Titel: | Die Hebezeuge auf der deutschen Schiffbau-Ausstellung Berlin 1908. |
Autor: | K. Drews |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 561 |
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Die Hebezeuge auf der deutschen
Schiffbau-Ausstellung Berlin 1908.
Von Ingenieur K. Drews.
(Fortsetzung von S. 548 d. Bd.)
Die Hebezeuge auf der deutschen Schiffbau-Ausstellung Berlin
1908.
Hebezeuge für den Ausbau des Schiffes.
Beim Ausbau eines Schiffes handelt es sich immer um das Einbringen schwerer
Maschinen- oder sonstiger Konstruktionsteile, Kessel, Geschütze usw., es werden also
Krane von großer Tragkraft, ortsfest an Land oder als Schwimmkrane auf einem Ponton,
benötigt. Die Haupttypen dieser Schwerlastkrane habe ich in meiner oben erwähnten
Arbeit (D. p. J. S. 103 u. f. d. Bd.) beschrieben.
Textabbildung Bd. 323, S. 561
Fig. 3.Werft-Portaldrehkran von 50000 kg Tragkraft von Bechem &
Keetman.
Auch von diesen Kranen befinden sich auf der Ausstellung einige sehr schöne Modelle.
Hammerdrehkrane (D. p. J. S. 116, Fig. 31 d. Bd.) finden wir dort bei allen
ausstellenden Kranfirmen. Bechem & Keetman sowie die Benrather
Maschinenfabrik haben je einen für 150 t Tragkraft, die Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg für 75 t und Ludwig Stuckenholz für 10 t ausgestellt.
Die neuere Bauart der Hammerkrane, der Hammerwippkran,
ist ebenfalls in zwei Modellen vertreten. Auf dem Stande von Bechem & Keetman bemerken wir gleich vorn
links den 150 t-Kran für Tsingtau (D. p. J. S. 116, Fig. 32 d. Bd.). Riese und Zwerg kann man ihn und den vor ihm stehenden
Hafenportalkran von 2 t Tragkraft nennen.
Ferner finden wir auf dem Stande 78 der Firma Ludwig
Stuckenholz einen Hammerwippkran von 100 t bei 18,5 m Ausladung. Dieser
Kran ist in seinen Einzelheiten in D. p. J. 1906, S. 673 beschrieben worden. Bei ihm
interessiert besonders die Seilführung. Da bei einem Kran mit in senkrechter Ebene
schwingenden Ausleger die Last beim Einziehen des letzteren noch weiter gehoben
wird, so hat Stuckenholz hier eine Seilführung
angeordnet, bei der die Last angenähert in gleicher Höhe bleibt (D. R. P.
177525).
D. p. J. 1906, S. 676, Fig. 20 zeigt das Schema dieser Seilführung. Zwischen dem
schwingenden Ausleger und der Drehsäule ist ein mehrrolliger Flaschenzug angeordnet,
durch dessen Verkürzung beim Einziehen des Auslegers soviel Seil frei wird, wie der
Bewegung der Last in senkrechter Richtung entspricht. Die Last wird daher nur in
wagerechter Richtung bewegt.
Zu den Schwerlastkranen kann man auch den feststehenden Portaldrehkran von 50 t
Tragkraft für Blohm & Voß in Hamburg rechnen, dessen Modell im Maßstab 1 : 30 von Bechem & Keetman
ausgestellt ist.
Fig. 3 zeigt diesen Kran. Das Portal überspannt zwei
Gleise. Der drehbare Teil ist als Drehscheibe ausgebildet und ruht mit acht
Stahlgußrollen auf einer Kreisschiene. Der Ausleger ist in senkrechter Ebene
verstellbar. Die zulässige Ausladung für 50 t beträgt 18,75 m, bei 25 t 29,3 m.
Außer dem großen Haken ist noch ein solcher für Lasten unter 8000 kg vorhanden; die
größte Ausladung hierfür beträgt 31,5 m.
Die Hubgeschwindigkeit bei 50 t Belastung beträgt 2,1 m/Min., bei 8 t am kleinen Haken 15,5 m/Min.. Der leere
große Haken kann mit einer Geschwindigkeit von 50 m/Min., gehoben werden. Das Einziehen des
Auslegers geschieht durch Schraubenspindeln.
Ein sehr notwendiges Hebezeug jeder größeren Schiffswerft bildet der Schwimmkran,
dessen Tragkraft fast immer größer als 50 t ist.
Wie schon auf Seite 117 d. Jahrg. ausgeführt worden ist, wurden Schwimmkrane früher
durchweg als Scherenkrane, wie ihn ein schönes Modell auf dem Stande 14 des Stettiner Vulkans zeigt, gebaut.
In neuerer Zeit hat man diese Bauart zugunsten eines geknickten Fachwerkträgers mit
Wippbewegung, wie ihn das Schema (D. p. J. 1908, S. 117 Fig. 35) zeigt, verlassen. Auf die dadurch erzielten Vorteile, namentlich
die bessere Ausnutzung der Ausladung, Lagern von Lasten vor dem Ausleger ist schon
am angegebenen Orte hingewiesen worden.
Ein sehr schönes Modell eines solchen in D. p. J. 1908, S. 117 Fig. 33 dargestellten Schwimmkranes finden wir auf
dem Stande der Firma Bechem & Keetman, die ihn in
dieser Gestalt für mehrere in- und ausländische Werften geliefert hat.
Der ausgestellte Kran besitzt zwei Lasthaken, einen für 100 t, den anderen für 20
t.
Die noch zulässige Ausladung für 100 t beträgt 12 m, die größte Ausladung für den
kleinen Haken 23,5 m von der Bordkante des Pontons gemessen. Der Antrieb der beiden
Hubwinden geschieht durch eine Zwillingsdampfmaschine. Mittels ausrückbarer
Vorgelege kann man zwei Geschwindigkeiten bei voller Leistung der Dampfmaschine
erreichen, Lasten von 40–100 t werden mit 1,5 m/Min. gehoben. Auf dem Ponton befinden
sich außerdem noch einige Hilfswinden und Dampfspills. Zur eigenen Fortbewegung
besitzt der Ponton zwei Schiffsschrauben, die durch zwei Verbundmaschinen von
je 60 PS normaler Leistung angetrieben werden. Der Dampf wird in zwei Schiffskesseln
von je 47 qm Heizfläche erzeugt.
Dieselbe Firma hat ferner das Modell eines kleineren Schwimmkranes von 30 t Tragkraft
ausgestellt (Fig. 4.) Der Ausleger ist ebenfalls in
senkrechter Ebene verstellbar. Um aber das Arbeitsfeld des Hakens, ohne das Ponton
zu verholen, weiter zu vergrößern, besitzt dieser Kran noch Drehbewegung. Der
drehbare Teil ist in Drehscheibenkonstruktion ausgeführt.
Damit das Ponton bei allen Belastungen eine möglichst wagerechte Lage behält, ist ein
fahrbares Gegengewicht angeordnet, dessen Bewegung von einer der beiden
Antriebsdampfmaschinen abgeleitet wird, die dann von dem Maschinisten nach der
Libelle gesteuert wird.
Textabbildung Bd. 323, S. 562
Fig. 4.Dampf-Schwimmkran von 30 t Tragfähigkeit von Bechem &
Keetman.
Wenn in der Regel große Schwimmkrane ohne Drehbewegung ausgeführt werden, so ist sie
doch in neuerer Zeit bei einem der größten seiner Art, dem Schwimmkrane der Benrather Maschinenfabrik für die Werft von Harland & Wolf in Belfast angeordnet worden. Von
diesem bemerkenswerten neuen Schwimmkrantyp (Fig. 5)
befindet sich ein Modell im Maßstabe 1:50 auf dem Stande 80 jener Firma. Fig. 6 und 7 zeigen
den Kran in großen Umrissen. In seinem Aufbau zeigt er das stark vergrößerte Bild
des vorbesprochenen 30 t-Kranes; anstatt der Drehscheibenkonstruktion ist hier indes
das stabile System der Hammerkrane mit feststehender Säule gewählt worden. Der
drehbare Teil des Kranes stützt sich mittels eines Walzenlagers auf den Kopf einer
festen Fachwerksäule und überträgt durch diese die Vertikaldrücke auf den Ponton;
sein unterer Teil umgibt glockenartig die Säule. Ein Rollenkranz am Fuße dieser
Glocke überträgt die wagerechten Drücke auf die Säule.
Gegengewichte gleichen den Ausleger und einen Teil der Last aus. Der Kran besitzt
drei Haken. Der größte trägt 150 t, die noch zulässige Ausladung hierfür ist 30,5 m
von Säulenmitte an gerechnet.
Die größte erreichbare Ausladung dieses Hakens überhaupt beträgt 33,8 m und kann bei
einer Hakenbelastung bis 75 t benutzt werden. Mit den beiden anderen Haken für 50
und 5 t ist eine größte Ausladung von 44 m zu erreichen.
Da der Kran einseitig auf dem Ponton steht, so ist an der gegenüberliegenden Seite
unter Deck ein Betonkörper als festes Gegengewicht angeordnet.
Textabbildung Bd. 323, S. 563
Fig. 5.Schwimmkran von 150 t Tragkraft der Benrather
Maschinenfabrik.
Textabbildung Bd. 323, S. 563
Fig. 6.
Textabbildung Bd. 323, S. 563
Fig. 7.
Die Benrather Maschinenfabrik hat bei diesem Kran
auch mit der Gepflogenheit gebrochen, bei Schwimmkranen nur Dampfbetrieb zu
verwenden, indem sie hier den elektrischen Betrieb einführte. Das elektrische
Kraftwerk liegt am hinteren Ende des Pontons. Durch den elektrischen Betrieb wird
natürlich das ganze Krantriebwerk wesentlich vereinfacht, und man kann sich nun auch
die vielen Vorteile, die diese Betriebskraft in bezug auf Bremsmethoden,
Sicherheitsvorrichtungen und dergl. bietet, zu Nutze machen.
Der Schiffbau stellt mit den noch immer wachsenden Abmessungen des Schiffkörpers
sowie der einzubauenden Teile den Hebezeugkonstrukteur vor besonders schwere
Aufgaben. Die wachsende Schiffbreite zwingt zu größerer Ausladung der
Schwerlastkrane.
In dieser Beziehung stellt der Schwimmkran der Benrather
Maschinenfabrik eine Glanzleistung moderner Hebezeugtechnik dar, die sich
den früheren Leistungen dieser bekannten Firma würdig an die Seite stellt. Bietet
die Aufnahme eines Kippmomentes bezogen auf die Drehachse von 4575 t/m (unter der
Probelast von 200 t sogar 6100 t/m), allein von der Nutzlast herrührend, schon bei
ortsfesten Kranen große Schwierigkeit, um wie viel mehr denn bei Schwimmkranen.
Bezüglich des Kippmomentes ist der Benrather Kran der größte bisher ausgeführte.
Allein er wird schön überflügelt durch einen anderen Schwimmkran, den die Firma Bechem & Keetman für
die Baltische Schiffswerft zu St. Petersburg
augenblicklich in Arbeit hat, und von dem sich eine Abbildung auf dem Stande dieser
Firma befindet. Der Kran zeigt im übrigen denselben Aufbau wie der
vorbeschriebene.
Man ist bei den bisher gebauten Schwerlastkranen mit der Höchstlast nicht über 150 t
gegangen. Hier ist man nun einen Schritt weiter gegangen und hat die Höchstlast auf
200 t, die Probelast auf 265 t erhöht. Da die größte Ausladung für diese Last von
der Drehachse gerechnet etwa 25 m beträgt, so erhält man ein Kippmoment von 5000
bezw. 6625 t/m
allein von der Last herrührend. Damit hätten Bechem &
Keetman den Rekord im Bau von Schwerlastkranen erreicht.
Textabbildung Bd. 323, S. 564
Eisenbahnwagenkipper der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg.
Außer den Kranen für den Werftbetrieb haben die Hebezeugfirmen noch einige andere für
allgemeinere Transportzwecke ausgestellt.
So dürfte den Besucher noch der große Trägerverladekran mit doppelseitigem Ausleger
und der Muldenchargierkran (D. p. J. S. 263 u. f. d. Bd.) auf dem Stande der
Firma Bechem & Keetman
interessieren, wie überhaupt die Ausstellung dieser Firma in der Reichhaltigkeit und
Auswahl der Gegenstände besonders zu loben ist.
Im Obergeschoß dicht neben dem Eingang zum Gemäldesaal finden wir ferner auf dem
Stande 138 der Mannheimer Maschinenfabrik Mohr &
Federhaff ein schönes Modell einer Verladebrücke
für den Hafen von Genua, auf die wir später an anderer Stelle zurückkommen
werden.
Auf dem Stande der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg
finden wir schließlich das Modell im Maßstabe 1 : 25 eines Eisenbahnwagenkippers,
wie ihn diese Firma in zwei Exemplaren für Hamburg (Ellerholzhafen) geliefert hat.
Mittels solcher
Kipper sollen ganze Wagenladungen von Massengütern, namentlich Kohle, unmittelbar in
den Schiffsraum geschüttet werden (s. D. p. J. 1907, S. 221).
Fig. 8 bis
11
zeigen diese Vorrichtung. Bei niedrigem Wasserstand wirkt sie selbsttätig, indem
hier das Gesamtgewicht des beladenen Wagens das Kippmoment erzeugt, (in Fig. 8 die
untere gestrichelte Lage des Wagens). Bei höherem Wasserstande geschieht das Kippen
indes motorisch, (in Fig. 8 die obere
strichpunktierte Stellung des Wagens).
Die Bühne a befindet sich zwischen zwei Trägern b, in denen das Triebwerk für den motorischen Antrieb
gelagert ist. Bei selbsttätigem Kippen schwingt die Bühne um die Zapfen c, die an den Trägern b
befestigt sind. Im anderen Falle wird die Bühne mit den Trägern verriegelt.
Wie aus den Figuren ersichtlich, wird die Vorderachse des Wagens durch eine
Fangvorrichtung festgehalten, während in dessen hinteren Zughaken ein an der Bühne
befestigter Haken eingehängt wird. Die Bühne wird dabei durch eine von Hand
betätigte Bandbremse festgehalten. Wird diese gelüftet, so kippt der Wagen von
selbst vorn über. Hat sich die Bühne um etwa 45° gedreht, so wird die Bremse wieder
angezogen, bis der Wagen sich entleert hat. Alsdann liegt der Schwerpunkt von Bühne
nebst leerem Wagen hinter der Kippachse. Beim Lüften der Bremse geht also die Bühne
wieder selbsttätig in ihre alte Lage zurück.
Bei motorischem Antrieb sind, wie oben erwähnt, Bühne und Träger gekuppelt. Beide
schwingen dann zusammen um die Zapfen e. Das hintere
Ende wird mittels der Drahtseile f, die über an den
Trägern gelagerten Rollen geführt sind, gehoben. Zwei bogenförmige Seitenwangen
übernehmen seine Führung. Die Drahtseile laufen auf zwei Trommeln auf, die mittels
Stirnräder von einem 50 PS-Hauptstrommotor angetrieben werden. Das Eigengewicht von
Bühne und Träger wird durch das Gegengewicht g
ausgeglichen. Es ist eine Endausschaltung in der Weise vorgesehen, daß in der
äußersten Lage der Steuerschalter auf Nullstellung geführt wird.
Mittels einer von Hand betätigten Senksperrbremse kann man dann die Bühne mit dem
entleerten Wagen wieder in ihre Ruhestellung herunterlassen.
Zum Einstellen der Schüttrinne ist eine besondere Winde mit einem 4,5 PS-Motor
vorhanden.
Fig. 8 zeigt
die Rinne in verschiedenen Lagen. Vorn ist sie durch Flügeltüren geschlossen; sie
vermag eine ganze Wagenladung aufzunehmen.
In einer Stunde lassen sich bei elektrischem Betriebe etwa 15 Eisenbahnwagen von
10–20 t Inhalt, bei selbsttätigem Betriebe etwa 20 Wagen entleeren.
Das tote Gewicht des Kippers beläuft sich auf 95 t; sein Wert auf etwa 48000 M. ohne
Fundamente.
Ergänzt werden die ausgestellten Modelle noch durch eine große Anzahl guter
Photographien aus den verschiedensten Gebieten des Hebezeugbaues. Mit Einschluß
dieser Abbildungen gibt uns die Ausstellung der vier Kranfirmen, deren Ansehen im
Ausland ebenso groß ist wie in unserem engeren Vaterlande, auf einem knappen Raum
einen guten Ueberblick über den gegenwärtigen Stand dieses hochentwickelten und auch
für den Schiffbau wichtigen Gebietes des allgemeinen Maschinenbaues.
(Fortsetzung folgt.)