Titel: | Die rotierende Kurbelschleife und die Schleppkurbel als Antrieb für Propellerrinnen. |
Autor: | Paul Brandt |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 228 |
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Die rotierende Kurbelschleife und die
Schleppkurbel als Antrieb für Propellerrinnen.
Von Paul Brandt.
(Fortsetzung von S. 215 d. Bd.)
Die rotierende Kurbelschleife und die Schleppkurbel als Antrieb für
Propellerrinnen.
B. Der
Schleppkurbelantrieb.
Textabbildung Bd. 323, S. 228
Fig. 13.
Textabbildung Bd. 323, S. 228
Fig. 14.
Der andere Antrieb für Propellerrinnen, der neben der rotierenden Kurbelschleife in
Betracht gezogen werden soll, ist der Schleppkurbelmechanismus, dessen
Beschaffenheit in Fig. 13 schematisch dargestellt
ist. Eine Kurbel AR = r dreht sich um die Achse A mit konstanter
Winkelgeschwindigkeit und treibt dabei durch die Koppel b eine zweite Kurbel BT, drehbar um B, an. Von T aus wird
durch die Schubstange l die an dem Kreuzkopf K hängende Rinne hin- und herbewegt. Bei allen nach dem
Marcusschen Patent ausgeführten
Schleppkurbelantrieben sind die beiden Kurbeln gleich groß; es werde daher dieses
Verhältnis im Laufe der Betrachtungen beibehalten. Die Linie BK, liegt in der Richtung der Rinne, die
Verbindungslinie a der beiden Achsen A und B schließt aber mit
dieser Richtung einen Winkel δ ein, eine Lage, welche
sich bei der Kurbelschleife als ungünstig erwiesen hat. Die Schubstange l ist auch wieder so groß im Verhältnis zu r, daß sie als unendlich lang betrachtet werden darf
(Fig. 14).
Es besteht eine enge kinematische Verwandtschaft zwischen der Schleppkurbel und der
rotierenden Kurbelschleife; denn diese kann gewissermaßen als ein Spezialfall der
Schleppkurbel aufgefaßt werden; da der Pol S bei der
Schleppkurbel stets auf der Koppel b oder deren
Verlängerung liegt, bei der Kurbelschleife aber immer auf einer Normalen zum
Kurbelarm S im Punkte P
(Fig. 2), so kann die Kurbelschleife als
Schleppkurbel betrachtet werden, bei welcher b
unendlich lang wird.
Ist die Winkelgeschwindigkeit der Antriebskurbel (Fig.
14) gleich ω1, die der getriebenen Kurbel gleich ω2 so läßt sich auch hier das Verhältnis
\frac{\omega_2}{\omega_1} durch Aufsuchen des momentanen Pols
feststellen. Dieser Pol P ist der Schnittpunkt der
Verlängerungen der beiden Radien. Ist
AB = a,
PB = x und PA = y.
so ist
\frac{\omega_2}{\omega_1}=\frac{r+y}{r+x};
nun ist
x=\frac{a\,\cdot\,\sin\,\alpha}{\sin\,(\beta-\alpha)}
und
y=\frac{\alpha\,\cdot\,\sin\,\beta}{\sin\,(\beta-\alpha)},
also
\frac{\omega_2}{\omega_1}=\frac{r+\frac{\alpha\,\sin\,\beta}{\sin\,(\beta-\alpha)}}{r+\frac{\alpha\,\cdot\,\sin\,\alpha}{\sin\,(\beta-\alpha)}}=\frac{r\,\cdot\,\sin\,(\beta-\alpha)+\alpha\,\cdot\,\sin\,\beta}{r\,\cdot\,\sin\,(\beta-\alpha)+\alpha\,\cdot\,\sin\,\alpha}
oder
\frac{\omega_2}{\omega_1}=\frac{\sin\,(\beta-\alpha)+\frac{a}{r}\,\sin\,\beta}{\sin\,(\beta-\alpha)+\frac{a}{r}\,\sin\,\alpha}.
Textabbildung Bd. 323, S. 229
Fig. 15.
In Fig. 15 ist für eine Schleppkurbel, bei welcher
\frac{a}{r}=0,5 und \frac{b}{r}=1,4
genommen ist, die Polbahn aufgezeichnet.
Die Winkelbeschleunigung ist:
\frac{d\,\omega_2}{d\,t}=\omega^1\,\frac{d\,\left(\frac{\sin\,(\beta-\alpha)+\frac{a}{r}\,\sin\,\beta}{\sin\,(\beta-\alpha)+\frac{a}{r}\,\sin\,\alpha}\right)}{d\,t}
=\omega_1\,\cdot\,\frac{\left[\sin\,(\beta-\alpha)+\frac{a}{r}\,\sin\,\beta\right]\,\cdot\,\left[(\omega_2-\omega_1)\,\cdot\,\cos\,(\beta-\alpha)+\frac{a}{r}\,\cdot\,\cos\,\alpha\,\cdot\,\omega_1\right]}{\left[\sin\,(\beta-\alpha)+\frac{a}{r}\,\sin\,\beta\right]^2}
-\omega_1\,\cdot\,\frac{\left[\sin\,(\beta-\alpha)+\frac{a}{r}\,\sin\,\alpha\right]\,\cdot\,\left[(\omega_2-\omega_1)\,\cdot\,\cos\,(\beta-\alpha)+\frac{a}{r}\,\cdot\,\cos\,\beta\,\cdot\,\omega_2\right]}{\left[\sin\,(\beta-\alpha)+\frac{a}{r}\,\sin\,\beta\right]^2}
oder schließlich:
\frac{d\,\omega_2}{d\,t}={\omega^2}_1\,\cdot\,\frac{\frac{a}{r}\,\left[\cos\,\alpha-\left(\frac{\omega_2}{\omega_1}\right)^2\,\cdot\,\cos\,\beta\right]-\left(\frac{\omega_2}{\omega_1}-1\right)^2\,\cdot\,\cos\,(\beta-\alpha)}{\sin\,(\beta-\alpha)+\frac{a}{r}\,\sin\,\beta}
Der Weg, den die Rinne bei der Drehung des Mechanismus zurücklegt, ist:
QM = sr = r . (1 –
cos (β – δ),
die Geschwindigkeit der Rinne:
v = r .
ω2 . sin (β – δ)
und ihre Beschleunigung:
\varphi=r\,\cdot\,\left[\sin\,(\beta-\delta)\,\frac{d\,\omega_2}{d\,t}+{\omega^2}_2\,\cdot\,\cos\,(\beta-\delta)\right].
Diese Größen lassen sich wieder am einfachsten wie bei der Kurbelschleife aus dem
polaren Geschwindigkeits- und Beschleunigungsriß entnehmen. Das
Geschwindigkeitsdiagramm, zuerst von Realeaux
angegebenReuleaux, Lehrbuch der Kinematik, II, S. 408 u.
ff., findet sich in analoger Weise wie das der Kurbelschleife
(Fig. 14 und 15). Man zieht durch A eine Parallele zu BT, bis sie die Koppel b im Punkte H trifft, und macht LB = HA; dann
gibt, wenn die Größe von r die Einheit ist, die Strecke
LB jeweils das Verhältnis
\frac{\omega_2}{\omega_1} oder, mit entsprechendem Maßstabe
gemessen, die Umfangsgeschwindigkeit des Punktes T.
Durch Projektion der Polstrahlen auf die entsprechenden Achsen findet man sofort die
Größen von v und φ.
Da der Fördergang sich bei dem Schleppkurbelantrieb ebenso gestaltet wie bei dem
Antrieb durch die Kurbelschleife, so haben die für den Vorschub in Betracht
kommenden Ausdrücke für sg und c hier dieselbe Geltung; das ist auch
der Fall für die Sätze, daß ein größter Vorschub erreicht wird, wenn φmax = μ0 . g ist, und daß die größten Vorschübe bei einer
Umdrehung in demselben Verhältnis zueinander stehen wie die Hubgrößen. Dagegen
zeichnet sich die Schleppkurbel vor der Kurbelschleife besonders dadurch aus, daß
bei ihr mehr Möglichkeiten vorhanden sind, die Verhältnisse ihrer Glieder zueinander
zu ändern. Denn während man bei der Kurbelschleife nur die kinematische Aenderung
vornehmen kann, dem Verhältnis von \frac{a}{r} verschiedene Werte
zu geben, kann man bei der Schleppkurbel außer dem Verhältnis der beiden Kurbeln sowohl das
Verhältnis von \frac{a}{r} als auch das von
\frac{b}{r} variieren. Das Verhältnis
\frac{a}{r} muß zwischen 0 und 1 liegen, und der Größe von
\frac{b}{r} sind Grenzen gesteckt durch die Bedingungen, daß
b > a und b < 2 r – a sein muß. Träte einer von diesen
beiden Fällen ein, so käme keine völlige Rotation der Kurbeln mehr zustande, sondern
nur ein Hin- und Herschwingen. Wird b = a, so hört der Mechanismus auf, eindeutig
bestimmt zu sein; er erhält in einem Punkt zwei mögliche Wege; entweder läuft er als
Parallelkurbel oder er schlägt im Verzweigungspunkt zur Antiparallelkurbel um.
Der Einfluß der Drehrichtung und der Winkelgröße δ.
Läßt man die Strecke a mit der – vorderhand immer noch wagerechten –
Förderrichtung Winkel δ von verschiedenen Größen einschließen, so findet sich,
daß bei einer bestimmten Neigung von a ein maximaler Vorschub erreicht wird, bei
einer anderen ein Sprung von positiven zu negativen Werten des Vorschubes sich
vollzieht. Die Drehrichtung übt dabei ebenfalls einen wesentlichen Einfluß aus.
Nimmt man nun eine ganze Reihe Schleppkurbelantriebe verschiedenster Anordnung
und läßt sie sowohl mit positiver als negativer Drehrichtung arbeiten, wobei man
dem Winkel δ stets andere Größen gibt, und zeichnet man die jeweils sich
ergebenden maximalen Vorschübe als Ordinaten auf, wie es schon in Fig. 12 für eine Kurbelschleife geschehen ist, so
ergibt sich, daß für jede bestimmte Schleppkurbel, einerlei wie das Verhältnis
von a, b und r zueinander ist, ein gewisser Winkel δ besteht, bei welchem bei
Rechtsdrehung derselbe Vorschub erzielt wird, wie bei der entgegengesetzten
Drehrichtung; dieser Vorschub ist jeweils der größte mögliche, der mit dem
betreffenden Mechanismus erreicht werden kann. Ebenso findet der Sprung von
positivem zu negativem Vorschub für beide Drehrichtungen bei gleich großem δ
statt.
Textabbildung Bd. 323, S. 230
Fig. 16.
Ein Beispiel hierfür gibt Fig. 16. Die Rinne wird
von einer Schleppkurbel angetrieben, bei der r =
0,1 m, \frac{a}{r}=0,3 und \frac{b}{r}=1,
μ0 = 0,5, μ = 0,2 ist. Die Winkel δ stellen die Abszissen dar und die jeweils erreichten größten
minutlichen Vorschübe bei verschiedenen Drehrichtungen, vr und v1, die Ordinaten; außerdem sind die zugehörigen Tourenzahlen als Kurve
angegeben. Bei δ = 0° bewirkt eine verschiedene
Drehung des Mechanismus einen bedeutenden Unterschied in der Fördergröße im
Verhältnis 4 : 5. Bei wachsendem δ vergrößern sich
die Vorschübe, um bei δ = 33° zugleich ihr Maximum
zu erreichen. Wird 8 noch größer, so treten die
Unterschiede wieder auf, gleichzeitig sinken die Vorschübe immer mehr von ihrer
Größe herab, um bei δ = 145° negative Werte zu
erhalten. Dann wiederholt sich der Vorgang mit den Größen der Rückschübe. Die
Maxima sind dabei um 180° zueinander versetzt, ebenso die Sprünge.
Diese Ergebnisse haben ihr Analogon bei der rotierenden Kurbelschleife; auch bei
dieser gibt es eine bestimmte Lage von a zur
Förderrichtung, bei welcher jeweils, gleichgültig wie die Drehung gerichtet ist,
der größte Vorschub erreicht werden kann, den der Mechanismus zu leisten
vermag.
Wäre der Antrieb nicht beschaffen wie Fig. 13
angibt, sondern als Spiegelbild der wagerechten Achse BK dieser Abbildung angeordnet, so würde ein
Vorschub erfolgen, der gleich groß, aber entgegengesetzter Richtung wäre wie die
Förderung, die der Mechanismus in der abgebildeten Anordnung hervorbringt.
Es gibt also bei der Schleppkurbel ebenso wie bei der Kurbelschleife eine
bestimmte Lage, bei welcher die Drehrichtung keinen Einfluß auf die Größe und
Richtung der Förderung besitzt, und man erzielt in dieser selben Lage jeweils
das Maximum an Vorschub, das man mit dem betreffenden Mechanismus erreichen
kann, und zwar ist dieser Wert von δ noch abhängig
von a und b.
Das günstigste Verhältnis von\frac{a}{r}und\frac{b}{r}.
Es wäre nun festzustellen, bei welchen Verhältnissen von a und b zu r
und bei welchem Winkel δ der bei einem bestimmten
Hub überhaupt mögliche größte minutliche Vorschub erreicht werden kann. Man
ermittelt dies, indem man die maximalen Vorschübe bei verschiedenen Anordnungen
der Schleppkurbelglieder in der Weise aufsucht, wie es in Fig. 16 geschehen ist. Aus den so gefundenen
größten Werten läßt sich dann leicht derjenige feststellen, der als Maximum
anzusprechen ist. In Fig. 17 sind nun diese
Maxima der Vorschübe mit den dazugehörigen Umlaufszahlen als Kurven
aufgezeichnet; die Reibziffern sind wieder wie für Kohle angenommen und der Hub
gleich 0,2 m; für die drei Kurven ist das Verhältnis
\frac{a}{r} je gleich 0,1, 0,3 und 0,5 gesetzt und die
Längen von b sind von Ordinate zu Ordinate um je
0,2 r verschieden; außerdem ist jeweils die Größe
von δ angegeben, bei welcher der maximale Vorschub
eintritt. Als größter unter diesen Vorschüben findet sich derjenige, welcher
erreicht wird, wenn \frac{a}{r}=0,3,
\frac{b}{r}=1 und δ = 33°
ist.
Die Kölnische Maschinenbau-Aktiengesellschaft in
Köln-Bayenthal baut neuerdings alle ihre Propellerrinnen mit einer
Schleppkurbel, die in diesem Verhältnis der Glieder a und b zu r
angeordnet ist und einen Neigungswinkel δ = 30°
besitzt.
Wie sich aus Fig. 17 ergibt, sind alle Winkel δ bei geänderten Anordnungen des Mechanismus
voneinander verschieden. Vergleicht man sie miteinander, so findet sich, wenn
das Verhältnis \frac{a}{r} unverändert bleibt, – am
ausgesprochensten läßt es sich bei \frac{a}{r}=0,1
feststellen – für jede Verlängerung von b um 0,2 r eine durchschnittliche Zunahme von δ um etwa 11°. Betrachtet man die Länge 0,2 r als Sehne eines Kreises vom Halbmesser r, so
entspricht ihr auch ein Zentriwinkel von etwa 11°. Man kann also sagen, daß das
Anwachsen des Winkels δ, wenn
\frac{a}{r} unverändert bleibt, im Durchschnitt etwa
gleichen Schritt hält mit der Vergrößerung der Koppel b.
Textabbildung Bd. 323, S. 231
Fig. 17.
C. Vergleich der Größe der von der
rotierenden Kurbelschleife und der Schleppkurbel erzeugten
Vorschübe.
Von Interesse ist es, die Größen der maximalen Vorschübe zu vergleichen, welche mit
den für die Förderung günstigsten Anordnungen der rotierenden Kurbelschleife und der
Schleppkurbel bei gleich großen Hüben und demselben Fördermaterial erreicht werden.
Da ergibt sich die bemerkenswerte Tatsache, daß die von den beiden
Antriebsvorrichtungen erzeugten maximalen Förderungen gleich groß sind und mit
derselben größten Umlaufszahl hervorgebracht werden. So ist z.B. bei der
Schleppkurbel sowohl als auch bei der Kurbelschleife bei einem Hub von 200 mm, wenn
es sich um Kohlenförderung handelt, die höchste Umlaufszahl n = 83 und der Vorschub in der Minute V = 29
m.
Es ist also für die Erzeugung eines größten möglichen Vorschubes bei einer bestimmten
Hubgröße einerlei, welchen von den beiden genannten Mechanismen man zum Antrieb der
Propellerrinnen verwendet.
Aus diesem Ergebnis kann man nun folgern, daß sowohl der Weg der Rinne als auch seine
erste und zweite Derivierte, die Geschwindigkeit und die Beschleunigung, sei es daß
sie von einer Schleppkurbel, sei es, daß sie von einer Kurbelschleife bewegt wird,
sich in ihren Größen sehr nahe kommen müssen. Und in der Tat ist dies in
auffallender Weise der Fall, wie Fig. 18 zeigt. Es
sind hier die Kurven von sr, v und φ von
je einer Rinne aufgezeichnet, die von einer rotierenden Kurbelschleife (ganz
ausgezogene Linien) und von einer Schleppkurbel (unterbrochene Linien) angetrieben
wird. Der Hub ist 0,2 m und die Umlaufszahl n = 60; die
Anordnung der beiden Mechanismen ist so gestaltet, daß man mit ihnen den größten
möglichen Vorschub erlangen kann. Gelegt sind die Kurven so, daß sie die Decklage
gemeinsam haben. (Bei den Abszissen gelten die unteren Werte von a für die Kurbelschleife, für den anderen Antrieb die
oberen.) Es zeigt sich nun, daß tatsächlich die Kurven sich nahezu decken, und daß
nicht nur die Werte von φmax bei beiden Antrieben gleich groß werden, sondern daß auch die Kurven
der durch die Schleppkurbel angetriebenen Rinne der symmetrischen Gestalt, wie sie
die durch die Kurbelschleife erzeugten Kurven zeigen, sehr nahe kommen. In
praktischer Hinsicht kämmt allerdings noch die gleitende Reibung an der
Kurbelschleife in Betracht.
Textabbildung Bd. 323, S. 231
Fig. 18.
(Schluß folgt.)