Titel: | Graphischer Wassermesser Patent „Lea“. |
Autor: | W. A. Dyes |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 154 |
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Graphischer Wassermesser Patent
„Lea“.
Von Dr. W. A.
Dyes-Manchester.
Graphischer Wassermesser Patent „Lea“.
In England und seinen Kolonien findet seit einem Jahre ein Wassermesser großen
Beifall und weitgehende Verwendung, welcher von dem Ingenieur J. E. Lea erfunden und für den auch das deutsche Patent
No. 189159 erteilt wurde. Der Apparat bezweckt, den Verbrauch von Wasser in größeren
Mengen nicht nur genau zu messen, sondern auch graphisch darzustellen, um die
Ueberwachung des Wasserverbrauchs möglichst einfach zu gestalten. Dem Erfinder ist
es nach langjährigem Studium gelungen, dieses Problem in außerordentlich
befriedigender Weise zu lösen. Es sind bereits seit etwa zwei Jahren in den größeren
Minen Südafrikas Apparate im Gebrauch für eine stündliche Leistung von 600000 bis 2
Mill. Litern. Ebenso hat der Apparat in England bei Wasser- und Elektrizitätswerken,
wie größeren industriellen Unternehmungen Anklang gefunden, und sind für diese
Zwecke Apparate für stündliche Leistungen von 20000 bis 400000 l in ständigem
Gebrauch. Für England wird der Apparat von der Firma Glenfield & Kennedy Ltd. in Kilmarnock
gebaut. Infolge des Aufsehens, welches dieser Apparat auf der
Olympia-Maschinenausstellung im Oktober 1907 in London erregte, sind auch aus
Deutschland viele Anfragen nach dem Apparat ergangen, so daß dessen Herstellung in
Deutschland voraussichtlich demnächst aufgenommen wird.
Das Wesen des Apparates besteht darin, daß das zu messende Wasser aus einem
kastenförmigen Behälter (nachstehend „Meßkasten“ genannt) über der einen Wand
abfließt (s. Fig. 1)Normale Anlage mit mehreren Meßkästen in einer
großen Zentrale für elektrische Kraft in der Nähe von
Johannesburg., die mit dreieckigem Ausschnitt von 90° Spitzenwinkel
versehen ist. Die Höhe des Wasserstandes in dem Kasten wird durch einen Schwimmer
auf den Meßapparat übertragen. Aufgezeichnet wird aber nicht die jeweilige
Veränderung des Wasser- bezw. Schwimmerstandes, sondern die abgeflossene
Wassermenge. Zu diesem Zweck ist zwischen dem Schwimmer und dem Schreibstift die
Vorrichtung von Lea eingeschaltet. Ihre Konstruktion
beruht darauf, daß die Wassermenge Q in Kubikfuß, die in der Minute
durch eine V-förmige Oeffnung mit 90° Spitzenwinkel bei
der in Zoll ausgedrückten Höhe h des Wasserstandes in
der Oeffnung (s. Fig. 2) ausfließt, nach Prof. Thompson mit nahezu 100 v. H. Genauigkeit sich ergibt
aus der Gleichung
Q = 0,305 . h2 . √h
Berechnet man hiernach Q für
verschiedene Höhen h, so liefern die Ergebnisse die in
Fig. 3 dargestellte Schaulinie, die sogen.
„Zuflußkurve“. Dieser Kurve entsprechend wird der Schreibstift von dem
Schwimmer aus wagerecht bewegt, wobei er seinen Weg auf einer mit Papier belegten
Trommel mit wagerechter Achse verzeichnet, die durch ein Uhrwerk gedreht wird. Durch
planimetrisches Ausmessen der so gegen die Nullinie abgegrenzten Fläche erhält man
die Menge des ausgeflossenen Wassers.
Textabbildung Bd. 323, S. 155
Fig. 1.
Die Wirkungsweise der Einrichtung veranschaulicht Fig.
4, welche eine Vorrichtung zum Messen von etwa 20000 l i. d. Stunde
darstellt. Die Schwimmerstange A bewegt mittels
Zahnstange B und Trieb C
die Trommel D, die sich zwischen gehärteten Spitzen
dreht. Auf der Oberfläche der Trommel ist eine Drahtspirale festgelegt, deren
Krümmung der „Zuflußkurve“
Fig. 3 entspricht. Ueber der Trommel und parallel zu
ihr ist die Stange E zwischen Rollen verschiebbar
gelagert. An ihr ist der verstellbare Arm F
angeschraubt, der das verhältnismäßig schwere Führungsstück G trägt, in dem ein Stift drehbar befestigt ist. Letzterer liegt mit
seinem V-förmigen unteren Ende auf der Drahtspirale auf.
Die Reibung zwischen beiden ist nur gering, da der Arm F annähernd tangential zur Trommel D liegt.
Das Gewicht des Stiftes genügt, um ihn in der Nut zu führen. Um jedoch jede
Verschiebung auszuschließen, sitzt an der Stange E der
leichte Arm H (Fig. 5),
der auf einer Führung aufliegt. J ist der an der Stange
E angebrachte Schreibstiftträger und K die Schreibtrommel.
Textabbildung Bd. 323, S. 155
Fig. 2.
Textabbildung Bd. 323, S. 155
Fig. 3.Höhe h des Wasserstandes in der Ausflußöffnung.
Um die Menge des durchfließenden Wassers in jedem Augenblick ablesen zu können, ist
längs der Drahtspirale auf der Trommel D eine Teilung
angebracht, auf die eine mit dem Arm F verbundene
Spitze zeigt.
Die beträchtliche Länge der Spirale ermöglicht sehr genaue Beobachtungen.
Ein zweiter Zeiger ist am oberen Ende der Schwimmerstange A angebracht, der an einer Skala die jeweilige Höhe h des Wasserstandes über dem Ausfluß anzeigt. Diese
Skala dient auch dazu, die verschiedenen Anzeigevorrichtungen vor Beginn der Messung
auf Null einzustellen.
Textabbildung Bd. 323, S. 155
Fig. 4.
Textabbildung Bd. 323, S. 155
Fig. 5.
An beiden Enden verläuft die Drahtspirale geradlinig in senkrecht zur Trommelachse
stehenden Ebenen. Hierdurch ist die Bewegung der Schreibfeder beschränkt und
verhindert, daß sie auf dem einen oder anderen Ende ihrer Bahn beschädigt wird.
Ferner hindern zwei Hemmvorrichtungen die Zahnstange, zu weit nach oben oder unten
zu gehen. Statt des in Fig. 4 dargestellten
Antriebes der Trommel D von der Schwimmerstange aus
mittels Zahnstange wird auch Kettenantrieb verwendet, mit einem kleinen
Gegengewicht, das dann zugleich den Zeiger zum Ablesen der Höhe h des Wasserstandes trägt (s. Fig. 6). Diese Anordnung kommt, da sie geringere Höhe des den Apparat
umgebenden Schrankes erfordert als die mit Zahnstange, stets zur Anwendung für
Anlagen, bei denen die Aenderungen der Standhöhe h des
Wassers in der Ausflußöffnung sehr groß sind.
Textabbildung Bd. 323, S. 156
Fig. 6.
Die Länge der Drahtspirale bei dem Apparat Fig. 6 beträgt 500 mm gegen nur 100 bis 110 mm bei
der Anordnung Fig. 4. Die größere Länge gestattet
größere Genauigkeit der Messung und ist besonders geeignet, um bei Maschinen mit
Oberflächenkondensator den Dampfverbrauch für die angezeigte PS festzustellen, indem
das Niederschlagswasser über den Meßkasten mit der V-förmigen Ausflußöffnung geleitet und gemessen wird. Der Apparat wird dann
zweckmäßig über einem besonderen Schwimmergefäß aufgestellt, das mit dem Meßkasten
durch ein Rohr verbunden ist. In dem oberen Teil des Meßkastens wird dann zwischen
der Zuflußrohr- und der Abflußrohrmündung eine Zwischenwand angeordnet, die
Störungen des Wasserspiegels in dem mit dem Schwimmergehäuse verbundenen Teil des
Meßkastens erfolgreich verhindert.
Um Kesselspeisungen zu messen, wird das Speisewasser zunächst in den Meßkasten
geleitet, mit dem der Wassermesser verbunden ist. Von hier fließt es dann in einen
zweiten Behälter über, aus dem die Kesselspeisung erfolgt. Der Zufluß des Wassers
zum Meßkasten wird durch einen Hahn geregelt, der von einem in dem zweiten Kasten
befindlichen Kugelschwimmer aus betätigt wird. Arbeiten die Pumpen, so sinkt der
Kugelschwimmer, der Hahn wird geöffnet und es fließt so viel Wasser nach, als in den
Kessel gepumpt wird, da nach Abstellen der Pumpen der Zuflußhahn erst wieder
geschlossen wird, wenn der Wasserstand in dem zweiten Behälter seinen ursprünglichen
Stand wieder erreicht hat. Neben der Totalverdampfung gestattet das Diagramm zu
erkennen, wann innerhalb 24 Stunden Verdampfung eintrat, wann die Kessel überlastet
und wann sie nicht voll beansprucht waren.
Textabbildung Bd. 323, S. 156
Fig. 7.Fac-simile of Chart, taken from Recorder when measuring Air-pump
discharge from large Compound surface condensing Engine, driving Generator Bloom
St. Power Station at, Manchester Corporation Electricity Works.
Fig. 7 ist die Wiedergabe eines Originaldiagramms,
aufgenommen von dem Oberingenieur der Stadtverwaltung von Manchester bei der
täglichen Kontrolle des Dampfverbrauchs einer der großen direkt verbundenen
Generatoren der elektrischen Zentrale. Das Diagramm zeigt in der Menge des
kondensierten Dampfes den Verlauf der Kesselbelastung und durch Vergleich mit der
Schalttafel kann jeden Augenblick der Verbrauch an Dampf für die Kilowattstunde
festgestellt werden. Die Versuche wurden um 5 ½ Uhr morgens begonnen und abends 7 ¾
Uhr abgeschlossen. In der ersten Stunde belief sich die Maximalmenge kondensierten
Wassers auf etwa 15000 Pfd. und stieg dann zwischen 8–9 Uhr, der Zeit der stärksten
Beanspruchung, auf 30–40000 Pfd., ging in den folgenden Stunden herunter (in der
Zeit von 10 Uhr bis 4 ½) auf 20000 Pfd., blieb also während dieser Zeit fast
konstant. Nachmittags von 4 ½ Uhr bis 7 Uhr waren die Maschinen besonders in
Anspruch genommen, für Licht in der Stadt, besonders in
dem Geschäftsviertel, und blieb der Wasserverbrauch ziemlich konstant bei etwa 30
bis 40000 Pfd. stehen. Der erhöhte Dampfverbrauch in den Morgenstunden ist
proportionell der stärkeren Belastung der Maschinen, hervorgerufen durch den
ausgedehnten Tramwayverkehr, der das Publikum aus den Vororten in die innere Stadt
bringt. Hierbei fällt auf, daß durch den Tramwayverkehr der elektrische Strom sehr
ungleichmäßig in Anspruch genommen wird, weshalb die Kurven zwischen 6 und 4 ½ Uhr
nachmittags zickzackartig verlaufen. Hingegen ist die Anspruchnahme nachmittags für
das elektrische Licht eine ziemlich gleichbleibende, weshalb das Diagramm zwischen 4
½ und 7 Uhr nachmittags einen gleichmäßigen Verlauf annimmt.
In diesem Diagramm stellt jeder Quadratzoll (die Abbildung zeigt das
Original auf etwa 1 : 2 verkleinert) den Verbrauch von 29000 Pfd. Wasser dar; der
vom Diagramm eingenommene Raum beträgt 10,72 Quadratzoll, daher war der gesamte
Verbrauch in der angegebenen Zeit 310880 Pfd. Dampf. Denn der verbrauchte Dampf
wurde nachher als warmes Wasser gemessen. Bemerkt sei dabei, daß die Umwandlung des
Wassers in Dampf in Kesseln mit Ueberhitzern bei ungefähr 10 at Druck erfolgt. Die
Produktion an elektrischen Einheiten betrug während der Versuchszeit 14946
Kilowattstunden. Im Durchschnitt wurden f. d. elektrische Einheit 20,8 Pfd. an Dampf
verbraucht. Die Durchschnittsbelastung der Maschine war 1048 KW oder die Maschine
war mit 58 v. H. ihrer vollen Belastung in Anspruch genommen.
Die Ergebnisse betr. Verbrauch an Dampf f. d. elektrische Einheit würden
selbstverständlich bessere gewesen sein, wenn die Maschinen stärker belastet
gewesen wären. Der Apparat soll gerade dem Betriebsleiter genaue Angaben darüber
liefern, bei welcher Belastung ein günstiger Dampfverbrauch im Verhältnis zur
gewonnenen elektrischen Einheit erzielt wird.
Weitere Anwendung findet der Apparat zum Messen der Wassermenge in Flüssen, bei
Berieselungsanlagen, Drainagen, bei Wasserförderungen in Bergwerks- und anderen
unterirdischen Anlagen, bei Kondenseinrichtungen, besonders in der chemischen und
Papierindustrie, in der Textilindustrie bei Bleichereien u.a.m.
Ein großer Vorzug des Apparates ist, daß er auch warmes und heißes Wasser zu messen
gestattet und ferner bei Flüssigkeiten von beliebigem spezw. Gewicht Anwendung
finden kann.