Titel: | Entwicklung und gegenwärtiger Stand der modernen Hebezeugtechnik. |
Autor: | K. Drews |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 437 |
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Entwicklung und gegenwärtiger Stand der modernen
Hebezeugtechnik.
Von K. Drews, Oberlehrer an der
Königl. höheren Maschinenbauschule in
Posen.
(Schluß von S. 419 d. Bd.)
Entwicklung und gegenwärtiger Stand der modernen
Hebezeugtechnik.
Bremslüftmagnete. Diese dienen zum Lüften der
Haltebremse. Sie finden bei fast allen elektrischen Hebezeugen Verwendung, nur bei
Drehkranen mit Sperradbremsen, (S. 339) die beim Senken von Hand gelüftet werden und
bei Drucklager- und Lastdruckbremsen können sie entbehrt werden.
Aber auch bei Hebezeugen mit letzteren Bremsen findet man sehr oft noch eine
Magnetbremse auf der Motorwelle zum schnellen Stillsetzen des Motorankers.
Die Bremslüftmagnete werden vom Kontroller aus gesteuert und zwar müssen sie, da die
Bremse für gewöhnlich durch ein Gewicht festgezogen ist, schon auf dem ersten
Kontakt anspringen, um das Triebwerk freizugeben. Ebenso müssen sie, wenn der
Antrieb des Motors aufhört, das Bremsgewicht fallen lassen, damit die Bremse die Last zum
Stillstand bringt.
Die Wicklung eines Bremsmagneten für Gleichstrom kann nun mit dem Motoranker in Reihe
oder parallel geschaltet werden. Man unterscheidet daher Hauptstrom- und
Nebenschlußbremsmagnete. Bei ersteren erhalten die Spulen den Ankerstrom des Motors;
da dieser aber je nach der Belastung stark veränderlich ist, so ist es auch die
Zugkraft des Magneten. Seine Wicklung muß also so bemessen sein, daß er schon bei
der kleinsten vorkommenden Stromstärke sicher anzieht, aber auch bei der größten
auftretenden Stromstärke nicht leidet. Die Zugkraft eines Hauptstrommagneten wird
daher schon bei mittleren Belastungen nicht voll ausgenutzt.
Die Wicklung eines Nebenschlußbremsmagneten besteht aus vielen dünnen Drahtwindungen,
die parallel zum Motor geschaltet sind und daher an einer nahezu unveränderlichen
Spannung liegen; die Zugkraft ist folglich bei allen Belastungen des Motors
unveränderlich.
Die Nebenschlußbremsmagnete sind für bestimmte Spannungen gewickelt, sollen sie an
höhere gelegt werden, so erhalten sie einen Vorschaltwiderstand, der die
überschüssige Spannung abdrosselt. Infolge der vielen dünnen Drahtwindungen entsteht
beim Ausschalten ein starker Induktionsstrom. Damit dieser die Wicklung nicht
gefährdet, so wird parallel zu dieser ein Schutzwiderstand geschaltet, in dem der
Induktionsstrom gefahrlos verläuft. Ein Hauptstrommagnet bedarf dieses Schutzes
nicht, da seine Wicklung an einer nur geringen Spannung liegt und außerdem aus
wenigen dicken Windungen besteht; seine Selbstinduktion ist daher nur gering. Er
fällt beim Ausschalten auch schneller ab, da seine magnetische Remanenz kleiner als
diejenige eines Nebenschlußmagneten ist.
Die Bremsmagnete sind in der Regel mit Luftdämpfung versehen zum Zweck eines sanften
Abfallens des Bremsgewichtes.
Textabbildung Bd. 323, S. 437
Fig. 93.Hauptstrom-Bremsmagnet der Allgemeinen
Elektrizitäts-Gesellschaft.
Fig. 93 zeigt einen Hauptstrommagneten der A. E. G. Der Anker greift unmittelbar an dem
Bremsgestänge an. Die Siemens-Schuckertwerke führen
auch noch sogenannte Kniehebelbremsmagnete, bei denen der Anker seine Zugkraft erst
durch Kniehebelwirkung auf das Gestänge überträgt (D. p. J. 1906, S. 37, Fig. 18).
Infolge dieser Anordnung übt der Magnet auf seinem ganzen Hube eine nahezu
unveränderliche Zugkraft auf das Gestänge aus. Dieselbe Firma führt ihre
Nebenschlußmagnete von 30–1000 kg/cm Hubarbeit aus; den Energieverbrauch hierfür
gibt sie mit 125–500 Watt an. Für Drehstrom sind sowohl Bremslüftmagnete wie Motoren
in
Für Drehstrom sind sowohl Bremslüftmagnete wie Motoren in Gebrauch, die parallel zum
Motorfeld liegen.
Die A. E. G. empfiehlt erstere nur bis 300 kg/cm
Hubarbeit, da bei größerer Arbeit der Anlaufstrom unerwünscht hoch ist. So beträgt
z.B. für einen Bremslüftmagneten mit 600 kg/cm Hubarbeit der Siemens- Schuckertwerke beim Einschalten der scheinbare Wattverbrauch
58000 (8000 wirkliche) Watt, bei angezogenem Kern nur 980 (260 wirkliche) Watt. Die
Stromstärke berechnet sich dabei aus
J=\frac{\mbox{scheinbarer
Wattverbrauch}}{\sqrt{3}\,\cdot\,\mbox{Spannung}}.
Die Lüftmagnete leiden daher nicht so sehr durch längeres
Unterstromstehen als durch häufiges Einschalten. Die Magnetpole müssen bei
eingeschaltetem Strom stets gut anliegen, da sonst durch den hohen Leerlaufsstrom
ein Verbrennen der Wicklungen zu befürchten ist. Bremslüftmotoren haben im
allgemeinen kleinere Abmessungen als Magnete; außerdem ist ihr Anlaufstrom nicht
größer als derjenige bei angezogenem Anker.
Textabbildung Bd. 323, S. 437
Fig. 94.Drehstrom-Bremsmagnet der Allgemeinen
Elektrizitäts-Gesellschaft.
Fig. 94 zeigt einen Drehstromlüftmagneten, Fig. 95 einen Drehstromlüftmotor der A. E. G. Ein kleiner Drehstrommotor treibt mittels
Zahnradvorgelege eine Kurbel so an, daß diese um etwa 120° nach beiden Seiten
ausschwingt; die Kurbel greift an dem Bremsgestänge an. Wird der Motor stromlos, so
fällt die Kurbel ab und die Bremse wird durch ein Gewicht festgezogen. In ihren
oberen Endlagen legt sich die Kurbel gegen eine Blattfeder. Außerdem ist ein in dem
oberen Teil der Fig. 95 sichtbarer Luftpuffer
angebracht, der verhindert, daß die Kurbel in ihren oberen Endlagen zu heftig gegen
die Hubbegrenzung schlägt und daß die Kurbel beim Abfallen über ihre Mittellage
hinauspendelt, wodurch die Bremse von neuem gelüftet werden könnte. Der Ausschlag
der Kurbel nach beiden Seiten kann durch Umsteuern des Lüftmotors zugleich mit
demjenigen des Arbeitsmotors bewirkt werden.
Für die Größe eines Bremsmagneten ist ebenso wie für den Arbeitsmotor die Art des
Betriebes ob leicht, ob schwer maßgebend. Namentlich bei Nebenschlußmagneten kommt
die Dauer des Einschaltens bezüglich der Erwärmung in Betracht; bei starker
Erwärmung läßt seine Zukraft nach.
Textabbildung Bd. 323, S. 437
Fig. 95.Drehstromlüftmotor der Allgemeinen
Elektrizitäts-Gesellschaft.
Eine Vereinigung von Motor und Bremse ist von einigen englischen Firmen versucht
worden. Bei einer solchen Ausführung von der Firma Dick,
Kerr & Co.E. T. Z. 1906. S. 275. besitzt der
Lagerkörper des Motors auf der Kommutatorseite eine ringförmige Aussparung zur
Aufnahme der Wicklung. Auf einer Verlängerung des Lagers sitzt achsial verschiebbar
aber gegen Drehung gesichert ein Stahlgußring, der durch Federn in einen auf die
Motorwelle aufgekeilten Hohlkegel hineingedrückt wird, und somit die Welle
festbremst. Beim Anlassen erhält zuerst die Wicklung Strom, wodurch das
Stahlgußstück als Anker eines Elektromagneten nach Ueberwindung der Federkraft nach
links aus dem Hohlkegel gezogen und somit die Motorwelle freigegeben wird. Wird der
Stromkreis unterbrochen, so drücken die Federn das Stahlgußstück wieder in die vorige Lage und die
Welle wird gebremst. Bei einer anderen derartigen KonstruktionEngng. 1905 II, S. 10. nach
Ausführungen der Firma L. Scott & Co., Norvick, ist auf der Motor welle, eine
Backenbremse angeordnet, die für gewöhnlich durch eine Feder festgezogen ist. Die
Bremsbacken sind je an einem doppelarmigen Hebel befestigt, dessen anderes Ende eine
Gußstahlplatte trägt. Bei stromlosem Motor stehen diese Platten um einen geringen
Abstand von dem Motorgehäuse ab. Der magnetische Kreis des Motorfeldes ist an den
beiden wagerechten Polen durch Aussparungen an den Polschuhen unterbrochen. Diese
Aussparungen werden durch die oben erwähnten Platten überbrückt, so daß die
Kraftlinien gezwungen sind, den Weg durch diese Platten zu nehmen. Erhält nun der
Motor Strom, so werden letztere von dem Gehäuse angezogen und die Bremse wird
dadurch gelüftet. Bei Stromunterbrechung verschwindet auch der Magnetismus und die
Feder zieht die Bremse fest, so daß der Motor still gesetzt wird. Die Bremse kann
gegebenenfalls von Hand gelüftet werden.
Sicherheitsvorrichtungen. Diese finden namentlich gegen
das Ueberfahren der Endstellungen, gegen Ueberlastung und Gefährdung der Stabilität
von Auslegerkranen Verwendung.
Das Ueberfahren der äußersten Fahrstellungen oder das Zuhochziehen des Hakens läßt
sich bei elektrischem Betriebe mittels selbsttätig wirkender End- oder Grenzschalter
verhindern. Die Endschalter für die Fahrbewegungen werden meist direkt durch
Anschläge oder Leitschienen von dem Kran bezw. von der Katze betätigt. Es wird dabei
der Motorstromkreis unterbrochen. Die Betätigung der Endschalter muß eine bestimmte
dem größten Nachlaufweg der bewegten Massen entsprechende Strecke vor der äußersten
Fahrstellung stattfinden.
Der Endschalter für die Hubbewegung wird in der Regel nicht unmittelbar von der
hochgehenden Last, sondern mittelbar durch eine Wandermutter auf einer mit Gewinde
versehenen Verlängerung der Trommelwelle betätigt.
Ist ein Endschalter in Wirksamkeit getreten, so muß er wieder eingelegt werden, bevor
mit dem Hebezeug weiter gearbeitet werden kann. Geschieht dieses Wiedereinschalten
durch den Führer, so können leicht Schäden dadurch entstehen, daß der Führer den
Kontrollerhebel nicht auf Nullstellung geführt hat, ehe er durch Einlegen des
Endschalterhebels den Stromkreis wieder schließt. Ein heftiger Stromstoß, der bei
gänzlich ausgeschalteten Widerständen einem Kurzschlusse gleichkäme, würde die Folge
sein. Es ist daher meist die Anordnung getroffen, daß der Endschalter sich
selbsttätig an der Ausschaltstelle wieder einlegt, wenn der Führer den Motor auf
Rückfahrt umsteuert. Das bedingt indes für jeden Endschalter eine Zuleitung
mehr.
Bei solchen Hebezeugen, wo der Führer seinen Platz in der Nähe der Hubwinde hat, kann
man den Endschalter entbehren, indem der Kontrollerhebel selbst durch einen
Kettenzug von der Wandermutter gegen Ende des Hubes in die Nullstellung gebracht und
der Motor somit ausgeschaltet wird. Dies ist z.B. bei den Portalkranen der Firma Mohr & Federhaff in
Mannheim der Fall.
Die Endschalter für Gleichstrom sind einpolig, d.h. es wird nur die eine der beiden
Stromzuleitungen unterbrochen; für Drehstrom sind sie zweipolig. Die Unterbrechung
des Stromkreises geschieht momentan durch eine kräftige Schnappfeder, so daß ein
Verbrennen der Kontaktflächen nicht zu befürchten ist.
Zudem ist bei Gleichstrom noch eine kräftig wirkende magnetische Funkenlöschung
vorgesehen.
Bei sehr großen Stromstärken unterbricht der Endschalter den Betriebsstrom nicht
unmittelbar; dies geschieht vielmehr, wie schon früher (S. 179 dieses
Jahrganges) bei Besprechung der Gichtaufzüge erwähnt, durch ein Schütz; mittels des
Endschalters wird nur der schwache Erregerstrom für die Spulen des Schützen
unterbrochen.
Die Frage, ob und wann Endschalter zu verwenden sind, muß von Fall zu Fall
entschieden werden, denn sie können auch den Betrieb, wenigstens bei Kranen, sehr
wohl erschweren. Dies tritt namentlich dann ein, wenn öfter in den Endstellungen
gearbeitet, d.h. der Hub und die Fahrbahnen möglichst weit ausgenutzt werden müssen.
Bei der Hubbewegung liegen die Verhältnisse am ungünstigsten.
Der Nachlauf des Triebwerkes und der Last nach oben ist bekanntlich um so größer, je
kleiner die Last ist. Der unbelastete Haken hat in der Regel einen Nachlauf von 2–3
m, der allerdings durch verstärkte Bremsung auf einen sehr kleinen Betrag abgekürzt
werden kann. Eigentlich müßte daher jede selbsttätige Hubbegrenzung außer der
Abstellung des Motors, wobei natürlich die Haltebremse einfällt, auch jene
Nachlaufbremsung bewirken, d.h. die Sicherheitsvorrichtung müßte sowohl den
Motorstromkreis öffnen wie die Bremse kräftig anziehen.
Wo der Nachlauf durch Kurzschlußbremse (S. 339) abgekürzt wird, muß der
Sicherheitsapparat den Kontrollerhebel in die Nachlaufstellung führen. Diese
Anordnung findet man bei den Drehkranen von Mohr &
Federhaff (S. 339). Durch eine Wandermutter auf der
Trommelwelle und eine über Leitrollen geführte Kette wird hier der Kontrollerhebel
an geeigneter Stelle in seine Nachlaufbremsstellung geführt, so daß selbst der
unbelastete Haken nicht gegen den Ausleger schlägt; ein Endschalter ist nicht
vorhanden.
Bei solchen Kranen, wo eine relative Bewegung zwischen Führer und Hubwinde
stattfindet, also vornehmlich bei Laufkranen mit festem Führerstand, ist die
Einwirkung der Hub- und Fahrbegrenzungen auf die Kontroller bezw. Bremshebel nicht
gut durchzuführen, hier muß man sich mit Endschaltern, die nur den Stromkreis
unterbrechen, begnügen.
Paßt man nun die Hubbegrenzung dem Nachlaufweg an, so geht dadurch ein beträchtlicher
Teil des Hubes verloren. Man sieht ohne weiteres ein, daß dort, wo der Hub nach oben
öfter sehr weit ausgenutzt werden muß, Endschalter unbequem sind und den Betrieb
erschweren. Die Folge davon ist dann, daß die Sicherheitsvorrichtung abgekuppelt und
unwirksam gemacht wird.
Manche Hebezeugfirmen sehen daher von Endschaltern ab und begnügen sich mit
Lärmglocken und Signallampen, die den Führer rechtzeitig auf die Gefahr aufmerksam
machen. Diese Einrichtung findet man z.B. bei dem elektrischen Laufkran von Ludwig Stuckenholz auf der Lütticher Weltausstellung
(D. p. J. 1906, S. 18).
Nun hat die Elektrotechnik jedoch wieder Mittel und Wege gefunden, um trotz des
Endausschalters das Arbeiten in den Endstellungen zu ermöglichen. Die A. E. G. ordnet in solchen Fällen einen sogen. Umgehungsschalter an. Dieser gleicht in seiner Bauart
völlig einem Endschalter; er wird in der Regel von dem Kranführer mit dem Fuße
betätigt. Ist ein Endschalter in Wirksamkeit getreten, und soll die Last noch weiter
gehoben oder der Kran oder die Katze noch weiter gefahren werden, so drückt der
Führer den Hebel des Umgehungsschalters nieder, wodurch der Motorstromkreis wieder
geschlossen wird und geschlossen bleibt, so lange der Führer den Hebel niederdrückt
oder der Endschalter nach Umsteuern des Motors wieder eingerückt wird.
Die Häufung solcher Apparate mit ihren Leitungen auf einem Kran bildet jedoch,
abgesehen von den Anschaffungskosten, immer eine Komplikation und erhöht die
Möglichkeit von Betriebsstörungen.
So willkommen dem Konstrukteur die reichen Mittel, die ihm die Elektrotechnik in
dieser Beziehung an die Hand gibt, sein mögen, so sollte er sich doch hüten, einen
Kran unnötigerweise mit allerhand Sicherheitsvorrichtungen zu bepacken; man läßt
sich ja auch nicht anseilen, wenn man eine Treppe heraufsteigt. Der Konstrukteur,
der gleichzeitig den Betrieb genau kennt, wird ja solche Apparate nur da empfehlen,
wo sie wirklich nötig sind; aber die Besteller oder deren technische Berater
unterliegen, sofern sie mit dem Kranbau und Betrieb nicht sehr ver traut sind, gar
leicht der Versuchung, solche Sicherheitsvorrichtungen im Uebermaß und auch dort zu
verlangen, wo sie gar nicht nötig, vielfach hinderlich, zuweilen sogar schädlich
sind. Ist es mir doch vor nicht langer Zeit begegnet, daß gelegentlich des Umbaues
einer Krananlage der beratende Ingenieur außer den Endschaltern, die dort gar nicht
am Platze waren, noch Rückschnellfedern für die direkt von Hand betätigten
Kontroller verlangte; wenn dem Kranführer etwas zustieße, sollte der Kontrollerhebel
von selbst in die Nullstellung gehen. Daß infolge der erhöhten körperlichen
Anstrengung des Führers durch Spannen der Feder die Sicherheit des Betriebes nicht
erhöht wird, dürfte leicht einzusehen sein; der gewollte Effekt schlägt also in sein
Gegenteil um. Aber von jener Seite wurde noch weiter verlangt, daß der Führer seinen
Platz in der Nähe der Hubwinde haben müsse, um die Motoren während des Betriebes
beobachten zu können; das verlange die Betriebssicherheit.
Wollte man die Konsequenzen aus dieser Forderung ziehen, so könnte man ruhig einen
dicken Strich durch den größten Teil der Errungenschaften des modernen Hebezeugbaues
ziehen. Denn gerade die Fernsteuerung der Motoren ist ja mit der bedeutendste
Vorteil des elektrischen Betriebes.
Ein Blick auf die in dieser Arbeit gebrachten Abbildungen zeigt zur Genüge, daß diese
Forderung bei der übergroßen Mehrzahl der Hebezeuge nicht erfüllt ist, garnicht
erfüllt werden kann, wollte man bedeutende Fortschritte nicht in Frage stellen. Aber
selbst dort, wo der Führer in der Nähe der Winde steht, z.B. bei Drehkranen, ist
jene Forderung ihrem Ziele nach nicht erfüllt, da von einer Beobachtung der Motoren
keine Rede sein kann; denn der Führer hat seine uneingeschränkte Aufmerksamkeit der
Last und ihrem Wege zuzuwenden, außerdem kehrt er in den meisten Fällen der Winde
den Rücken.
Die Lage des Führerstandes ist allerdings für die Betriebssicherheit eines Hebezeuges
von außerordentlicher Wichtigkeit, aber nicht die Lage bezüglich der Winde sondern
bezüglich der Last. Kann der Führer von seinem Platze aus die Last und die
Fahrbahnen zu jeder Zeit bequem und ohne körperliche Anstrengung übersehen, so ist
das Wesentlichste für die Betriebssicherheit getan; solide Konstruktion, exakt
wirkende Steuerapparate und Bremsen natürlich vorausgesetzt. Dann erübrigen sich
eigentlich Endschalter und ähnliche Sicherheitsvorrichtungen.
Erst dort, wo der Führer nicht mehr alle Bewegungen des Hebezeuges mit Sicherheit
beobachten kann, z.B. bei Kranen mit großer Spannweite oder Ausladung, zumal im
Freien, wo trübes Wetter oder Nebel seinen Gesichtskreis einschränken, treten
selbsttätige Hub- und Fahrbegrenzungen als Sicherheitsvorrichtungen in ihr Recht.
Sie bilden sogar einen integrierenden Bestandteil des Hebezeuges, sobald der Führer
die Last oder die Fahrbahn nicht mehr beobachten kann, z.B. bei elektrischen
Aufzügen jeder Art, sofern er die Maschine nicht an Hand eines Teufenzeigers
steuert. Dann wird die Notausschaltung zur betriebsmäßigen.
Es bleiben nun noch die Mittel zur Sicherung der Stabilität von Auslegerkranen zu
besprechen.
Die Stabilität kann einerseits durch zu große Lasten, andererseits durch
Festsetzen des Hakens oder der Last, z.B. unter eine Schiffsluke gefährdet werden.
Die Gefahr des Kippens liegt bei elektrischem Betriebe näher als bei Dampf- und
hydraulischem Betriebe. Bei letzteren ist die größte Hakenbelastung durch den
Kolbendruck bestimmt; dieser ist aber durch den Flüssigkeitsdruck begrenzt. Nehmen
wir an, daß der Kolbendruck der doppelten Höchstlast das Gleichgewicht hält, so ist
die Stabilität noch gewahrt, sofern mit zweifacher Sicherheit gerechnet worden
ist.
Ein Elektromotor hingegen nimmt so lange Strom von einer der Ueberlastung
entsprechenden Stärke auf, bis die Schmelzsicherung oder sogar die Isolation
durchbrennt. Das geschieht gewöhnlich erst, wenn die Stromstärke auf das Vier- bis
Fünffache der normalen angewachsen ist; dies entspricht aber dem vier- bis
fünffachen Wert der Höchstlast.
Eine Ueberlastung des Hakens durch unzulässig große Lasten dürfte indes nicht so sehr
zu befürchten sein, wie diejenige durch Festsetzen des Hakens; aber auch hier wird
die Gefahr des Umkippens bei elektrischem Betriebe größer sein als bei den anderen
Betriebsarten. Der hydraulische Betrieb ist hierbei wieder ungünstiger gestellt als
der Dampfbetrieb. Es wird nämlich auf die Geschwindigkeit ankommen, die der Haken im
Augenblick des Festsetzens besitzt, da hiervon die Intensität der Stoßwirkung, die
sich durch die Rohrleitung fortpflanzt, abhängt. Allerdings bieten hiergegen die
Sicherheitsventile Schutz.
Setzt sich bei einem elektrischen Kran der Haken fest, so kommt der Motor zum
Stillstand, d.h. die elektromotorische Gegenkraft verschwindet und es besteht die
Gleichung
E = J .
w.
Ist dabei der gesamte Anlaßwiderstand schon abgeschaltet, so
bedeutet w den Widerstand von Anker- und Feldwicklung.
Der Strom wächst dann nach früherem auf das Zwanzigfache des normalen Wertes an.
Dieses Anwachsen geschieht ja nicht plötzlich aber doch in so kurzer Zeit, daß die
Schmelzsicherungen, die den Motor vor zu großen Stromstärken schützen sollen, nicht
folgen können, denn diese brauchen erfahrungsgemäß eine gewisse Zeit, sie sind also
für diesen Fall viel zu träge. Wenngleich eine so große Stromstärke nur für ganz
kurze Zeit andauern kann, so ist doch außer dem sicher auftretenden Verbrennen der
Ankerwicklung und der Kontakte des Steuerapparates eine Gefahr für das Zugorgan, für
das Triebwerk und auch für die Stabilität in bedrohlicher Weise nahegerückt. Der
zwanzigfachen Stromstärke dürfte ungefähr die zwanzigfache Höchstlast entsprechen.
Zugorgan und Triebwerkteile sind aber meist nur mit fünf- bis sechsfacher Sicherheit
berechnet. Für die Stabilität eines Kranes findet man in der Regel eindreiviertel-
bis zweifache Sicherheit. Mohr & Federhaff geben für ihre Portalkrane von 1500 kg
Tragkraft an, daß sich erst bei 3500 kg am Haken die hinteren Räder der Drehscheibe
von der Schiene abheben. Dieses Abheben tritt bei dem in D. p. J. 1907, S. 453
besprochenen Portalkran von 4 t Tragkraft erst bei 8,2 t am Haken ein.
Die Stromunterbrechung wird hier immer der wirksamste Schutz sein, aber sie muß
momentan erfolgen. Dieses momentane Ausschalten bei einer gewissen einstellbaren
Stromstärke kann durch einen Maximalausschalter bewirkt
werden. Man wird ihn so einstellen, daß er etwa bei einer Stromstärke anspricht, die
nicht allzu weit über dem wirksamsten Anlaufstrom liegt. Das Zweieinviertelfache der
normalen Stromstärke dürfte wohl den wirklichen Verhältnissen nahekommen.
Durch den Maximalausschalter schützt man auch den Motor gegen die Folgen
ungeschickten Steuerns. Denn geht der Führer beim Anlassen mit dem Kontrollerhebel
zu schnell vorwärts, so fliegt eben der Automat heraus. Der Führer muß übrigens
dahin instruiert werden, daß er, bevor er den Hebel des Automaten wieder einlegt,
den Kontrollerhebel erst in Nullstellung zu führen hat.
Textabbildung Bd. 323, S. 440
Fig. 96.Maximalausschalter der Allgem. Elektrizitäts-Gesellschaft.
Fig. 96 zeigt einen einpoligen Maximalausschalter für
Gleichstrom der A. E. G. für größere Stromstärken im
geöffneten Zustande. Im geschlossenen Zustande liegt das in der Mitte des Bildes
sichtbare Ringstück fest an den beiden oberen Kontaktstücken und vermittelt so den
Stromschluß. Die links sichtbaren Spiralwindungen werden von dem Hauptstrom
durchflössen und bilden einen Elektromagneten. Erreicht der Strom einen Wert, der
nicht überschritten werden soll, so ziehen die Windungen einen Anker an, womit eine
Klinke ausgelöst und die in der Mitte sichtbare Schraubenfeder freigegeben wird.
Diese reißt nun das ringförmige Stromschlußstück momentan von den Kontakten ab. Eine
wirksame Funkenlöschung sorgt für Unschädlichmachung des Abreißfunkens.
Die A. E. G. ordnet diese Apparate nicht im
Ankerstromkreis des Hubmotors, sondern in der Stromzuleitung an; dadurch wird der
Drehmotor zugleich gegen allzu große Stromaufnahme bei etwa auftretenden
Hindernissen während des Schwenkens geschützt.
In neuerer Zeit baut die A. E. G. auch Maximal- und
Minimalausschalter zusammen. Letzterer schaltet den Strom aus, wenn aus irgend
welchen Gründen die Netzspannung um 50 v. H. ihres normalen Wertes gesunken ist. Man
entlastet damit die Zentrale, bis die Spannung wieder gestiegen ist.
Maximalausschalter sind nicht nur bei Auslegerkranen sondern bei allen Kranen zu
empfehlen.
Textabbildung Bd. 323, S. 440
Fig. 97.Schaltschrank für Krane der
Allgemeinen-Elektrizitäts-Gesellschaft.
Sehr zweckmäßig für Krane erscheint mir auch der Schaltschrank der A. E. G. (Fig. 97).
Hauptausschalter, Maximalausschalter, Sicherungen, etwaige Meßinstrumente sind in
einem verschlossenen Kasten angeordnet, aus dem nur die Schalthebel seitlich
herausragen. Die obere vorspringende Scheibe zeigt an, ob Spannung vorhanden
ist.