Titel: | Wirkungsweise und Antrieb der Eisenbahn-Geschwindigkeitsmesser. |
Autor: | Hans A. Martens |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 342 |
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Wirkungsweise und Antrieb der
Eisenbahn-Geschwindigkeitsmesser.
Von Regierungsbaumeister Hans A.
Martens.
(Schluß von S. 326 d. Bd.)
Wirkungsweise und Antrieb der
Eisenbahn-Geschwindigkeitsmesser.
5. Antrieb.
Bei allen Geschwindigkeitsmessern für Lokomotiven wird allgemein die Geschwindigkeit
der Achsen oder der Triebwerksteile zur Messung der Fahrgeschwindigkeit benutzt, so
daß der Antrieb der Meßapparate in ihrer Verbindung mit jenen besteht.
Geschwindigkeitsmesser ohne Nutzbarmachung der Relativbewegung bewegter Teile sind
meines Wissens noch nicht gebaut. Der Gedanke, den bei der Fahrt auftretenden
Luftdruck als Maß für die Zuggeschwindigkeit anzusehen, ist wohl aufgetaucht, aber
nicht in die Wirklichkeit umgesetzt, obwohl Versuche angestellt worden sind, den
Luftdruck zur Regelung des Bremsdrucks, der Fahrgeschwindigkeit entsprechend, zu
verwenden.
Am geeignetsten zur Messung ist die Winkelgeschwindigkeit oder der in bestimmter Zeit
zurückgelegte Weg eines Rades. Da nun der Meßapparat in den weitaus meisten Fällen
auch umlaufende Teile hat, so liegt die Aufgabe vor, die drehende Bewegung der
Fahrzeugachse in der geschicktesten Weise auf die Apparat-Antriebswelle zu
übertragen. Die beste Lösung hierfür ist die unmittelbare Kupplung beider Wellen.
Zugleich ist sie aber auch die schwierigste, die sich bei vielen Meßapparaten unter
keinen Umständen erreichen läßt. Es wird daher die Aufgabe wohl noch für lange Zeit
Bedeutung behalten, einen zweckmäßigen, mittelbaren Antrieb zu schaffen, dessen
Grundlagen im Folgenden entwickelt werden sollen an Hand der bisher bekannt
gewordenen, typischen Ausführungen.
Indem die Umdrehungszahl des Fahrzeugrades als Maß für die Zuggeschwindigkeit
angesehen wird, unterliegt die Messung der durch die Abnutzung des Rades bedingten
Veränderlichkeit der Umdrehungszahl, weil diese für einen gleichen Wert der
Fahrgeschwindigkeit mit abnehmendem Raddurchmesser steigt. Ein Blick auf die
nachfolgende Zusammenstellung lehrt den Einfluß der Radabnutzung, die auf den
ursprünglichen Raddurchmesser bezogen bei großen Durchmessern kleineren Einfluß auf
die Umdrehungszahl hat, als bei kleinen, weswegen meist der Antrieb der Meßapparate
von den großen Treib- oder Kuppelrädern der Lokomotive abgenommen wird.
Ursprüng-licher Rad-durchm.cm
Raddurchm.in cm nach40 mm
Ab-drehung
Ursprüng-licher Rad-umfangcm
Radumfangin cm nachAbdrehung
v. H.-Wertefür die
Um-fangsver-minderung
1.
212
204
666,02
640,89
3,6
2.
198
190
622,04
596,90
3,8
3.
150
142
471,24
446,11
5,2
4.
100
92
314,16
289,03
8,0
5.
98
90
307,88
282,74
8,0
6.
85
77
267,04
241,90
9,4
Um dieselben v. H.-Werte verändert sich die Umdrehungszahl der Räder bei gleicher
Geschwindigkeit. Hierin liegt die unvermeidliche erste Fehlerquelle für die Anzeige
des Apparats, die unmerklich mit wachsender Abnutzung der Lauffläche des Rades
zunimmt.
Unter den Mitteln, die fehlerhafte Anzeige infolge Veränderung des Raddurchmessers
auszugleichen, werden für mechanisch wirkende Geschwindigkeitsmesser hauptsächlich
zwei angewendet. Das eine bedeutet einen Eingriff in das Werk selbst, bei älteren
Apparaten meist durch Veränderung der Spannung von Federn, die umlaufenden Massen
entgegenwirken, oder durch stufenweises Berichtigen der Anzeigen durch Auswechseln
der Zifferblätter, die den einzelnen Raddurchmessern entsprechend eingeteilt sind.
(Bauart Fincklin & Schäfer und Klose.) Die Radreifen sind
gewöhnlich auf der Stirnseite mit entsprechenden Marken versehen, die zur
Auswechselung der Zifferblätter auffordern sollen, sobald die Radreifen bis zu ihnen
abgedreht sind. Dies letzte Verfahren muß unbedingt bevorzugt werden, wenn es nur
darauf ankommt, die in Rede stehende Unrichtigkeit der Anzeige zu begleichen, da ein Eingriff in das
Werk aus praktischen Erwägungen immer zu vermeiden sein wird. Indessen kann durch
Eingriff in das Werk dieses selbst berichtigt werden, was auch von Vorteil ist.
Viele Konstrukteure geben ihren Apparaten überhaupt keine Möglichkeit der
Nachstellung: Die Anzeige wird für den mittleren Raddurchmesser richtig eingestellt,
so daß bei neuen Radreifen eine zu kleine Geschwindigkeit, bei abgedrehten eine zu
große Geschwindigkeit angezeigt wird. Dies Verfahren kann in Anbetracht des geringen
Fehlers in der Anzeige bei der Abnahme des Antriebs von den Rädern (laufende Nr. 1
und 2) wegen seiner Einfachheit nur empfohlen werden.
Des historischen Interesses wegen, welches die Bauart Henry
Fletcher in England, um 1849, beanspruchen darf, sei diese hier
anschließend beschrieben. Um von den Gleitverlusten der Trieb- und Bremsachsen
gänzlich frei zu sein, wurde die abenteuerliche Bauart mit einem besonderen Rad auf
der Schiene zum Antrieb der Fahrgeschwindigkeitsmesser entworfen. Das Rad hat 800 mm
Durchm. Die Umläufe des Rades werden auf einen Zeiger übertragen, der auf einer
Scheibe entlang gleitet, die am Umfang die ganze Strecke aufgetragen erhält. Da nun
ein Gleiten des Rades nicht zu befürchten steht, so glaubte der Erfinder ein Mittel
geschaffen zu haben, was dem Lokomotivführer stets die Stelle anzeigt, wo er sich
befindet, auch wenn ihm die Aussicht infolge trüben Wetters benommen ist. Eine
Aufzeichnung der Geschwindigkeit fand ebenfalls statt.
Die elektrischen Fahrgeschwindigkeitsmesser lassen eine Regelung der Anzeige durch
stufenartiges Verändern von Vorschaltwiderständen zu, wodurch die Spannung im
Meßstromkreise beeinflußt wird (siehe Bauart Wittfeld,
Dettmar).
Zu diesen von der Veränderlichket des Raddurchmessers abhängigen Anzeigefehlern der
Apparate gesellen sich die im Werk selbst liegenden. Beide treten unmerklich auf und
es wird kaum möglich sein, einen Geschwindigkeitsmesser so zu bauen, daß er eine
etwaige Falschanzeige selbsttätig erkennbar macht. Ein Analogon finden wir in den
Dampfdruckmessern, deren Anzeige im Laufe der Zeit ebenfalls unrichtig wird, von
deren Vorhandensein man sich aber von Zeit zu Zeit durch Prüfdruckmesser überzeugt.
Und ähnlich vorhergehend, wird es nichts besseres geben, als auch bei
Geschwindigkeitsmessern durch ein schnelles, zuverlässiges Prüfverfahren zeitweilig
die Abweichungen von der richtigen Anzeige ohne Abbau der Apparate von der
Lokomotive festzustellen. Hierbei wird stillschweigend vorausgesetzt, daß bei den
bahnamtlichen Untersuchungen und größeren Ausbesserungen der Lokomotive die
Geschwindigkeitsmesser nachgeprüft und in Stand gesetzt werden.
Es wird ferner diese zeitweilige Prüfung von dem Lokomotivführer selbst vorzunehmen
sein, damit er selbst mit dem Apparat vertraut wird und sich von seiner richtigen
Anzeige bezw. Abweichung davon überzeugen kann. Ueber die amtlich festzulegenden
regelmäßigen Prüfungen sind genaue Aufschreibungen zu führen. Die konstruktive
Lösung der Aufgabe wird am zweckmäßigsten so zu geschehen haben, daß eine leicht
lösbare Verbindung des Antriebes hergestellt wird, damit an Stelle der von dem
Fahrzeugrad eingeleiteten Bewegung diese von einer von Hand bewegten aufsteckbaren
Kurbel erzeugt werden kann.
Die Prüfung findet nun in der Weise statt, daß die Kurbel in bestimmter
Umdrehungszahl von Hand gedreht wird, die sich leicht mit Hilfe der Taschenuhr inne
halten läßt. Es wird nun die Anzeige der Apparate geprüft. In der Werkstatt dagegen
wird der Geschwindigkeitsmesser durch eine besondere maschinelle Hülfsvorrichtung
angetrieben, mittels deren sich jede beliebige Veränderung der Umdrehungszahl
erreichen läßt.
Der Antrieb der Meßapparate würde allgemein am besten von Achsen abgenommen werden,
die weder Treibnoch Bremsachsen sind, um die bei diesen stark auftretenden
Gleitverluste zu vermeiden. Auch wirkt das bei den Treib- und Kuppelachsen während
der Anfahrperiode häufig auftretende Schleudern zerstörend durch Stoßwirkung auf den
Meßapparat ein. Indessen zwingen die allzuhohe Umdrehungszahl der Laufachsen, die
Schwierigkeit der Antriebsfernleitung und die Unterbringung, namentlich bei
mechanisch wirkenden Meßapparaten, zum Antrieb durch die größeren Triebachsen. Sie
bieten sowohl für die Umdrehungszahl, als auch wegen ihrer Lage zum Führerstand, was
bequemen und einfachen Einbau des Meßapparates bedeutet, günstige Verhältnisse dar.
Auch sind bei ihnen die infolge Radabnutzung unvermeidlichen Fehler, wie früher
bewiesen, von geringerem Einfluß. Doch bedarf es keiner weiteren Begründung
hiernach, daß für Versuchszwecke der Antrieb stets von Laufachsen abzunehmen ist,
die reines Rollen nach Möglichkeit gewährleisten. Bei dreiachsigen Meßwagen treibt
daher stets die bremslose Mittelachse den Geschwindigkeitsmesser an.
Die elektrischen Geschwindigkeitsmesser gestatten infolge der bequemen Fortleitung
der Energie freieren Spielraum in der Abnahme des Antriebs. Auch die hohe
Umdrehungszahl kleiner Räder kommt bei ihnen nicht in Betracht, so daß sie bei den
bisher bekannt gewordenen neueren Geschwindigkeitsmessern fast ausschließlich in
Frage kommen, wozu freilich auch konstruktive Rücksichten in erster Linie bestimmend
gewesen sind.
Hierzu kommt noch eine Bedingung für einen brauchbaren Antrieb, dem allerdings nicht
immer leicht konstruktiv nachzukommen ist: Die Stöße der Triebwerksteile, von denen
der Antrieb bewirkt wird, dürfen nicht auf die Antriebswelle des
Geschwindigkeitsmessers übertragen werden, von wo sie sich auf das Werk fortpflanzen
und dieses zerstören. Diese konstruktive Forderung ist kaum beachtet worden, ist
aber zum Erhalten des kostspieligen und zerbrechlichen, wenig widerstandsfähigen
Werkes notwendig. Es wird bei Besprechung einzelner Antriebe dargelegt werden, wie
die konstruktive Lösung möglich wäre. Die konstruktive Ausführung des Antriebes
zerfällt in zwei Hauptgruppen je nach der Forderung, ob rein drehende Bewegung oder
schwingende bezw. geradlinig hin- und hergehende Bewegung des Hauptantriebselements
des Geschwindigkeitsmessers erzeugt werden soll.
In früheren Jahren war nur der Antrieb mittels endlosen Riemens, endloser Schnur oder
Gliederkette verwendet. Die Gegner dieser kraftschlüssigen Verbindung zwischen
laufenden Triebwerksteilen der Maschine und der Apparatwelle machen das Gleiten des
Riemens, veränderlich mit dem Wetter, und den dadurch bedingten
Geschwindigkeitsverlust geltend. Er beträgt jedoch für neue Lederriemen nur 1 v. H.,
für gebrauchte 0,6 v. H., so daß er im vorliegenden Fall zu vernachlässigen ist.
Nichtsdestoweniger hat man sich Mühe gegeben, das befürchtete Gleiten durch
besondere Bauarten zu verhüten. Finckbein & Schäfer ordneten eine Blindachse an, die neben ihrer
Aufgabe als selbsttätiger Riemenspanner auch die senkrechten Schwankungen des
Fahrzeugs unschädlich machen soll; außerdem wurde noch ein Riemen aus Gummi benutzt.
Um Gleiten des Zugorgans gänzlich zu vermeiden, ist auch Kettenantrieb versucht
worden, der aber wegen seiner Schwerfälligkeit nicht in Aufnahme gekommen ist.
Dagegen ist der Riemen- oder Schnurantrieb heutzutage wegen seines Vorzuges, die
Stöße des unabgefederten Triebwerks nicht auf den Apparat zu übertragen, noch häufig
zu finden. Nachteile sind die leichte Zerstörbarkeit und das mühelose, absichtliche
Außerbetriebsetzen des Geschwindigkeitsmessers, das unter Umständen bei gewissenlosem
Lokomotivpersonal zu befürchten ist. Der Antrieb mittels Blindachse ist nicht weiter
in Aufnahme gelangt; er wird besser unmittelbar von einer meist an der Gegenkurbel
angeordneten Triebscheibe bewirkt. Am meisten Verbreitung hat bisher der
zwangläufige, paarschlüssige Antrieb für mechanischwirkende Geschwindigkeitsmesser
gefunden, der sich als Kupplung zweier nach Möglichkeit gleichachsiger Wellen in der
Bauart der querbeweglichen Schleppkurbel darstellt. Für die gleichförmige
Winkelgeschwindigkeit der getriebenen Welle ist gleichachsige Lage beider Wellen
Bedingung. Durch die Bauart läßt sich diese meist erreichen, durch die Federung des
Lokomotivkörpers, an dem die getriebene Apparatwelle angebaut ist, tritt aber eine
unregelmäßige Veränderung der Relativlage beider Wellen ein, so daß doch in
Wirklichkeit Schwankungen in der Winkelgeschwindigkeit der Apparatwelle eintreten.
Eine rechnerische Verfolgung der ungleichförmigen Bewegungsübertragung ist praktisch
wertlos, da die Veränderungen nach keinem bestimmten Gesetz erfolgen. Es läßt sich
aber übersehen, daß bei Vergrößerung des Angriffshalbmessers eine Verzögerung der
Apparatwelle und bei einer Verkleinerung eine Beschleunigung derselben, bezogen auf
die augenblicklich als gleichförmig gedachte Winkelgeschwindigkeit der treibenden
Welle, eintritt. Die folgende zahlenmäßige Behandlung gibt einen Einblick in die
gestörten Regelverhältnisse des Antriebs und zeigt, wie die Größtwerte der
Geschwindigkeitsänderungen doch ganz erhebliche v. H. Werte betragen. Zugrunde
gelegt sind folgende, teilweise durch Fig. 20
wiedergegebene Abmessungen:
Textabbildung Bd. 323, S. 344
Fig. 20.
Treibrad, von dem die Bewe- gung abgenommen
wird,
D = 1,98 m, Umfang = 6,22 m
Mittlerer Halbm. der Schlepp- kurbel
= 288 mm = r = 1
Größter Halbm. der Schlepp- kurbel
= 328 mm = ra = 1,14 r
Kleinster Halbm. der Schlepp- kurbel
= 248 mm = r = 0,86 r.
Bei einer augenblicklich als gleichförmig gedachten Fahrgeschwindigkeit von V-km/Std. beträgt die Umdrehungszahl des Treibrades
minutlich
n=\frac{1000\,V}{\pi\,\cdot\,D\,60}=2,68\,V
und die Winkelgeschwindigkeit
\omega=\frac{\pi\,\cdot\,n}{30},
mithin die lineare Geschwindigkeit im Halbmesser r
v=r\,\cdot\,\omega=\frac{1000\,V\,\cdot\,r}{60\,\cdot\,30\,\cdot\,D}.
Diese augenblicklich gleichförmige Geschwindigkeit des
Mitnehmerstifts überträgt sich auf die Schleppkurbel, unter mittleren
Verhältnissen im Halbmesser r, so daß gleichmäßige
Winkelgeschwindigkeit der angetriebenen Welle \omega=\frac{v}{r}
eintritt. Bei den Relativbewegungen beider Wellenmittel kann der Halbmesser der
Schleppkurbel die äußersten Werte ra = 1,14 r und ri = 0,86 r erreichen, so daß dann die Winkelgeschwindigkeit der
Schleppkurbel beträgt:
\begin{array}{rcl}\omega_a&=&\frac{V}{r_a}=\frac{V}{1,14\,r}\\
&=&\frac{\omega}{1,14}=0,88\,\omega;\end{array} bezw.
\begin{array}{rcl}\omega_i&=&\frac{V}{r_i}=\frac{V}{0,86\,r}\\
&=&\frac{\omega}{0,86}=1,17\,\omega,\end{array}
das bedeutet eine augenblickliche Abnahme der
Winkelgeschwindigkeit um 12 v. H. und eine Zunahme um 17 v. H.; diese Veränderungen
treten als Geschwindigkeitsstöße auf. Danach ergibt sich folgende
Zusammenstellung:
Fahrgeschwindigkeit in km/Std. V =
100
90
60
40
30
Treibradumdreh. n = 2,68 V
268
241
161
107
80
Winkelgeschwindigkeit d. Treib- rades = der der
Schlepp- kurbel
\omega=\pi\,\cdot\,\frac{n}{30}
28,1
25,2
16,9
11,2
8,4
ωa = 0,88 ω
24,7
22,2
14,9
9,9
7,4
ω1 = 1,17 ω = 1,33 ωa
32,9
29,5
19,8
13,1
9,8
Es liegt in der Natur der Schwingungen, daß sie stets bei Rückkehr in die Mittellage
über diese hinaus nach der anderen Seite sich fortsetzen, so daß dadurch im
vorliegenden Fall die Aenderungen der Winkelgeschwindigkeit noch erheblich größer
werden; im ungünstigsten Fall können zwei aufeinander folgende Augenblickswerte der
Winkelgeschwindigkeit bis zu 33 v. H. Unterschied zeigen.
Es leuchtet ein, daß empfindliche Apparate unter derartigen Schwankungen sehr zu
leiden haben und falsche Angaben machen. Auch werden die senkrechten Stöße des
treibenden Rades in unverminderter Stärke auf die Apparatwelle übertragen mit
Ausnahme in der senkrechten Kurbellage, in der der Mitnehmerstift in dem Schlitz der
Schleppkurbel frei gleiten kann. Der Mitnehmer ist meist an dem Stangenknopf der
hinteren Kurbelachse angebracht, da dann der Einbau des Apparates im Führerstand
bequem erfolgen kann. Um die Geschwindigkeits-Schwankungen schon im Entstehen zu
mindern, wird auch der Mitnehmer in der Mitte der Kuppelstange angebracht, da hier
die senkrechte Bewegung der Stange bei den Stößen am geringsten ist, weil nur der
halbe Weg zurückgelegt wird. Die Fortleitung der Bewegung nach dem Führerstand ist
dann allerdings schwerfällig; sie geschieht durch Wellen mit Cardan-Gelenken oder konischen Zahnrädern. Egger hat den Mitnehmerstift für die Schleifenkurbel in Federlamellen
gelagert, um die Stöße des Triebwerks nicht auf die Apparatwelle zu übertragen.
Indem sich die Stöße in Durchbiegung umsetzen, wird der Apparat geschont, was die
Erfahrung auch bestätigt haben soll, indessen ist der Einfluß der Stöße auf die
gleichmäßige Bewegungsübertragung nicht beseitigt, indem die Durchbiegungen der
Lamelle natürlich die Schleppkurbel zu ihren Bewegungen zwingen. Diese
Ungleichmäßigkeit der Winkelgeschwindigkeit spielt übrigens nur eine Rolle bei sehr
empfindlichen, auf Fliehkraft umlaufender Massen beruhenden Apparaten. Bei den
sogen, zwangläufigen Geschwindigkeitsmessern, die gleichmäßig wiederkehrende
Bewegungen innerhalb bestimmter Zeiten messen, kommen sie nicht in Betracht,
weswegen sich auch dieser Antrieb so allgemein der Anwendung erfreut. Denn der
Einfluß geringer ungleichförmiger Bewegungsübertragung ist bei diesen praktisch zu
vernachlässigen. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist die sichere, nicht leicht lösbare
Verbindung beider Wellen, die keine weitere Wartung während des Betriebes
erfordert.
Die Bauart einiger Geschwindigkeitsmesser erfordert keine umlaufende, sondern eine
schwingende bezw. geradlinig hin- und hergehende Antriebsbewegung. Der Gedanke liegt
nahe zur Vereinfachung die Bewegung von einem in gleicher Bewegung befindlichen
Triebwerksteil abzunehmen, da dann nur ein einfaches Verbindungsglied beider das
Antriebselement ist. Jedoch muß es als fehlerhaft bezeichnet werden, die
schwingenden Teile der Steuerung zum Antrieb zu benutzen. Diese erhalten schon nach
kurzer Betriebszeit der Lokomotive in den Augen und Bolzen toten Gang, so daß die
Stöße sich auf die Antriebswelle des Geschwindigkeitsmessers übertragen. Gern wird
die Heusinger-Schwinge zur Abnahme der Antriebsbewegung
verwendet. Richtiger ist es, die schwingende Bewegung der Apparatwelle auf
mittelbarem Wege von einem umlaufenden Teile abzunehmen, etwa durch Exzenter oder
durch entsprechende Einschaltung von Lenkern in Verbindung mit Verhältnishebeln zur
Erzielung des vorgeschriebenen Ausschlages. Derartige Antriebe haben die
französischen Staatsbahnen (Schwinghebel), Bauart Ehrhardt (Exzenter), Pfeil (Winkelhebel und
Exzenter).
Der Gedanke, das Element des Antriebes durch geschickte Bauart des
Fahrgeschwindigkeitsmessers zu erübrigen, ist früh genug aufgetaucht und durch die
Bauart Galy-Cazalat, 1847 verwirklicht worden, ohne zu
weiterem Vorgehen in dieser Richtung geführt zu haben. Eine unmittelbare Kupplung
des Apparates mit den bewegten Triebwerksteilen bot eben den mechanisch wirkenden
Fahrgeschwindigkeitsmessern einmal in der Bauart selbst und andermal in der
Fernleitung der Bewegung auf mechanischem Wege vom Triebwerk der Lokomotive bis zum
Zeigerwerk, das notwendig auf dem Führerstand angeordnet sein muß, zu viele
Schwierigkeiten. Diese konnten erst durch die Zuhilfenahme der elektrischen Energie
überwunden werden, deren Fernleitung mittels stromführender Drähte so überaus
einfach ist. Dadurch zerfällt der Geschwindigkeitsmesser in zwei räumlich
getrennte Teile, die als Aufnehmer und Anzeiger bezeichnet werden. Den ersteren mit
einem umlaufenden Triebwerksteil unmittelbar zu kuppeln, bot nicht die geringsten
Schwierigkeiten, bisher ist diese Aufgabe stets durch Unterbringen des Aufnehmers in
einer Tenderachsbüchse gelöst worden; der umlaufende Teil des Aufnehmers wird in die
Stirnseite des Achsschenkels eingeschraubt. Ein Antriebselement im eigentlichen
Sinne ist also gar nicht vorhanden, so daß diese Bauart eines
Fahrgeschwindigkeitsmessers bezüglich des Antriebes das erstrebenswerte Ziel
darstellt.
Nach Besprechung der wesentlichen konstruktiven Formen des Antriebes lassen sich nun
leicht die Anforderungen eines zeitgemäßen Antriebes für Fahrgeschwindigkeitsmesser
festlegen. Man muß von vornherein grundsätzlich unterscheiden zwischen dem Antrieb
für mechanisch und elektrisch wirkende Fahrgeschwindigkeitsmesser. Letztere stellen
in ihrer unmittelbaren Vereinigung des Aufnehmers mit der Fahrzeugachse die
endgültige, gute Lösung der Frage dar. Da jedoch die mechanisch wirkenden
Fahrgeschwindigkeitsmesser zweckmäßiger Bauart noch lange Bedeutung behalten werden,
so ist auch für diese die Verbesserung des Antriebes noch immer zu erstreben. Es
läßt sich z. Z. übersehen, daß paarschlüssige und dadurch erzielte zwangläufige
Bauart des Antriebselements die allein betriebssichere ist. Die Uebertragung der
Stöße des Triebwerks auf den Meßapparat muß nach Möglichkeit durch die Bauart
vermieden werden. Die Empfindlichkeit der Meßapparate darf eine gewisse Höchstgrenze
nicht überschreiten, um ruhige Anzeigen trotz ständiger Geschwindigkeitsänderungen
zu ermöglichen: Durch Versuch wird diese Grenze der Empfindlichkeit zu bestimmen
sein. Danach ist der Antrieb mittels Schleppkurbel zurzeit der beste.
Für alle Geschwindigkeitsmesser wird in geschilderter Weise die Möglichkeit
geschaffen werden müssen, die Anzeige mühelos und schnell auf ihre Richtigkeit
prüfen zu können.