Titel: | Entwicklung und gegenwärtiger Stand der modernen Hebezeugtechnik. |
Autor: | K. Drews |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 177 |
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Entwicklung und gegenwärtiger Stand der modernen
Hebezeugtechnik.
Von K. Drews, Oberlehrer an der
Königl. höheren Maschinenbauschule in
Posen.
(Fortsetzung von S. 171 d. Bd.)
Entwicklung und gegenwärtiger Stand der modernen
Hebezeugtechnik.
Einige deutsche Firmen haben nun den Schrägaufzug in der Richtung verbessert,
daß das Fördergefäß nicht mehr kippt, sondern, nachdem es auf den Aufgabetrichter
hinuntergelassen worden ist, durch Oeffnen des Bodens seinen Inhalt senkrecht nach
unten in jenen fallen läßt; damit wird eine gleiche Materialverteilung ohne Drehen
des Aufgabetrichters erreicht, außerdem wird die Fallhöhe gegenüber der älteren
Ausführung auf ein Mindestmaß gebracht.
Textabbildung Bd. 323, S. 177
Fig. 47.Elektrisch betriebener Hochofen-Schrägaufzug System „Stähler
und Benrath“ D. R.-P. für den Lothringer Hüttenverein Aumetz-Friede,
Kneuttingen-Hütte (Lothringen).
Fig. 47 und 48
stellen einen Schrägaufzug, System Stähler-Benrather
Maschinenfabrik für den Lothringer Hüttenverein
Aumetz-Friede in Kneuttingen dar.s. D. p. J. 1906, S. 610, Fig. 85.
Das Fördergefäß hängt
an einem Laufwagen, der auf der unteren Gurtung des Aufzugträgers fährt. In seiner
oberen Endstellung angelangt werden auch hier die Vorderräder festgehalten, während
die Hinterräder durch Auflaufen auf Kurvenschienen hochgehoben werden, so daß
jetzt der Laufwagen einen zweiarmigen, um die Vorderräder drehbaren Hebel bildet.
Das Fördergefäß senkt sich nun und setzt sich mit einem Winkeleisenring auf einen
entsprechenden Rand des Aufgabetrichters. Bei weiterem Drehen des Laufwagens öffnet
sich der Boden des Fördergefäßes, und das Material fällt in den Aufgabetrichter. Das
Hochziehen des Fördergefäßes durch Zurückdrehen des Laufwagens wird von einem
Gegengewichtswagen auf den Obergurtungen des Trägers bewirkt (in Fig. 47 links sichtbar).
Fig. 49 zeigt den Laufwagen mitten auf der Strecke
und oben an der Gicht. Das Zug- sowie das Gegengewichtsseil greifen an den hinteren
Laufrädern an. Die Drehbewegung des Wagens nach oben bewirkt das Zugseil, das
Zurückdrehen in Fahrstellung das Gegengewicht. Durch die Form der Kurvenschiene und den
Seilangriff wird eine Verzögerung des Kübels bei gleichbleibender
Seilgeschwindigkeit erreicht, so daß er sich sanft auf den Aufgabe trichter setzt.
Das Abstellen des Aufzuges geschieht selbsttätig. Das Gegengewicht gleicht das
Gewicht des Laufwagens nebst Kübel und das halbe Gewicht des Kübelinhalts aus, so
daß der Aufzugsmotor bei Auf- und Rückfahrt fast die gleiche Arbeit zu leisten hat.
Durch diese Art der Begichtung wird der Koks sehr geschont.
Textabbildung Bd. 323, S. 178
Fig. 48.Laufkatze eines Schrägaufzuges, System „Stähler und
Benrath“ beim Aufsetzen des gefüllten Kübels auf die Gicht.
Der Maschinenraum befindet sich unter Flur. Fig. 47
zeigt die ganze Anlage, Fig. 48 die Gichtbühne mit
den Balanziers zum Heben der Gichtglocke, in der Mitte den Förderkübel, der an einer
Hakentraverse befestigt ist, die wiederum mittels Gallscher Kette an dem Laufwagen hängt.
Die oben beschriebenen Schrägaufzüge haben alle den Nachteil, daß bei
Betriebsstörungen am Aufzug keine Reserve vorhanden ist. Lürmann hat nun einen Schrägaufzug entworfen, der die Vorteile des Stählerschen Aufzuges in bezug auf gleichmäßige
Materialverteilung und Schonung des Koks mit erhöhter Betriebssicherheit der Anlage
vereinigt.s. D. p. J. 1903, S.
321.
Lürmann verbindet zwei Hochöfen durch eine eiserne
Brücke und stellt zwei Schrägaufzüge in die Mitte zwischen beiden Oefen dicht
nebeneinander. Der Förderwagen mit konischem nach unten sich öffnendem Boden steht
auf der wagerechten Plattform des Aufzugwagens. Oben angelangt, läuft jener auf der
Verbindungsbrücke über einen der Aufgabetrichter, entleert sich dort und kehrt
selbsttätig zum Aufzug wieder zurück. Die Steuervorrichtungen für die Bewegung der
Förderwagen auf der Brücke und für das Entleeren in die Aufgabetrichter werden von
einem Arbeiter für beide Oefen auf der Gichtbrücke bedient. Die Förderwagen fassen
bis 20 t Erz. Ist einer der beiden Aufzüge außer Betrieb, so kann der andere beide
Oefen bedienen. Diese Anordnung ist in Anbetracht der Folgen, die eine längere
Unterbrechung in der Begichtung für einen Hochofen bedeutet, jedenfalls recht
bemerkenswert. Nach dieser Richtung hat Lürmann auch
noch einige andere Vorschläge gemacht (Stahl und Eisen 1900).
Zum Beispiel vor dem Hochofen ist ein fahrbarer Verladekran angeordnet, dessen
Ausleger die Gichtbühnen einer Reihe von Hochöfen bestreicht. Das Fördergefäß wird
von einer Laufkatze über die Gicht gefahren, dort abgesetzt und entleert. Anstatt
des geraden Auslegers kann auch ein schräger gewählt werden; hier liegt dann
sozusagen ein fahrbarer Schrägaufzug vor. Ferner hat Lürmann auch ein System von Laufkranen auf der Gichtbrücke in Vorschlag
gebracht. Von ihnen ist meines Wissens nur ein Auslegerkran bei der Hochofenanlage
in Eisenerz (Steiermark) ausgeführt worden; von einer Fahrbewegung des Kranes hat
man indes dort abgesehen.
Die Aufzugswinden werden heutzutage meist elektrisch betrieben, jedoch findet man
auch noch Dampfbetrieb. Der Kraftbedarf neuerer Hochofenaufzüge beträgt etwa 130–140
PS.
Da der Betrieb am Hochofen keine Unterbrechungen duldet, so verteilt man die Leistung
auf zwei Motoren. Kommt an einem von ihnen eine Betriebsstörung vor, so kann man
doch mit dem anderen allein den Betrieb aufrecht erhalten, ebenso sind alle
wichtigen Teile, Bremsen, Steuerapparate usw. doppelt vorhanden.
Textabbildung Bd. 323, S. 178
Fig. 49.Seilführung eines Schrägaufzuges System „Stähler und
Benrath“.
Fig. 50 zeigt eine Aufzugsmaschine der Benrather Maschinenfabrik. Sie besteht aus zwei
gleichen Teilen. Die beiden Motoren treiben mittels zweier Stirnradvorgelege die
Trommeln an. Das erste schnelllaufende Vorgelege badet in Oel. Auf den Motorwellen
sitzt außen je eine Bandbremse, die von einem Elektromagneten betätigt wird, aber
auch von Hand bedient werden kann. Dies sind die eigentlichen Betriebsbremsen; jede von ihnen ist
für sich kräftig genug, den Aufzug still zu setzen.
Textabbildung Bd. 323, S. 179
Fig. 50.Elektrisch betriebene Aufzugsmaschine für Hochofenaufzüge der
Benrather Maschinenfabrik.
Die gegeneinander zugekehrten Stirnflächen der Trommeln sind als Bremsscheiben
ausgebildet. Diese Bremsen sind für gewöhnlich gelöst. Versagen indes die
Magnetbremsen auf den Motorwellen und liegt die Gefahr vor, daß der Förderwagen zu
hoch fährt, so treten sie als Notbremsen in Wirksamkeit, indem von dem in Fig. 50 sichtbaren Teufenzeiger Fallgewichte
ausgelöst werden, die die Notbremsen anziehen; gleichzeitig werden durch einen
Endschalter die Motoren vom Netz abgeschaltet und still gesetzt. Sollte der Wagen
dennoch zu hoch fahren, so stößt er oben gegen den Hebel eines Grenzschalters,
wodurch die Winde zum Stillstand gebracht wird. Der Führer steht auf dem Podest im
Vordergrunde der Fig. 50 und steuert die Maschine
nach Maßgabe des Teufenzeigers. Die Handwinde vorn auf dem Führerstand dient zum
Hochwinden des Fallgewichtes für die Notbremsen, um die Maschine wieder
betriebsfertig zu machen.
Bei zwei Motoren wird man in der Regel wie bei Straßenbahnbetrieb
Serien-Parallelschaltung anwenden, das heißt beim Anfahren werden die Motoren
hintereinander für den Beharrungszustand parallel geschaltet. Dadurch werden die
Steuerapparate handlicher. Man wählt in der Regel stark kompoundierte Motoren, um
die Stromstöße beim Anfahren zu mildern. Da ein Bedürfnis nach veränderlicher
Fahrgeschwindigkeit nicht vorliegt, so könnte man auch reine Nebenschlußmotoren
verwenden, aber hier treten beim Uebergang von Parallel- zu Serienschaltung heftige
elektrische und mechanische Stöße im Anker auf.
Bei größeren Leistungen steuert der Führer der Hauptsteuerapparate, die den
Starkstrom führen, nicht direkt, sondern wie bei elektrischen Vollbahnen durch einen
besonderen Schwachstrom Führerkontroller. Als Hauptsteuerapparate werden hierbei von
der A. E. G. in Berlin, sogen. „Schützen“
verwandt, auf die weiter unten in dem Abschnitt über elektrische Ausrüstungen näher
eingegangen werden soll.
Textabbildung Bd. 323, S. 179
Fig. 50a.Doppelte elektrische Gichtglockenwinde mit Reserve-Handbetrieb
der Benrather Maschinenfabrik.
Der Führer kann auch wie bei Personenaufzügen die Bewegung durch Schließen eines
Stromkreises nur einleiten, alles andere geht dann selbsttätig vor sich.
Ebenso unterbrechen die Endschalter gewöhnlich nicht den Starkstrom, sondern sie
betätigen ein Relais, das auf den Starkstromschalter einwirkt. Man sorgt auch
vielfach dafür, daß der Führer die Steuerwalze nur in der Richtung drehen kann, die
der jeweilig verlangten Fahrtrichtung entspricht.
Die Gichtglocken wurden und werden auch jetzt noch vielfach durch Dampfkraft,
Preßluft oder Preßwasser gehoben, Der elektrische Betrieb macht indes auch hier
recht beachtenswerte Fortschritte.
Fig. 50a zeigt eine Gichtglockenwinde der Benrather Maschinenfabrik und Fig. 46 (S. 170) ihre Anordnung auf der Gichtbühne. Die Motoren treiben
mittels Schneckengetriebes zwei an den Balanziers der Verschlußglocken angreifende
Zahnstangen an. Die Hubbegrenzung geschieht selbsttätig durch Endschalter (in Fig. 50a vorn rechts vor dem Bremsmagneten sichtbar).
Das Anlassen der Motoren geschieht unten im Maschinenhaus durch den Maschinisten.
Ein Gichtanzeiger zeigt dort die Vorgänge an, die sich auf der Gicht abspielen.
Sobald die Verschlußglocke sich öffnet, leuchtet am Führerstand eine Lampe auf, die
so lange brennt, wie die Gicht offen ist.
Das in Fig. 46 sichtbare elektrische Drehwerk des
Aufgabetrichters wird vom Teufenzeiger im Maschinenhaus durch eine Wandermutter
angelassen und stillgesetzt.
Das im Hochofen erblasene Roheisen kann nun zwei Wege einschlagen; entweder es wird
zu Masseln ausgegossen und als Rohmaterial für Gießereien verkauft oder es wird
sofort zur Stahlerzeugung weiter verwandt.
Die Transportmittel, die der erstgenannte Verwendungszweck benötigt, sind einfacher
Natur; meistens werden die erkalteten Masseln von Hand in Eisenbahnwagen verladen.
Es möge jedoch hier die Uehlingsche Gießmaschine
erwähnt werden.D. p. J. 1902, S.
48. Diese Vorrichtung besteht aus einem auf schiefer Ebene sich
bewegenden Becherwerk mit endloser Kette. Das flüssige Roheisen wird in der Pfanne
an die Gießmaschine herangefahren und hier in die mit gleichförmiger Geschwindigkeit
sich bewegenden Tröge gegossen. Das Kippen der Pfanne geschieht ohne Unterbrechung,
da die Ränder der Tröge so übereinandergreifen, daß kein Zwischenraum entsteht. Die
schiefe Ebene des Becherwerkes ist so lang, daß der Inhalt der Tröge, an dem
höchsten Punkt der Bahn angekommen, schon genügend erkaltet ist; nötigenfalls werden
die Masseln noch mit Wasser bespritzt. Bei ihrer Bewegungsumkehr schütten die Tröge
ihren Inhalt in Wagen oder dergl. aus.
Folgen wir indes dem Roheisen auf seinem andern Wege nach dem Stahlwerk zum
Lagerplatz, so lernen wir hier eine Anzahl eigenartiger, heute hochentwickelter
Spezialhebezeuge kennen.
Wie bekannt, gibt es zwei Arten der Stahlerzeugung, den Bessemer- und Thomas-Prozeß einerseits, den
Martin-Prozeß andererseits. Der erstere vollzieht
sich in der Bessemer-Birne, der andere im
Flammofen.
Das zur Stahlerzeugung in die Birne eingesetzte Material ist stets Roheisen im
flüssigen Zustande. Anders beim Martin-Verfahren. Hier
wurde früher und wird in älteren Werken auch heute noch das Material, Alteisen,
Schrott und Roheisen in festem Zustande eingesetzt. In neueren Werken wird indes das
Roheisen auch vielfach in flüssigem Zustande in den Flammofen eingebracht. Um nun
ein wiederholtes Einschmelzen des Roheisens zu vermeiden, bringt man die Gießpfanne
mit dem Abstich gleich ins Stahlwerk zur Weiterverarbeitung. Durch diese Methode
sind aber die einzelnen Chargen von dem Hochofengang abhängig. Man hat daher in
vielen Fällen zwischen Hochofen und Stahlwerk ein vermittelndes Glied eingeschoben,
den Roheisenmischer. Dies ist ein Gefäß von großem
Rauminhalt, das um seine Längsachse gekippt werden kann. In diesen Mischer entleeren
die vom Hochofen kommenden Pfannen ihren Inhalt und aus ihm werden wiederum die
Chargen für das Bessemer- und Martin-Werk entnommen.D. p. J.
1907, S. 777 Fig. 17.
Es ist nicht meine Aufgabe, hier auf die Vorteile des Mischers für den
Stahlwerkbetrieb einzugehen; die letzten zehn Jahrgänge von „Stahl und Eisen“
bieten hierfür reiches Material, auch ein Aufsatz von Brisker in D. p. J. 1902, S. 447 ist in dieser Richtung sowie für die
sonstigen Vorgänge in einem Stahlwerk zum Nachlesen zu empfehlen. Die in einem Bessemer- oder Thomas-Werk
üblichen Hilfsmittel für den Materialtransport bis zur Gießhalle kann ich hier
übergehen, da sie erst kürzlich in dieser Zeitschrift von Michenfelder behandelt worden sind.D. p.
J. 1907, S. 663 u. f.
Ich möchte nur hierzu bemerken, daß der Transport der Gießpfanne mit dem flüssigen
Roheisen vom Mischer zur Bessemer-Birne in neueren
Werken stets durch Laufkrane bewerkstelligt wird.
Der weitere Weg des Materials von der Gießhalle aus ist bei beiden
Stahlerzeugungsprozessen der gleiche, weshalb ich mich hier auf Martin -Werke beschränken werde.
(Fortsetzung folgt.)