Titel: | Der Einphasen-Wechselstrommotor. |
Autor: | A. Linker |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 657 |
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Der Einphasen-Wechselstrommotor.
Bauart, Wirkungsweise und Eigenschaften der bisher
angegebenen Konstruktionen.
Von Dipl.-Ing. A. Linker.
(Fortsetzung von S. 645 d. Bd.)
Der Einphasen-Wechselstrommotor.
Da diese Form für größere Motoren sich infolge der Neigung zur Funkenbildung
weniger eignete, wandte sich die Maschinenfabrik Ganz
& Co.,
Budapest, mehr der Ausbildung der nach Art der
Gleichstrommotoren gebauten Typen zu. Schickt man nämlich durch einen
Gleichstrom-(Hauptschluß- oder Nebenschluß-) Motor, dessen Feld zur Vermeidung
starker Wirbelströme aus unterteiltem Eisen besteht, einen Wechselstrom, so entsteht
ein Drehmoment, durch welches der Anker in Umdrehung versetzt wird. Da nun die
Bürsten in der neutralen Zone stehen, so wird gerade diejenige Spule, welche in
dieser Zone liegt, kurzgeschlossen. Hierbei umschließt sie jedoch den maximalen
Kraftfluß, wodurch analog der kurzgeschlossenen Sekundärwicklung eines
Transformators starke Ströme -induziert werden, die beim Ablaufen der Bürste
schädliche Funken am Kommutator hervorrufen.
Diesen Uebelstand haben Ganz & Co. nach einem Patent von 0. T.
Blàthy (24, 25)
dadurch zu beseitigen versucht, daß sie zwischen je zwei Kommutatorsegmente einen
toten Sektor einlegten, der so breit war, daß eine Bürste zwei wirksame Segmente zu
gleicher Zeit nicht berühren konnte. Dadurch wurde jedoch bei Nebenschlußmaschinen
der Strom in der Armatur, bei Hauptschlußmaschinen in Armatur und Feld für kurze
Zeit unterbrochen. Zur Vermeidung dieser Erscheinung wurden dann die
Zwischensegmente ebenfalls an besondere Wicklungen angeschlossen, wodurch man eine
mehrfach geschlossene Wicklung erhielt. Fügt man n
Sektoren in einer Zwischengruppe ein, so darf die Bürste höchstens n Segmente bedecken. Die Hilfswicklungen brauchten nur
der Windungs- oder Drahtzahl nach mit der Hauptwicklung übereinzustimmen, dagegen
konnte der Drahtquerschnitt ein anderer sein.
Für Hauptschlußmotoren würde diese Anordnung ein großes Drehmoment ergeben, jedoch
ändert sich ihre Geschwindigkeit stark mit der Belastung, während
Nebenschlußmaschinen beim Lauf infolge der großen Phasenverschiebung zwischen
Ankerstrom und induzierter elektromotorischer Gegenkraft nur geringe Zugkraft
besitzen. Daher wurde das Feld mit dem durch den Kommutator bei Synchronismus
gleichgerichteten Wechselstrom erregt, wie Fig. 5
zeigt. Der Anker erhielt dann den Wechselstrom durch Schleifringe zugeführt, die mit
diametralen bezw. um 180 elektr. Grad auseinander liegenden Lamellen verbunden
waren.
Erwähnt sei ferner eine KonstruktionE. T. Z.
Sept. 1889, S. 433 und 1890, S. 587. Comptes Rendus. 31, Juli
1889. von M. Leblanc
(32, 42), deren
Eigentümlichkeit darin besteht, daß dem mit einer gleichmäßig verteilten Wicklung
versehenen und feststehenden Feld durch zwei synchron rotierende Bürsten vermittels
eines an die Wicklung angeschlossenen Kommutators der in gleichgerichteten Strom
umgeformte Wechselstrom zugeführt wird. Dem mit einer Wechselstromwicklung
versehenen Anker wird der Strom durch Schleifringe zugeleitet. Da sich nun die Pole
des Feldsystems synchron bewegen, so wird das Drehmoment von der
Ankergeschwindigkeit unabhängig und nur eine Funktion der Stromstärken im Anker und
Feld.
Textabbildung Bd. 322, S. 657
Fig. 5.
Textabbildung Bd. 322, S. 657
Fig. 6.
Zur Erreichung des synchronen Ganges führt N. Tesla (43, 48) auch dem rotierenden
Teil eines nach seinen später im II. Abschnitt behandelten Ideen konstruierten
Asynchronmotors durch Schleifringe Wechselstrom zu. Entweder wird der Strom wie im
Stator in zwei phasenverschobene Ströme zerlegt und durchfließt die beiden parallel
zueinander liegenden Rotorwicklungen, oder eine Wicklung des Rotors wird mit dem
gesamten Strom gespeist, während die andere in sich kurzgeschlossen ist, oder der
Rotor wird nur beim Anlauf kurzgeschlossen (44) bezw.
besitzt noch eine Kurzschlußwicklung. Dabei sind verschiedene Ausführungsformen
angegeben, bei denen Stator und Rotor in Reihe oder parallel geschaltet sind.
Die Tourenzahl des Läufers ist gleich der doppelten synchronen, wenn die Schaltung so
ausgeführt ist, daß das Rotorfeld entgegen dem Läufer mit synchroner Geschwindigkeit
umläuftVergl. E. T. Z., 7.
März 1901, S. 211.. Denn eine Leistung kann nur abgegeben werden, wenn
beide Felder gleiche Geschwindigkeit haben. Neben dem Nachteil dieses Motors, daß er
von selbst nicht anläuft, besitzt er im primären Teil körperliche Polansätze,
wodurch die Bildung eines gleichförmigen Drehfeldes unmöglich wird. Ferner
begünstigt diese Form die Streuung, wodurch die Ueberlastungsfähigkeit vermindert
und der Leistungsfaktor erniedrigt wird.
Auch zum Anlauf eines mit Gleichstrom erregten Synchronmotors verwendet N. Tesla (51) das Prinzip
der Kunstphase, indem er den Anker zweiachsig wickelt und die beiden Wicklungen mit
Strömen verschiedener durch Ohmschen Widerstand und Selbstinduktion hervorgerufener
Phase speist. Dabei ist die Magnetwicklung für den Anlauf kurzgeschlossen, um
einerseits eine hohe durch Transformatorwirkung auftretende Spannung zu vermeiden
und andererseits ein stärkeres Drehmoment zu erzielen. Erst nach Erreichung einer
bestimmten Geschwindigkeit wird das Feld mit Gleichstrom erregt und durch Umlegen
eines Umschalters der ungeteilte Wechselstrom den beiden hintereinander geschalteten
Ankerwicklungen zugeführt, wodurch der Motor seinen normalen Betriebszustand
erhält.
L. B. Atkinson (52) läßt
durch einen kleinen, selbstangehenden Hilfssynchronmotor die Bürsten eines mit
Gleichstrom erregten Synchronmotors antreiben, wodurch dieser dann leicht zum Anlauf
gebracht wird.
Um einen Synchronmotor schneller in Gang zu setzen, hat S. Z.
de Ferranti (53) nicht nur das mit Gleichstrom
erregte Magnetfeld, sondern auch die als Scheibenanker ausgebildete ArmaturE, T. Z, 2. Mai 1890, S. 266. frei
drehbar ausgebildet, indem er sie in Rollenführung lagerte. Beim Anlauf wird der
Anker von Hand aus in Rotation versetzt. Erst bei normaler Geschwindigkeit wird dann
die Armatur durch eine Backenbremse festgeklemmt. Sobald jedoch der Motor überlastet
wird, löst sich die Bremse selbsttätig, wobei der Anker durch Rückwärtsbewegung die
relative Geschwindigkeit aufrecht erhält. Diese Vorrichtung bedeutet natürlich eine
im Verhältnis zur Wirkungsweise unnötig große Komplikation der Maschine.
In Fig. 6 ist eine von den bisherigen abweichende
Konstruktion von A. Schlauer (60) angegeben. Darin bedeutet F das
vierpolige, feststehende Magnetfeld, A die rotierende
Armatur. Diese besteht aus zwei Gruppen (I und II) von je acht Spulen, welche so geschaltet sind, daß
immer zwei benachbarte Spulen einer Gruppe abwechselnd gleiche Polarität besitzen,
dagegen die geradzahligen Spulen beider Gruppen verschiedene Polarität erzeugen. Die
Enden der Wicklung I sind an einen Kommutator K1, Wicklung II an K2 angeschlossen. Die
leeren Felder sind darin Isolationsstücke, die in gleicher Weise schraffierten
Lamellen eines Kommutators sind miteinander leitend verbunden. Da die entsprechenden
Lamellen des Kommutators K2 gegen K1 um
eine Lamellenbreite in der Drehrichtung verschoben sind, so treten die beiden
Wicklungen I und II
jedesmal dann abwechselnd in Tätigkeit, wenn der Anker sich um einen Winkel von
\frac{360}{2\,p} Grad, in unserem Fall also um ⅛ Umdrehung weiter bewegt hat. Dadurch
entsteht eine kontinuierliche Drehung. Um ein starkes Funken des Kommutators zu
vermeiden, werden die Bürsten so breit gemacht, daß der eine Stromkreis des Ankers
erst dann geöffnet wird, nachdem der andere schon angeschlossen ist. Infolge der
Unabhängigkeit des Drehmoments von der Stromrichtung ist dieser Motor auch für
Gleichstrom verwendbar.
Um massive Pole anwenden zu können, die mit Strömen gleicher Richtung gespeist werden
sollen, hat F. J. Patten (78) einen synchronen Motor aus zwei einzelnen, miteinander gekuppelten
Gleichstrommotoren gebildet und durch besondere Ausbildung des Kommutators erreicht,
daß der eine Teil nur mit den positiven Halbwellen, der andere nach der Zeit einer
halben Periode mit den negativen Halbwellen des Wechselstromes gespeist wird. Um die
Einwirkung einer Halbwelle falscher Polarität zu vermeiden, wurde der betreffende
Teilmotor in dieser Zeit durch einzelne Lamellen kurzgeschlossen. Da diese Anordnung
jedoch eine unnütze Energievergeudung hervorrief, änderte sie Patten insofern (79) ab, als
er nach Fig. 7 die beiden Teilmotoren hintereinander
schaltete und die gemeinsamen Klemmen a vom Anker A und Feld F durch eine
Leitung verband. Erhielt z.B. der Motor I einen
positiven Stromstoß, so erzeugte er ein Drehmoment in dem angegebenen Sinne, während
der Motor II kurzgeschlossen war, so daß er während
dieser Zeit keine Wirkung ausübte. Nach einer Drehung um eine Segmentbreite, die zur
Verhütung großer Funkenbildung aus mehreren Teilen bestand, erhielt der Motor II einen negativen Stromstoß, wodurch er bei gleicher
Wicklungsanordnung des Ankers, aber umgekehrter des Feldes, ein Drehmoment in
derselben Richtung erzeugte. Auf diese Weise kam eine kontinuierliche Drehung
zustande. Wegen der schlechten Ausnutzung des Materials und Raumes hat der Motor
jedoch keine praktische Bedeutung erlangt.
Textabbildung Bd. 322, S. 658
Fig. 7.
Eine der vorigen ähnliche Konstruktion ist von C. S. Bradley,
A. M. Taylor und Mc. Donald (92, 93) angegeben, wie Fig. 8 zeigt. Feld F und
Anker A haben Polwicklung und sind hintereinander
geschaltet, wobei die Polzahl des Feldes doppelt so groß wie die des Ankers ist.
Durch einen Verteiler V, der einem Kommutator ähnlich
sieht und in der Wirkungsweise mit dem Schieber einer Dampfmaschine vergleichbar
ist, werden bei synchronem Gang die einzelnen Halbwellen getrennt und abwechselnd in
die beiden Polsysteme I und II so geleitet, daß ein nur in einer bestimmten Richtung wirkendes
Drehmoment auftritt.
Textabbildung Bd. 322, S. 658
Fig. 8.
In ähnlicher Weise betreibt auch T. H. Hicks (96) einen etwas modifizierten Gleichstrommotor durch
Zerlegung des Wechselstromes in seine Halbwellen mittels eines Verteilers und
Schleifrings, und speist mit diesen durch Bürsten zwei in umgekehrtem Sinne
gewickelte Magnetspulen, welche im Nebenschluß zum Anker liegen. Da dieser zwei
voneinander unabhängige Wicklungen trägt, deren Spulen mit verschiedenem
Wicklungssinn abwechselnd an die Lamellen des Kommutators (man könnte ihn auch als
Steuerorgan für die beiden Stromimpulse ansehen) angeschlossen sind, so bildet sich
im Feld und Anker eine konstante Polarität aus, wodurch der Anker in kontinuierliche Umdrehung
versetzt wird.
Außer dieser Konstruktion gibt es noch einige andere Formen (103).
J. Swineburne(110) erreicht einen synchronen Lauf bei einem MotorInd. u. lron., Bd. 15, S. 768. El. Rev., Bd.
34, S. 23. dadurch, daß er das Feld von einer auf dem
feststehenden Ringanker untergebrachten Sekundärwicklung vermittels eines aus 2p Lamellen bestehenden Kommutators mit pulsierendem
Gleichstrom speist.
Textabbildung Bd. 322, S. 659
Fig. 9.
Textabbildung Bd. 322, S. 659
Fig. 10.
Einen auf der Wirkung der magnetischen Hysteresis beruhenden MotorE. T. Z., 2. Januar 1896, S. 18.
zeigt Fig. 9, wie er von der A.-G. Helios, Köln, (134, 139) angegeben ist. Er besteht aus einem nakten, sternförmigen Eisenanker
A und einem vom Wechselstrom gespeisten Feld F. Bei raschem Wechsel des Erregerfeldes werden in den
Ansätzen des Ankers magnetische Pole hervorgerufen, welche infolge der Hysteresis
noch erhalten bleiben, wenn das Feld seine Polarität ändert. Es stehen sich somit
immer gleichnamige Pole gegenüber, wodurch eine Abstoßung auftritt, die bei
synchronem Gang ein Drehmoment in einer bestimmten Richtung ergibt. Infolge der
geringen Leistungsfähigkeit dieser Type ist sie jedoch zu keiner praktischen
Bedeutung gelangt.
Fig. 10 zeigt einen selbstanlaufenden MotorEng., 7. Juni 1895, Bd. 59, S. 747.
von W. Mordey (141). Das
rotierende Feld F und die feststehende Armatur A sind gleichartig gewickelt und erhalten durch
Schleifringe s1 und s2, Kommutator K und Bürsten
a, b, c den Wechselstrom zugeführt. Die Schaltung
ist schematisch in Fig. 11 wiedergegeben. Unter dem
Einfluß der sich gegenüberstehenden gleichnamigen Pole entsteht eine Bewegung in der
Pfeilrichtung. Die Funkenbildung soll dadurch auf ein geringes Maß reduziert sein,
da die Feldwicklung W2
nur während der Aenderung der Stromrichtung kurzgeschlossen wird.
Textabbildung Bd. 322, S. 659
Fig. 11.
Erwähnt sei noch eine Konstruktion von P. Boucherot &
Co., Paris (191), welche nicht nur als Motor,
sondern auch als selbsterregender Generator arbeiten kann. Das Prinzip besteht
darin, daß in einem durch den Wechselstrom gespeisten feststehenden Feldmagneten ein
Anker rotiert, der mit einigen unter bestimmtem Winkel gegeneinander versetzten
Wicklungen versehen ist. Die Windungszahlen ändern sich entsprechend ihrer Stellung
nach dem Sinusgesetz. Die Spulen sind in der Weise hintereinander geschaltet und mit
den Lamellen des Kommutators verbunden, daß immer auf eine Spule der einen Wicklung
eine um den Verdrehungswinkel der Wicklungen (in diesem Fall 90°) rückwärts liegende
Spule der anderen Wicklung folgt. Sobald Synchronismus erreicht ist, entsteht
zwischen den diametral gelegenen Punkten des Kommutators eine konstante
Potentialdifferenz. Es kann dann das Feldsystem vom Kommutator aus mit Gleichstrom
erregt werden, so daß die Maschine als normaler Synchronmotor mit Selbsterregung
weiter läuft.
(Fortsetzung folgt.)