Titel: | Die Vernichtung von Wertpapieren. |
Autor: | Nicolaus |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 738 |
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Die Vernichtung von Wertpapieren.
Von Nicolaus, Bauinspektor,
Berlin-Reichsdruckerei.
Die Vernichtung von Wertpapieren.
Die Erzeugung von Papiergeld und geldwerten Drucksachen ist eine Aufgabe, die
immer schwieriger wird, aber es macht auch große Schwierigkeiten, Wertpapiere, sei
es in abgebrauchtem Zustande, sei es in Form des beim Druck entstandenen Ausschusses
zu vernichten. Dem Verbrennen setzt Papier großen Widerstand entgegen und es kommt
nicht selten vor, daß im Innern von Papierpaketen, die lange Zeit dem Feuer selbst
in einem Regenerativofen ausgesetzt waren, noch unversehrte oder vielleicht nur
angesengte Wertzeichen sich befinden. Mit solchen unverbrannten Stücken kann aber
leicht Mißbrauch getrieben, unter Umständen könnten sogar betrügerische
Ersatzforderungen geltend gemacht werden.
Noch größer werden die Schwierigkeiten, wenn es sich um gummierte Papiere handelt,
wie sie z.B. bei der Briefmarkenfabrikation entstehen. Die Folge der Feuerwirkung
besteht hier meist darin, daß die Pakete unter dem Einfluß des Feuers fest
zusammenbacken und daß dann die Feuerwirkung garnicht ins Innere eindringen kann. In
jedem Falle treten beim Verbrennen Verstopfung der Feuerzüge und Belästigung der
Umgebung durch Rauch und umherfliegende Aschenteile als sehr unliebsame
Begleiterscheinungen auf.
Um diesen Uebelständen zu begegnen, wird in manchen Betrieben das zu vernichtende
Papier in Kocher eingebracht. Diese werden dann verschlossen und die Wertzeichen
unter Zusatz von Laugen längere Zeit gekocht. Nach bestimmter Zeit wird der Inhalt
abgelassen, und man kann dann mit Sicherheit darauf rechnen, daß alles vernichtet
ist. Auch Zerfaserungsapparate sind angewendet worden, die das Papier unter
Wasserzusatz bearbeiten, bis alles in Brei verwandelt ist. Es hat letzteres
Verfahren vor dem vorigen zwar den Vorteil der schnelleren Arbeit und ist auch ganz
gut am Platze bei Bogenpapier, es hat jedoch auf Wertzeichen geringerer Größe oder
auf perforierte Markenbogen angewendet den Nachteil, daß leicht einzelne Teile oder
in der Perforation abgerissene Marken unversehrt die Zerfaserungsmaschine passieren
können. Sind die bisher geschilderten Verfahren immerhin zweckmäßig zu verwenden,
wenn es sich um kleinere Mengen handelt, so werden sie unzweckmäßig, wenn sie
größere Massen bewältigen sollen, dann kommt nämlich noch der Umstand hinzu, daß es
Schwierigkeiten macht, die feuchten Papiermassen, die rasch in Gährung übergehen,
schnell loszuwerden. An der Entstehungsstelle fehlt es meist an einer
Verwendungsmöglichkeit und der Transport ist zu teuer und umständlich. Die
Beseitigung großer Mengen aber wird in der Deutschen
Reichsdruckerei verlangt, es werden hier nämlich nicht nur Druckausschuß,
sondern überhaupt alle, auch die unbedruckten Wertpapiere, z.B. die wegen kleiner
Fehler nicht zur Verwendung kommenden Wasserzeichenpapiere sämtlich vernichtet.
Diese Mengen aber können die geschilderten Verfahren nicht bewältigen und die
Schwierigkeit der Wegschaffung der feuchten Endprodukte würde sehr groß werden. Um
eine leistungsfähige Vernichtungsanlage und möglichst wenig Schwierigkeiten mit den
Endprodukten zu haben, wurde ein trockenes Vernichtungsverfahren gewählt und dazu
eine sogen. Schlagkreuzmühle aufgestellt.
Textabbildung Bd. 322, S. 737
Die Mühle wirkt in der Weise, daß ein in gußeisernem Gehäuse
gelagertes Schlagkreuz von geschmiedetem Stahl durch einen Elektromotor in schnelle
Umdrehung versetzt wird (1250 i. d. Min. bei 40 PS) und die durch einen Trichter
eingeworfenen Papiere erfaßt und zerreißt oder gegen die Gehäusewand schleudert, wo
sie zwischen den Armen des Kreuzes und den am Umfang der Gehäusewand eingesetzten,
vierkantigen Stahlstäben vermählen werden. Das Gehäuse steht auf starkem Profileisen fundiert über
einer geschlossenen Kammer, gegen die es durch ein Siebblech abgeschlossen wird. Die
zerrissenen Stücke können nun dieses Blech nur dann passieren und in die darunter
liegende Sammelkammer hineingelangen, wenn sie kleiner sind als die Oeffnungen des
Siebbleches. Die Maximalgröße der Sieblöcher ist aus Sicherheitsgründen (gegen
Wiederverwendung der Abfallstücke), die Minimalgröße aus wirtschaftlichen Gründen
bestimmt, allzu klein vermahlenes Papier findet nämlich schlecht einen Käufer. Zur
Zeit wird das gemahlene Papier, obgleich es aus erstklassigen Papieren herstammt, zu
einem ziemlich geringem Preise verkauft, weil die kleinen Stücke zu kurzfaserig
sind, als daß sie wieder zu gutem Papier verarbeitet werden könnten. Die
Leistungsfähigkeit und die Arbeit der Maschine haben vollauf befriedigt, es machte
sich aber ein großer Uebelstand bemerkbar: der gemahlene Stoff, besonders der aus
gummiertem Papier herrührende, entwickelte, wenn er aus der Kammer herausgenommen
und in Säcke verpackt wurde, einen für die Arbeiter sehr lästigen Staub. Deshalb
wurde versucht, die Abfälle selbsttätig durch eine Schnecke in die Säcke
hineinzudrücken. Diese so einfach erscheinende Forderung stieß aber auf große
Schwierigkeiten, da das Fördergut, wenn es in der Förderrinne zu lose lag, überhaupt
nicht bewegt wurde, und wenn es zu stark gedrückt wurde, sich so zusammenballte, daß
es fest wie Holz wurde und ein Motor von 20 PS nicht imstande war, die Schnecke zu
drehen. Die starken Pressungen, durch die das Zusammenballen veranlaßt wird, finden
meist an dem Uebergang von dem Trog der Schnecke in das allseitig geschlossene
Mundstück und auch an der Stelle statt, wo die Welle aus letzterem nach außen tritt;
sie machten das Arbeiten der Entleerungsvorrichtungen unmöglich. Es gelang indessen,
die Pressungen durch Abdecken der Uebergangsstelle und Anwendung eines Streicheisens
zu verhindern. Die Zwängungen am Wellenaustritt wurden dadurch beseitigt, daß
die Schnecke allmählich sich verjüngend an der schrägen Gehäusewand des
Austrittrohres entlang strich. Nach Ausführung dieser Arbeiten wirkt die Anlage
tadellos. Sie zerkleinert das Material vollständig und liefert es selbsttätig in den
bei a angefügten Sack ab; ein danebenstehender Arbeiter
hat nur nötig mit einem in den Sack eingeführten Stempel das etwa zu lose liegende
Papier festzudrücken. Der Antrieb der Entleerungsvorrichtung wird von demselben
Motor besorgt, der die Mühle antreibt. Ein Fenster in der Wand des Entleerungsraumes
und eine elektrische Lampe in der Entleerungskammer gestatten, Zerkleinerung und
Entleerung jederzeit zu überwachen. Ferner erlaubt eine verglaste Oeffnung im
Entleerungsrohr, den Grad der Zerkleinerung ständig zu kontrollieren. Sobald ein
Sack mit dem Mahlgut gefüllt ist, wird der Entleerungsapparat einen Augenblick
ausgeschaltet, und, ohne daß die Arbeit der Mühle unterbrochen zu werden braucht,
ein neuer Sack angesteckt.
Da die Mühle mit dem zerkleinerten Papier zugleich auch Luft ansaugt, entsteht in der
Entleerungskammer, wenn nicht für das Entweichen der Luft gesorgt wird, ein
Ueberdruck, der sich in dem Arbeitsraum ausgleicht und diesen vollkommen mit Staub
erfüllen kann. Es ist daher notwendig, dem Arbeitsraum eine Entlüftung in einen
Schornsteinfuchs zu geben, in dem bei dieser Gelegenheit auch die Staubreste
verbrannt werden. Für die Fälle, wo dies nicht möglich ist, wird ein Umführungsrohr
angelegt, das der Kreuzschlagmühle den von ihr selbst erzeugten Luftüberschuß wieder
zuführt, so daß Ueberdruck und Staubentwicklung ausgeschlossen werden. Die
Versuchsvorrichtung der Reichsdruckerei hat ein solches
Umführungsrohr, um zu Zeiten, in denen der Schornsteinfuchs nicht benutzbar ist,
auch weiter vernichten zu können.