Titel: | Entwicklung und gegenwärtiger Stand der modernen Hebezeugtechnik. |
Autor: | K. Drews |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 310 |
Download: | XML |
Entwicklung und gegenwärtiger Stand der modernen
Hebezeugtechnik.
Von K. Drews, Oberlehrer an der
Königl. höheren Maschinenbauschule in
Posen.
(Fortsetzung von S. 300 d. Bd.)
Entwicklung und gegenwärtiger Stand der modernen
Hebezeugtechnik.
Träger- und Blockverladekrane.
Es bleiben nun noch die Hebe- und Transportvorrichtungen auf den Lagerplätzen der
Stahlwerke zu besprechen. Wenn man früher hier hauptsächlich Bockkrane und
Lokomotivkrane benutzte, so bevorzugt man heute Laufkrane auf hochliegender
Fahrbahn, einmal um gegenüber auf Flur laufenden Kranen durch hohe
Fahrgeschwindigkeit die Leistungsfähigkeit einer Anlage zu erhöhen, dann um den
Lagerplatz, ohne Rücksicht auf die Fahrschienen des Kranes nehmen zu müssen, voll
ausnutzen zu können.
Der Aufbau dieser Lagerplatzkrane bietet im großen Ganzen nichts Neues, nur die
Organe zum Fassen der zu transportierenden Stücke bedürfen einer Besprechung.
Bei der Durchbildung der Greiforgane hat man das Ziel im Auge gehabt, die Anzahl der
Bedienungsmannschaften auf ein Mindestmaß zu bringen oder sie sogar ganz entbehrlich
zu machen, indem der Kranführer durch Steuern der Greiforgane von seinem Stande aus
das Aufnehmen und Ablegen des Materials besorgt.
Als Greiforgane wendet man je nach Art des Materials Zangen, Bügel und Pratzen
an.
Für den Transport der Rohbrammen und vorgewalzten Blöcke ließen sich ja
Tiefofenkrane, wie sie oben beschrieben worden sind, ohne weiteres verwenden. Da
aber die Blöcke auf dem Lagerplatz in der Regel nicht stehen sondern liegen, so
müssen sie in dieser Lage auch gefaßt werden können; die Greiforgane sind demnach
entsprechend auszubilden.
Fig. 71 zeigt einen sogen. Fingerkran von Ludwig Stuckenholz, der sich nur durch die
Zangenkonstruktion von einem Tiefofenkran unterscheidet. Wie bei diesem ist der
Zangenträger drehbar; man kann also den Block in jeder Lage aufnehmen und ablegen.
Die Steuerung der Zange gestattet es ferner, ihn in jeder Hubstellung fallen zu
lassen, was beim Aneinanderreihen der Blöcke auf Wagen und dergl. von Wert ist.
Der obige Fingerkran ist für Blöcke bis 4 t Gewicht bestimmt. Da er sowohl den
Verkehr zwischen Wärmöfen und Walzenstraßen vermittelt, wie den Transport der von
der Schere abgeschnittenen Blockenden zum Schrottlager besorgt, so muß die Zange
Blöcke von verschiedener Dicke fassen können; in dem vorliegenden Falle kann die
Blockdicke 110–320 mm betragen.
Für Blöcke von unregelmäßiger Gestalt wendet man anstatt der Zangen mit Stahlspitzen,
wie in Fig. 72, nach einer Ausführung von Bechem & Keetman
besser Pratzen an.
Als Greiforgane der Hebezeuge zum Transport der fertigen Walzwerksprodukte, wie
Träger, Schienen, Stabeisen und Bleche, werden meist Pratzen oder Bügel verwandt. Da
es sich hier um Stücke bis über 12 m Länge und mehr handelt, die in mehreren Punkten
gefaßt werden müssen, so sind die Greiforgane gewöhnlich an einer Traverse
befestigt, die mittels Seil oder Kette gehoben und gesenkt werden kann.
Für das selbsttätige Aufnehmen und Ablegen des Materials sind mehr oder minder
vollkommene Konstruktionen entworfen worden. Um bei der Lagerung des Materials nicht
an eine bestimmte Richtung gebunden zu sein, hat man auch in einigen Fällen eine Schwenkbewegung
der Traverse angeordnet.
Textabbildung Bd. 323, S. 310
Fig. 71.Fingerkran zum Transport von Blöcken von Stuckenholz.
Textabbildung Bd. 323, S. 310
Fig. 72.Spezial-Blockzange von Bechem & Keetman.
Fig. 73 zeigt einen Trägerverladekran von
bemerkenswerter Konstruktion und besonders großen Abmessungen, den die Firma Ludwig Stuckenholz für die Gewerkschaft Deutscher Kaiser in Bruckhausen geliefert hat. Der Kran
besitzt eine Spannweite von 67 m und eine Tragfähigkeit von 7,5 t. Die vordere
Stütze ist portalartig ausgebildet. Die Katze fährt über die Stütze hinaus, um die
zu verladenden Träger diesseits abzulegen. Um Nebenspannungen infolge
Temperaturänderungen und bei etwaigem Ecken des Kranes von den Fachwerkstäben
fernzuhalten, ist für den Kranträger auf der hinteren Stütze ein bewegliches Lager
vorgesehen. Das Führerhaus befindet sich wegen der großen Spannweite an der
Laufkatze. Die zu transportierenden Träger oder Schienen werden mittels
Schlingketten an den Haken der Traverse befestigt. Geschwindigkeiten und
Motorleistungen sind folgende:
Heben
v = 9,25 m/Min
36 PS
Katzefahren
v = 64 „
12 „
Kranfahren
v = 90 „
zweimal
70 „
Jede Stütze wird durch einen besonderen Motor angetrieben; eine Ausgleichwelle
zwischen beiden ist nicht vorhanden. Die Kranfahrmotoren sind Nebenschlußmotoren,
die bei allen Belastungen nahezu gleichbleibende Umlaufzahlen haben. Die lichte Höhe
des Kranes beträgt 13 m; er fährt über einen anderen Verladekran von geringerer
Spannweite hinweg.
Fig. 74 zeigt einen Verladekran von 3 t Tragkraft mit
Schwenkbewegung derselben Firma für die A.-G. Phönix in
Laar; er bedient das Warmbett einer WalzenstraßeZ.
d. V. d. I. 1905, S. 206.. Der Hubmotor befindet sich auf der
Plattform eines auf der Katze drehbar gelagerten Fachwerkgerüstes. Die Traverse e mit den Pratzen hängt mittels der Rollen d und Seile c an den
Trommeln b. Die ⊐förmigen Pratzen h sind an dem unteren Balken g, der mittels Bügel f an der Traverse hängt,
drehbar befestigt. An den oberen wagerechten Pratzenschenkeln greifen Ketten an, die
an der Traverse befestigt sind. In der Mitte des Balkens g befindet sich ein Bügel mit Seilrolle k,
der die Traverse e umfaßt. Von hier geht ein Seil nach
der Steuertrommel i, Diese und die Hubtrommeln b sind von gleichem Durchmesser und laufen lose auf der
Achse a. Mittels einer Bandbremse, die durch Handhebel
n betätigt wird, kann die Steuertrommel
festgehalten werden. Beim Heben, Senken und Fahren des Materials stehen die
Pratzenschenkel wagerecht; die Steuerbremse ist dabei gelüftet. Soll das Material abgelegt
werden, so wird die Steuertrommel i durch die Bremse
festgehalten und die Traverse weiter gesenkt, bis sie sich auf den Balken g legt; die Pratzenschenkel neigen sich, wobei das
Material, hier Träger oder Schienen, von ihnen abgleitet. Die Lage des Führerstandes
ist aus Fig. 74 ersichtlich.
Textabbildung Bd. 323, S. 311
Fig. 73.Trägerverladekran von Stuckenholz für die Gewerkschaft Deutscher
Kaiser in Bruchhausen. Tragkraft 7,5 t, Spannweite 67 m.
Textabbildung Bd. 323, S. 311
Fig. 74.Trägerverladekran von Stuckenholz für die A.-G. Phönix in
Laar.
Bei den in der Regel hohen Fahrgeschwindigkeiten ist eine feste Führung des Gehänges
erwünscht, um die Zeitverluste beim Auspendeln der Last an losen Seilen zu
vermeiden.
Das Material kann auch bei unvorsichtigem Steuern von den offenen Pratzen
herabfallen; es erscheint daher angebracht, die Pratzen doppelseitig
auszuführen.
Textabbildung Bd. 323, S. 311
Fig. 75.Verladekran mit geschlossenen Pratzen von Stuckenholz.
Fig. 75 zeigt einen Entwurf von Ludwig Stuckenholz für einen Verladekran mit solchen
PratzenStahl und Eisen
1907, S. 1080..
Das in fester Führung mittels Gallscher Kette sich bewegende Gehänge
trägt an senkrecht gelagerten Drehbolzen vier Pratzenpaare. Auf einem dieser Bolzen,
dem zweiten von rechts, ist ein Zahnrad befestigt, in das ein Trieb eingreift. Ein
auf der Plattform des Führungsgerüstes stehender Elektromotor treibt mittels
senkrechter Welle a dieses Trieb und den zugehörigen
Drehbolzen an, von dem die Bewegung durch Gallsche
Ketten auf die drei anderen Bolzen übertragen wird. Fig.
75 zeigt die Pratzen in geöffnetem Zustande; sie schließen sich, wenn sie
um 90° im Uhrzeigersinne gedreht werden.
(Fortsetzung folgt.)