Titel: | Ueber die Wandungstemperaturen in einem Gasmaschinenzylinder. |
Autor: | Max Ensslin |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 466 |
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Ueber die Wandungstemperaturen in einem
Gasmaschinenzylinder.
Von Dr.-Ing. Max
Ensslin-Stuttgart.
Ueber die Wandungstemperaturen in einem
Gasmaschinenzylinder.
Den Gasmaschinen eigentümlich ist das Auftreten sehr hoher Temperaturen im
Innern der Zylinder – Temperaturen, deren Größtwert 1500 und 2000° C und deren
Mittelwert 500 und 600° C beträgt. Man ist deshalb gezwungen, die von den heißen
Verbrennungsgasen berührten Wände zu kühlen, damit die Zylinderschmierung wirksam
bleibt, das Material seine Festigkeit nicht einbüßt, keine Frühzündungen eintreten
und ein genügend großes Ladungs- oder Luftgewicht angesaugt werden kann. In einem
Zylinder sind einzelne Wandungsteile, die den heißen Verbrennungsgasen ausgesetzt
sind, wärmer als andere, die vom Kühlwasser oder der Außenluft berührt werden: auch
in der Richtung der Wandstärke treten Temperaturunterschiede auf, wenn die Wand
einesteils unter der Einwirkung der heißen Gase, andererseits unter der des
Kühlwassers oder der Luft steht. Kann sich die Wärmeausdehnung nicht frei ausbilden,
so entstehen die sogen. Wärme- oder Temperaturspannungen, die zu der Beanspruchung durch
den Gasdruck und zu den Gußspannungen hinzutreten. Man hat die Temperaturspannungen
in manchen Konstruktionen einfach in Kauf genommen, in anderen suchte man sie zu
mildern, indem man die kälteren Teile so nachgiebig zu machen strebte, daß sie der
Ausdehnung der wärmeren keinen so großen Widerstand entgegensetzen; wieder andere
Konstruktionen sind durch allerhand Rippen möglichst unnachgiebig gemacht; und
schließlich sind bei einigen Konstruktionen die kälteren und wärmeren Teile
konstruktiv so voneinander getrennt, daß sie sich möglichst unabhängig und
spannungsfrei voneinander ausdehnen können. Aus der vielfachen Art der konstruktiven
Lösungen, die bis heute unternommen sind, erhellt das tatsächliche Interesse, das
der Frage der Wärmespannungen zukommt. An einer wissenschaftlichen Bearbeitung, auf
Grund deren die verschiedenen Konstruktionen verglichen und die Erfahrungen geordnet
werden könnten, fehlt es, mit Ausnahme der Untersuchung einiger besonderer Fälle,
fast ganz; jener stehen freilich ganz erhebliche Schwierigkeiten entgegen, nicht
blos in Bezug auf die Spannungsberechnung, sondern auch, was ja die Voraussetzung
hierzu bildet –, hinsichtlich der Kenntnis der Temperaturen. Außer einigen
orientierenden Beobachtungen von E. Körting, die an
einer Körtingschen Doppeltzweitaktmaschine mit
einfachsten Hilfsmitteln ausgeführt worden sind, ist mir kein Experiment zur
Ermittlung der Temperaturen bekannt. Die Temperaturen müßten im Beharrungszustand
der Maschinen mit Thermoelementen gemessen werden, wie dies von Seiten Holborns und Dittenbergers
in der Physikalisch-technischen Reichsanstalt gelegentlich von Untersuchungen über
den Wärmedurchgang durch Heizflächen (Mitteilungen über Forschungsarbeiten,
herausgegeben vom Verein Deutscher Ingenieure, Heft 2) geschehen ist.
So lange man nun die Temperaturen in den einzelnen Wandungsteilen der
Gasmaschinenzylinder nicht beobachtet hat, bleibt nichts anderes übrig, als mit
Hilfe der Ueberlegung diese Temperaturen zu schätzen, was im Folgenden versucht ist.
Vielleicht regt eine solche Schätzung zur Vornahme von unmittelbaren Messungen an,
zum mindesten zur Vornahme von sorgfältigen Kühlwassermessungen.
Die Temperatur der gekühlten Wände eines Gasmaschinenzylinders ist sicherlich an
verschiedenen Stellen ungleich und schwankt periodisch, da die einzelnen
Wandungsteile verschieden hohen Temperaturen ausgesetzt sind und dazu noch
verschieden lange Zeit, und da die Gastemperatur während eines jeden Arbeitsspiels
schwankt. Wir sehen von der Verschiedenheit der Temperatur in den einzelnen Teilen
derselben Wand – also der Laufbüchse samt Einlaß- und Auslaßstutzen, der
Deckeloberfläche und der Kolben- und Stangenoberfläche – ab, desgleichen von den
Temperaturschwankungen, und berechnen die konstante
Mitteltemperatur der genannten Wandungsteile. Dazu werden die Wärmemengen
benutzt, die in der PSe-Std. durch die gekühlte
Fläche gehen. Bezüglich der Größe dieser Wärmemengen stütze ich mich auf Angaben
einiger Firmen (Schüchtermann & Kremer, Nürnberg Körting) und auf einige Versuche von
Eugen Meyer an einer Oechelhäuser-Koksofengasmaschine, sowie von A.
Nägel an einem 8 PS-Körting-Motor.
An einer großen doppeltwirkenden Viertaktmaschine für
Hochofengas gehen – erhaltener Angabe zufolge – in einer PSe-Std. ins Kühlwasser
insgesamt
(600 bis 800)
800 WE
––––––––––––––––––––
davon in Kolben- und Kolben- stangenkühlwasser
(180 bis 250)
210 WE
in das Deckelkühlwasser (ange- nommen)
190 WE
in das Mantelkühlwasser somit
400 WE
––––––––––––––––––––
Summe
= 800 WE
Eugen Meyer beobachtete, daß in das Kühlwasser des
Zylindermantels einer 600 PS-Oechelhäuser-Koksofengasmaschine (D = 675,
S = 950, n = 70 bis
110) in einer PSe-Std. gehen
340 bis 550 WE
die kleinere Zahl bei starker, die große bei schwacher
Belastung (s. Zeitschr. d. V. d. Ing. 1905, S. 328). Die größte stündlich vom
Zylinderkühlwasser aufgenommene Wärmemenge war rd. 230000 WE. Sie geht über: a) durch die
zwischen den beiden gegenläufigen Kolben, in derer äußerer Totlage befindliche
Kühlfläche, deren Größe rd. 4,4 qm ist; b) durch die in der gleichen Totlage die
beiden Kolben umgebende Kühlfläche; c) durch die Kühlfläche, welche die
Auspuffschlitze ringförmig umschließt. Die zuerst genannte Fläche überführt
zweifellos den größten Teil der Wärme ins Kühlwasser, ich schätze 215000 WE/Std.
Nach Versuch 118 von Nägel (vergl. Mitteilungen über
Forschungsarbeiten, herausgegeben vom Verein Deutscher Ing.) gehen bei 6,13 PS
Nutzlast stündlich 11360 WE ins Kühlwasser des 8 PS-Körting-Motors bei Leuchtgasbetrieb (D = 175,
S = 342, n = 220 bis
225); davon gehen durch den Zylinderkopf rd. 6300, durch den Mantel 5060 = rd. 5100
WE/Std. Die Manteloberfläche, bis zur äußeren Totlage des Kolbens gemessen, ist
0,182 qm. Die in einer PSe-Std. durch den Mantel ins
Kühlwasser gehende Wärme ist rd. 830 WE, Die Wandstärke des Zylindermantels ist 2
cm.
Nach den Versuchen von Nägel über den Einfluß des
Mischungsverhältnisses geht mit zunehmender Verdünnung der Ladung weniger Wärme ins
Kühlwasser, was sich daraus erklärt, daß mit der Verdünnung der Ladung die
Verbrennung verlangsamt wird und die Verbrennungs- und Expansionstemperaturen
niederer werden.
Nägels Versuche ergeben nämlich folgende Zahlen:
Stündliche Wärmeabfuhr an das Kühlwasser
1. Versuch Nr.
118
119
120
121
123
2. Vol. Luft: Leuchtg.
5,22
6,2
6,7
7,2
8,1
3. Zylinderkopf
6290
5800
5450
5090
4710 WE
4. Zylindermantel
5060
4390
3920
3630
3200 WE
5. WE in 1 PSe-Std.
826
724
653
604
520 WE
Gebr. Körting garantieren bei ihren Doppelzweitaktmotoren eine Wärmeabführung an das
Kühlwasser
des Kolbens und der Stange von
300 WE
des Zylindermantels und -Kopfes von
600 WE
in einer PSe-Std., Zahlen, die
nach Mitteilungen meist nicht erreicht werden, also als Grenzwerte anzusehen wären.
Bezüglich der Temperaturverteilung nehme ich an, die Temperatur ändere sich nach
einem linearen Gesetz in Richtung der Wandstärke, eine
Annahme, deren Zulässigkeit weiter unten erörtert wird. Den Wärmedurchgang verfolgen
wir auf dem Weg durch die Wand, innerhalb deren es sich um Wärmeleitung handelt. Für den stündlichen Wärmestrom hat man nach Fouriervergl. die
Schlußnote.
Q=\lambda\,\cdot\,F\,\cdot\,\frac{T_2-T_1}{d}
^{\mbox{WE}}/_{\mbox{Std.}}=\frac{\mbox{WE}}{\mbox{qm}\,\cdot\,\mbox{Std.}\,\cdot\,^{\circ\mbox{
C}}/_{\mbox{m}}}\,\cdot\,\mbox{qm}\,\cdot\,^{\circ\mbox{
C}}/_\mbox{m},
wobei λ der
Wärmeleitungskoeffizient, F die Heiz- oder Kühlfläche,
T2
– T1 der
Temperaturunterschied, \frac{T_2-T_1}{d} das Temperaturgefälle
ist und die benutzten Einheiten unter die Gleichung geschrieben sind. Der
Wärmeleitungskoeffizient λ ist von der Eisensorte, auch
von der Temperatur, abhängig, ich rechne mit dem Mittelwert λ = 50. Es sollen nunmehr die mittleren Wandtemperaturen in einem
DW-Viertaktzylinder (Hochofengas), im Zylindermantel einer Oechelhäuser- und Körtingschen
Zweitaktmaschine, im Zylindermantel einer kleinen einfachwirkenden Viertaktmaschine
(Leuchtgas) und in der Wand eines ungekühlten, einfachwirkenden Kolbens
näherungsweise ermittelt werden:
α) Zylinder einer DW- Viertakt-Hochofengasmaschine.
Der Zylinder (Nürnberger Konstruktion) ist in Fig. 1
dargestellt; seine Leistung ist zu 750 PS angegeben.
Textabbildung Bd. 323, S. 466
Fig. 1.
Die beiden Kolbenböden haben eine den heißen Gasen ausgesetzte Oberfläche von rd. 2 .
7000 = 14000 qcm = 1,4 qm. Die Fläche ist von Kolbennabe bis Beginn des
zylindrischen Kolbenmantels gerechnet. Die Stange ist 26 cm stark und mit 11 cm
Bohrung versehen; die während eines Hin- und Herganges von den heißen Gasen berührte
Länge ist rd. 2,6 m.
An das Kolben- und Stangenkühlwasser gehen stündlich über
750 PSe . 210 WE/PSe-Std. = 158000 WE/Std.
Diese Wärmemenge gelangt zum weitaus größeren Teil durch die
Kolbenwand ins Kühlwasser, zum kleineren Teil durch die Stange. Für den
Wärmeleitungsstrom durch die Wand eines Hohlzylinders (Stange), dessen Außenseite
auf einer konstanten, höheren Temperatur gehalten wird, als die Innenseite,
giltvergl. die
Schlußnote. (Temperaturdifferenz ∆ T1):
\begin{array}{rcl}Q_1&=&2\,\pi\,\cdot\,\lambda\,\cdot\,l\,\cdot\,\Delta\,T_1\,\cdot\,l\,n\,\frac{r_a}{r_i}\\
&=&2\,\pi\,\cdot\,50\,\cdot\,2,6\,\cdot\,\Delta\,T_1\,\cdot\,0,8\\
&=&650\,\cdot\,\Delta\,T_1.\end{array}
Durch die beiden Kolbenböden von F = 1,4 qm und d = 0,04 m gehen bei einem
Temperaturunterschied von ∆ T2° C zwischen Außen- und Innenfläche:
Nimmt man den Temperaturunterschied ∆ T1 in der Stange schätzungsweise zu 30 bis
50°C an, so wird
Q1 =
650 (30 bis 50) = rd. 20000 bis 32000 WE/Std.
Für die durch die Kolbenböden gehende Wärme bleibt somit
Q2 =
158000 – (20000 bis 32000)
= 138000 bis 126 000 WE/Std.,
womit sich der Temperaturunterschied an der Innen- und
Außenfläche des Kolbenbodens ergibt zu:
\Delta\,T_2=\frac{138000\mbox{ bis }126000}{1750}=79\mbox{ bis
}72^{\circ}\mbox{ C}.
Das Temperaturgefälle in der Kolbenwand (d = 4 cm) ist also
T_g=\frac{79}{4}\mbox{ bis }\frac{72}{4}=\mbox{rd.}\,20\mbox{ bis
}18^{\circ}^{\mbox{ C}}/_{\mbox{cm}}.
Zwischen Metallwand und Wasser bildet sich ein Temperatursprung aus, über dessen Größe Austin und Dittenberger in
der Physikalisch-technischen Reichsanstalt Beobachtungen angestellt haben;s. Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1902, S.
1890. sie fanden bei Wärmeübergang aus einer schmiedeeisernen
Wand in umgerührtes Wasser von 30 und 50° C den Temperatursprung ∆° C gleich 0,94
bis 0,83 mal dem Temperaturgefälle Tg° C/cm, also
\frac{\mbox{Temperatursprung}\,^{\circ}\,\mbox{C}}{\mbox{Temperaturgefälle}\,^{\circ}^{\mbox{
C}}/_{\mbox{cm}}}=\frac{\Delta}{T_g}=0,94\mbox{ bis }0,83.
Mit verminderter Stärke der Wasserbewegung wurde der
Temperatursprung größer; da in einem Kolben eine nur mäßige Wasserbewegung
anzunehmen ist, so schätzen wir den Temperatursprung auf
∆ = (1 bis 1,5) Tg
also auf
= (1 bis 1,5) . 20 = 20 bis 35° C,
damit sind wir zu folgender Schätzung der Mitteltemperaturen
in dem Kolbenboden gelangt:
Kühlwassertemperatur
35° C
Innenwand des Kolben- bodens
55 bis 70° C
Außenwand
(127 bis 134) bis (142 bis 150)° C
Mittelfläche
(91 bis 94,5) bis (106 bis 109,5)° C
Von der Kolbennabe kann angenommen werden, daß sie die
Temperatur des Kühlwassers habe.
Der Kolbenmantel ist dagegen im Durchschnitt
wahrscheinlich wärmer als die Kolbennabe und in der Mittelfläche kälter als der
Kolbenboden. Ich schätze die Mitteltemperatur des Kolbenmantels auf 75° C, ohne
freilich einen sicheren Anhalt für diese Schätzung zu haben.
Durch die gekühlte Fläche des Zylinders, bestehend aus
der Oberfläche der Laufbüchse und der Einlaß- und Auslaßstutzen (F = 7,2 qm) gehen stündlich bei 750 PSe Belastung 750 . 400 = 300000 WE (s. oben) ins
Kühlwasser. Wie oben findet man den mittleren Temperaturunterschied zwischen Innen-
und Außenseite der Zylinderwand (Wandstärke 6 cm = 0,06 m) aus der Gleichung
Q=\lambda\,\cdot\,F\,\cdot\,\frac{T_2-T_1}{d}
300000=50\,\cdot\,7,2\,\cdot\,\frac{T_2-T_1}{0,06}
T2– T1 = 50° C,
Das Temperaturgefälle in der Wand der Laufbüchse und der
Einlaß- und Auslaßstutzen ist somit im Durchschnitt:
T_g=\frac{50\,^{\circ}\,\mbox{C}}{6\,\mbox{cm}}=8,3\,^{\circ}\,^{\mbox{C}}/_{\mbox{cm}}.
Nach dem oben Bemerkten werde der Temperaturursprung zwischen
Metallwand und Kühlwasser zu 10° C angenommen. Die Temperatur im Wassermantel sei
35° C. Wir gelangen somit zu folgender Schätzung der Mitteltemperaturen in dem
Zylinder
Kühlwasser im Wassermantel (angenommen)
35° C
Außenseite der Laufbüchse und der Einlaß-
und Auslaßstutzen
45 „
Innenseite der Laufbüchse und der Einlaß-
und Auslaßstutzen
95 „
Mittelfläche der Laufbüchse und der Einlaß-
und Auslaßstutzen
70 „
Da infolge des Temperaturunterschiedes zwischen Laufbüchse und Kühlmantel in der
ersteren Druck, in dem letzteren Zug und im Verbindungsflansch Biegung entsteht, so
ist es von Interesse, diesen Temperaturunterschied zu kennen, von dessen Größe
der Betrag der Zug-, Druck- und Biegungsspannung abhängt.
Wir sahen nun soeben, daß die durchschnittliche Temperatur der Mittelfläche der
Laufbüchse etwa 70° sei; jedoch nur auf der Erstreckung von 1,95 m, die den heißen
Gasen unmittelbar ausgesetzt ist; da wo die Zylinderdeckel hereinragen, ist aber die
verlängerte Laufbüchse nicht so warm; die Temperatur ist daselbst jedenfalls höher
als die des Kühlwassers, nehmen wir 40 bis 50° C an, dann ist die Mitteltemperatur
der Laufbüchse samt Verlängerung (Gesamtlänge 2.6 m; hiervon den heißen Gasen
unmittelbar ausgesetzt 1,95 m; Rest 0,65 m): 62,5 bis 65°C.
Die Temperatur des Kühlmantels dürfte um wenig niederer sein als diejenige des
Kühlwassers, also etwa 30° C, so daß die Laufbüchse um rd. 35° C wärmer sein wird
als der Kühlmantel.
Die den Kompressions- oder Verbrennungsraum begrenzenden Wandteile besitzen natürlich
eine Temperatur, die über dem soeben berechneten Mittelwert liegt. Diese Wandflächen
sind den heißen Gasen genau ebenso ausgesetzt wie der Kolbenboden (oder der
Zylinderdeckel) sowohl hinsichtlich der Höhe der Gastemperatur als auch hinsichtlich
der Zeitdauer der Berührung mit den heißen Gasen.
Weitere Ueberlegungen, die ich nicht im einzelnen mitteilen will, haben ergeben, daß
das Temperatur-Gefälle in der Wand des
Kompressionsraums nicht viel von demjenigen im Kolbenboden verschieden sein wird; es
wurde ein wenig niederer gefunden. Da die Wand in den zwiebelförmigen Einlaß- und
Auslaßstutzen dicker ist als die Kolbenwand, so ist der Temperaturunterschied
zwischen Außen- und Innenfläche, der am Kolbenboden 79 bis 72° C war, an den
genannten Stutzen (Dicke 5,5 cm) rd. 100°, an der zylindrischen Begrenzung des
Kompressionsraumes zwischen Zylinderdeckel und Zündungstotlage des Kolbens (Dicke 6
cm) rd. 110° C. An der Durchdringungsstelle von Einlaß- oder Auslaßstutzen mit der
Laufbüchse befindet sich im Längsschnitt eine Uebergangsstelle, die bei den früheren
Zylinderkonstruktionen zur Kürzung der Baulänge als scharfe Ecke ausgebildet war,
wobei die Wandstärke leicht recht groß wurde (z.B. 11 cm), und damit auch der
Uebergangswiderstand für den ins Kühlwasser gehenden Wärmestrom. An dieser schlecht
gekühlten Stelle werden wesentlich höhere Temperaturunterschiede auftreten als die
soeben erwähnten.
Das Temperaturgefälle in der Wand des Zylinderdeckels
ist dem Gefälle im Kolbenboden ähnlich.
Die Laufbüchse empfängt Wärme von den Verbrennungen auf der Vorder- und auf der
Hinterseite des Kolbens, wenigstens die zwischen den beiden Totpunktstellungen des
Kolbens befindliche Fläche.
β) Der
Zylindermantel einer Oechelhäuser-Maschine (Fig.
2).
Diese Maschine ist gleichwertig zwei einfachwirkenden Zweitaktmotoren. Der
Zylindermantel empfängt bei jeder Kurbelumdrehung einmal Wärme. Bei der von Eugen Meyer untersuchten Maschine (s. oben) ist die
gekühlte Fläche rd. 4,4 qm, die stündlich durch den Kühlmantel der Laufbüchsen
gehende Wärme 215000 WE. Der zugehörige Temperaturunterschied zwischen Außen- und
Innenwand folgt, wenn der Wärmeleitungskoeffizient λ =
50 gesetzt wird, aus der Gleichung:
Q=\lambda\,\cdot\,F\,\cdot\,\frac{T_2-T_1}{d}
215000=50\,\cdot\,4,4\,\cdot\,\frac{T_2-T_1}{0,055}
T2 –
T1 = 54° C.
Das mittlere Temperaturgefälle in den Laufbüchsen ist somit
T_g=\frac{54}{5,5}=\mbox{rd.}\,10\,^{\circ}\,^{\mbox{C}}/_{\mbox{cm}}.
Der Zylinder der Körtingschen Doppelzweitaktmaschine ist so gebaut, daß in den Kühlmantel von beiden
Seiten je eine Laufbüchse hereingeschoben wird, wobei ein Zwischenraum von etwa 3 mm
verbleibt, damit die Laufbüchsen sich bei ihrer Erwärmung frei ausdehnen können.
Jede Laufbüchse empfängt bei einer Kurbelumdrehung einmal Wärme. Von den auf der
einen Kolbenseite erfolgenden Verbrennungen wird nur an eine Laufbüchse Wärme abgegeben; die andere Laufbüchse ist von dem sehr
langen Kolben der Körting-Maschine bedeckt, so daß sie
von den heißen Gasen auf der erstgenannten Kolbenseite nicht getroffen wird. Die
Laufbüchse der Körtingschen Doppelzweitaktmaschine
steht somit hinsichtlich der Erwärmung durch die Verbrennungsgase unter ganz
ähnlichen Verhältnissen wie die der Oechelhäuser-
Maschine.
Textabbildung Bd. 323, S. 468
Fig. 2.
γ) Einfachwirkender 8 PS-Motor (Fig.
3).
Durch die Laufbüchse (Zylindermantel) gehen bei 6 PS Belastung unter den schon oben näher
bezeichneten Verhältnissen rund 5100 WE/Std. in das Kühlwasser. Diese Zahl dürfte bei
höchster Belastung des Motors noch größer sein (6000 bis 6400 WE/Std.).
Textabbildung Bd. 323, S. 468
Fig. 3.
Wie oben findet man den mittleren Temperaturunterschied zwischen Innen- und
Außenseite der Einsatzbüchse (Wandstärke 2 cm = 0,02 m;
gekühlte Oberfläche F = 0,188 qm)
Q=\lambda\,\cdot\,F\,\cdot\,\frac{T_2-T_1}{d}
5100=50\,\cdot\,0,188\,\cdot\,\frac{T_2-T_1}{0,02}
T2– T1 = 10,8° C.
Würde man die höhere Zahl 6400 WE für die stündlich ins Mantelkühlwasser gehende
Wärme zu Grunde legen, so erhielte man einen mittleren Temperaturunterschied in der
Wand von
T2– T1 = 13,8° C.
Das Temperaturgefälle in der Wand der Laufbüchse beträgt also auf 1 cm
T_g=\frac{10,8}{2}\mbox{ bis }\frac{13,8}{2}=5,4\mbox{ bis
}6,9\,^{\circ}\,^{\mbox{C}}/_{\mbox{cm}}.
Man erkennt, daß das in dem Zylindermantel der kleinen
einfachwirkenden Gasmaschine auftretende Temperaturgefälle kleiner ist als bei den
großen doppeltwirkenden Viertaktmaschinen oder Zweitaktmaschinen. Der gesamte
Temperaturunterschied in Richtung der Wandstärke ist bei den großen Maschinen
überdies wegen der größeren Wandstärke bedeutender. Es scheint, daß bei großen
Maschinen, in denen die gekühlte Oberfläche im Vergleich zum Gasvolumen kleiner
wird, stärkere Wärmeströme durch die Wand gehen und größere Temperaturgefälle in
Richtung der Normalen zur Wand auftreten.
δ) Kolbenboden ohne Wasserkühlung.
Als Mitteltemperatur im Verbrennungsraum seien 500° C angenommen, als Lufttemperatur
unter dem Kolbenboden 60° C. Zwischen Verbrennungsgasen und Kolbenboden einerseits
und zwischen Kolbenboden und Luft andererseits entsteht ein Temperatursprung, auf
dessen Größe ein Belag von Schmieröl oder eine Kruste von unvollständig verbranntem
Brennstoff oder Oelkohle am Kolbenboden von Einfluß ist, ebenso die Geschwindigkeit,
mit welcher die den Kolbenboden berührenden Gas- und Luftschichten ersetzt
werden.
Es bedeute
T0
die obere Temperatur (Verbrennungsgase)° C
T1
die Temperatur des Kolbenbodens auf der Gasseite,
T2 „ „ „
„ „ „ Luftseite,
Tu
die untere Temperatur (Luft),
λ den Wärmeleitungskoeffizienten
des Kolbenmaterials
\frac{\mbox{WE}}{\mbox{qm}\,\cdot\,\mbox{Std.}\,\cdot\,^{\circ}\,^{\mbox{C}}/_{\mbox{m}}},
a1
den Wärmeübergangskoeffizienten zwischen Gas und Wand WE/qm . Std.° C,
a2
den Wärmeübergangskoeffizienten zwischen Wand und Luft WE/qm . Std.° C,
Q den stündlichen Wärmestrom
WE/Std.,
F die Kolbenfläche qm,
d die Wandstärke des Kolbens
m.
Dann gilt zwischen Gas und Kolbenwand
\frac{Q}{F}=\alpha_1\,(T_0-T_1),
in der Wand
\frac{Q}{F}=\lambda\,\frac{T_1-T_2}{d},
zwischen Kolbenwand und Luft
\frac{Q}{F}=\alpha_2\,\cdot\,(T_2-T_u)
hieraus
\frac{Q}{F}=\frac{T_0-T_u}{\frac{1}{\lambda/d}+\frac{1}{\alpha_1}+\frac{1}{\alpha_2}}=K\,\cdot\,(T_0-T_u).
Beispiel: T0 = 500°
C, Tu = 60° C, d = 1 cm = 0,01 m, λ = 50;
der Luftwechsel hinter dem Kolben dürfte bei vielen Gasmotoren ein recht wenig
lebhafter sein, da die Luft wie eine träge Masse mit dem Kolben hin- und hergeht.
Aus diesem Grunde wäre für den Wärmeübergangskoeffizienten a eine niedere Zahl zu wählen, d.h. ein beträchtlicher Temperatursprung
zwischen Gas und Wand bezw. zwischen Wand und Luft zu erwarten. Andererseits zeigen
die Beobachtungen EberlesAnmerkungszeichen zu dieser
Fußnote fehlt im Text.Nach neueren Beobachtungen ist der
Wärmeübergangskoeffizient:1. von Eisen in ruhende Luft, d.h. ohne
künstlichen Luftzug (Chr.
Eberle)α = 14,42. von überhitztem Dampf in Eisen (Eberle) Dampfgeschwindigk.
etwa 10 m/Sek.α = 76 „ „ „
30 „α = 1663. von gesättigtem Dampf in Eisen (Eberle) Dampfgeschwindigkeit
0α = 22704. von Eisen in nicht siedendes umge-rührtes
Wasser (phys. techn. Reichsanst.) Wassertemperatur 20°
Cα = rd. 4700 „ 30 „α = 4500 bis 5700 „ 50 „α = 5900 „ 6200von Eisen in siedendes Wasser Wasser nicht
umgerührta = 2150 „ 5000 „ umgerührtα = rd. 6400Die Versuche Eberles haben ergeben, daß der
Wärmeübergangskoeffizient a mit steigendem
Temperaturunterschied wächst. (Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing.
1908, S. 629), daß die Zahl K in der letzten Gleichung
mit steigendem Temperaturunterschied größer wird. Ich nehme an, der
Uebergangswiderstand von Gas zur Wand und derjenige von der Wand zur Luft seien
gleich groß und wähle in Anlehnung an die Beobachtungen Eberles a1 = a2 = 52, womit man für die stündlich durch
1 qm Kolbenfläche gehende Wärmemenge erhält:
Q/F = 11400 WE/qm . Std.
Ferner wird das Temperaturgefälle in der Kolbenwand 2,3° C/cm
und die Wandtemperatur auf der Gasseite rd. 28 i° C und auf der Luftseite rd. 279°
C, der Temperatursprung beträgt auf beiden Seiten 219° C.
Einfluß der Wandstärke: Die Rechnung zeigt, daß die
Wandstärke fast ohne Einfluß auf das Temperatur-Gefälle
ist; der Gesamttemperaturunterschied zwischen Innen- und Außenfläche des Bodens
wächst jedoch proportional mit der Wandstärke.
Wir schließen aus dem Vorangehenden, daß der ganze Kolbenboden bei Luftkühlung sehr
heiß wird, daß aber das Temperaturgefälle in Richtung der Wandstärke gering ist. Es
erklärt sich auch die zuweilen beobachtete Tatsache, daß an den Kolbenboden
gelangendes Schmieröl (auf der luftberührten Seite) festbackt.
Eine solche Schicht erhöht den Uebergangswiderstand, ist jedoch auf das
Temperaturgefälle in der Kolbenwand von geringem Einfluß, dieses bleibt
verhältnismäßig klein, wie man sich leicht überzeugt, wenn man in die obige Rechnung
einen anderen Wärmeübergangskoeffizienten einsetzt. Eine Oel- oder Schmutzschicht
auf der Gasseite des Kolbenbodens hat nur die Wirkung, daß der Boden weniger heiß
wird, auf der Luftseite dagegen würde eine solche Schicht die Wandtemperatur
erhöhen.
Im Gegensatz zur Luftkühlung des Kolbens wird durch Wasserkühlung ein Temperaturgefälle von größerem Betrag
erzielt und die Wandtemperatur heruntergesetzt; es wird eben bei Wasserkühlung der
sogen. Uebergangswiderstand für den Wärmestrom zwischen Wand und Wasser
geringer (vergl. Fußnote), womit auch die Stärke dieses Stromes größer werden
kann.
Vergleich der Stärke des Wärmestromes in einzelnen
Wandungsteilen von Gasmaschinenzylindern.
Es ist von Interesse, die Höhe der Beanspruchung der gekühlten Wandungen in
Gasmaschinenzylindern zu vergleichen – die Beanspruchung im Sinne der Beanspruchung
einer Kesselheizfläche verstanden. In einem Kessel mögen z.B. auf 1 qm Heizfläche
stündlich 20 kg gesättigter Dampf von 630 WE/kg Wärmeinhalt erzeugt werden, d.h. es
gehen durch 1 qm Heizfläche durchschnittlich in einer Stunde 20 . 630 = 12600 WE/qm.
Std.Die Beanspruchung
der Heizfläche eines Dampfkessels ist an verschiedenen Stellen des Kessels
sehr ungleich. Strahl berechnet z.B. für einen
Lokomotivkessel aus Verdampfungsversuchen, Temperaturmessungen und
Rauchgasanalysen in Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1905, S. 722, daß auf 1
qm Feuerbüchsheizfläche stündlich 312 kg Dampf von 640 WE/kg Wärmeinhalt
erzeugt werden, was einer Beanspruchung dieser Heizfläche mit 312 – 640 =
200000 WE/qm i. d. Std. entspricht; die in der Feuerbüchse dauernd
vorhandene Temperatur ist zu 1350 – 1500° C angegeben. Fuchs (Forschungsarbeiten, herausgeg. v. Ver.
deutsch. Ing., Heft 22) untersuchte die Verschiedenheit der
Heizflächenbeanspruchung an einem Wasserrohrkessel und fand bei einer
mittleren Verdampfung von 24 kg/qm i. d. Std.
als höchste Zahl 67680 WE/qm i. d. Std. und als niederste 1826 WE/qm i. d.
Std. an Wandungsstellen, die a. a. O. näher bezeichnet s in d.
Dies wäre die durchschnittliche „Beanspruchung“ der Heizfläche. Aus den oben
angeführten Zahlen folgt die stündlich durch 1 qm der gekühlten Wand eines
Gasmaschinenzylinders gehende Wärme
in einem DW-Viertaktzylinder (750 PS)Zylindermantel
(Laufbüchse)
rd. 42000 WE
Kolbenboden
rd. 100000 „
in einem Zweitaktmotor Oechelhäuser (600 PS)Zylindermantel
rd. 50000 „
in einem einfachwirkenden Viertaktmotor (8
PS)Zylindermantel (6 PS Belastung)
rd. 28000 „
Kolbenboden ohne Wasserkühlung
etwa 11000 „
Anmerkung über die Wärmeleitung.
Im Vorangehenden ist der Einfachheit halber stets angenommen
worden, die Temperatur ändere sich auf der Normalen zur Wandfläche, nach einem
linearen Gesetz. Diese Annahme wird man für den Zweck einer Temperaturschätzung auf
jeden Fall machen; damit man jedoch sieht, unter welchen Bedingungen die Annahme
streng erfüllt ist und unter welchen sie nicht oder nur näherungsweise gilt, möge
hier die Grundanschauungen der Lehre von der Wärmelehre, die Fourier aus den Beobachtungstatsachen formuliert hat, wiederholt
werden.
Man geht am besten von einer unendlich ausgedehnten ebenen Wand aus, deren beide Oberflächen auf
konstanter, aber verschiedener Temperatur gehalten werden. Dann fließt normal zur
Wand ein Wärmestrom, unter dem Einfluß des
Temperaturunterschiedes; nach der Seite hin wird von der Wärme nichts abgelenkt. Der
Wärmestrom ist konstant, d.h. mit der Zeit nicht veränderlich und wird, als stationärer Wärmestrom bezeichnet. Ohne weiteres ist
klar, daß die stündlich durch ein auf der unendlichen Platte abgegrenztes
Flächenstück fließende Wärme dem Inhalt F dieser Fläche
proportional ist. Sodann ist nach der Anschauung Fouriers zur Fortbewegung des Wärmestromes ein Temperaturgefälle nötig, worunter er die Temperaturänderung auf der
Längeneinheit des Stromweges versteht. Legt man in der Richtung der Normalen zur
Wand eine x- Achse und bezeichnet einen in der + x-Richtung fließenden Wärmestrom mit + Qs, so wird beim
Fortschreiten um + d x die Temperatur um – d T abnehmen, das Temperaturgefälle also
=-\frac{d\,T}{d\,x} sein. Nach Fouriers von der Erfahrung bestätigter Annahme wird der Wärmestrom
verdoppelt, wenn das Temperaturgefälle verdoppelt wird. Schließlich hängt der
Wärmestrom auch von der Leitfähigkeit des Materials für die Wärme ab, von der
Wärmeleitungsziffer λ. Was man darunter versteht,
ersieht man aus der Fig. 4, die einen Würfel von 1 m Kantenlänge
zeigt, dessen eine Seitenfläche um 1° C wärmer ist als die andere. Man mag ihn auch
aus einer unendlich ausgedehnten Wand von 1 m Dicke abgegrenzt denken. Durch diesen
Würfel fließt stündlich unter dem Einfluß eines Temperaturgefälles von 1° C auf 1 m
ein Wärmestrom λ, wo mit die Wärmeleitungsziffer
definiert ist. Versuche ergeben für Eisensorten λ in
der Nähe von 50, für Kupfer 330; auch findet man eine gewisse Abhängigkeit von der
absoluten Höhe der Temperatur.
Textabbildung Bd. 323, S. 470
Fig. 4.
Was hier gesagt wurde, wird durch die Gleichung
zusammengefaßt:
Q_s=-\lambda\,\cdot\,F\,\cdot\,\frac{d\,T}{d\,x}
^{\mbox{WE}}/_{\mbox{Std.}}=\frac{\mbox{WE}}{\mbox{Std.}\,\mbox{qm}\,^{\circ}\,\mbox{C}\,\mbox{m}}\,\cdot\,\mbox{qm}\,\frac{^{\circ}\,\mbox{C}}{\mbox{m}}
Mit Hilfe dieser Gleichung läßt sich ein stationärer Wärmestrom
und der Verlauf der Temperatur in einer ebenen Wand,
einem Hohlzylinder und einer Hohlkugel leicht verfolgen.
Textabbildung Bd. 323, S. 470
Fig. 5.
Einem stationären Wärmestrom durch eine ebene Wand setzt das Material auf jeder Längeneinheit des Stromwegs den
gleichen Strömungswiderstand entgegen, zu dessen Ueberwindung somit ein konstantes
Temperaturgefälle nötig ist. Die Temperatur ändert sich also
nach einem linearen Gesetz in Richtung der Wandstärke. Wird die Wandstärke
verdoppelt, und soll derselbe Wärmestrom fließen, so muß der Temperaturunterschied
zwischen der Außen- und Innenfläche auch doppelt so groß werden, als bei einfacher
Wandstärke.
Ist Ti die niedere Temperatur an der inneren Wandoberfläche, so ist die
Temperatur im Abstand x von dieser:
T=T_i+\frac{Q_s\,\cdot\,x}{\lambda\,\cdot\,F}.
Für einen Hohlzylinder von der Länge
1 m und den Radien ra
und ri findet man
ebenfalls aus der Fourierschen Gleichung die Temperatur
im Abstand von der Zylinderachse:
T=T_i+\frac{Q_s}{2\,\pi\,\cdot\,\lambda\,l}\,\cdot\,l\,n\,\frac{r}{r_i}
und für eine Hohlkugel
T=T_i+\frac{Q_s}{4\,\pi\,\cdot\,\lambda}\,\left[\frac{1}{r_i}-\frac{1}{r}\right],
also für den Hohlzylinder ein logarithmisches, für die
Hohlkugel ein hyperbolisches Gesetz der Temperaturverteilung in Richtung der
Wandstärke, und zwar nimmt das Temperaturgefälle immer mehr ab, je weiter man von
der Zylinderachse oder der Kugelmitte nach außen geht.
Textabbildung Bd. 323, S. 470
Fig. 6.
Textabbildung Bd. 323, S. 470
Fig. 7.
Während nämlich die Stromquerschnitte in der ebenen Wand konstant sind, werden sie in einem
Hohlzylinder und vollends in einer Hohlkugel immer größer, je weiter man nach außen
geht (Fig. 5, 6 u.
7). Daher nimmt der Strömungswiderstand für die
Wärme nach außen hin ab und es wird zur Aufrechterhaltung der Wärmeströmung ein um
so geringeres Temperaturgefälle erforderlich, je näher der Stromquerschnitt der
Außenwand liegt.
Beispiel: Ein Wärmestrom von Qs = 1180 WE/Std. geht
durch die 4 cm starke Wand
a) einer ebenen Platte von Breite und Länge l = 11,2 cm; F = 1260
qcm.
b) eines Hohlzylinders = 10 cm, l = 20 cm; Mittelfläche F = 1260
qcm.
c) einer Hohlkugel = 10 cm, Mittelfläche F = 126,0 qcm.
Der Temperaturverlauf ist in Fig.
8 durch die Linienzüge a, b, c dargestellt,
entsprechend den zuletzt angeführten Gleichungen, wobei die Temperatur der Innenwand
Ti als gleich groß
angenommen wurde.
Textabbildung Bd. 323, S. 470
Fig. 8.
Bei verhältnismäßig dicken Wänden werden die Unterschiede zwischen
a, b, c größer; bei dünnen Wänden begeht man einen
geringen Fehler, wenn man eine lineare Temperaturverteilung gemäß a annimmt.
Schlußbemerkung.
Die in diesem Aufsatz mitgeteilten Mittelwerte der Wandungstemperatur sind das
Ergebnis einer Schätzungsrechnung, die sich auf Versuche und Angaben über den an das
Kühlwasser übergehenden Wärmestrom stützt; von der Genauigkeit dieser Angaben hängt
auch die Genauigkeit der berechneten Wandtemperaturen ab. Es ist erwünscht, wenn an
verschiedenartigen Maschinen genaue Messungen des Kühlwasserverbrauchs und der
Erwärmung angestellt werden, und zwar getrennt für Zylindermantel (Laufbüchse),
Zylinderkopf, Zylinderdeckel, Kolben und Kolbenstange.
Noch besser sind direkte Messungen mit Thermoelementen.
Von den hier ermittelten Temperaturwerten gedenke ich in einer späteren Abhandlung
Gebrauch zu machen zur Ermittlung der Temperaturspannungen in Gasmaschinenwandungen
und zur vergleichenden Beurteilung ausgeführter Konstruktionen.
Die Temperatur ist an folgenden Wandungsstellen ermittelt:
1. Kolbenboden einer doppeltwirkenden Viertaktmaschine.
2. Zylinder derselben Maschine.
3. Zylindermantel einer Oechelhäuser-Zweitaktmaschine.
4. Zylindermantel eines einfachwirkenden Viertaktmotors.
5. Kolbenboden ohne Wasserkühlung einer ebensolchen Maschine.
Von den Einzelergebnissen sei wiederholt, daß der Unterschied der Temperaturen in
Laufbüchse und Kühlmantel eines Gasmaschinenzylinders verhältnismäßig gering ist und
zu etwa 35° C gefunden wurde, daß ferner die geschmierte Lauffläche nicht sehr heiß
ist (vergl. dagegen Heißdampfmaschine, Schieberkasten) und daß eine ungekühlte Wand,
z.B. die eines einfachwirkenden Kolbenbodens ohne Wasserkühlung eine hohe Temperatur
haben wird.