Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Autor: | H. |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 141 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Wellenförmige Schienenabnutzung.
Um der Behauptung auf den Grund zu gehen, daß die wellenförmige Schienenabnutzung von
wechselnder i Härte des Materials an verschiedenen Stellen der Schiene herrühre,
wurden von drei verschiedenen Bahnen derartig abgenutzte Schienen, die außerdem von
verschiedenen Walzwerken herstammten, untersucht und zwar wurde erst in Abstand von
25 zu 25 mm die Abweichungen der Schienenoberfläche von der Geraden festgestellt und
so ein genaues Profil der Abnutzung gewonnen. Hierauf wurde die Härte der
Schiene an zahlreichen Punkten mittels eines Martelschen Körners von 3,255 kg Gewicht bei einer Fallhöhe von 600 mm aus der
Größe der Körnermarken bestimmt und die gefundenen Härtegrade wurden dann neben die
Schaulinie des Profils eingetragen. Hierbei zeigte es sich, daß zwischen dem Maß der
Abnutzung und der Härte auch nicht die geringsten Beziehungen bestanden. Die eine
Probe, die mehrere besonders stark ausgeprägte Wellen besaß, zeigte eine nahezu
gleichförmige Härte; während anderseits eine Schiene, die zahlreiche besonders harte
Stellen aufwies, an der Stelle der letzteren bald einen Wellenberg, bald ein
Wellental besaß. Der Verf. schließt hieraus, daß wechselnde Härte der Schiene nicht
zur Erklärung der wellenförmigen Schienenabnutzung herangezogen werden darf. (Fowler.) [Street Railway Journal 1907, II, S.
506-508.]
Pr.
Straßenbahnwagen.
In Chicago ist man dabei, 300 Straßenbahnwagen einer
neuen Bauart in Betrieb zu setzen, die entsprechend ihrer Betriebsweise als
„Bezahle beim Eintritt“-Wagen (Pay-as-you-enter
car) bezeichnet werden. Es handelt sich hierbei um große vierachsige Wagen
mit besonders langen Plattformen an jedem Wagenende. Die hintere Plattform besitzt
zwei Türen: die dem Plattformende zunächst gelegene dient nur zum Einsteigen, die
andere neben dem Wagenkasten nur zum Aussteigen. Auch der Zugang zur vorderen
Plattform findet nur durch den Wagen statt und eine dort vom Wagenführer unter
Verschluß gehaltene Tür darf nur zum Aussteigen benutzt werden. Der Schaffner hat
seinen Platz zwischen den beiden Türen auf der hinteren Plattform, die von
Fahrgästen nur bei Ueberfüllung besetzt werden darf. Da sie etwa 20 Personen Platz
gewährt, können sämtliche an einer Haltestelle wartende Fahrgäste den Wagen
besteigen und während der Fahrt nach Bezahlung des Fahrgeldes das Wageninnere
betreten. Selbstverständlich steht nichts im Wege, daß bei übergroßem Andränge die
Fahrgäste auch sofort in das Wageninnere gelangen und daß dann die Einsammlung des
Fahrgeldes in der bisherigen Weise vorgenommen wird. Die neue Wagenbauart ist daher
in gleicher Weise für Stadt- wie für Vorortverkehr geeignet.
Die getrennten Ein- und Ausgänge haben vor allem den Vorteil, daß das Ein- und
Aussteigen, welches sonst bei großen Wagen lange Aufenthalte erfordert, wesentlich
abgekürzt wird. Ferner kann der Schaffner von seinem Platz aus eine Ueberfüllung des
Wagens verhindern, hat außerdem die Plattformstufen unter Aufsicht und kann somit
nicht das Zeichen zum Weiterfahren geben, solange Fahrgäste noch im Begriff sind,
den Wagen zu besteigen oder zu verlassen. Er ist übrigens gehalten, die Plattformen
vor der Abfahrt durch Scherentüren zu schließen.
Bei den Wagen in Chicago beträgt die Länge über die Puffer etwa 13,9 m, die
Kastenlänge etwa 9,9 m, die lichte Breite 2,5 m und die Breite über die Traufkanten
2,74 m. Im Wagenkasten sind sieben Paar Quersitze für je zwei Personen in der Mitte
und an den Enden je zwei Längsbänke für je vier Personen angeordnet, so daß im
ganzen 44 Sitzplätze vorhanden sind.
Auch in Montreal sind ähnlich gebaute Wagen in Betrieb
genommen worden. Während jedoch die vorerwähnten in der alten Weise aus Holz gebaut
sind, sind diese von der Pressed Steal Car Company in
Pittsburg aus Stahl hergestellt. Diese Wagen haben
eine Länge von etwa 15,7 m über die Puffer, besitzen je eine 1,72 m lange vordere
und eine 2,95 m lange hintere Plattform, sowie einen 10,8 m langen Wagenkasten. Der
Bodenrahmen, die Plattform, sowie die Seitenwände, Pfosten und Dachspriegel sind bei
diesem Wagen aus Stahl hergestellt. Bemerkenswert ist, daß die Nietnähte an den
Seitenwänden bis auf die unterste durch gewölbte Eisenleisten überdeckt sind, um ein
ähnliches Aussehen wie bei einem aus Holz gebauten Wagen zu erzielen. Das Dach
besteht aus Holz, welches mit Nut und Feder zusammengefügt und in der üblichen Weise
mit Segeltuch abgedeckt ist. Die Türen sind aus Eichenholz ausgeführt Die 13 Fenster
an jeder Wagenseite sind in zwei Hälften geteilt, von denen die untere herablaßbar
ist. Die Sitzanordnung ist insofern abweichend von den Chicagoer Wagen, als die Längssitze bis auf einen vorderen Eckplatz im
hinteren Teil des Wagens zusammengelegt sind. Hierdurch wird zwischen ihnen ein
größerer, für Stehplätze besser auszunutzender Raum erhalten. Die Türen des Wagens
befinden sich je in einer Ecke der Querwände. [Street Railway Journal 1907, II, S.
448–449 u. S. 499–503.]
In Syrakuse (New York) läuft seit 4 ½ Jahren ein
Straßenbahnwagen, dessen Laufachsen mit Walzenlagern ausgerüstet sind. Die Walzen
nehmen bei denselben nur senkrechte Drücke auf, während Kräfte in Richtung der Achse
durch einen Reiter auf die Achsbuchse übertragen werden. Das Lager ist zum Teil mit
Oel gefüllt, so daß die Walzen bei jeder Umdrehung um die Wagenachse in Oel tauchen.
Bei diesen Lagern hat sich eine Abnutzung kaum gezeigt, da die Verringerung des
Durchmessers nach 400000 Wagenkilometern nur etwa 0,1 bis 0,2 mm beträgt. Ein
kürzlich angestellter Vergleich der Energieaufnahme dieses Wagens mit einem bis auf
die Laufsachslager gleich ausgerüsteten anderen Wagen ergab für das Befahren einer
Versuchsstrecke von etwa 5 km Länge in beiden Richtungen, daß der mit Walzenlagern
ausgerüstete Wagen die Strecke in 34,8 Min. durchfahren hatte bei einem
Energieverbrauch von 3,10 Kw./Std., während der andere Wagen 35,2 Min. und 3,45
Kw./Std. gebraucht hatte. [Street Railway Journal 1907, II, S. 680 u. 681.]
Pr.
Die Wechselstrombahn Locarno–Pontebrolla–Bignasco
hat eine Länge von 27,23 km und ein größtes Gefälle von 33 v.
H. Es kommen vier Tunnels mit zusammen 292 m Länge vor. Der kleinste
Krümmungshalbmesser mißt 169 m. Die Bahn verbindet zwölf Stationsanlagen und
Haltestellen. Die kleinste Stationsentfernung beträgt 910 m, die größte 3441 m.
Gesamtbaukosten der Bahn 2,28 Millionen Franken. Vignolschienen von 22,7 kg f. d. 1.
m, Weichenwinkel außerhalb der Stadt 1 : 7, innerhalb der Stadt 1 : 5. Betriebsstrom
ist 5000 Volt Einphasenwechselstrom von 20 sekundlichen Perioden, direkt von der
Kraftzentrale Pontebrella der Fahrdrahtleitung zugeführt, Zur Stromerzeugung dienen
drei 600 PS hydroelektrische Gruppen. Die Einphasengeneratoren leisten bei cos φ = 0,8 normal 380 KVA und sind vierpolige Maschinen,
direkt gekuppelt mit 10 KW-Erregermaschinen für 35 Volt Erregerstrom. Die
Fahrdrahtleitung ist seitlich vom Gleise – 0,5 bis 1 m von der Gleisachse – auf
offener Strecke so verlegt, daß Seiten- oder Oberkontakt durch den
Rutenstromabnehmer gebildet wird, während in den Tunnels und Stationen der Fahrdraht
oberhalb des Gleises liegt und Unterkontakt stattfindet. Höhe des Fahrdrahtes über
Schienenoberkante 4,4 m bei Unterkontakt, 4,8 bis 5,38 m bei Seitenkontakt, 4 m bei
Oberkontakt. Die Fahrdrahtleitung besteht aus Façondraht von 50 qmm Querschnitt. In
den Stationen wird der Fahrdraht mittels Abspanndraht und Tragseil getragen, in den
Tunnels mittels Stahldrahtseil, auf offener Strecke von Auslegern mittels in ihren
Hülsen drehbaren Isolatoren. Entfernung der Fahrdrahtaufhängepunkte 30 m. Abstände
der Masten vom Gleis 2,1 m. Die ganze Fahrdrahtleitung ist in sieben Abschnitte
unterteilt, welche durch Hörnerlinienschalter miteinander verbunden werden. Alle
Isolatorenstützen sind an eine 3 mm-Ausschaltleitung angeschlossen, welche für jeden
Abschnitt zum zugehörigen Linienschalter führt. Geht hochgespannter Strom vom
Fahrdraht in die Isolatorstütze, so wird der zugehörige Linienschalter betätigt und
der betreffende Fahrdrahtabschnitt stromlos gemacht. Hierbei wird beim betreffenden
Isolator der Schmelzdraht eines sogen. Defektanzeigers durchgeschmolzen und
letzterer hängt am Isolator nach abwärts, so daß der defekte Isolator sofort erkannt
werden kann. Bricht der Fahrdraht, so wird der Isolator durch den Zug des gesunden
Fahrdrahtstückes verdreht, die Isolatorstütze macht Kontakt mit einer metallischen
Gabelzinke und Defektanzeiger wie Linienschalter treten wieder in Wirkung. (Herzog.) [Elektrische Kraftbetriebe und Bahnen 1907,
Heft 35, S. 685–692.]
Hg.
Pumpmaschine.
Sehr günstige Ergebnisse für den Dampfverbrauch sind mit senkrechten, direkt mit den
Pumpen gekuppelten Dreifach-Expansions-Kolbenmaschinen mit Corliß-Steuerung erzielt worden, welche Hathorn,
Davey & Co., Ltd., für eine Pumpenanlage
in Zwaartkopjes Station am Rand in Transvaal geliefert haben. Im ganzen wurden vier
Maschinensätze mit den folgenden Hauptabmessungen aufgestellt: Zylinderdurchmesser:
HD = 584 mm, MD = 1092 mm, ND = 1626 mm, Hub = 914 mm, Pumpenkolbendurchmesser = 305
mm, Anzahl Umdreh. i. d. Min. (normal) 40, Gesamthöhe von Maschine und Pumpe = 914
mm.
Jeder Maschinensatz ist mit zwei Schwungrädern versehen, die auf beiden Seiten des
Mitteldruckzylinders angeordnet sind, was eine Dreiteilung der Grundplatte notwendig
machte. Die Grundplatten stützen sich auf gußeisernen Querträgern, die unten mit den
Ventilkasten der Pumpen verbunden sind, so daß eine gute Zentrierung zwischen
Dampfmaschinen und Pumpen gesichert ist. Sowohl die HD- und MD-Zylinder wie die
beiden Receiver werden mit frischem Kesseldampf, der ND-Zylinder mit gedrosseltem
Dampf geheizt. Die Dampftemperatur am Maschinenventil soll 260° betragen. Für den
Dampfverbrauch war sowohl bei normaler wie bei um 30 v. H. höherer Belastung 5 kg
für die Wasserpferdestärke gewährleistet.
Bei den je zehnstündigen Versuchen betrug die Fördermenge eines Maschinensatzes in
Fall I 381000 l i. d. Std., die Druckhöhe 274 m, bei Versuch II 454000 l und 293 m.
Es wurde vorläufig nur ein Maschinensatz geprüft.
I.
II.
Dampfverbrauch
f. d. Wasser
PS kg/Std.
5,3
5,2
„
„
PSi „
4,7
4,7
Mechanischer
Wirkungsgrad
d. Maschine v. H.
96,2
95,2
„
„
„ Pumpe „
96,9
98,2
„
von Maschine u.
Pumpe zusammen
89,5
90,1
[The Engineer 1907, II, S. 516–518 u. 520.]
Ky.
Kältezentralen.
In acht amerikanischen Städten (St. Louis, Boston, Philadelphia, New York, Kansas
City, Norfolk, Los Angeles und Atlantic City) sind bis jetzt Kältezentralen
eingerichtet, die für die Verteilung der Kälte an die Angeschlossenen zwei Systeme
anwenden. In beiden Fällen ist die Zentrale mit den Kälteverbrauchsstellen durch
mehrfache Rohrleitungen verbunden.
Bei der Methode der direkten Ausdehnung wird der in der
Zentrale verflüssigte Ammoniak unter Druck durch eine Rohrleitung nach den
Verbrauchsstellen geführt, wo er sich in geeigneten Kältekörpern ausdehnen und die
dabei gebundene Wärme der Umgebung entziehen kann, worauf er als Gas durch eine
zweite, weitere Rohrleitung nach der Zentrale zurückkehrt.
Bei der Salzwasser-Methode läßt man den verflüssigten
Ammoniak in der Zentrale selbst wieder verdampfen und nimmt dabei die Kälte wie
üblich in eine Salzlösung auf, die man durch die Rohrleitungen nach den
angeschlossenen Verbrauchsstellen hin und zurückpumpt.
Bei dem erstgenannten System ist außer den beiden erwähnten noch eine dritte, sogen.
Vakuumleitung notwendig, die an den Rohrkreuzungs- und Abzweigungsstellen nach
Belieben mit einer der beiden anderen Leitungen verbunden werden kann. Ist ein Stück
dieser Leitungen etwa beschädigt, oder muß eine neue Abzweigung hergestellt werden,
so schaltet man das betreffende Leitungsstück aus, indem man über diese Strecke die
Vakuumleitung an seine Stelle treten läßt, welche zuerst den Ammoniak aus dem
ausgeschalteten Leitungsstück ansaugt und sodann den Betrieb übernimmt. In der
Hinleitung beträgt der Druck bei 25° C etwa 9 at, in der Rückleitung wird er
möglichst niedrig erhalten, weshalb man in den Zentralen vielfach
Absorbtionsmaschinen verwendet. Bei den Leitungen ist auf das Dichthalten die größte
Sorgfalt zu verwenden. Bei der Salzwasser-Zirkulationsmethode ist dieser Punkt nicht
so wichtig, sie hat aber den bedeutenden Nachteil, daß die beiden Leitungen
gründlich isoliert werden müssen, auch die Rückleitung, weil die Temperatur des
Salzwassers in den Kältekörpern nur von etwa – 9° auf – 6° C steigt. Beide Systeme
haben in den Vereinigten Staaten ihre Anhänger, in einigen Zentralen findet man
sogar beide nebeneinander.
Der Kälteverbrauch schwankt mit der Jahreszeit, mit der Größe des Kälteraumes, usw.
In St. Louis wurde er in den Monaten Juli und August im Mittel zu 1000 Kalorien f.
d. Tag und cbm Luftraum festgestellt. Eine PS in der Zentrale reichte für etwa 18
cbm Luftraum der Verbrauchsstelle aus.
Die Kälteverteilung von einer Zentrale aus wird besonders von Schächtern, Bierhallen,
Markthallen, Wild-, Fisch-, Butter-, Gemüse-, Blumenhändlern usw. benutzt, während
auch das Trinkwasser in Bahnhöfen und öffentlichen Gebäuden mit ihrer Hilfe gekühlt
wird. Bei Gebäuden, die viel Kälte verbrauchen, führt man den flüssigen Ammoniak bis
zur Stelle, läßt ihn hier in einem Apparat verdampfen und seine Kälte an eine
Salzlösung abgeben, worauf man letztere durch das Gebäude zirkulieren läßt.
Der Preis ist von vielen Nebenumständen abhängig. In St. Louis, wo für 70
Angeschlossenen 200 Räume gekühlt werden, beträgt der Preis für 12000 Kalorien im
Mittel eine Mark. Die verbrauchte Kältemenge wird mittels eines Flüssigkeitsmessers
und zweier Thermometer bestimmt, welche die Temperatur beim Ein- und beim Austritt
des Kältekörpers angeben. In Boston wird der Preis nach dem gekühlten Luftraum
berechnet, wobei man jedoch viele Nebenumstände in Rechnung zieht, so daß für den
Kubikmeter Luftraum von 10–210 M. gezahlt werden.
Bei fast allen Anlagen stehen die Kühlräume unter stetiger Aufsicht von Inspektoren
der Zentrale, die alle paar Stunden die Verbrauchsstellen besuchen, um die
günstigste Einstellung der Kälteapparate zu bewirken.
Daß Kältezentralen auch in verhältnismäßig kleinen Städten zuweilen am Platze sein
können, beweist die Tatsache, daß Norfolk und Atlantic City nur etwa 50000 Einwohner
haben und ihre Zentralen dennoch günstige Ergebnisse zeigen. (De Loverdo.) [Le Génie civil 1907 bis 1908, S.
49–53.]
Ky.
Wasserkraft-Elektrizitätswerk der Hill Traction Co.
Die genannte Gesellschaft hat vor kurzem ein Kraftwerk bei Spearfish, South Dakota,
vollendet, das wegen seiner besonders mühsamen Wasserzuführung beachtenswert ist.
Vorausgeschickt sei, daß im ganzen Staat South Dakota die Entnahme von Wasser zu
Kraft- oder anderen technischen Zwecken nicht frei ist, wie in vielen anderen
Staaten der Union, sondern, daß hierzu eine besondere Erlaubnis eingeholt werden
muß, die nach Vorlage der genauen Pläne von dem Staatsingenieur erteilt wird. Die
für den Betrieb des Werkes erforderliche Wassermenge von 4,25 cbm i. d. Sekunde wird
durch einen aus Holzgerüst mit Steinfüllung bestehenden Damm von 30 m Länge und
2,5 m Höhe dem Redwater River, einem der vielen, auf den schneebedeckten Black Hills
entspringenden Flüsse entnommen und etwa 9 km weit in einem offenen Gerinne einem
Sammelbecken zugeführt, das in 1370 m Entfernung von dem Kraftwerk und etwa 35 m
darüber gelegen ist. Von hier führt eine 1830 mm weite aus Holzstäben und
Stahlbandarmierungen hergestellte Druckleitung, die sich am Kraftwerk in zwei 1370
mm weite Stränge teilt, zu den beiden Pelton-Francis-Turbinen, die je einen 500 KW-Stromerzeuger mit 400 Umdrehungen
i. d. Minute unmittelbar antreiben. (Lea.) [The
Engineering Record 1907, II, S. 536–538.]
H.
Die Verwertung der Wasserkräfte.
Unter dem Einfluß der Fortschritte in der elektrischen Kraftübertragung auf große
Entfernungen haben die Möglichkeiten, die die allgemeine
Verwertung der Wasserkräfte darbieten, neuerdings große Beachtung gefunden.
Wenn man bedenkt, daß die an vielen Stellen bestehenden Pläne, den Dampfbetrieb der
Eisenbahnen durch elektrischen Betrieb zu ersetzen, sowie die neuere Entwicklung der
Elektrochemie hinsichtlich der Erzeugung von Stickstoff-Verbindungen und der
Elektrometallurgie mit Bezug auf die Herstellung von Eisen und Stahl im elektrischen
Ofen insgesamt zu ihrer Fortbildung die Gewinnung von elektrischer Energie in großem
Maßstabe unbedingt erforderlich machen, so erscheint es begreiflich, daß die
allgemeine Aufmerksamkeit immer wieder auf die Wasserkräfte hingelenkt wird.
Die wesentlichste Schwierigkeit, die sich beim Betrieb solcher Anlagen durch
Wasserkraft-Elektrizitätswerke ergeben, nämlich die Anpassung an den schwankenden
Strombedarf, läßt sich heute besser als mit elektrischen Akkumulatoren durch
hydraulische Akkumulatoren, die Staubecken lösen, welche das überschüssige Wasser
zurückhalten, in Zeiten großen Kraftbedarfes aber mehr Wasser liefern können als der
mittleren zufließenden Wassermenge entspricht. Der Fassungsraum der Staubecken kann
mit 30 bis 40 v. H. der gesamten abfließenden Jahreswassermenge als ausreichend
bemessen erachtet werden, ist aber auch von Jntze in
solchen Fällen, in welchen er einen möglichst vollkommenen Wasserausgleich nicht nur
für die Schwankungen innerhalb eines Jahres, sondern auch für die Unterschiede
mehrer Jahre erreichen wollte, auch bis auf 60 und 65 v. H. der Jahreswassermenge
erhöht worden. Die Wasseraufspeicherung in solchen Becken macht es z.B. bei einer
während der 24 Tagesstunden verfügbaren Wasserkraft von 1000 PS möglich, für 12
Stunden eine Leistung von 2000 PS, für 8 Stunden eine Leistung von 3000 PS und für 1
Stunde eine Leistung von 24000 PS zu erzielen, was für Anlagen von stark
schwankendem Kraftbedarf, z.B. den elektrischen Bahnbetrieb, von allergrößter
Bedeutung ist. Was das Gefälle einer Wasserkraftanlage betrifft, so ist zwar
theoretisch die Kraftleistung einer Wassermenge von 1 cbm i. d. Sek. bei 100 m
Gefälle genau die gleiche, wie diejenige von 100 cbm i. d. Sek. bei 1 m Gefälle. Da
aber die Abmessungen der Anlagen mit geringem Gefälle meist größer sind und
Wasserkraftanlagen mit hohem Gefälle auch sonst wirtschaftlicher arbeiten, so sind
große Gefälle immer vorzuziehen.
Die wirtschaftlichen Grundlagen der Wasserkraftausnutzung laufen darauf hinaus,
festzustellen, ob die Anlage im Vergleich zu einem in der gleichen Gegend
errichteten Dampfkraftwerk wirtschaftlicher arbeiten würde, oder nicht. Im
allgemeinen nimmt die Wettbewerbfähigkeit der Wasserkräfte schon deshalb zu, weil
bei dem gewaltig steigenden Kohlenverbrauch in absehbarer Zeit mit einer
Verteuerung, wenn nicht gar mit einer völligen Erschöpfung der Kohlenvorräte unserer
Erde zu rechnen ist. Wasserkräfte sind in kohlenarmen Gegenden immer den
Dampfbetrieben wirtschaftlich überlegen, sie erfordern weniger Arbeitskräfte zu
ihrer Bedienung und bieten außerdem ein gewisses Gegengewicht gegen die oft
bedenklich starke Konzentration der Industrie in den Kohlengebieten. Die
Anlagekosten für Wasserkraftwerke schwanken in Südbayern zwischen 180 und 1000 M.
für 1 PS. Sie haben in der Schweiz im Mittel 640 M., bei zwei Werken in Augsburg
1180 und 1100 M. und bei dem Gersthofener Lechwerk 700 M. für 1 PS betragen. Für
Dampfkraftwerke in Augsburg werden die Anlagekosten mit 549 und 375 M. für 1 PS
beziffert. Es kann auch mitunter vorteilhaft sein, eine Wasserkraftanlage mit einer
Dampfanlage zusammenarbeiten zu lassen. Oskar v. Müller
hat z.B. nachgewiesen, daß die jährlichen Betriebskosten eines
Wechselstrom-Kraftwerkes von 7500 PS bei reinem Dampfbetrieb 177 M. für 1 PS, bei
Teilung der Kraftlieferung zwischen einer Wasserkraftanlage von 4000 PS und einem
Dampfkraftwerk nur 148 M. für 1 PS betragen.
Ueber den gegenwärtigen Stand der Wasserkraftausnutzung in Bayern gibt die
nachstehende Zusammenstellung Aufschluß.
Stromgebiet
AusgenutztPS
nochgewinnbarPS
DonauRheinElbeWeser
102569 10131 2079 12
319264 8941 320–
zusammen
114791
328525
Die Mittel zur Gewinnung dieser Wasserkräfte bestehen hauptsächlich in der Verwendung
der großen oberbayerischen Seen als Staubecken und der Ausnutzung ihrer
Wasserabflüsse. Nach den Vorschlägen von Fischer-Reinau
könnten im Gebiet des Tegernsees, des Schliersees und der Mangfall durch Verwendung
der beiden Seen als Sammelbecken und durch Abschneiden der großen Mangfallkrümmung
mit Hilfe eines Stollens insgesamt 24000 PS gewonnen werden. Eine Reihe von
durchgearbeiteten weiteren Plänen zur Ausnutzung größerer bayerischer Wasserkräfte
liegen vor; u.a. der Plan der Badischen Anilin- und
Sodafabrik, die aus der Alz, dem Abfluß des Chiemsees 60 cbm i. d. Sek.
entnehmen und in das Salzachtal hinüberleiten will, wobei bei Burghausen eine
einzige Gefällstufe von 105 m, entsprechend einer Leistung von 45–60000 PS
geschaffen werden könnte, der vom Königlich hydrotechnischen Bureau ausgearbeitete
Plan zur Ausnutzung des Gefälles des Lech zwischen Füßen und Lechbrück sowie das
bekannteste und bedeutendste, das Walchensee-Projekt, nach dem ein Teil des
Isarwassers durch den Walchensee geleitet und die 200 m hohe Gefällstufe zwischen
dem Kochelsee und dem Walchense ausgenutzt werden soll. Die Leistungen, die
hierdurch gewonnen werden könnten, werden sehr verschieden beziffert. [Aus: „Die
Wasserkräfte Bayerns. Im Auftrage des K. Staatsministeriums des Innern,
bearbeitet von der K. Obersten Baubehörde“. Zeitung d. Ver. deutsch.
Eisenbahnverwaltungen 1907, S. 1393–1395 u. 1408–1409.]
H.