Titel: | Neuere Pumpen und Kompressoren. |
Autor: | Fr. Freytag |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 88 |
Download: | XML |
Neuere Pumpen und Kompressoren.
Von Prof. Fr. Freytag,
Chemnitz.
(Fortsetzung von S. 56 d. Bd.)
Neuere Pumpen und Kompressoren.
Die Armaturen- und Maschinenfabrik A.-G. vorm. J. A.
Hilpert in Nürnberg, die seit ihrer Gründung den Pumpenbau als Spezialität
betreibt und in dieser Zeit reiche Erfahrungen, insbesondere auch in der Ausführung
von Zentrifugalpumpen gesammelt hat, bringt neuerdings solche Pumpen unter dem Namen
„Evolventenpumpen“, System Neumann, auf den Markt. Diese Bezeichnung ist gewählt
worden, weil die Anfänge und Enden sowohl der Laufradwie auch der Leitradschaufeln
als Evolventen geformt sind, wodurch die Erweiterung bezw. Verengung des Strahles an
den nur durch eine Schaufelwand begrenzten Anfangsund Endzwickeln der Kanäle
vermieden werden soll.Weiteres hierüber
siehe: „Die Zentrifugalpumpen“. Von F.
Neumann, S. 56 u. ff., Verlag Julius
Springer, Berlin 1906.
Beim Durchtritt des Wassers durch das Laufrad wird bekanntlich einerseits durch die
Zentrifugalkräfte eine bestimmte Pressung erzeugt, andererseits durch Zunahme der
Kanalquerschnitte bezw. durch Abnahme von Geschwindigkeit eine bestimmte Druckhöhe
gewonnen. Behufs Erreichung des höchsten Nutzeffektes einer Zentrifugalpumpe wird es
nun darauf ankommen, diese Geschwindigkeitsabnahme in den entsprechend bemessenen
Laufradkanälen möglichst gleichmäßig zu bewirken.
Textabbildung Bd. 323, S. 88
Fig. 38.
Textabbildung Bd. 323, S. 88
Fig. 39.
Textabbildung Bd. 323, S. 88
Fig. 40.
Bei der üblichen Form von Laufrädern werden die Kanäle auf zwei Seiten durch die
Schaufelwände und auf den anderen beiden Seiten durch die als Rotationsflächen
ausgebildeten Seitenwände des Rades begrenzt. Gleiche Kanalhöhen liegen daher auf
konzentrischen Kreisen und die einzelnen, senkrecht zum durchfließenden Wasserstrahl
gemessenen Kanalquerschnitte sind Trapeze.
Fig. 38 zeigt einen solchen, der Deutlichkeit halber
gerade gestreckten Kanalkern und die punktierte Linie in Fig. 40 die Geschwindigkeit in diesem Kanal, die vom Punkte a bis c sehr schnell – von
16 auf ∾ 8,6 m/Sek. – vom Punkte c bis d weniger schnell – von ∾ 8,6 auf ∾ 6,8 m/Sek. abnimmt,
um dann bis zum Austritt – bei e – wieder bis auf 7,8
m/Sek. zu steigen.Die bezüglichen
Untersuchungen wurden nach Angabe der Firma an einem Laufrade vorgenommen,
welches 6,5 cbm/Min. auf 50 m Höhe fördern sollte. Aus der Berechnung ergab
sich für die relative Eintrittgeschwindigkeit (bei a) 16, für die relative Austrittgeschwindigkeit (bei e) 7,8 m/Sek.; mithin müßte im Laufradkanal
durch Geschwindigkeitsverzögerung eine Druckhöhe von\frac{16^2-7,8^2}{2\,g}\,\infty\,10\mbox{
m}erzeugt werden. Eine derartige
ungleichmäßige Verzögerung und Beschleunigung der Wassergeschwindigkeit stört
natürlich die geregelte Druckumsetzung in den Laufradkanälen und beeinträchtigt
nicht nur den Gesamtwirkungsgrad, sondern wegen der dadurch verursachten Stöße
auch den ruhigen Gang einer Zentrifugalpumpe ganz erheblich.
Den genannten Uebelständen sucht der Chefingenieur F.
Neumann obengenannter Firma dadurch zu begegnen, daß er die Laufradkanäle
mit rechteckigen Querschnitten derart ausbildet, daß
die Abnahme der relativen Geschwindigkeit vom Eintritt zum Austritt genau nach dem
Gesetz der geraden Linie erfolgt. In Fig. 40 zeigt
die ausgezogene Linie die stetige Geschwindigkeitsabnahme in einem solchen neuen
Laufradkanal, bei dem gleiche Schaufelhöhen nun nicht mehr auf konzentrischen
Kreisen, sondern in gleichen Kanalquerschnitten liegen. Den entsprechenden Kanalkern
läßt Fig. 39 erkennen.
Eine weitere unter Schutz stehende Neuerung der Firma, die ebenfalls zur Erhöhung des
Nutzeffektes der Evolventenpumpen beitragen soll, bezieht sich auf die
Ringabdichtung am Einlauf der Räder.
Bekanntlich nimmt der Spaltverlust einen nicht unerheblichen Prozentsatz der in
Zentrifugalpumpen auftretenden Gesamtverluste für sich in Anspruch. Durch
Schleifringe sucht man die Größe dieses Verlustes möglichst herabzumindern.
Textabbildung Bd. 323, S. 88
Fig. 41.
Textabbildung Bd. 323, S. 88
Fig. 42.
Fig. 41 zeigt die übliche Abdichtung, bei der das mit
hoher Geschwindigkeit aus dem Kranzspalt tretende Wasser rechtwinklig auf den im
Saugrohr mit kleinerer Geschwindigkeit fließenden Wasserstrom trifft und dort Wirbel
bildet, die einerseits starkes Geräusch verursachen, andererseits sich bis zum
Eintritt in das Laufrad fortpflanzen und störend auf den Wassereintritt in dasselbe
einwirken. Um diesem Uebelstande abzuhelfen und um ferner die im Spaltwasser noch
vorhandene Bewegungsenergie nutzbar zu machen, erhält der Spalt bei den
Evolventenpumpen der Aktien-Gesellschaft vorm. J. A.
Hilpert die in Fig. 42 ersichtliche Form.
Das mit hoher Geschwindigkeit durch den Spalt in das Saugrohr zurückfließende Wasser
wird hier durch zweckentsprechende Ausbildung des Laufradkranzes abgelenkt und
veranlaßt, sich nunmehr in der Saugrichtung zu bewegen. Zur Entlastung der Laufräder
vom achsialen Schub dienen in den Naben derselben angebrachte Löcher, ferner werden
durch Anordnung auswechselbarer Schleifringe von gleichem Durchmesser die
ringförmigen Kammern zu beiden Seiten jedes Rades gleich groß ausgebildet und damit
selbst bei ungleichen Abmessungen der Laufräder – bei Stufenpumpen – achsiale
Entlastungen erreicht. Der Erzielung einer genau gleichen Größe des Spaltes
beiderseits der Laufradschaufeln dient noch eine während des Ganges der Pumpe
einstellbare Vorrichtung.
Fig. 43 zeigt eine einstufige
Niederdruck-Evolventenpumpe, System Neumann, für
Förderhöhen bis 40 m, deren Leitapparat und Spiralgehäuse ohne Entfernung eines
Lagers nach Abnahme des Ringdeckels R bequem zugänglich
sind. Der Leitapparat ist herausnehmbar in das Gehäuse A eingesetzt; er gestattet auch, wie weiter unten ausführlicher behandelt,
eine teilweise Regulierung der mit einseitigem Einlauf versehenen Pumpe. Die aus Siemens-Martin-Stahl gefertigte Welle läuft in zwei
reichlich bemessenen Ringschmierlagern, deren eines mit dem Saugstutzen
zusammengegossen ist, während das andere ein besonderes Gußstück (B) bildet.
Textabbildung Bd. 323, S. 89
Fig. 43.Kleinere Evolventenpumpe der A-G. vorm. J. A. Hilpert.
Textabbildung Bd. 323, S. 89
Fig. 44.Einstufige Evolventenpumpe mit elektrischem Antrieb der A.-G.
vorm. J. A, Hilpert.
In Fig. 44 ist eine einstufige, von einem
Elektromotor direkt angetriebene Evolventenpumpe mit abgenommenem Ringdeckel und
freigelegtem Leitapparat ersichtlich. Bei kleineren Evolventenpumpen erhält das
Spiralgehäuse runden Querschnitt (siehe Fig. 43),
bei größeren Pumpen wird dasselbe – der besseren Wasserführung wegen – mit
rechteckigem Querschnitt ausgeführt (s. Fig.
45).
Für große Wassermengen werden die Evolventenpumpen mit sogen. Turbinenlaufrädern ausgeführt; da letztere bedeutend schneller laufen als
Räder gewöhnlicher Bauart, so werden sie zweckmäßig mit dem zugehörigen Motor
direkt gekuppelt.
Fig. 46 zeigt das Turbinenlaufrad einer
Evolventenpumpe für 400 Uml/Sek. auf eine manometrische Höhe von 10 m.
In solchen Betrieben, wo die Fördermengen periodischen Schwankungen von längerer
Dauer unterworfen sind, erhält die Pumpe – um mit Beibehaltung der Umlaufzahl einen
noch relativ hohen Nutzeffekt zu erzielen – eine teilweise
Regulierung, derart, daß der für eine bestimmte Wassermenge gebaute
Leitapparat, dessen Schaufelweiten bekanntlich der ersteren entsprechend zu bemessen
sind, ausgewechselt und durch mitgelieferte Leitapparate für kleinere oder größere
Wassermengen ersetzt wird. Damit lassen sich – bei angenähert gleichbleibendem
Nutzeffekt – in einer einzigen Pumpe gewissermaßen mehrere Pumpen mit verschiedenen
Leistungen vereinigen. Das Auswechseln der Leitapparate kann, wie schon oben
bemerkt, nach Abnahme eines am Gehäuse befestigten Ringdeckels, ohne Entfernung
eines Lagers, in verhältnismäßig kurzer Zeit vorgenommen werden.
Textabbildung Bd. 323, S. 89
Fig. 45.Größere Evolventenpumpe mit elektrischem Antrieb der A.-G. vorm.
J. A. Hilpert.
Nach Art der Regulierung der Francis-Turbine werden
größere einstufige Evolventenpumpen auch mit voller
Regulierung ausgeführt und zu dem Zwecke die Eintrittsquerschnitte dieser
Pumpen – je nach der Fördermenge – durch Oeffnen oder Schließen drehbarer
Leitschaufeln verstellt.
Textabbildung Bd. 323, S. 90
Fig. 46.Turbinenlaufrad einer Elvolventenpumpe der A.-G. vorm. J. A.
Hilpert.
Textabbildung Bd. 323, S. 90
Fig. 47.Evolventenpumpe mit drehbaren Leitschaufeln der A.-G. vorm. J. A.
Hilpert.
Textabbildung Bd. 323, S. 90
Fig. 48.Mehrstufige Evolventenpumpe der A.-G. vorm. J. A. Hilpert.
Fig. 47 zeigt eine für ein größeres Wasserwerk
projektierte Zentrifugalpumpe mit drehbaren Leitschaufeln für 600 l/Min, auf 100 m
manometrische Höhe mit 1500 Uml./Min. Zum direkten Antrieb dient eine 1000
PS-Dampfturbine. Behufs Verstellung der Leitschaufeln wird hier mittels eines
Handrades eine Spindel bezw. die auf ihr sitzende Mutter und der mit dieser
letzteren in Verbindung stehende Reguliermechanismus in der auf der Abbildung
ersichtlichen Weise entsprechend bewegt. Der Ringdeckel mitsamt dem
Reguliermechanismus und den drehbaren Leitschaufeln kann nach Lösen zweier
Schubstangen, die von der Spindel aus zwei auf der Abbildung ersichtliche
Doppelhebel bewegen, aus dem Gehäuse herausgenommen werden. Die Entfernung eines
Lagers ist hierzu nicht erforderlich. Nach den mit kleineren solchen Pumpen
gemachten Versuchen soll der Nutzeffekt bei halber Leistung der Pumpe nur um 3 bis 4
v. H. gegenüber demjenigen bei normaler Fördermenge nachlassen, während derselbe,
wenn die Pumpe, wie es sonst geschieht, durch Drosselung im Druckrohr mittels eines
in dasselbe eingebauten Schiebers geregelt wird, mit einem erheblich geringerem
Nutzeffekt arbeitet.
Eine mehrstufige Hochdruck-Evolventenpumpe für große
Förderhöhen ist in Fig. 48 dargestellt.
Nach Art der zuerst von Rateau in Vorschlag gebrachten
Anordnung erfolgt die Wasserführung, wie übrigens bei den meisten der jetzt gebauten
mehrstufigen Zentrifugalpumpen, in wellenförmiger Richtung. Vom Saugrohr tritt das
Wasser in das erste Laufrad, durchströmt den zugehörigen Leitapparat und
gelangt durch einen S-förmigen Kanal in das zweite
Laufrad usw. Beim Austritt aus dem letzten Leitrade wird das Wasser in ein
spiralförmiges Gehäuse geleitet, aus dem es schließlich in das Druckrohr eintritt.
Die einzelnen geteilten Gehäusestufen können seitlich leicht entfernt werden.
Die – gleichwie bei den einstufigen Pumpen – mit unter Schutz stehenden Neuerungen
versehenen Laufräder, ferner die Leitapparate und die leicht auswechselbaren
Schleifringe der inneren Laufradkränze sind aus Phosphorbronze gefertigt. Das eine
der beiden Ringschmierlager der aus Siemens-Martin-Stahl bestehenden Welle ist bei größeren Pumpen als Kammlager
mit selbsttätiger Preßölschmierung ausgebildet. Die Grundringe der Stopfbüchsen
erhalten Wasserabdichtung.
Textabbildung Bd. 323, S. 90
Fig. 49.Siebenstufige Evolventenpumpe mit elektrischem Antrieb der A.-G.
vorm. J. A. Hilpert.
Fig. 49 zeigt eine siebenstufige Evolventenpumpe mit
175 mm Rohranschlüssen, direkt gekuppelt mit einem Dreiphasen-Wechselstrommotor, die
mit 960 Uml./Min. etwa 1,4 cbm auf eine manometrische Höhe von 100 m fördert. Bei
einer solchen für die Kraftstation der Untergrundbahn in London gelieferten Pumpe
wurde der Nutzeffekt zu 73,5 v. H. ermittelt!
Fig. 50 stellt eine für ein Wasserwerk gelieferte,
mit einer 300 PS-Dampfturbine der Allgemeinen
Dampfturbinenbau-Gesellschaft Nürnberg direkt gekuppelte Evolventenpumpe
dar. Diese Pumpe fördert bei 2500 Uml./Min. 20 cbm/Min. auf eine manometrische Höhe von
48 m.
Textabbildung Bd. 323, S. 91
Fig. 50.Zwillings-Evolventenpumpe der A.-G. vorm. J. A. Hilpert.
Wegen der im Verhältnis zur Förderhöhe sehr großen Wassermenge mußte bei der hohen
Umlaufzahl diese Pumpe in Zwillingsanordnung ausgeführt werden. Während aber sonst
bei Stufenpumpen die Förderhöhe geteilt wird, ist hier die Wassermenge geteilt,
derart, daß die auf gemeinsamer Welle sitzenden vier gleich großen Laufräder je 5
cbm/Min. fördern.
Durch ein Saugrohr von 450 mm lichter Weite wird das Wasser der Pumpe zugeführt.
Unter derselben befindet sich ein Verteilungsrohr, von welchem vier Stutzen mit je
250 mm lichter Weite den Anschluß zu den Saugrohrkrümmern bilden. Je zwei Laufräder
fördern das Wasser in ein gemeinsames Spiralgehäuse mit rechteckigem
Querschnitt, dessen Anschluß zur Druckleitung 300 mm l. W. hat; aus beiden Gehäusen
wird es dann einem entsprechend ausgebildeten Anschlußrohr der Druckleitung von 400
mm l. W. zugeführt.
Das Anfüllen der Pumpe erfolgt durch Evakuierung mittels eines
Dampfstrahlapparates.
Auch als Abteuf- und Streckenpumpe im Bergbau, für Bewässerungs- und
Entwässerungsanlagen, ferner als Kühlwasserpumpe für Kondensationsanlagen usw. sind
die Evolventenpumpen der Armaturen- und Maschinenfabrik
A.-G. vorm. J. A. Hilpert schon zahlreich ausgeführt worden.
(Fortsetzung folgt.)