Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 93 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Eisenbeton-Pfahlgründung.
Im Düsseldorfer Hafen ist eine Kaimauer von rd. 300 m Länge auf einen
Eisenbetonpfahlrost gegründet worden. Die Bodenuntersuchung zeigte bei – 0,3 DP
(Düsseldorfer Pegel) groben, verunreinigten Kies, der von einer früheren Anschüttung
herrührte, und darunter auf 3,5 m Tiefe Schlick und feinen blauen Schwemmsand.
Unter diesem nicht tragfähigen Boden lagerte eine gewachsene Kiesschicht, die als
tragfähig angesehen werden konnte. Hierbei mußte die Unterkante der Gründung
mindestens bei – 4,5 DP liegen, also 13,8 m unter der Oberkante der Kaimauer und 2,5
m unter der Hafensohle. Es kam daher nur eine Pfahlrost- oder Brunnengründung in
Frage. Wegen des geringeren Preises wurde die erstere gewählt.
Die Anwendung von Holzpfählen schloß wegen der Gefahr des Faulens einen hochliegenden
Pfahlrost aus und verlangte außerdem eine Wasserhaltung in dicht umschlossener
Baugrube. Bei Betonpfählen konnte die die Pfahlköpfe verbindende Betonplatte
hochgelegt werden, so daß ihre Herstellung und Verbindung mit den Pfahlköpfen bei
dem im Herbst zu erwartenden Wasserstand von im Mittel + 1,8 DP ohne Wasserhaltung
ausführbar war.
Daher wurde an Stelle des ursprünglich vorgesehenen Holzpfahlrostes eine Gründung auf
Eisenbetonpfählen ausgeführt. Hierbei betrugen die Kosten für einen laufenden Meter
Mauer 1065 M., während bei einer Ausführung mit Holzpfahlgründung 1315 M. als
Mittelwert von sieben Angeboten erforderlich waren.
Der Pfahlrost besteht aus einer geschlossenen vorderen Spundwand und aus einer
hinteren Reihe teils schräg, teils senkrecht stehender Pfähle.
Die Pfähle der Spundwand sind 50 cm breit und 32 cm dick, die hinteren Pfähle haben
quadratischen Querschnitt mit 32 cm Seitenlänge. Die Oberkante der Pfahlköpfe liegt
bei + 2,0 DP 4 m über der Hafensohle.
Die Spundwand hat eine Neigung 1 : 5, die schräge Pfahlreihe eine solche 1 :
2,5. Die senkrechten Pfahle sind unter sich 1,5 m und von den benachbarten
Schrägpfählen 0,375 m entfernt, so daß je zwei Schrägpfähle mit einem senkrechten
Pfahl eine Gruppe bilden.
Die Armierung besteht bei den Spundwandpfählen aus sechs Rundeisen von 20 mm Durchm.
und bei den hinteren Pfählen aus vier Rundeisen von 25 mm Durchm. Diese Längseisen
sind durch wagerechte Bügel in 0,3 m Abstand parallel zu den Pfahlkanten und
diagonal verschnürt.
Um die Spundwand zu dichten, sind ihre Pfähle an der Seite mit halbkreisförmigen
Nuten versehen, so daß zwischen je zwei Pfählen ein hohler Kanal entsteht. In diesen
Kanal wird ein Leinwandschlauch gestopft, der mit dünnem Zementmörtel gefüllt wird.
Nach dem Abbinden des Mörtels ist der Kanal durch einen vollständig dicht
schließenden Steinzylinder ausgefüllt. Die Pfahlköpfe sind durch eine 1 m hohe
Betonplatte verbunden, die senkrecht zur Längsrichtung durch die Pfahlköpfe
verankernde Rundeisen armiert ist. Auf dieser Platte setzt sich die im Stampfbeton
ausgeführte und mit Basalt verkleidete Kaimauer auf. Um das Gewicht der
Hinterfüllung für die Standsicherheit auszunutzen, ist die Betonplatte an der
Hinterseite um 1,4 m ausgekragt und in halber Höhe der Mauer eine wagerechte
Kragplatte mit 0,9 m Ausladung eingefügt. Diese Kragplatte ist durch Eiseneinlagen
armiert und mit dem Stampfbeton der Kaimauer kräftig verankert.
Durch diese Auskragungen konnte die Stärke der Mauer bei einer Höhe von 4,6 m auf
1,35 m oben und 2,1 m unten beschränkt werden.
Das Mischungsverhältnis des Betons ist in den Pfählen 1 T Zement auf 4 T Rheinkies,
in der Tragplatte 1 T Zement auf 5 T Kies und in dem aufgehenden Mauerwerk 1 T
Zement auf neun Teile Kies.
Die Belastung betrug im ungünstigsten Falle bei den Spundwandpfählen 13,8 t, bei den
hinteren Schrägfählen 24,8 t und bei den senkrechten Pfählen 2,3 t Druck und 10,0 t
Zug. Die Spundwand wird noch durch den Erddruck auf Biegung beansprucht, so daß ihre
Pfähle mit 40,1 kg/qcm Beton-Druckspannung und 885 kg/qcm Eisenzugspannung die
größte Beanspruchung erlitten. Die Bruchfestigkeit des verwendeten Betons betrug im
Mittel 220 kg/qcm, so daß mehr als fünffache Sicherheit vorhanden war.
Bei dem Einrammen der Pfähle erwiesen sich die oberen Schichten des gewachsenen
Kieses als nicht genügend tragfähig. Bei einer Rammtiefe von – 5 DP war die
Tragfähigkeit eines Holzprobepfahles nach der Brixschen
Formel nur 8 t, bei – 8,5 DP dagegen 33 t. Die Tragfähigkeit der Eisenbetonpfähle in
der Spundwand wurde dem größeren Umfang und Querschnitt entsprechend bei – 5 DP auf
20 t und bei – 8,5 DP auf 65 t geschätzt. Da die Belastung auf 5 Pfähle der
Spundwand 69 t betrug, wurden in einer solchen Gruppe vier kurze und ein langer
Pfahl eingerammt, so daß ihre zu erwartende Tragfähigkeit 145 t betrug. Aus
demselben Grunde wurde bei den hinteren Schrägpfählen abwechselnd ein kurzer und ein
langer Pfahl eingerammt. Tatsächlich war die Tragfähigkeit der eingerammten Pfähle
infolge der Verdichtung des Bodens bedeutend größer, als nach dem Einrammen der
einzelnen Probepfähle zu erwarten war. Eine Pfahlgruppe von vier langen und einem
kurzen Pfahl zeigte eine Tragfähigkeit von 460 t, so daß 6 ½ fache Sicherheit
vorhanden war. (Geiß.) [Zeitschrift für Bauwesen 1907,
S. 550 bis 558.]
Dr.-Ing. P. Weiske.
Schwungrad mit Betonkranz.
Bei einer elektrisch betriebenen Pumpenanlage in Zwartkopjes Station am Rand in
Transvaal haben zehn Schwungräder für 20 Umdrehungen i. d. Minute Verwendung
gefunden, deren Kränze größtenteils aus Beton bestehen. Einige Zahnräder übertragen
die Bewegung von je einem Elektromotor auf die zugehörige Kurbelwelle, auf die das
Schwungrad mit 4.27 m Mittellinie aufgekeilt ist. In seine gußeiserne Nabe sind 16
Röhren von 100 mm Durchm. als Arme des Schwungrades befestigt. Sie werden sämtlich
von einem 6 mm dicken Flacheisenring umfaßt, der die Innenseite des Kranzes bildet.
Ein zweiter Ring, der am Umfang des Rades verlegt ist, steht mit dem erstgenannten
durch Bolzen und Distanzstücke in Verbindung. Der Betonkranz selbst, mittels vier 6
mm dicken, mit den Bolzen verflochtenen Rundeisenstangen bewehrt, hat einen
annähernd quadratischen Querschnitt von 34 cm Seitenlänge und wiegt etwa 2700 kg.
Das Gesamtgewicht des Rades beträgt 3600 kg.
Die durch die beschriebene Ausführungsart gegenüber Gußeisen erzielte Ersparnis wird
für das Rad auf 2000 M. geschätzt, wobei wahrscheinlich auch die Transportkosten in
Betracht gezogen sind, da die Räder an Ort und Stelle aufgebaut werden konnten. [The
Engineer 1907, Bd. II, S. 482.]
Ky.
Kabelnetz.
Wird der Kabelnetzberechnung für verschiedene Stromsysteme unter der Annahme einer
gleichmäßigen Verteilung der Belastung über die Gruppen und Phasen des Netzes ein
gleicher prozentualer Spannungsverlust bei voller Belastung zugrunde gelegt, so ist
die Empfindlichkeit der in solcher Weise berechneten Kabelnetze gegenüber
plötzlichen Schwankungen in der Belastung nicht die gleiche, d.h. ihre
Verbrauchsspannungen werden dabei in verschiedener Weise schwanken. Bei einer
gleichmäßig über das Netz veriltente Belastung sei der Spannungsunterschied zwischen
einem Punkte konstanter Spannung (Zentrale. Transformator oder Speisestelle) und der
Verbrauchsspannung ε Volt, so gibt das Mittel der
Spannungsschwankungen, in v. H. von ε ausgedrückt, bei
einer bestimmten Aenderung der Gesamtbelastung ein Maß für die Empfindlichkeit des
Netzes. Es müssen dabei auch die verschiedenen Spannungsschwankungen beachtet
werden, welche auftreten können, je nachdem z.B. bei einem Drehstromsystem die
Entlastung in verschiedener Weise über die Phasen verteilt ist. Aus allen
Möglichkeiten muß man dann das Mittel nehmen, bei dessen Bestimmung auch die
wahrscheinliche Häufigkeit der vorkommenden Fälle in Rechnung zu bringen ist.
System
Ver-brauchs-spannung
Kupfer-gewichtK1
Empfind-lichkeit
Kupfer-gewichtK2
Empfind-lichkeit
Zweileiter
220
100
0,25
100
0,25
Dreileiter
2 × 220
33
0,45
60
„
Fünfleiter
4 × 110
50
1,41
280
„
Einph.-Zweileiter
220
115
0,25
115
„
Einph.-Dreileiter
2 × 220
38
0,45
68
„
Zweiphasen
2 × 220
84
0,25
84
„
Dreiphasen, Stern
3 × 120
130
0,42
220
„
Dreiphasen, Dreieck
3 × 220
86
0,25
86
„
Der untenstehenden Zusammenstellung ist ein Netz mit zwölf gleich großen
Verbrauchsstellen zu Grunde gelegt, von denen drei zugleich – also 25 v. H. –
ausschalten. Die dritte Spalte gibt das Kupfergewicht K1 für die verschiedenen Systeme,
ausgehend von den in der zweiten Spalte angegebenen Verbrauchsspannungen und von
einem gleichen prozentualen Spannungsverlust bei voller gleichmäßig verteilter Belastung. Die
vierte Spalte gibt die zugehörige Empfindlichkeit der Netze. Werden alle Kabelnetze
für die gleiche Empfindlichkeit 0,25 berechnet, so erhält man die in der fünften
Spalte aufgeführten Kupfergewichte K2. Bei den Drei- und Fünfleitersystemen sind die
Nullkabel gleich 0,67, beim Zweiphasensystem ist der Querschnitt des dritten Kabels
gleich 1,41 Mal und beim Dreiphasensystem mit vier Leitern ist das vierte Kabel
gleich dem Querschnitt der übrigen Leiter angenommen worden. Zur Bestimmung des
Kupfergewichts der Wechselstromsysteme wurde cos y =
0,87 angenommen. (Van Rossem.) [De Ingenieur 1907, S.
851 bis 852.]
Ky.
Dampfmotorwagen.
Auf der jüngsten Ausstellung von Vergnügungsmotorwagen in London, wo 140 Fabriken des
In- und Auslandes mit etwa 300 Wagen vertreten waren, befanden sich nur drei
Bauarten mit Dampfbetrieb, unter denen die Konstruktion des Highclere Motor Car Syndicate in Highclere, Hampshire, besondere Beachtung
verdient. Die Dampfmaschine mit drei einfachwirkenden, besonders gegossenen
Zylindern von 70 mm Durchm. und 92 mm Hub hat im allgemeinen die sonst für
Verbrennungsmotoren übliche Bauart, wobei die mit Nocken versehene Steuerwelle zur
Füllungsänderung, zur Umsteuerung und zur Dampfbremsung mittels eines Steuerhebels
verdreht wird. Die Steuerwelle ist so angeordnet, daß nach Lösung eines Satzes von
Muttern die ganze Ventilbewegung herausgezogen werden kann. Die mit je fünf
Stahlfederringen versehenen Kolben sind mit ihren Stangen durch eine Art Kreuzkopf
verbunden, dessen Bolzen in dem Kolbenboden befestigt ist, so daß keine Durchbohrung
der Kolbenwand für den Kreuzkopfzapfen notwendig ist. Der Dampf wird in einem Kessel
oder Generator, Bauart Serpollet erzeugt, der unter der
Vorhaube untergebracht ist. Der Verdampfer befindet sich unten im Generator und
besteht aus einem Rost von gezogenen Stahlröhren, durch die das Paraffin auf seinem
Wege zu den zwölf in drei Reihen von vier angeordneten Bunsen-Brennern hindurchströmt. Die Verbrennungsgase gehen am Hinterende
des Wagens ins Freie. Der Abdampf wird durch einen hinten am Generator angebrachten
Speisewasservorwärmer nach dem vorne an der Haube aufgestellten Kondensator geführt,
von wo das Wasser wieder in den Vorratsbehälter zurückfließt.
Neuartig ist der Bau des selbsttätigen Reglers. Er enthält zwei übereinander
geschraubte Zylinder von verschiedenen Durchmessern, deren gemeinsame Kolbenstange
durch eine Hebelübersetzung mit dem Ventil für die Paraffinzufuhr verbunden ist. In
die genannten Zylinder münden vier Kanäle: von den Wasserpumpen, nach und von dem
Kessel, und nach dem Kondensator, die in solcher Weise angeordnet sind, daß die
Kolben je nach dem Dampfdruck steigen oder sinken und demgemäß den Wasserzufluß zum
Generator selbsttätig regeln, während zugleich die Bremsluftzufuhr mit Hilfe der
obengenannten Hebelübersetzung eingestellt wird. Die Maschinenanlage enthält drei
von der Kurbelachse angetriebene Pumpen, von denen zwei die Wasserzufuhr zum
Generator besorgen, während die dritte die Brennstoffbehälter unter Luftdruck hält.
Die Wasserzufuhr kann außer vom selbsttätigen Regler auch mittels eines Hebels von
Hand bedient werden.
Der Wasser- und Brennstoffvorrat ist für eine Fahrt von 240 km ausreichend. Vom
kalten Zustand aus kann der Wagen in acht Minuten betriebsbereit sein. [The Engineer
1907, Bd. II, S. 492–493 und 496.]
Ky.
Versuche an einem Dieselmotor der Gasmotoren-Fabrik
Deutz.
Die Gasmotorenfabrik Deutz hat einen ihrer Dieselmotoren
der bei 210 Umdreh. i. d. Min. 35 PS leistet, durch den Oberingenieur Barth vom Nürnberger Gewerbemuseum auf
Brennstoffverbrauch bei normaler Belastung untersuchen lassen. Aus dem Bericht des
Herrn Barth mögen folgende Angaben hier Platz
finden:
Die Prüfung fand auf dem Probierstande des Deutzer
Werkes statt.
Die Leistung wurde durch Bremsung mittels eines Pronyschen Zaumes auf einer besonderen, an das Schwungrad angeschraubten
Scheibe gemessen und hierbei die Geschwindigkeit mit einem von der Schmierpumpe
angetriebenen Hubzähler ermittelt. Die Konstanten des Zaumes waren:
Hebellänge, gemessen von Mitte Welle
bis Angriffspunkt des Bremsgewichtes
1,432 m
Eigengewicht des Zaumes
0,150 kg
Der Brennstoffverbrauch wurde ermittelt, indem zu Anfang und zu Ende des Versuches
derselbe Bestand im Brennstoffgefäß eingestellt wurde, wozu eine in das
Oelsfandsglas eingehängte Nadel diente. Die Beobachtungen wurden in dem Augenblick
begonnen, in dem der niedergehende Oelspiegel von der Nadelspitze abriß, was sehr
genau beobachtet werden konnte. Während des Versuches wurden genau abgewogene
Oelmengen nachgefüllt, und der Versuch wurde schließlich abgebrochen in dem
Augenblick, wo der Oelspiegel wieder von der Nadel abriß. Das verwendete Oel hatte
nach der in der chemisch-technischen Abteilung, des Nürnberger Gewerbemuseums an
einer während des Versuches entnommenen Durchschnittsprobe ausgeführten Untersuchung
einen Heizwert (ermittelt
in der kalorimetrischen Bombe)
10069 Ka.
und einen Aschengehalt von
0,19 v. H.
Vor Beginn der Beobachtungen hatte der Motor längere Zeit unter der Bremse gelaufen
und hierbei einen guten Beharrungszustand erreicht. Fig.
1 zeigt eines der in gewissen Zeitabständen aufgenommenen
Indikatordiagramme. Die näheren Umstände, unter denen die Messungen stattfanden, und
die erzielten Ergebnisse waren folgende:
Textabbildung Bd. 323, S. 95
Fig. 1.
Der Motor wurde während der Dauer des Versuches in normaler Weise geschmiert und lief
ruhig und einwandfrei.
Kühlwasserverbrauch f. d. PSe/Std.
12 l
Temperatur des Kühlwassers durchschnittlich
an der Eintrittsstelle
19° C
an der Austrittsstelle
71° C
Temperatur der Auspuffgase unmittelbar
hinter dem Motor im Mittel
280° C
Raumtemperatur im Mittel
20,5° C
Barometerstand im Mittel
761 mm
Gesamte Versuchsdauer
4 Std. 1 Min. 50 Sek.
Gesamtes Bremsgewicht
84,35 kg
Mittlere minutliche Umdrehungszahl
209,3
Mittlere Bremsleistung
35,4 PS
Gesamter Brennstoffverbrauch
26,725 kg
Brennstoffverbrauch f. d. Pferdest. u. Stunde
187,3 g
Wasserstandsrohrreiniger.
Unter den Kesselexplosionen ist nach der jährlichen Reichsstatistik noch immer ein
gewisser Prozentsatz auf das Verschlammen oder Verstopfen der Wasserstandsrohre und
Stutzen zurückzuführen, indem es die richtige Selbsteinstellung der Wassersäule im
Glase hindert und so den Kesselwärter in der Beurteilung der Kesselfüllung
irreleitet. Besonders liegt hierfür die Gefahr vor bei stark schlammhaltigem Wasser.
Die Sicherheit des Betriebes ist in solchen Fällen wesentlich abhängig von der
Zuverlässigkeit des Kesselwärters bezw. von der Sorgfalt, mit der letzterer sich
durch Bedienung des Kontroll- oder Probierhahnes von der Richtigkeit der
Wasserstandsanzeige überzeugt. Der im Hinblick auf die Schwierigkeit der Kontrolle
des Wärters hier und da bestehende Gebrauch, den Kontrollhahn dauernd etwas geöffnet
zu halten, kann immer nur als Notbehelf angesehen werden, der überdies mit einer
Verschwendung an heißem Wasser und somit auch an Kohle verbunden ist.
Textabbildung Bd. 323, S. 96
Fig. 1.
Eine durchgreifende Beseitigung des geschilderten Uebelstandes kann nur
herbeigeführt, wenn die Gewähr gegeben ist, Verstopfungen des Wasserstandsrohres
unter allen Umständen mit Leichtigkeit verhindern zu können. Diesem Zweck dient der
Wasserstandsrohrreiniger (D. R. P.) Fig. 1, bei dem
die Reinigung des Rohres durch Drehen einer in dem letzteren angebrachten Spirale
bewirkt wird, deren äußerer Durchmesser gleich der lichten Weite des Rohres ist.
Niederschläge auf der Rohrwandung werden beim Drehen der Spirale durch dieselbe
losgetrennt und bei geöffnetem Probierhahn durch das austretende Wasser mit
fortgeführt. Das Drehen erfolgt im Sinne des Uhrzeigers an der außen angebrachten
Kurbel, deren Spindel gegen die Stirnwand des Rohres abgedichtet ist. Das Ende der
8–10 mm starken Spirale ist in die an der Spindel sitzende, geteilte Scheibe
eingeklemmt. Hierdurch ist einerseits unbedingte Sicherheit gegen Loslösen
gewährleistet, andererseits aber die Möglichkeit zum leichten und schnellen
Auswechseln gegeben. Die Gefahr des Abröstens ist sehr gering, zumal die Kessel auch
während größerer Betriebspausen gefüllt zu liegen pflegen, so daß nur ausnahmsweise
Luft zur Spirale Zutritt hat.
Erwähnenswert ist, daß jederzeit leicht kontrolliert werden kann, ob der Apparat
genügend oft vom Kesselwärter bedient wurde, indem die Spirale sich festsetzt oder
nur schwer sich drehen läßt, wenn der Apparat längere Zeit lang nicht betätigt
wurde. Im übrigen läßt er sich zur Erzielung einer dauernden selbsttätigen Reinigung
des Rohres leicht mit Schnurantrieb versehen. Der hierbei erforderliche Kraftaufwand
ist sehr gering. Die Drehrichtung muß dann umgekehrt sein wie beim Handantrieb, da
die losgelösten Schlammteile nun nicht durch den Ablaßhahn hinaus sondern zum Kessel
zurückbefördert werden müssen. Wenn nun hierbei auch die Fortführung des Schlammes
durch das ausfließende Wasser entfällt, so ist dennoch Sicherheit gegeben, daß
Verengung des Rohrquerschnitts durch festsitzende Niederschläge vermieden
werden.
Apparate mit Handbetrieb sind bereits in größerer Anzahl in Anwendung und sollen sich
gut bewähren. Es genügt, wenn die Spirale je nach dem Schlammgehalt des Wassers
täglich ein- bis zweimal unter Offenhalten des Ablaßrohres durch je einige
Umdrehungen betätigt wird.
Gegen den Apparat ist der Einwand erhoben, daß nach seinem Einbau der polizeilichen
Bestimmung nicht mehr genügt werden könne, nach der die Wasserstandsrohre und
Stutzen durchstoßbar sein müßten. Dem ist entg:gen zu halten, daß diese
vermeintliche Bestimmung tatsächlich nicht besteht. Die in den allgemeinen
Bestimmungen für das deutsche Reich erlassenen polizeilichen Bestimmungen vom 5.
August 1890 schreiben in § 6 die Durchstoßbarkeit lediglich für die Probierhähne
beziehentlich für deren Zugangsrohre vor, nicht aber für die Verbindungsrohre
zwischen dem Wasserstandskörper und dem Kessel, wie dies deutlich in den Verfügungen
des Herrn Ministers für Handel und Gewerbe vom 28. August 1902 und 4. Februar 1904
zum Ausdruck gebracht ist. Im übrigen sei bemerkt, daß die kaiserliche Verwaltung
der dem Reichsamt des Innern unterstellten ständigen Ausstellung für
Arbeiterwohlfahrt der Aufnahme des Apparates in diese Ausstellung zugestimmt
hat.
Zu beziehen ist der Apparat von der Firma Bader &
Halbig in Halle a. S., die die alleinigen
Ausführungsrechte für Deutschland erworben hat.