Titel: | Transportanlagen des Getreide-Welt-Verkehrs. |
Autor: | E. Lufft |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 785 |
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Transportanlagen des
Getreide-Welt-Verkehrs.
Von E. Lufft, Regierungsbaumeister.
[Transportanlagen des Getreide-Welt-Verkehrs.]
Der Uebergang vom Kleinbetrieb zum Großbetrieb im Getreideverkehr hat ebenso,
wie man dies beim Verkehr aller anderen Güter feststellen konnte, besondere
Maßnahmen nötig gemacht. Während man früher die kleinen Mengen, in welchen Getreide
zur Verschiffung kam, mit denselben Hilfsmitteln beförderte oder lagerte, welche für
andere Güter vorhanden waren, ist man dazu übergegangen, für Getreide besondere
Lagerhäuser, Verschiffungsanlagen und Löschanlagen, ja sogar besondere Bahnwagen und
Schiffe zu bauen. Hinsichtlich der Mittel, welche dazu dienen, den Verkehr mit
Getreide möglichst wirtschaftlich zu gestalten, sind die Nordamerikaner, welchen auf
diesem Gebiete eine vierzigjährige Erfahrung zu Gebote steht, vorbildlich gewesen.
Sie besitzen insbesondere auf dem Wege, welcher von dem Getreide zwischen den
Verschiffungsplätzen an den oberen Seen und den Löschplätzen am Erie-See
zurückzulegen ist, ganz vortreffliche Einrichtungen, mit denen sie stündliche
Leistungen erzielen, welche an keinem anderen Platze der Welt erreicht werden.
Insbesondere durch die konsequente Ausschaltung des Sackes aus dem Getreideverkehr
haben die Amerikaner volle wirtschaftliche Ausnutzung dieses Massentransportes
erreicht.
Textabbildung Bd. 322, S. 785
Fig. 1.Verschiffungsspeicher in Fort Williams, Canada.
Wenn man die einzelnen Transportwege des Weltverkehrs betrachtet, so findet sich der
eben genannte Großbetrieb bald mehr, bald weniger vollkommen durchgeführt. Ein
Beispiel dieses Verkehrs, bei welchem soviel wie noch nichts vom Zeitalter der
Maschinen zu verspüren ist, bietet die Donau. Serbisches oder ungarisches Getreide
kommt in großen Mengen die Donau herauf, wird in Säcken nach den Schlepps
getragen, dort ausgeschüttet, um dann an den Verladeplätzen in Wien, Regensburg oder
Passau wieder in Säcke gefaßt und so in die Lagerhäuser verbracht zu werden. Der
Bedarf an Menschenmaterial zu diesem Transport ist erheblich und entsprechend groß
sind die Kosten desselben. Sehr viel besser sind die Verhältnisse bei dem Getreide,
welchem vom La Plata-Strom nach den europäischen Häfen geführt wird. In Argentinien
wird zwar das Getreide noch heute zum größten Teil von den Stationen im Innern des
Landes in Säcken nach den Hafenplätzen übergeführt; dort aber wird es von geräumigen
und zeitgemäß eingerichteten Speichern aufgenommen und mit maschinellen Anlagen
verschifft.
Auf der größten Höhe der Entwicklung steht jedoch der Getreideverkehr zwischen den
Vereinigten Staaten (auch Canada) und dem europäischen Festlande. Das Getreide kommt
während des ganzen Transportweges in keinerlei Berührung mit dem Sack. Es wird schon
in losem Zustande an den sogen. Country-Elevators
angeführt und dort in Silos geschüttet, aus welchen es in freiem Fall und lose in
die Bahn wagen läuft. Diese letzteren werden mit Dampfschaufeln in den sogen.
Terminal-Elevators entleert, welche meist unmittelbar am Wasser liegen, so daß die
Dampfer neben dem Speicher anlegen können.
Ist der betr. Dampfer nach einem europäischen Hafen mit maschineller Löschvorrichtung
bestimmt, so wird das Getreide dort ebenfalls unter Ausschaltung der Menschenarbeit
gelöscht und zur Einlagerung nach einem Hafenspeicher gebracht, von wo es dann
später als Sackware weiter befördert wird.
Vielfach erfolgt jedoch die Löschung statt nach Speichern, nach Leichtern oder
Flußkähnen und zwar ebenfalls in losem Zustande.
Diese Fahrzeuge gehen die Flüsse hinauf nach an denselben gelegenen Mühlen und werden
mit Schiffselevatoren ausgebaggert. Auf diese Weise gelangt das Getreide, ohne je
mit der Menschenhand als Sackware in Berührung zu kommen, von der Erzeugungsstelle
bis zum Verwendungsort.
Auch dieser Transport ist noch nicht auf der vollen Höhe seiner Entwicklung
angelangt, indem hauptsächlich die für rasches Be- und Entladen ungeeignete Bauart
der Dampfer hindernd im Wege steht. Das Bestreben, besonders gebaute Dampfer für
reinen Getreideverkehr zu besitzen, ist schon lange vorhanden. Solche Dampfer gibt
es bereits auf den nordamerikanischen Binnenseen. Man wird dahin streben müssen, die
Vervollkommnung des Getreidetransportes im Ueberseeverkehr genau so weit zu treiben,
wie es die Amerikaner bei den nordamerikanischen Seen bereits seit einigen Jahren
erreicht haben. In Duluth, Fort Williams und Porth Artur am Lake Superior stehen
gewaltige Speicher (s. Fig. 1) unmittelbar an
genügend tiefem Wasser für Dampfer, welche in Größen bis zu 12000 t gebaut werden.
Diese Dampfer besitzen einen einzigen großen Laderaum, während die Maschinen- und
Kesselanlage ganz hinten am Heck sich befindet.
Textabbildung Bd. 322, S. 786
Fig. 2.Die Transportwege der Getreidefrachten auf den nordamerikanischen
Seen.
Das Deck ist auf seiner ganzen Länge abnehmbar, so daß bei der
Beladung der ganze Schiffsraum offen liegt. Die Dampfer erreichen die Hafenorte am
Eriesee (s. Fig. 2) nach etwa zwei- bis dreitägiger
Fahrt und es erfolgt dort die Ausladung durch Schiffselevatoren von stündlich
bis zu 400000 kg Leistung (Fig. 3). Da es nicht
möglich ist, dem Fuße der Schiffselevatoren durch Menschenhand eine dieser Leistung
entsprechende Menge zuzuführen, so ist auch hier die Maschine helfend eingetreten.
Mit gewaltigen Dampf schaufeln, welche sich frei in den großen Schiffsräumen bewegen
können und von denen jede durch zwei Mann gesteuert wird, wird die Frucht den
Elevatorfüßen zugeführt.
Textabbildung Bd. 322, S. 786
Fig. 3.Schiffselevator in Detroit
Von den im Getreideweltverkehr in Betracht kommenden einzelnen Transportanlagen
spielen eine ganz besondere Rolle die Verschiffungs- und Löschanlagen. Durch deren
zweckmäßigen Bau und Einrichtung wird es ermöglicht, die Dampfer vorteilhaft
auszunutzen und deren Liegezeit in den Häfen auf ein Minimum zu reduzieren. Die
Firma Amme, Giesecke & Konegen in Braunschweig,
welche auf dem Gebiete des Speicherbaues, so weit bekannt, bisher die größten von
Deutschland ausgehenden Anlagen errichtet hat, hat auch auf diesem Gebiete des
Transportes große Anlagen gebaut. Sie hat insbesondere vergangenes Jahr sowohl eine
größere Verschiffungsanlage wie auch eine Löschanlage gebaut, die in ihrer
Gegenüberstellung eine passende Illustration der für den Großverkehr in Getreide
erforderlichen technischen Mittel ergeben und die deshalb im Nachstehenden näher
beschrieben werden sollen.
(Fortsetzung folgt.)