Titel: | Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem Gebiete der Zuckerfabrikation im ersten Halbjahr 1907 (s. d. Bd. 8. 278). |
Autor: | A. Stift |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 650 |
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Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem
Gebiete der Zuckerfabrikation im ersten Halbjahr 1907 (s. d. Bd. 8. 278).
Von k. k. landw. techn. Konsulent A.
Stift (Wien).
(Fortsetzung von S. 638 d. Bd.)
Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem Gebiete der
Zuckerfabrikation usw.
Eine Maschine zur Verwertung von Rübenschwänzen und
Rübenabfällen hat die Rheinische Maschinenfabrik
Büttner konstruiert, von der TymZeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen
1907, 31. Jahrgang, S. 252. eine Beschreibung gibt. Fig. 8. zeigt die Außenansicht der Maschine, welche
aus einer Wäsche mit Stein- und Sandfänger, einem Elevator, einem Transporteur
(zugleich Presse und Schneidemaschine) besteht. Fig.
9 gibt die Seitenansicht des Apparates wieder, rechts mit der
Waschmaschine, in der Mitte der Schöpfelevator, links der Preßtransporteur und das
Schneiderad. In Fig. 10 ist die Ansicht von oben
gegeben. Die Rübenschwänze und Rübenabfälle werden mittels eines Transporteurs in
eine Wäsche von 1200 mm Länge und 1000 mm Breite direkt befördert und hier beim
Einfall von Sand, Erde und Steinen befreit.
Textabbildung Bd. 322, S. 650
Fig. 8.
Die Waschmaschine ist durch ein halb zylindrisches Sieb in
einen oberen und unteren Raum geteilt. In dem oberen Raume bewegen sich 12 an einer
wagerechten Achse angebrachte Rübenarme, welche die Rübenschwänze in stets frisch
zufließendem Wasser waschen. In dem unteren Raume befindet sich ein aus Blech
hergestellter Sand-, Stein- und zugleich Schlammfänger. Zum Ablassen der am Boden
der oberen Abteilung angesammelten Gegenstände in den unteren Raum dient eine
längliche Klappe aus gelochtem Blech, welche um eine wagerechte Achse drehbar,
mit einem Gegengewicht ausbalanziert ist und zeitweise von Hand aus geöffnet wird.
Fig. 11 zeigt den Durchschnitt der
Waschmaschine, des Schlammfängers und der Ausflußklappe. Aus dem Schlammfänger wird
der Schlamm, Sand und die Steine durch zwei runde Oeffnungen in den Kanal
abgelassen. Die in der Wäsche schwimmenden Rübenschwänze und Rübenabfälle werden
durch einen Becherelevator, dessen Becher aus perforiertem Blech hergestellt sind
und in das Wasser tauchen, gehoben und zu einer wagerechten Schnecke befördert. Die
Schnecke ist mit einem geschlossenen Blechmantel versehen, der ebenfalls auf seinem
unteren Teil gelocht ist, um das Wasser ableiten zu können. Sie hat 300 mm im
Durchmesser und 920 mm Länge; sie transportiert und preßt zugleich, zu welchem
Zwecke sie mit vier schmiedeeisernen Hemmeisen versehen ist, die das Drehen des
Preßmaterials verhindern. Fig. 12 zeigt den
Durchschnitt des Preßtransporteurs. Die zusammengepreßten Rübenabfälle treten durch
eine elliptische Oeffnung aus der Schnecke heraus. Knapp vor der Oeffnung bewegt
sich rasch ein Schneiderad, welches mit vier Stück stählernen, segmentartigen
Messern versehen ist, welch letztere die zusammengepreßten Rübenabfälle auf
Rübenschnitzel schneiden.
Textabbildung Bd. 322, S. 650
Fig. 9.
Die auf diese Weise gewonnenen, durchaus nicht breiartigen
Schnitzel enthalten 9–10 v. H. Zucker und können entweder unmittelbar in den
Trockenstuben zu anderen Schnitzeln beigemengt und als getrocknete Schnitzel als j
wertvolles Futter verwendet oder aber in den Betrieb eingeführt und mit den gewöhnlichen
Rübenschnitzeln verarbeitet werden. Die Maschine kann in einer Stunde Rübenabfälle,
die ungefähr von 1000 Meterzentner Rüben stammen, verarbeiten, wobei zur Bedienung
ein Arbeiter genügt. Zur Aufstellung benötigt man eine Fläche von 5 qm. Der Antrieb
geschieht durch ein doppeltes Zahnradvorgelege mit Riemen und der Kraftaufwand
beträgt etwa 3 PS. Nach der Berechnung von Tym werden
bei einer Verarbeitung von 400000 Meterzentner Rüben die Kosten der Maschine, die
etwa 4200 Kronen betragen, bereits nach der ersten Kampagne gedeckt.
Textabbildung Bd. 322, S. 651
Fig. 10.
Textabbildung Bd. 322, S. 651
Fig. 11.
Einen Apparat zum Auffangen der mit dem Diffusions- und
Schnitzelpreßwasser abgehenden Schnitzel (einen sogen. Schnitzelfänger),
der ohne jede Bedienung und mit wenig Kraftverbrauch arbeitet, hat L. v. May konstruiert. Namentlich für Fabriken,
die an kleinen Wasserläufen liegen und Schwierigkeiten wegen Reinhaltung der
Abwässer haben, soll der neue Apparat große Vorteile bieten. Er besteht (Fig. 13 und
14)
nach der Beschreibung von Främbs und FreudenbergZentralblatt f. d. Zuckerindustrie 1907, 15 Jahrg., S. 677.
im wesentlichen aus einem Sieb, das in den Abwasserkanal eingebaut wird, aus einer
darüber befindlichen rotierenden Bürste und einer Transportschnecke. Da die in der
Seitenansicht ersichtliche Schütze während des Betriebes hochgezogen ist, muß das
Abwasser, welches die Fabrik verläßt, durch das Sieb gehen, welches die
mitgerissenen Schnitzel zurückhält.
Textabbildung Bd. 322, S. 651
Fig. 12.
Die Bürste, welche das Sieb stetig rein zu halten hat, besteht
aus besten Piassawafasern und ist so gebaut, daß sie die zurückgehaltenen
Bestandteile jeder Zeit nach der am Ende des Siebes angebrachten Schnecke befördert,
welche diese Bestandteile seitlich des Kanals hinausschafft und einem dortselbst
anzubringenden Elevator oder desgl. übergibt. Die Schnecke preßt aber gleichzeitig
auf dem Transport die Schnitzel ab. Zu diesem Zwecke ist der Mantel derselben aus
gelochtem Blech hergestellt und am Auswurfende ein verstellbares Verschlußstück
angeordnet, mit dem der Trockengehalt der abgepreßten Schnitzel in gewissen Genzen
reguliert werden kann. Der Elevator oder Schnitzelaufzug bringt die abgepreßten
Schnitzel entweder auf den Schnitzelboden, oder je nach der Lage der örtlichen
Verhältnisse, nach einem anderen Orte, wo sie abgefahren oder aufbewahrt werden
können. Soll der Schnitzelfänger während des Betriebes außer Tätigkeit gesetzt
werden, so wird die Schütze herunter gelassen und gleichzeitig der dahinter liegende
Verschlußdeckel des Kanales geöffnet. Das Wasser fließt dann unter dem Siebe und
unter der Schnecke hinweg und der Betrieb der übrigen Fabrik kann ungehindert seinen
Fortgang nehmen. In gleicher Weise kann der Apparat, der bereits in einer Reihe von
Fabriken befriedigend arbeitet, auch in den Abwasserkanal der Wäsche- und des
Hubrades eingebaut und zum Abfangen der Rübenschwänze verwendet werden, wobei dann
die Abpressung in der Schnecke naturgemäß unterbleiben wird.
Textabbildung Bd. 322, S. 652
A Schnitteaufzug, B rotierende Abstreifbürste für die Schnitte, C Schnitte, D
Wasser, E Kettenrad, F Riemenscheiben, G Wasser mit Schnitten, H Leerlauf, J
Wasser in den Abwasserkanal, K Schütze.
Textabbildung Bd. 322, S. 652
Fig. 15.
Im Betriebe stellt sich recht häufig die Notwendigkeit heraus, die ausgelaugten
Schnitzel einer verschieden hohen Abpressung zu unterwerfen, welcher Forderung die
bisherigen Pressen, trotzdem sie mit einer Reguliervorrichtung versehen sind, nicht
so vollkommen genügen, als es wünschenswert erscheint. Im weiteren Verlaufe der
Frage hat sich nun das Ziel herausgebildet, bei einer gewünschten Leistungsfähigkeit
der Pressen zeitweilig ausgepreßte Schnitzel von einem veränderlichen Prozentsatz
der Trockensubstanz zu erreichen, und die Pressen bei einer nicht gleichmäßigen
Diffusionsarbeit auch regulieren zu können. Zur Erreichung dieser Anforderungen hat
nun Bock die Schnitzelpresse
der Bromberger Maschinenbauanstalt mit einer neuen patentierten
Stellvorrichtung versehen, mittels welcher eine leichte und verläßliche
Regelung der Preßwirkung erzielt wird. Nach der Mitteilung von TymZeitschrift
für Zuckerindustrie in Böhmen 1907, 31 Jahrg., S. 247. ist auf
dem Unterteil der Preßspindel (Fig. 15) ein
schmiedeeiserner, von innen und außen gedrehter, geschweißter Ring s angebracht. Der Eisenring a des zylindrischen Verschlusses, welcher an der Preßspindel zentrisch
geführt ist, umfaßt nicht wie bei der älteren Konstruktion den unteren zylindrischen
Teil der Preßspindel von außen, sondern im Gegenteil, der Eisenring s umfaßt selbst den zylindrischen Verschluß a. Der zylindrischen Stellvorrichtung gegenüber ist ein
konisches Sieb angebracht, dessen untere Kante bedeutend tiefer liegt als die untere
Kante des Stellringes, wenn dieser in seiner obersten Lage sich befindet.
Textabbildung Bd. 322, S. 652
Fig. 16.
Der untere Teil des Ringes s ist
in der Richtung des liegenden Siebes abgeschrägt und seine Kante abgerundet. Den
zylindrischen Verschluß a kann man in der senkrechten
Richtung einstellen, was auf einer Schraubenfläche mittels eines Handhebels
geschieht, wobei die gewünschte Lage durch eine Stellschraube festgehalten wird. Der
untere zylindrische Preßspindelteil ist somit derart ausgebildet, daß der Preßraum entweder länger
oder kürzer gemacht werden kann und eine derartige Form erhält, daß die Schnitzel
bei der Pressung ihre Richtung nicht ändern. Ist der zylindrische Verschluß in
seiner höchsten Lage, dann ist der Weg der Schnitzel durch den Preßraum p der kürzeste, die Abpressungszeit kurz und daher die
Abpressung der Schnitzel eine geringere. Stellt man jedoch die Stellvorrichtung in
ihre tiefste Lage, so verlängert sich der Pressungsraum um ihre ganze konstruktive
Höhe, der Querschnitt der Austrittsöffnung liegt tiefer und ist kleiner, die
Abpressungszeit dauert länger und die Abpressung ist eine höhere. Die
Gesamtanordnung einer solchen Schnitzelpresse im Durchschnitt zeigt Fig. 16. Durch diese verbesserte Konstruktion ist
eine etwaige Stauung der Schnitzel in der unteren Austrittsöffnung ganz
ausgeschlossen; dabei bleibt jedoch die Leistungsfähigkeit der Schnitzelpresse
oder die Menge der ausgepreßten Schnitzel fast dieselbe, wenn die Stellvorrichtung
in ihrer höchsten oder in ihrer tiefsten Lage sich befindet, wobei der Prozentsatz
der Trockensubstanz innerhalb der Grenzen von 10 – 16 v. H. je nach Bedarf, geändert
werden kann. Was die Leistungsfähigkeit anbetrifft, so verarbeitet in 24 Stunden
eine Presse mit einem nicht zu steilen Preßkonus bei 16 v. H. Trockensubstanz der
ausgepreßten Schnitzel eine Menge derselben, die aus 1500 Meterzentner Rüben
resultiert, vorausgesetzt eine entsprechende Diffusionsarbeit bei einer Temperatur
von 85° C. Bei Schnitzeln guter Qualität kann man sogar 17 – 18 v. H.
Trockensubstanz in den abgepreßten Schnitzeln erzielen, wie sich in den
Zuckerfabriken Culmsee und Wischau ergeben hat.
(Fortsetzung folgt.)