Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Autor: | H. |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 557 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Wechselstrom-Kollektormotoren für Vollbahnbetrieb.
An die Motoren für elektrische Vollbahnen werden folgende Bedingungen gestellt: ein
vom Verbrauchsstrom abhängiges Feld, nur mäßige Erwärmung auch bei Ueberlastungen,
kräftige und einfache Bauart aller Einzelteile, dauernd gute Beschaffenheit der
Kommutatoren und geringe Spannungsempfindlichkeit beim Anlauf.
Gleichstrom-Hauptstrommotoren neuerer Bauart werden den genannten Anforderungen
gerecht. Bei Wechselstrom-Kollektormotoren hat man ein vom Verbrauchsstrom
abhängiges Feld durch entsprechende Schaltung der Wicklungen gleichfalls bereits
erreicht. In Bezug auf die Erwärmung bieten die Wechselstrommotoren den Vorteil, daß
die Spannung am Kommutator und meist auch an der Wicklung niedriger ist als bei
Gleichstrommotoren, und daß man daher durch Oeffnungen im Gehäuse eine wirksame
Luftkühlung anwenden kann. Zwar sind die Motoren dann nicht mehr wasserdicht; jedoch ist
auf Bahnen mit eigenem Bahnkörper eine Ueberschwemmung kaum zu befürchten.
Leider steht die Kommutierung bei Wechselstrommotoren der bei Gleichstrom wesentlich
nach. Die Verwendung von Kompensationswicklungen und von Wendepolen, sowie der
Einbau von Widerständen zwischen der Ankerwicklung und dem Kommutator sind zum Teil
schon mit Erfolg angewendet. Der Verfasser hält es jedoch für das wesentlichste mit
der Periodenzahl von 25 auf 15 i. d. Sekunde herabzugehen. Diese Aenderung würde
nicht nur der Kommutierung beim Anlauf zugute kommen, sondern es würde auch ganz
erheblich die Leistungsfähigkeit und auch etwas der Kosinus des Motors verbessert
werden. Anstelle des letzteren Vorteils könnte ein für den Betrieb vorteilhafterer
größerer Luftzwischenraum zwischen Anker und Ständer zugelassen werden. Vor allem
aber würde durch die Abänderung der Periodenzahl der induktive Spannungsabfall in
den Leitungen und ganz besonders der in den Fahrschienen verringert werden. Der
Nachteil, den diese Aenderung für die Maschinen des Kraftwerkes und die
Transformatoren zur Folge hat, kann nach Ansicht des Verf. den Vorteilen gegenüber
nur eine mäßige Rolle spielen. Er hält die Verbesserung der Kommutierung und die
infolgedessen erforderliche geringere Wartung für so wesentlich, daß er eine
gründliche Erörterung der Frage der niedrigen Periodenzahl für nötig hält.
Die Spannungsempfindlichkeit könnte nachteilig für den Betrieb sein, wenn
beispielsweise eine Anhäufung von Zügen an einer weitab vom Kraftwerk liegenden
Stelle der Strecke stattfindet. Fahren dann diese Züge gleichzeitig an, so kann
infolge der ohmschen und induktiven Spannungsabfälle in der Stromzuführung und in
den Transformator- und Motorwicklungen ein Spannungsabfall bis auf die Hälfte der
normalen Spannung auftreten und es werden dann unter Umständen die Motoren
insbesondere auf Steigungen und in den Kurven nicht anlaufen. Dieser Nachteil der
Wechselstrommotoren läßt sich jedoch durch Ueberkompoundierung der
Kraftwerksmaschinen, sowie durch Wahl der niedrigen Periodenzahl von 15 i. d. Sek.
beseitigen. Anscheinend ist in bezug auf den Spannungsabfall der Winter-Eichberg-Motor schlechter gestellt als der
Wechselstrom-Serienmotor, da bei ihm in den Motorstromkreis noch der ohmsche und
induktive Spannungsabfall eines besonderen Serientransformators geschaltet ist.
Versuche auf der Strecke Spindlersfeld-Oberspree-Niederschöneweide, die durch Fahrdiagramme belegt
sind, haben jedoch gezeigt, daß die für die Hamburger
Vorortbahn gebauten Motoren noch eine genügend große Anfahrleistung selbst
bei einer Spannungsminderung um 40 v. H. hergeben. Auch die Bedingung geringer
Spannungsempfindlichkeit beim Anlaufen wird daher von den
Wechselstrom-Kollektormotoren erfüllt. (Reichel.)
[Elektr. Kraftbetriebe u. Bahnen 1908, S. 289–293.]
Pr.
Preßluft als Mittel zur Bekämpfung der Wellenbildung.
Mr. Brasher, Brooklyn, beabsichtigt die Wellenbildung
derart zu bekämpfen, daß er die Schwingungen der kleinsten Wasserteilchen, die ja
bekanntlich die Welle bilden, durch Anwendung von Preßluft verhindert. Er stellt am
Strande einen Luftkompressor auf und verbindet diesen durch Rohrleitungen mit einem
am Grund des Meeres, den Kaimauern parallel laufenden, mit Düsen versehenen
Rohrsystem. Letzterem entweicht die Preßluft in Form von Blasen an die
Wasseroberfläche und soll dort, wenn diese Blasen gerade auf eine Welle treffen,
diese in einen Sprühregen auflösen. Zur Ermittlung der günstigsten Rohrlage und
der geeignetsten Rohrweite will Mr. Brasher im
Laufe dieses Sommers ausgedehnte Versuche anstellen.
In welchem Umfange derartige Anlagen Verwendung finden werden, läßt sich heute mit
Sicherheit noch nicht feststellen. Jedenfalls spielen die hohen Betriebskosten einer
solchen Anlage eine entscheidende Rolle, und man wird sich wohl darauf beschränken,
die Anlagen nur dort aufzustellen, wo ruhiges Fahrwasser unbedingt erwünscht ist,
z.B. bei Leuchtschiffen, beim Auslauf von Rettungsbooten und bei Häfen, deren
Kaimauern durch besonders starke Brandung einer raschen Zerstörung ausgesetzt sind.
[Zeitschrift für kompr. und flüssige Gase XI, Heft 3, S. 47.]
br.
Eisenbetonbauten der Kgl. Anatomie in München.
Bei der Herstellung der Treppen, Decken, Unterzüge und Dächer ist ausschließlich
Eisenbeton verwendet.
Die Hauptkuppel hat die Form einer Kugelkalotte über
einem Grundkreis von 22 m Durchm. und ist 5,75 m hoch.
Das Eisengerippe der nach Schwedler berechneten Kuppel
besteht aus steifen Eisenprofilen der Fußring aus zwei Winkeleisen 100 . 200 . 12
und 65 . 100 . 8, der Kopfring aus 1 E Eisen Nr. 16, die
fünf Zwischenringe aus je 1 T Eisen 90 . 45, die 36
Radialeisen aus je zwei Winkeleisen 60 . 40 . 7. Dieses Eisengerippe ist mit einer 7
cm starken Betonmasse ausgestampft, die in Abständen von 30 cm zwischen den
Radialeisen durch 10 mm starke Rundeisen armiert ist.
An die Kuppel ist an der Nordseite eine Kasettendecke aufgehängt, während sie an der
Südseite einen Ausschnitt zur Beleuchtung des Lichthofes erhalten hat. Der Kopfring
trägt eine Laterne von 3,2 m Durchm.
Um eine geringe Konstruktionshöhe der Decken zu erhalten, wurden dieselben vielfach
kreuzweise armiert. Der Berechnung wurde die
Momentenformel M=\frac{a\,\cdot\,b\,\cdot\,c\,\cdot\,q}{12\,d}
zugrunde gelegt. Hierbei sind a und b die Seitenlängen, d die
Diagonale, c die Senkrechte von einer Ecke auf die
Diagonale und q die Belastung der Decke. Bei größeren
Spannweiten sind an Stelle der reinen Deckenplatten Kasettendecken gebaut, bei denen
die Eiseneinlagen in sich kreuzweise schneidenden Rippen eingelegt sind, die unter
der Deckenplatte angeordnet sind. Die Deckenplatten zwischen den Rippen haben eine
sekundäre kreuzweise Armierung erhalten, so daß Deckenplatten von nur 6 cm Stärke
ausführbar waren.
Zur Aufnahme der Deckenlasten über dem Treppenhaus und zum Abfangen von Mauern und
Deckenträgern wurde eine Wand in Eisenbeton als Träger
ausgebildet. Diese Wand ist 4,2 m hoch, 30 cm stark und 14,05 m lang. Auf der
Unterseite sind vier Rundeisen von 40 mm, vier Rundeisen von 38 mm und ein Rundeisen
von 18 mm Durchm. mit 98 qcm Querschnitt eingelegt. Hiervon sind vier Rundeisen
gerade und fünf Rundeisen hängewerkartig in der Nähe des Auflagers aufgebogen. In
die Druckzone sind fünf Rundeisen von 28 mm Durchm. mit 30 qcm Querschnitt
eingelegt. In senkrechter Richtung sind die Druck- und Zugzone durch 10 mm starke
Rundeisen in 30 cm Abstand verbunden. In der Mitte der Wand ist eine 1,6 m breite
und 2,5 m hohe Türöffnung ausgespart. Ueber dem Türsturz sind fünf wagerechte 12 mm
starke Rundeisen eingelegt. Die Wand nimmt ein Biegungsmoment von 35500000 cmkg auf.
(Siegfried.) [Beton und Eisen 1908, S. 146 ff.]
Dr.-Ing. P. Weiske.
Diagramme im Werkzeugmaschinenbau.
Während im Kraftmaschinenbau Kurven und Diagramme eine große Rolle bei der
Beurteilung der Maschinen spielen, ist das im Werkzeugmaschinenbau nicht der Fall. Und
doch ist mit deren Hilfe ein viel besserer Vergleichsmaßstab zu finden als durch die
heute üblichen Versuchsleistungen. Sprechen doch bei diesen letzteren zu viele
Faktoren mit, für die es keine Normalwerte gibt, so daß jeder Versuch nur unter ganz
bestimmten Voraussetzungen Geltung hat.
Für den Vergleich von Drehbänken werden z.B. zwei Arten von Diagrammen empfohlen:
1. Das Geschwindigkeitsdiagramm. Abszissen: Drehdurchmesser D in mm, Ordinaten: Schnittgeschwindigkeit v
in mm/Sek. Auf der
durch die maximale zulässige Schnittgeschwindigkeit v
gezogenen Parallele zur Abszissenachse werden die Drehdurchmesser D abgetragen, welche den bei der betr. Drehbank
erreichbaren Spindelgeschwindigkeiten entsprechen, die so erhaltenen Punkte
verbindet man einerseits durch Strahlen mit dem Koordinatenanfangspunkte,
andererseits fällt man von ihnen Senkrechte auf die Abszissenachse, welche jene
Strahlen schneiden. Liegen die so erhaltenen Schnittpunkte annähernd auf einer
Geraden, so ist die Abstufung der Spindelumlaufzahlen richtig vorgenommen.
2. Das Schnittkraftdiagramm: Abszissen: wiederum Drehdurchmesser D in mm, Ordinaten: die am jeweiligen Drehdurchmesser
zum Ausdruck kommende Schnittkraft S in kg (ohne
Berücksichtigung der Reibungsverluste). Es berechnet sich S aus der Gleichung:
S=b\,\cdot\,z\,\cdot\,\frac{d}{D}\,\cdot\,i,
wenn b die Riemenbreite in cm,
z der Riemenzug auf 1 cm Riemenbreite, d den jeweiligen Laufdurchmesser der Stufenscheibe,
\frac{1}{i} das Uebersetzungsverhältnis der Räder bedeutet.
S ist für verschiedene Werte von D, insbesondere auch diejenigen zu berechnen, für die
das Geschwindigkeitsdiagramm gezeichnet ist, und dann in das Koordinatensystem
einzutragen. Je höher und gleichmäßiger die so erhaltene Schnittkraftkurve verläuft,
desto vorteilhafter sind die Antriebsverhältnisse gewählt. [Zeitschr. f.
Werkzeugmaschinen u. Werkzeuge 1908, S. 313 u. 314.]
F. Mbg.
Eine moderne amerikanische
Niederdruck-Wasserkraftanlage.
Das Great Falls-Wasserwerk der Southern Power Company, das vor einigen Monaten dem Betrieb übergeben
worden ist, entnimmt dem Flusse Catawba bei größter Leistung seiner Turbinen eine
Gesamtenergie von 43000 PS. Durch ein erstes, niedriges Wehr von etwa 2–2,5 m Höhe
oberhalb Mountain Island wird das Wasser des Catawba-Flusses in einen Flußarm
abgelenkt, aus dem es weiter flußabwärts durch ein schräg eingebautes Ueberfallwehr
in ein seitliches Tal abgeleitet wird. Dieses Tal ist an seinem Ende durch eine
Staumauer abgeschlossen, in welche das eigentliche Kraftwerk eingebaut ist. Ein 400
m langer Ablaufgraben leitet das ausgenutzte Kraftwasser über den Rocky Creek wieder
zum Catawbafluß zurück. Die gegenwärtig vollkommen ausgebaute Machinenanlage des
Kraftwerkes umfaßt acht Stromerzeuger-Turbinen von je 5200 PS größter Leistung und
zwei Erregerturbinen von je 700 PS, alles wagerechte Doppelturbinen mit
Blechkesseln. Zwei von den großen Turbinen sind von der Holyoke Machine Company, die übrigen sechs und die beiden 700
PS-Turbinen von der Allis Chalmers Company geliefert.
Für diese Turbinen, die bei 22 m Nutzgefälle, 22,45 cbm i. d. Sekunde Wassermenge
und 225 Umdreh. i. d. Minute 5200 PS Nutzleistung liefern sollten, waren
Wirkungsgrade von 80–70 v. H. bei voller bis halber Oeffnung der Leitschaufeln
garantiert, das sind Zahlen, die angesichts der reichlichen Abmessungen der
Wasserquerschnitte und der niedrigen spezifischen Umdrehungszahl selbst für diese
etwas verrufene Turbinenbauart nicht zu hoch gegriffen scheinen. Die Leitkränze der
Turbine sind mit Finkschen Drehschaufeln aus Gußeisen
versehen, deren Zapfen so liegen, daß die Schaufeln immer Neigung zum Schließen
haben. Bemerkenswert sind ferner die Wellenkupplungen zwischen Turbinen und
Stromerzeugern, die im Gegensatz zu den bei uns üblichen nicht elastisch, sondern
vollkommen fest ausgebildet sind. Man ist nämlich in den Vereinigten Staaten bei den
mittelgroßen Maschinengruppen fast vollständig, bei den großen schon ganz und gar
von den nachgiebigen Wellenkupplungen abgekommen, weil man mit Recht annimmt, daß
gut gebaute und sicher fundierte Maschinen keiner solchen benötigen. Die Enden der
entsprechenden Wellen werden daher mit angeschmiedeten Flanschen versehen, die ohne
Vorsprünge abgedreht sind. Nachdem jede Maschine für sich aufgestellt und
ausgerichtet worden ist, bleibt zwischen den Flanschen ein Raum von etwa 12 mm frei,
in welchen dann gewöhnlich ein genau abgedrehter Stahlring eingelegt wird. Die
Flanschen werden dann durch Schrauben verbunden, welche in die vorhandene
Schraubenlöcher sehr genau eingepaßt werden müssen.
Von den sechs großen Allis Chalmers-Turbinen haben nur
drei selbsttätige Regulatoren, während die übrigen beim Parallelschalten von Hand
geregelt werden. Zu diesem Zwecke ist die Wage des Regulatorgestänges durch eine
Lasche mit dem senkrechten Arm eines Winkelhebels verbunden, dessen wagerechter,
zweiter Arm an der senkrechten mit Gewinde und Mutter versehenen Regulierspindel
angreift. Diese wird entweder mit Hilfe eines Handrades oder auch vom Schaltbrett
aus durch einen kleinen Elektromotor angetrieben und bewirkt so eine Hebung oder
Senkung der Regulatormuffe oder eine Erhöhung oder Verringerung der
Turbinengeschwindigkeit. Die Erregerturbinen sind wie die großen Turbinen
konstruiert und leisten bei 450 Umdreh. i. d. Minute je 700 PS. Die selbsttätigen
Druckölregulatoren der großen Turbinen, die von der Lombard
Governor Company ausgeführt sind, haben bei 17½ kg/qcm Oeldruck
eine Energie von 5400 kgm und sind so eingerichtet, daß sie eine Turbine in 2 Sek.
vollständig abstellen oder auf Volleistung hinaufregulieren können. Außerdem sind
sie mit Synchronmotoren von 1/10 PS Leistung ausgerüstet, um beim Parallelschalten
von Maschinen die Umdrehungszahl vom Schaltbrett aus verändern zu können. Bei
plötzlicher Entlastung von 100 v. H. hat die beobachtete größte Schwankung der
Umdrehungszahl bei diesen Turbinen nur 11 v. H. betragen. Die mit den Turbinen
gekuppelten Westinghouse-Stromerzeuger leisten je 3000
KW und liefern Drehstrom von 2300 Volt Spannung, der in vier Gruppen von ruhenden
Transformatoren mit Wasserkühlung und Oelisolierung bis auf 44000 Volt Hochspannung
umgeformt wird. Für die Stromerzeuger, die 32 Pole besitzen, sind je nach der
Belastung Wirkungsgrade von 90–96 v. H., für die Transformatoranlage solche von
96,4–98,3 v. H. zugesichert. (Hemmeler.) [Zeitschr. d.
Ver. deutsch. Ing. 1908, S. 462 bis 471 und 960–965.]
H.