Titel: | Ein Beitrag zur Frage der schnellaufenden Sägegatter. |
Autor: | P. von Denffer |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 632 |
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Ein Beitrag zur Frage der schnellaufenden
Sägegatter.
Von Prof. P. von Denffer.
Ein Beitrag zur Frage der schnellaufenden Sägegatter.
Es ist bekannt, daß vorteilhaftes Zerspanen des Holzes mittels Sägen die
Anwendung möglichst hoher Schnittgeschwindigkeiten erheischt. Wo solches leicht
ausführbar, wie bei den ununterbrochen arbeitenden Kreis- und Bandsägen, wird
hiervon auch in ausgiebigster Weise Gebrauch gemacht und Schnittgeschwindigkeiten
bis zu 50 m/sek. und darüber sind bei diesen Sägen anstandslos im Gebrauch.
Ganz anders ist dies jedoch bei den Sägegattern, besonders den Vollgattern, die für
unseren europäischen Sägewerksbetrieb zurzeit die wichtigste Maschine zum Blocksägen
darstellen. Bei dem Gatter müssen wir Schnittgeschwindigkeiten zulassen, die der
Forderung einer günstigen Zerspanung durchaus nicht entsprechen. Ueber 4 m/sek.
mittlerer Schnittgeschwindigkeit dürfte heutzutage wohl kein Vollgatter gewöhnlicher
Bauart aufweisen.Die größten
Geschwindigkeiten bis 4,7 m/sek. erreichen die Fleckschen Spannwerkgatter, von denen später die Rede
ist. Trotzdem behauptet das Gatter immer noch, wenigstens in Europa,
einen ersten Platz unter den Sägewerksmaschinen, da die Bandsäge wegen verschiedener
ihr anhaftender Mängel noch nicht das Gatter verdrängen kann. Es ist daher durchaus
berechtigt, daß dem Gatterbau auch noch heute besondere Aufmerksamkeit geschenkt
wird und der Konstrukteur eifrigst bemüht ist, soweit als technisch möglich, die
Unvollkommenheiten des Gatters zu beseitigen und dasselbe trotz des nicht zu
umgehenden unvollkommenen Prinzips – hin- und hergehende Bewegung der Sägen – doch
zu einer leistungsfähigen Maschine zu machen.
Die Umsetzung der rotierenden Bewegung der Triebwelle in die hin- und hergehende
Bewegung des Sägerahmens mittels Kurbel und Lenkstange bildet bekanntlich den wunden
Punkt aller Gatterkonstruktionen. Ganz abgesehen davon daß wir hierdurch keine
unveränderliche Schnittgeschwindigkeit erhalten,Es
ist bekanntlich angenähert: c=v\,\mbox{sin}\,\alpha\,\left(1\,\pm\,\frac{r}{l}\,\mbox{cos}\,\alpha\right), worin c
die Geschwindigkeit des Sägerahmens, v die
Kurbelgeschwindigkeit, r den Kurbelradius, l die Schubstangenlänge und α den Erhebungswinkel der Kurbel
bezeichnen. so haben wir es auch hier mit den
Beschleunigungskräften zu tun, die an den geradlinig bewegten Teilen auftreten und
die leicht Größen erreichen, die den Bestand des Gatters gefährden können. Auf
diesen Umstand ist bereits mehrfach hingewiesen wordenZ. d. V. d. I. 1862, S. 269.A. Danz, Zeitschrift f. Werkzeugmaschinen und
Werkzeuge 1896, S. 34 u. ff. und sind die Mittel zur Bekämpfung
der unerwünschten Wirkung der Beschleunigungskräfte den Gatterkonstrukteuren längst
bekannt.
Es sind dieses: möglichste Verringerung des Gewichtes der geradlinig bewegten Teile
(Gatterrahmen einschließlich Sägen und Angeln und Schubstangen), Anordnung von
Gegengewichten und endlich Anwendung von Luftpuffern (das sogen. Flecksche Spannwerk D. R. P. No. 50945 und 53447).
Diese Mittel entsprechend angewendet, wären vollkommen ausreichend, sofern nicht
gerade der moderne Gatterbau eine Richtung eingeschlagen hätte, die der
Vervollkommnung des Gatters durchaus hinderlich sein mußte. Es ist dieses das
Bestreben, aus dem Sägegatter einen Schnelläufer zu machen, indem man den Hub der
Gatter verringerte und entsprechend die Umlaufzahl der Triebwelle erhöhte. Hierdurch
ist es jedoch durchaus nicht gelungen der Forderung nach großen
Schnittgeschwindigkeiten näher zu kommen, denn die heutigen kurzhubigen und
raschlaufenden Gatter zeigen durchaus keine höheren Schnittgeschwindigkeiten als die
früher gebräuchlichen langhubigen hölzernen Gatter.So zeigen z.B. die mit den größten
Schnittgeschwindigkeiten ausgestatteten Fleck
sehen Spannwerkgatter folgende Geschwindigkeiten: Lichte Rahmenweite 500 mm,
Hub 370 mm, Umdrehungszahl i. d. Min. 370, Schnittgeschwindigkeit 4,56
m/sek.; lichte Rahmenweite 800 mm, Hub 470 mm, Umdrehungszahl i. d. Minute
300, Schnittgeschwindigkeit 4,70 m/sek.
Gibt uns aber die Verringerung des Hubes bei entsprechender Vergrößerung der
Umlaufszahl nicht die Möglichkeit die Schnittgeschwindigkeit zu erhöhen, so hat
dieselbe technisch keinen Zweck, ja erweist sich sogar durchaus unvorteilhaft, da
bekanntlich bei einer Säge, deren Hub den größten Blockdurchmesser erreicht, bezw.
übertrifft, ein weit besseres Auswerfen der Späne vor sich geht als bei einer Säge,
deren Hub geringer ist als der größte Blockdurchmesser. Auf gutes Austragen der
Späne ist aber großes Gewicht zu legen, da nur bei richtigem Späneauswurf sich große
Zuschiebungsgeschwindigkeiten erreichen lassen, ohne daß der Kraftaufwand
ungebührlich steigt. Es ist dieses von besonderer Wichtigkeit für die
Exportsägemühlen, die in der Regel mit 7–9 Sägen im Rahmen, aus der Mitte des
Blockes zwei starke Bohlen herausschneiden, so daß hierbei drei Sägen eine
Schnitthöhe fast gleich dem vollen Blockdurchmesser zu überwinden haben. Diese
mittleren Sägen werden nun bei den kurzhubigen Gattern ganz bedeutend überlastet,
wozu nicht wenig auch noch der Umstand beiträgt, daß die gebräuchlichen Gattersägen
(Handelsfabrikat) Zahnteilungen aufweisen, die zum Sägenhub, Schnitt und
Vorschubgeschwindigkeiten durchaus nicht immer im richtigen Verhältnis stehen.Vergl. H.
Fischer, Die Holzbearbeitungsmaschinen S. 36. und
ff.
Nun bietet sich uns aber ein geradezu ideales Mittel dar, um diese Uebelstände mit
einem Schlage zu beheben, indem wir die Gatter wiederum mit einem großen Hube
ausstatten.
Hierbei ist jedoch auf einen sehr wichtigen Umstand hinzuweisen, nämlich daß infolge
des größeren Hubes sich die Abmessungen des Gatters, sowohl der bewegten Teile, als
auch hauptsächlich des ganzen Gestells, vergrößern müssen, daher das Gewicht
langhubiger Sägegatter entsprechend höher ausfällt als das Gewicht von Gattern mit
kleinem Hub und großer Umlaufszahl.
Größeres Gewicht bedingt aber höheren Preis der Maschinen und dieser Umstand ist wohl
in der Hauptsache der Einführung langhubiger Gatter hinderlich gewesen, denn leider
ist der Fabrikant oft gezwungen, den Wünschen seiner Käufer, die möglichst billige
und trotzdem leistungsfähige Maschinen verlangen, Rechnung zu tragen und auf die
Vorteile des großen Hubes zu verzichten, also leichte, schnellaufende Sägegatter zu
bauen.
Die Bevorzugung der leichten Gatter von selten des Käufers ist außer durch den Preis
noch in der Hauptsache dadurch hervorgerufen, daß in den weitaus meisten Fällen
keine genügende Klarheit über die im Gatter wirkenden Kräfte herrscht und deshalb
auch von den Käufern keine richtige Würdigung bezw. Kritik der Gatterkonstruktionen,
ihrer Vorzüge und Nachteile ausgeübt werden kann.
Ein überaus anschauliches Bild gewinnt man jedoch, wenn man die im Gatter
auftretenden Kräfte zeichnerisch darstellt, die Aenderungsgesetze dieser Kräfte
verfolgt und die größten Werte der Kräfte ermittelt. Die Ueberlegenheit der
langhubigen Gatter tritt dann überaus deutlich zutage, wie aus dem nachfolgenden
hervorgeht.
Nehmen wir als Beispiel ein senkrechtes VollgatterHier kommt ja als Blocksägemaschine in der
Hauptsache das senkrechte Vollgatter in Frage. Beim Horizontalgatter, das
bekanntlich erheblich geringere Gewichte der bewegten Teile aufweist und
auch mit großem Hub ausgeführt wird, liegen selbstredend die Verhältnisse
bedeutend günstiger. von 800 mm lichter Rahmenweite mit einem
Hube H = 2 r = 500 mm bei
n = 215 Umdrehungen der Triebwelle i. d. Minute.
Die mittlere Schnittgeschwindigkeit ergibt sich zu 3,58 m/Sek., erreicht somit für
Vollgatter einen ziemlich hohen Wert.
Textabbildung Bd. 322, S. 633
Fig. 1a.
Textabbildung Bd. 322, S. 633
Fig. 1b.
Textabbildung Bd. 322, S. 633
Fig. 2.
Das Gewicht der geradlinig bewegten Teile – Rahmen einschl. 12 Sägen und Angeln und
ein Teil der Schubstangen – beträgt rund G = 450 kg.
Das Verhältnis des Kurbelradius zur Schubstange ist \frac{r}{l}=1\,:\,12.
Die Beschleunigungsdrücke ermitteln sich aus der Beziehung:
P=\frac{G\,v^2}{g\,r}\,\left(\mbox{cos}\,\alpha\,\pm\,\frac{r}{l}\,\mbox{cos}\,2\,\alpha\right)
und erhält man die Fig. 1a und
1b, die das Aenderungsgesetz dieser Drücke
darstellenEin bequemes
Verfahren zum Verzeichnen dieser Kurve ist von A.
Danz, Zeitschrift f. Werkzeugmaschinen und Werkzeuge 1896, S. 34
angegeben worden. Andere Verfahren in Radinger, Dampfmaschinen mit hoher
Kolbengeschwindigkeit S. 307–313. (Längen 1: 10, Kräfte 1 mm =
200 kg. Fig. 1a Aufgang, Fig. 1b Niedergang.) Die Kräfte erhalten ihre Höchstwerte in P0
= 5329 kg und P'0
= 6298 kg.
Textabbildung Bd. 322, S. 633
Fig. 3.
Textabbildung Bd. 322, S. 633
Fig. 4.
Textabbildung Bd. 322, S. 633
Fig. 5.
Diese am Rahmen auftretenden Kräfte lassen sich in die Kräfte S und N zerlegen (Fig. 2), von denen erstere in die Richtung der Schubstange fällt und
letztere normal zu den Rahmenführungen gerichtet ist. Das Aenderungsgesetz dieser
letzteren Kräfte zeigt die dargestellte Kurve. Die Kräfte S, an den Kurbelzapfen übertragen, lassen sich in radial bezw. tangential
gerichtete Kräfte R und T
zerlegen (Fig. 3). Ihre Aenderungsgesetze erhalten
wir durch Abtragen der ersteren Kräfte radial auf den Kurbelkreis, und der Tangentialkräfte
durch Abtragen auf den ausgestreckten Kurbelweg (Fig.
4).
Textabbildung Bd. 322, S. 634
Natürlich ist hier die Anwendung eines Gegengewichts unerläßlich. Zur Anwendung
gelangt im vorliegenden Fall ein Gegengewicht, dessen Fliehkraft c = 2250 kg beträgt und die durch Gewichte G' = 90 kg im Abstande r'
= 500 mm vom Mittelpunkt erreicht werden kann (auf jede Kurbelscheibe des Gatters
kommen somit 45 kg Gegengewicht). Die Fliehkraft des Gegengewichts wird als
konzentrischer Kreis in Fig. 3 eingetragen, so daß
uns als radial wirkende Kräfte die jeweiligen Differenzen der Radial- und Fliehkraft
verbleiben, die im Diagramm durch Schraffieren kenntlich gemacht sind.
Berücksichtigt man nun noch das Eigengewicht des Gegengewichts, so ergeben sich
von diesem radial bezw. tangential gerichtete Komponenten, die die Kurve der Radial-
und Tangentialkräfte entsprechend verändern, wie dieses die punktierten Kurven in
Fig. 3 und 4
andeuten. Die in bestimmter Weise sich ändernden Radial- und Tangentialkräfte am
Kurbelzapfen bewirken natürlich auch eine Aenderung der Drücke, die die
Kurbelwellenlager aufzunehmen haben. Auch das Aenderungsgesetz dieser Kräfte läßt
sich am besten graphisch verfolgen, indem man für die jeweiligen Kurbelstellungen
die zugehörige Größe und Richtung des Lagerdruckes aus einem leicht zu
verzeichnenden Kräftepolygon ermittelt und solche als Radius vector des um den
Wellenmittelpunkt als Pol zu verzeichnenden Diagramms aufträgt. Hierbei wird
natürlich in Betracht gezogen das Eigengewicht der Welle nebst Kurbelscheiben und
Riemscheiben G0 = 1000
kg, sowie der Achsdruck, ausgeübt durch die Riemenspannung, 2 S0
= 500 kg (entsprechend einer Arbeitsübertragung durch
den Riemen von rund 25 PS, wie für ein solches Gatter bei voller Leistung
erforderlich). Das auf diesen Grundlagen verzeichnete Lagerdruckdiagramm erhält die
Form Fig. 5.In
der Figur ist das Kräftepolygon für die Kurbelstellung 1 eingezeichnet mit M als Wellenmittel, R1
– C bedeutet Radialkraft abzüglich Fliehkraft
des Gegengewichts. T1 + T1 Tangentialkraft, vergrößert durch die Tangentialkraft, ausgeübt
vom Eigengewicht des Gegengewichts, L1 resultierender Lagerdruck. Die
Lagerdrücke schwanken in den Grenzen von 4200 kg (zwischen Stellung 0 und 1) bis 1600 kg (nahe
der Stellung 3').
Textabbildung Bd. 322, S. 634
Fig. 7.
Textabbildung Bd. 322, S. 634
Fig. 8.
Textabbildung Bd. 322, S. 634
Fig. 9.
Die Verteilung der Drücke ist dank dem richtig gewählten
Gegengewicht nicht ungünstig, doch haben die Lagerdeckel immerhin recht bedeutende
Beanspruchungen auszuhalten. Vergleichen wir hiermit die Anwendung des Fleckschen Spannwerkes zum Ausgleich der
Beschleunigungsdrücke, so haben wir in die Diagramme der Beschleunigungsdrücke (Fig.
1) die Kompression im Luftzylinder als entgegen wirkende Kräfte einzutragen (Fig. 6a und
6b).
Die Größe der Kolbenfläche und die größte Luftspannung sind so gewählt, daß im
oberen Totpunkt kein Druck auf den Lagerdeckel herrscht. Alsdann erhält man die
in Fig. 6 punktiert gezeichneten resultierenden Kurven der nicht durch das Spannwerk
aufgenommenen Beschleunigungsdrücke. Die auf Grund dieses verzeichneten Radial- und
Tangentialkraftdiagramme erhalten die Formen nach Fig.
7 und 8. Ganz abweichend in seiner Form
ist das Lagerdruckdiagramm (Fig. 9), verzeichnet mit
denselben Werten von G0 und 2 S0.
Die Kräfte in der wagerechten Richtung sind ganz erheblich geringer als bei dem
Diagramm (Fig. 5) (bei letzteren bedingt durch die
Fliehkraft des Gegengewichts), desgleichen haben auch die Kräfte in senkrechter
Richtung abgenommen, wenn auch nicht sehr bedeutend.
(Schluß folgt.)