
Rübenschnitten zurückführt, wofür er in der Praxis, falls ihm Steffen dazu. Gelegenheit gibt, den Beweis erbringen
will. Frische Rübenschnitte, selbst nur ganz kurze Zeit heißen Brüden ausgesetzt,
kondensieren nämlich eine erstaunliche Menge Wasser, und zwar leicht 1 bis 3 v. H.,
was bei 16–17 v. H. Zuckergehalt 0,15 bis 0,50 v. H. zu wenig Zucker ergeben kann,
der dann anscheinend als Mehrgewinn auftritt; wäre ein solcher Mehrgewinn wirklich
vorhanden, so müßten die Brühsäfte (und diese Einwendung Pellets ist besonders beachtenswert) auch ganz außergewöhnlich hohe
Reinheiten besitzen, was aber die Erfahrung nicht bestätigt hat. In einer weiteren
Mitteilung kommt PelletDie Deutsche Zuckerindustrie 1907, 32. Jahrg.,
S. 369 und 384. zu dem Schlusse, daß man weder mit dem Steffenschen Verfahren noch mit irgend einem ähnlichen
Verfahren ein Mehr von wiedergefundenem Zucker erhält. Pellet rechnet auf Grund der Angaben der Prüfungskommission nur ein Mehr
von 0,39 v. H. bei dem Steffenschen Verfahren, und
diese Menge wird genügend erklärt mit der Reduktion des Gehaltes der frischen Steffen-Schnitzel, durch die Kondensation des Dampfes
und mit der unsicheren Zuckerbestimmung in den Steffenschen Trockenschnitzel. DeltourSucrerie Beige 1907, 35. Jahrgang, S.
361. anerkennt gleich Pellet den Einfluß
der Brüden auf die Rübenschnitte, rechnet aus den Elsdorfer Versuchen nur ein Plus von 0,27 v. H. Zucker und ist ebenfalls
der Ansicht, daß dieses Plus bei Berücksichtigung des Einflusses der Brüden
verschwinden würde. Aus dieser Zusammenstellung ist zu entnehmen, daß die
französischen Fachmänner in erster Linie die Untersuchungsmethoden für den Ausfall
der Prüfung verantwortlich machen. Derselben Ansicht ist auch ThielDie Deutsche
Zuckerindustrie 1907, 32. Jahrgang, S. 237, Direktor der Zuckerfabrik Stendal, welcher nach der Arbeit dieser Fabrik
wohl herausgerechnet hat, daß bei dem Steffenschen
Verfahren mehr Zucker gewonnen wird als nach der Untersuchung der Rüben eingeführt worden
ist, die Ursache dieser Erscheinung aber in den falschen Untersuchungsmethoden
sucht. Von den Mitgliedern der Prüfungskommission hat sich HerzfeldDie Deutsche
Zuckerindustrie 1907. 32. Jahrgang, S. 218., der wohl als der wissenschaftliche Leiter der
Versuche anzusehen ist, dahin ausgesprochen, daß die Prüfung eine außerordentlich
mühsame gewesen sei und sich die Kommission alle Mühe gegeben habe; bezüglich des
zuviel gewonnenen Zuckers um den Betrag von 0,48 v. H. ist es ihm gelungen
festzustellen, daß hier Fehler analytischer Natur unterlaufen sind und außerdem auch
beim Brühverfahren die Arbeit nicht so regelmäßig wie beim Diffusionsverfahren
gegangen ist. WeilandDie Deutsche Zuckerindustrie 1907, 32. Jahrg.,
S. 340., ebenfalls Mitglied der
Prüfungskommission, bezeichnet die Prüfungsarbeiten als einwandfrei und zuverlässig,
steht aber auf dem Standpunkt, daß, da einmal nicht mehr Zucker gewonnen werden
kann, als in der Rübe enthalten war, das verarbeitete Rübenmaterial zweifellos mehr
Zucker enthalten haben muß, als selbst durch die heiße wässerige Digestion (als
sicher anerkannte Methode) ermittelt worden ist. Da Weiland mit dem Ergebnis der Prüfung nicht zufrieden gewesen ist, so hat
er sich bemüht, eine einfache und stichhaltige Erklärung für den scheinbar mehr
gewonnenen Zucker zu finden und ist ihm dies, wie er glaubt, in befriedigender Weise
gelungen; leider hat er sich die Bekanntmachung der Erklärung für einen späteren
Zeitpunkt vorbehalten. Daß die Anhänger und Interessenten des Brühverfahrens mit dem
Resultate der Prüfung sehr zufrieden sind, ist begreiflich. So bemerkt ScheidtZentralblatt
für die Zuckerindustrie 1907, 15. Jahrgang, S. 732 und 786., Direktor der Zuckerfabrik Eisdorf, daß die Versuche
von rein wissenschaftlichem Standpunkt aus allerdings nicht einwandfrei sind,
trotzdem aber die erhaltenen Resultate für einen Vergleich des praktischen Wertes
des geprüften Verfahrens brauchbar erscheinen. Scheidt
steht auf dem Standpunkt, daß das Brühverfahren dem gewöhnlichen Diffusionsverfahren
überlegen ist und daß eine erneuerte Prüfung nur das Resultat bringen kann: Je nach
den angewendeten Zuckerbestimmungsmethoden wird man vielleicht weniger oder auch
keinen „Pluszucker“
finden, aber eine Differenz in der Zuckerausbeute zu Gunsten des Brühverfahrens
in mindestens der gleichen Höhe, wie sie die Kommission in Eisdorf festgestellt hat.
Ferner verweist er auf die praktischen Erfahrungen der kombiniert mit Diffusion und
dem Brühverfahren arbeitenden Zuckerfabriken Euskirchen und Eisdorf, welche ergeben
haben, daß aus gleichwertigen Rüben an Polarisationszucker in Rohzucker, Melasse und
Zuckerschnitzel beim Brühverfahren über ein Prozent mehr gewonnen worden ist als in
Rohzucker und Melasse bei der Diffusion. Diese Betriebsresultate sind daher ein
unumstößlicher Beweis dafür, daß in den von der Kommission veröffentlichten
Betriebsresultaten irgend in Betracht kommende Fehler, relativ betrachtet nicht
enthalten sein können. Eine eingehende Debatte rief schließlich das Steffensche Brühverfahren auf der Generalversammlung
des Vereins der Deutschen Zuckerindustrie am 16. Mai d. J. in Berlin hervor, wo Herzfeld den Gegenstand mit der Besprechung der
Elsdorfer Versuche einleitete. Da über diese Verhandlungen bei Schluß vorliegender
Zusammenstellung noch keine eingehenden Mitteilungen vorliegen, so kann nur auf
einen kurzen Bericht Bezug genommen werden, der sich folgendermaßen äußertChemikerzeitung 1907, 31. Jahrgang, S.
531.: „Endgiltige Klärung hat die Besprechung indessen nicht
gebracht, da die Meinungen über die in Eisdorf beobachteten Erscheinungen und
ihre Ursachen noch sehr weit auseinander gehen und jedenfalls noch fernere
Erfahrungen, und womöglich auch fernere Versuche im großen wünschenswert sind,
um über die strittigen Punkte hinwegzukommen und die verschiedenen, anscheinend
zuweilen etwas kühnen Erklärungshypothesen spruchreif zu machen; in finanzieller
Hinsicht war man von mehreren Seiten des Lobes voll, während von anderen wieder
angezweifelt wird, ob es möglich sei, die Zuckerschnitte dauernd zum
erforderlichen Preise zu verkaufen und sie zu diesem in der landwirtschaftlichen
Praxis auch wirklich zu verwerten.“ Diese wenigen Worte kennzeichnen
prägnant den Stand des so vielfach besprochenen und jetzt tatsächlich im
Mittelpunkte des Interesses stehenden Steffenschen
Brühverfahrens.
(Fortsetzung folgt.)