Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Autor: | H. |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 207 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Eisenbetonträger mit Spiraleiseneinlage.
Bei dem Neubau der Mühle Neumann in Biala durfte die
Deckenplatte nicht massiv ausgeführt werden, da an jeder beliebigen Stelle der Decke
schnelles Oeffnen und Schließen der Deckenfläche wegen des Betriebes möglich sein
mußte. Daher wurden nur die Säulen und Unterzüge in Eisenbeton ausgeführt, während
die Deckenfläche als Holzbalkendecke ausgeführt wurde, deren Balken auf den
Eisenbetonunterzügen auflagerten. Da die Deckenfläche zur Aufnahme von
Druckspannungen nicht verfügbar war, hätte die übliche Ausführungsweise der
Unterzüge sehr große Höhe erfordert. Um dies zu vermeiden, wurde die Druckzone der
Unterzüge durch eine Armierung von zwei Spiralen von 25 cm lichtem Durchmesser
verstärkt. Das Spiraleisen von 14 mm Durchm. hatte 20 Windungen auf 1 m Balkenlänge.
Der Betonquerschnitt bestand aus einem unteren Rechteck von 80 cm Breite und 20 cm
Höhe und aus einem oberen Rechteck von 30 cm Höhe und 50 cm Breite, so daß zur
Auflagerung der Holzbalken eine Breite von 15 cm verfügbar war. Der
Zugeisenquerschnitt bestand aus fünf Rundeisen von 33 und einem Rundeisen von 21 mm
Durchm. Für 5,85 m Spannweite und 1500 kg/qm Deckenlast betrug die Beanspruchung
ohne Spiralarmierung im Beton auf Druck 83,8 kg/qcm, im Eisen auf Zug 1087 kg/qcm.
Durch die Spiralarmierung wurde die Betondruckspannung nach der Considèreschen Berechnungsweise auf 36,7 kg/qcm
herabgedrückt. (Deifel.) [Beton und Eisen 1907. S. 302
ff.]
Dr.-Ing. P. Weiske.
Wechselstrombahnen.
Der Rochester Abschnitt der Erie-Eisenbahn war die erste amerikanische Bahn, die vom Dampfbetrieb
unmittelbar zum elektrischen Einphasen-Wechselstrombetrieb überging. Bemerkenswert
ist hierbei, daß die Fahrleitung für eine Betriebsspannung von 11000 Volt
eingerichtet wurde. Zur Aufhängung derselben dienen Nußbaummaste von 10 bis 12 m
Länge, die mit einem 3 m langen, von zwei 16 mm starken Spannstangen getragenen ⊤-Eisenausleger versehen sind. Die oberen Enden dieser
Spannstangen sind durch gußeiserne Beschläge hindurchgeführt, die am oberen Ende des
Mastes mittels zweier je den halben Umfang umspannender Schellen befestigt sind. Die
Dreifach-Glocken-Isolatoren haben bei 175 mm Durchm. eine Höhe von 150 mm und sind
aus zwei Teilen hergestellt. Sämtliche Ausleger sind durch besondere Drähte geerdet,
um nach Durchschlagen eines Isolators ein Einwirken der Spannung auf die Holzmaste
und deren etwaiges in Brand setzen zu verhindern. Besonders hohe Masten sind aus
ausgewalzten Bessemerstahlschienen hergestellt, die zu je drei mittels Flacheisen
miteinander verbunden sind. Zwischen diesen hohen Masten sind zwei Querdrähte
angeordnet, der obere zum Tragen, der untere zur Verhinderung von Schwankungen und
zugleich als Sicherheit beim Reißen des oberen Drahtes.
Die Fahrleitung ist in sieben Abschnitte geteilt, zwischen denen Streckenisolatoren
angeordnet sind. Diese bestehen aus präpariertem Holz und sind an zwei in 3 m
Abstand voneinander gesetzten Masten aufgehängt. Die Fahrdrähte sind an dem
Isolator nebeneinander gelagert und übergreifen sich ein Stück. Da neben den
Fahrdrähten auch die zugehörigen Tragseile voneinander isoliert sein müssen, sind
die letzteren mittels schwerer Zugisolatoren abgespannt, die durch eine kräftige
Stahlstange wiederum miteinander verbunden sind.
Die Wagen sind mit je vier 100 PS-Motoren ausgerüstet, die mittels der Westinghouse elektro-pneumatischen Zugsteuerung
geregelt werden. Der hochgespannte Strom gelangt in den Wagen über einen
Scherenstromabnehmer, den ein Satz Federn an die Fahrleitung andrückt. Außerdem
wirkt auf ihn ein Luftmotor, bei dessen Speisung der Stromabnehmer niedergelegt
wird. Diese Speisung erfolgt bei Unterbrechung des Fahrleitungsstromes selbsttätig
mittels eines besonderen Ventils. Im niedergelegten Zustande wird der Stromabnehmer
durch einen Riegel festgehalten, der nur durch Speisung eines kleinen Luftzylinders
zurückgeschoben werden kann. Um die für den letzteren nötige Druckluft bei
Inbetriebsetzung des Wagens zu erhalten, ist eine kleine Handpumpe vorgesehen. Der
zur Herabsetzung der Spannung dienende 200 KW Oeltransformator hat an der
Niederspannungswicklung acht Anschlüsse, die Strom von 110–300 Volt Spannung
abzunehmen gestatten. Die niedrigste Spannung wird für Nebenapparate, die
Beleuchtung, sowie für die Heizung benutzt. Die Niederspannungsschalter sind in
einem gemeinsamen Rahmen eingebaut und nahe dem Haupttransformator angeordnet. Zu
jedem gehört ein Luftzylinder, der durch ein elektromagnetisches Ventil gesteuert
wird; ferner besitzt jeder Schalter zur magnetischen Funkenlöschung eine Blasspule.
Die Schalter sind so miteinander gekuppelt, daß der folgende immer arbeitet, wenn
der Fahrstrom auf einen bestimmten Wert gesunken ist. Das Anfahren findet
infolgedessen selbsttätig statt. Zum Steuern der Schalter wird Gleichstrom
verwendet, der entweder einem Motor-Generator oder einer von diesem aufgeladenen
Akkumulatorenbatterie entnommen wird. [Street Railway Journal 1907, II, S.
650–664.]
Pr.
Güterzug-Bremsversuche.
Bei der jetzigen dichten Zugfolge ist der übliche Handbremsenbetrieb der Güterzüge
unzureichend geworden und beeinträchtigt die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit
der Bahnen bedeutend. Eine Bremsung, die sich auf das gleichmäßige Zusammenarbeiten
vieler Zugbeamten gründet, bleibt stets sehr ungleichmäßig und unzuverlässig. Werden
dagegen die Güterzüge ähnlich der Personenzüge mit durchgehenden Bremsen versehen,
so kann die Fahrgeschwindigkeit erhöht werden, was eine bessere Ausnutzung der
Betriebsmittel und der Bahnanlage zur Folge hat. Vom Verein deutscher
Eisenbahnverwaltungen wurden deshalb bereits mehrere durchgehende Bremsen im
Güterzugsbetriebe erprobt. Im Juli 1907 hat die Ungarische Staatsbahn
Versuchsfahrten mit der Westinghouse-Schnellbremse
ausgeführt.
Der Zug bestand aus 71 Güterwagen, 3 Personenwagen und 2 Versuchswagen mit den
erforderlichen Einrichtungen zur Ermittlung der Versuchsergebnisse. Alle Wagen waren so
eingerichtet, daß jeder als Bremswagen oder Leitungswagen verwendet werden konnte.
Bei den ausgeführten Versuchen betrug der normale Bremsdruck 92–96 v. H. vom
Leergewicht. Das Bremsgestänge war jedoch so eingerichtet, daß durch Veränderung der
Hebelübersetzung auch geringere Bremsdrücke von 64–69 v. H. erzielt werden konnten.
Es war somit möglich, beide Druckverhältnisse zu erproben und ihre Wirkungen zu
vergleichen. Die gesamte Nutzlast betrug 345 t, das Leergewicht aller Wagen 725 t.
Mit Einschluß der Lokomotiven betrug die Zuglänge 750 m und das gesamte Zuggewicht
1255 t. Versuche am ruhenden Zug haben ergeben, daß die von der Lokomotive
eingeleitete Schnellbremsung am letzten Wagen auch dann noch sicher erzielt wurde,
wenn alle anderen Wagen Leitungswagen waren. Die Versuchsfahrten wurden dann auf
fast wagerechter Strecke ausgeführt. Außer dem normalen Leitungsdruck von 5 at kamen
auch noch geringere Drücke zur Verwendung, um deren Einfluß auf den Bremsweg
festzustellen.
Die Versuchsergebnisse zeigen, daß es nicht erforderlich ist, bei Einführung
durchgehender Bremsen mit dem Bremsdruck bis an die Schleifgrenze zu gehen, wie bei
Handbremsen vorgeschrieben ist. Auch mit kleineren Bremsdrücken werden bei
Güterzugsgeschwindigkeiten hinreichend kleine Bremswege erzielt. Bei Bremsdrücken
von 92 v. H. wurde oft das nachteilige Radschleifen beobachtet [Annal. f. Gewerbe u.
Bauwes. 1908, S. 3–14.]
W.
Imprägnierung von Holz mit Zucker nach dem Powellschen
Verfahren.
Sowohl frisch gefälltes als auch trockenes Holz wird in zunächst kalter Zuckerlösung
von gewissem Zuckergehalt eine bestimmte Zeit lang, je nach der Abmessung der Stücke
und der Holzart gekocht, wobei der größte Teil der im Holz befindlichen Luft
ausgetrieben und die vorhandene Flüssigkeit, infolge des höheren Siedepunktes der
Zuckerlösung verdampft wird. Bei der Abkühlung der Lösung dringt diese in die Zellen
des Holzes und deren Zwischenräume und bildet mit dem Zellstoff eine lose molekulare
Verbindung, so daß unter dem Mikroskop keine Spuren von Zucker zu finden sind. Das
getränkte Holz wird dann in heißer Luft getrocknet. Für billiges Nutzholz wird
Melasse und für teurere Hölzer, wie Mahagoni oder Satinholz, die gut poliert werden
müssen, feinere Zuckersorten verwendet. Die Imprägnierung erfolgt am besten in
geschlossenen eventl. auch in offenen Gefäßen und dauert in der Regel mehrere Tage,
bei hartem Holz länger als bei weichem.
Das so imprägnierte Holz ist ebenso gut bearbeitbar wie rohes und hat ein etwas
höheres Raumgewicht, größere Härte, Zähigkeit und Elastizität. Außerdem hat es
weniger Neigung zum Reißen und Werfen und ist gegen Trockenfäule geschützt. Der
Splint wird durch die Behandlung ebenso hart, zähe und dicht wie der Kern.
In London hat sich diese Holzimprägnierung, ausgeführt von dem Powell-Wood-Process-Syndikate, bei Straßenpflaster sehr
gut bewährt. Das Pflaster ist geruchlos im Gegensatz zu mit Kreosot getränktem Holz
und nutzt sich sehr wenig ab, da die Oberfläche infolge der Unempfindlichkeit des
Holzes gegen Hitze und Feuchtigkeit dauernd dicht bleibt.
Vorteile des Powellschen Verfahrens gegenüber den
üblichen Imprägnierungsarten sind gute Konservierung des Holzes, Schnelligkeit und
geringe Kosten und der Umstand, daß frisch gefälltes Holz ohne vorherige Lagerung
verwendet werden kann. [Baumaterialienkunde 1907, S. 268–270.]
Fk.
Die Hochdruckwasserleitung und das angeschlossene
Kraftwerk der Stadt Nordhausen.
Textabbildung Bd. 323, S. 207
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 323, S. 207
Fig. 2.
Für die Zweckender Wasserversorgung hat die Stadt in den Jahren 1904 und 1905 eine
800000 cbm fassende Talsperre mit 27,5 m hoher Staumauer im Harz errichtet, deren
Wasserspiegel bei Niedrigwasser 180 m über der Stadt liegt. Um dieses Gefälle zur
Krafterzeugung auszunutzen, bevor es, gegebenenfalls gereinigt, dem Verbrauchsnetz
zugeführt wird, ist auf dem kürzesten Wege eine 10,6 km lange gußeiserne Rohrleitung
angelegt worden, die an den Stellen, wo sie Bergkuppen überschreitet, mit
selbsttätigen Entlüftungsventilen von Breuer & Co., mit Sicherheitsventilen und mehreren selbsttätigen
Absperrventilen versehen ist, die dazu bestimmt sind, im Falle eines Rohrbruches in
Tätigkeit zu treten. Die Luftventile sind zweiteilig und bestehen im wesentlichen
aus zwei Gummikugeln, welche Oeffnungen abschließen. Die größere Oeffnung tritt bei
umfangreicheren Luftmengen in Tätigkeit, also namentlich bei Anfüllungen der
Leitung, die kleinere bei geringeren Ansammlungen. Um die Leitung durchspülen zu
können, sind in den Senkungen Entwässerungsöffnungen angebracht und auf der ganzen
Strecke fünf Hauptschieber eingebaut, die dazu dienen, einzelne Abschnitte der
Leitung für sich abzuschließen. Durch Umleitungen von 80 mm Durchm. wird der
einseitige Druck auf diese Schieber in mäßigen Grenzen gehalten, so daß sie leicht
zu bedienen sind. Die Sicherheitsventile, welche die Druckschwankungen infolge der
Führung der Rohrleitung sowie infolge des ungleichmäßigen Maschinenbetriebes
ausgleichen sollen, und von denen eines auf den Turbinenauslauf aufgesetzt ist, sind
gesteuerte Kataraktventile (s. Fig. 1). Das
Hauptventil ist mit Druckwasser belastet und wird auf der einen Seite beim
Ueberschreiten des Normaldruckes durch ein besonderes Steuerventil entlastet, worauf
es sich öffnet. Die auf der Strecke eingebauten Absperrventile (s. Fig. 2) bestehen aus einer um eine wagerechte Achse
drehbaren Drosselklappe, deren Achse mit Hilfe einer Kurbel von zwei
Druckwasserkolben bewegt wird. In der Rohrleitung hängt ein beweglicher Löffel, der
infolge eines Wasserstoßes einen Ausschlag macht und dabei ein Gewicht ausrückt.
Dieses gibt beim Niederfallen durch Oeffnen eines Ventils Druckwasser nach den
Antriebszylindern ab. Mit Hilfe eines unterhalb der Zylinder befindlichen
Vierweghahnes kann außerdem bei herabgelassenem Gewicht Druckwasser in den einen
oder anderen Zylinder von Hand eingelassen sowie der Druckwasserzutritt geregelt
werden, damit die Drosselklappe in einer bestimmten Zeit langsam geschlossen wird.
Als Schließzeit sind drei Minuten angesetzt. Die Rohrleitung mündet in einen Hochbehälter von 2000 cbm
Inhalt, aus dem das Wasser in die 3 m über dem Unterwasserspiegel aufgestellten
Turbinen eingeleitet wird, damit später eine etwa erforderliche Filteranlage noch
zwischengeschaltet werden kann. Die Druckleitung, deren Weite von 408 auf 300 mm
abnimmt, steigt daher im Gebäude zur Turbine empor, die – ein Pelton-Rad von 650 mm Drehm. – von zwei Strahlen
beaufschlagt wird und mit zwei Gleichstromerzeugern von 41 Amp., 650 Volt und 750
Umdrehungen i. d. Minute gekuppelt ist. Der Strom wird durch vier
Kabelleitungen 1,5 km weit fortgeleitet. Die hohe Lage der Turbine auf einer
Eisenbetondecke, die gut mit den Wänden des darunter befindlichen Ausgleichbehälters
verankert ist, hat zu Schwingungen des ganzen Gebäudes geführt, denen bis jetzt noch
nicht abgeholfen werden konnte. Die Rohrleitung hat einschließlich des
Turbinenhauses und der Maschinenanlage samt Leitungen 459000 Mark gekostet (Michael.) [Zeitschr. d. Vereins deutscher Ingenieure
1907, S. 1888–1894.]
H.