Titel: | Neuere Pumpen und Kompressoren. |
Autor: | Fr. Freytag |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 444 |
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Neuere Pumpen und Kompressoren.
Von Prof. Fr. Freytag,
Chemnitz.
(Fortsetzung von S. 421 d. Bd.)
Neuere Pumpen und Kompressoren.
Fig.
119 und 120 zeigen das
Gehäuse einer doppeltwirkenden, schnellaufenden Kanalisationswasserpumpe der Deutschen Automat-Pumpenfabrik Otto Schwade & Co. in Erfurt, von 316 mm Plungerdurchm. und 500 mm
Hub, wie sie für 4,5 cbm/Min. auf 60 m Förderhöhe u.a. zweimal an die Gemeinde
Reinickendorf bei Berlin geliefert worden ist.
Die zur Erzielung rechtzeitigen Schlusses mechanisch gesteuerten Klappenventile – ein
Saug- und ein darüber liegendes Druckventil für jede Pumpenhälfte – bestehen aus entsprechend
widerstandsfähigen Platten mit auswechselbarer Lederdichtung, die gegen Ende des
Kolbenhubes auf den als besonderes Stück im Ventilkasten befestigten Sitz gedrückt
werden. Unmittelbar über den Klappen sind Flachfedern angeordnet, die zugleich als
Schlußhebel, als elastische Fänger und zur Aufnahme der toten Bewegung nach dem
Hubwechsel der Pumpe dienen sollen. In die an einer mittels Exzenters bewegten
Schwingscheibe angreifenden vier Steuerstangen sind Spiralfedern eingebaut, welche
für den normalen Klappenwiderstand angespannt sind, bei Vergrößerung des
Widerstandes durch Körper, welche zwischen Klappe und Sitz gelangen,
zusammengedrückt werden und damit Beschädigungen der Klappe und ihrer Steuerung
verhindern.
Textabbildung Bd. 323, S. 444
Fig. 119 u. 120. Schnellaufende Kanalisationspumpe der Deutschen
Automat-Pumpenfabrik Schwade & Co.
Durch seitlich am Pumpenkörper angebrachte, um Bolzen drehbare Verschlußdeckel sind
alle inneren Steuerungshebel, die Klappen und deren Sitze leicht zugänglich.
Von der Firma Ortenbach & Vogel in Bitterfeld werden sogen. Orvo-Pumpen
in den Handel gebracht, die mit einer Kolbenschiebersteuerung – also ohne Ventile – arbeiten, demzufolge hohe Umlaufzahlen
und große Saughöhen gestatten. Diese Pumpen werden in Zwillingsanordnung mit um 90°
gegenseitig versetzten Kurbeln und zumeist vierfachwirkend gebaut; ihre
Arbeitsweise ist dann gleich derjenigen einer vierfach wirkenden Kolbenpumpe
gewöhnlicher Bauart, bei der vier Saug- und vier Druckventile vorhanden sind.
Fig. 121 zeigt das Leistungsdiagramm einer
vierfachwirkenden Orvo-Pumpe während einer Umdrehung,
welches für die Saug- und Druckseite der Pumpe dieselbe Gleichförmigkeit ergibt.
Textabbildung Bd. 323, S. 444
Fig. 121.Leistungsdiagramm einer vierfachwirkenden Orvo-Pumpe.
Bei den Orvo-Pumpen erfolgt die Umsteuerung der
Wasserwege zwangläufig genau in den Totpunktlagen der Arbeitskolben, und zwar
unabhängig von der Umlaufzahl. Außerdem findet diese Umsteuerung, wie zur Erreichung
eines hohen Wirkungsgrades erforderlich, bei der höchsten Kolbengeschwindigkeit
statt und die Oeffnungsweite ist stets so groß, daß bei den verschiedenen
Kolbenstellungen die Durchflußgeschwindigkeit konstant bleibt, Drosselungen der
Flüssigkeit also ausgeschlossen sind. Letztere kann vielmehr der Bewegung des
Kolbens ohne Ueberwindung irgendwelcher Widerstände ungehindert folgen, so daß die
Orvo-Pumpen auch bei hohen Umlaufzahlen noch mit
großen Saughöhen arbeiten können; sie haben ferner, da Ventilschläge unmöglich sind,
einen ruhigen, stoßfreien Gang und sind wegen der zwangläufigen Bewegung sämtlicher
Teile auch nicht an bestimmte Umlaufzahlen gebunden.
Textabbildung Bd. 323, S. 444
Fig. 122.Stehende Orvo-Pumpe für Riemenantrieb von Ortenbach &
Vogel.
Fig. 122 zeigt eine stehende
„Orvo“-Schnell-Pumpe für Riemenantrieb. Auf den Kolbenstangen sitzen die
einfachwirkenden Arbeitskolben A1 und A2, wie auch die mit. halb so großem Querschnitt als
letztere ausgeführten, in Büchsen S1, bezw. S2 gleitenden und gleichzeitig als Differentialkolben
wirkenden Steuerkolben B1 und B2, von
denen jeder den auf benachbarter Stange sitzenden Arbeitskolben steuert. Da Arbeits- und
Steuerkolben – gegenüber den bisherigen Ausführungen von Schieberpumpen – auf gemeinsamer Stange befestigt sind und sich demzufolge
mit gleicher Geschwindigkeit bewegen, letztere aber in der Hubmitte der
Steuerkolben, in der die Umsteuerung erfolgt, ihren Höchstwert erreicht, ist es
möglich, denselben Ueberdeckungen geben zu können, so daß im Augenblicke des
Hubwechsels der Arbeitskolben der Druckraum der Pumpe – ohne nachteiligen Einfluß
auf den Gang derselben – bereits abgeschlossen ist. Bei der hohen
Umsteuerungsgeschwindigkeit, mit der die Orvo-Pumpen arbeiten, ist der Einfluß
dieser Ueberdeckung auf die Druckspannung im Pumpenzylinder wegen des nur kleinen
Weges, den die Arbeitskolben während der Druckperiode nach erfolgtem Abschließen des
Druckkanals bis zum Hubende noch zurückzulegen haben, äußerst gering.
Textabbildung Bd. 323, S. 445
Fig. 123.Orto-Senkpumpe von Ortenbach & Vogel.
Vierfachwirkende Orvo-Schnell-Pumpen für Riemen – motorischen und elektrischen
Antrieb werden für Förderhöhen bis 20 m und für Höchstleistungen von 40 bis 180
l/Min. mit 400 bis 290 Uml./Min. gebaut; sie erhalten Arbeitskolbendurchmesser von
50 bis 95 mm und 35 bis 50 mm Hub; ihr Kraftbedarf für 10 m Förderhöhe beträgt etwa
0,28 bis 0,75 PS. (Bei größeren Förderhöhen – bis 60 m – ist die Umlaufzahl zu
vermindern.)
Die äußere Ansicht einer Orvo-Senkpumpe mit
Rädervorgelege für elektrischen Antrieb ist in Fig.
123 dargestellt.
Den Horizontalschnitt durch die Pumpenzylinder einer liegenden Orvo-Pumpe, deren Arbeits- und Steuerkolben wieder mit A1, A2 bezw. B1, B2 bezeichnet sind –
letztere führen sich in Büchsen S1, S2
– und die Wirkungsweise dieser Pumpe läßt Fig. 124 erkennen.
Textabbildung Bd. 323, S. 445
Fig. 124.Liegende Orvo-Pumpe von Ortenbach & Vogel.
Da der Abschluß der Wasserwege bei den Orvo-Pumpen zwangläufig erfolgt, so kann man
denselben auf der Saugseite, unbeschadet der guten Wirkung, beliebige Luftmengen
zuführen, welche anstandslos nach der Druckseite gefördert werden. Das ist besonders
bei großen Saughöhen und langen Saugleitungen von Vorteil, bei denen sich die im
Wasser absorbierte Luft vor dem Eintritt in die Pumpe abscheidet und bei anderen
Pumpen Störungen durch Abreißen der Saugwassersäule zur Folge haben würde. Die
Orvo-Pumpen dagegen befördern diese Luftmengen in gleicher Weise wie nasse
Luftpumpen; sie können daher auch bei warmem Wasser trotz der sich bereits bildenden
Dämpfe noch eine beträchtliche Saughöhe überwinden.
Die Eigenschaft der Orvo-Pumpen, große Luftmengen unter hohem Vakuum fortschaffen zu
können, befähigt dieselben, unmittelbar als nasse
Luftpumpen zu arbeiten. Da kein Saugwiderstand vorhanden ist, kann hierbei
ein sehr hohes Vakuum auch bei größerer Umlaufzahl der Pumpe überwunden werden.
Auch als direkt wirkende Dampfpumpen und zwar mit und ohne Expansion – im letzteren
Falle noch mit Kraftausgleich – arbeitend, sind die Orvo-Pumpen ausgeführt
worden.
(Fortsetzung folgt.)